Marcus Spiralski Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht & Fachanwalt für Familienrecht

Urteilskategorie

Urteilsarchiv

Urlaubsrecht: Altersteilzeit: Während der Freistellungsphase entsteht kein Urlaubsanspruch

| Während der Freistellungsphase einer Altersteilzeit im Blockmodell entstehen keine Urlaubsansprüche. |

So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf im Fall eines Arbeitnehmers, der sich in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befand. Er meinte, ihm stünde auch dort ein Urlaubsanspruch zu. Seine Klage auf Urlaubsabgeltung hatte jedoch keinen Erfolg.

Die Richter am LAG wiesen seine Klage ab. Sie begründeten das damit, dass die Freistellungsphase faktisch einer „Teilzeit Null“ entspricht, da keinerlei Arbeitsleistung mehr zu erbringen ist. Aus dem für Teilzeitarbeitsverhältnisse bestehenden Umrechnungsgrundsatz ergibt sich damit ein Urlaubsanspruch von „Null“ Tagen.

Das folge daraus, dass bei Teilzeitbeschäftigten eine Umrechnung erfolgen muss. Die Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht pro Kalenderwoche ist mit der Anzahl der Urlaubstage zueinander ins Verhältnis zu setzen. Dies hat – sofern Vollbeschäftigte in einer 5-Tage-Woche arbeiten – in der Weise zu geschehen, dass die Gesamtdauer des Urlaubs durch 5 geteilt und mit der Zahl der Tage multipliziert wird, in welcher der Teilzeitbeschäftigte pro Woche zur Arbeitsleistung verpflichtet ist. Da der Kläger keinerlei Arbeitsleistung zu erbringen hatte, ergibt sich folgende Berechnung: 30: 5 x 0 = 0.

Dieser Berechnung kann nicht entgegengehalten werden, dass im ruhenden Arbeitsverhältnis Urlaubsansprüche entstehen, obwohl keine Arbeitsleistung erbracht wird. Im ruhenden Arbeitsverhältnis findet die für Teilzeitbeschäftigte geltende Umrechnungsformel lediglich deshalb keine Anwendung, weil „an sich“ eine Arbeitsverpflichtung besteht, diese lediglich ruht. Das ist der entscheidende Unterschied zur Altersteilzeit im Blockmodell. Während der Freistellungsphase wird die Arbeitspflicht nicht lediglich suspendiert. Sie besteht per se nicht mehr.

Quelle | LAG Düsseldorf, Urteil vom 13.7.2018, 6 Sa 272/18, Abruf-Nr. 204737 unter www.iww.de.

Fahrerlaubnisrecht: Behörde darf auch Fahrradfahren verbieten

| Die Fahrerlaubnisbehörde darf auch das Fahren mit erlaubnisfreien Fahrzeugen wie z. B. einem Fahrrad verbieten. |

Diese Klarstellung traf das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen im Fall eines Mannes, dem wegen Fahren unter Drogeneinfluss der Führerschein für sein Auto entzogen wurde. Außerdem untersagte ihm die Behörde, auch erlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen. Der Mann beantragte bei Gericht, das Verbot per einstweiliger Verfügung auszusetzen. Damit hatte er jedoch keinen Erfolg.

Das Gericht verwies dazu auf die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Danach sei es der Behörde möglich, das Führen von Fahrzeugen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen, wenn sich jemand als hierzu ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet erweist. Die Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen bestimmt sich nach den Vorschriften, die auch für das Führen fahrerlaubnispflichtiger Kraftfahrzeuge gelten.

In dem vorliegenden Rechtsschutzverfahren fiel die Interessenabwägung zulasten des Mannes aus. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiege das Aussetzungsinteresse des Mannes. Die Ordnungsverfügung, mit der ihm das Führen erlaubnisfreier Fahrzeuge untersagt worden ist, erweise sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig. So gehe auch von einem fahrungeeigneten Führer fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge – etwa durch der Verkehrssituation nicht angepasste Reaktionen sowie ein unkontrolliertes und die Verkehrsregeln missachtendes Fahrverhalten – ein erhebliches Gefährdungspotential für diesen selbst sowie für andere Verkehrsteilnehmer aus.

Quelle | VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 6.6.2018, 7 L 2934/17, Abruf-Nr. 205423 unter www.iww.de.

Absehen vom Fahrverbot: Fahrverbot: Pauschalprognose des Gerichts zur Arbeitsmarktlage reicht nicht

| Das Amtsgericht hatte nicht von einem Fahrverbot abgesehen. Es hat zwar zugunsten des Betroffenen unterstellt, dass dieser im Falle eines Fahrverbots kündigungsbedingt seine Tätigkeit als Getränkeausfahrer verlieren werde. Gleichwohl sei nicht von einem Härtefall auszugehen, weil der Betroffene „bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage in M. unproblematisch eine vergleichbare Tätigkeit finden“ werde. Das ging selbst dem Oberlandesgericht (OLG) Bamberg etwas zu weit. |

Das OLG sieht die „Prognose“ des Amtsrichters nur als eine bloße Vermutung an. Es zog einen Vergleich zu einer nur auf statistische Wahrscheinlichkeiten gestützten Prognoseentscheidung, welche die Besonderheiten des Einzelfalls nicht in den Blick nimmt. Die sei keine geeignete Grundlage für die Anordnung oder Fortdauer gerichtlicher Maßnahmen. Ebenso könne eine Existenzgefährdung durch den Verlust des Arbeitsplatzes nicht mit vom konkreten Fall losgelösten Überlegungen zur allgemeinen Beschäftigungslage verneint werden. Aus der – abstrakt gesehen – guten Arbeitsmarktlage allein folge nicht, dass auch der Betroffene nach seiner Kündigung unproblematisch eine vergleichbare Tätigkeit finden werde.

Quelle | OLG Bamberg, Beschluss vom 13.8.2018, 3 Ss OWi 980/18, Abruf-Nr. 204439 unter www.iww.de.

Reparaturkosten: Heckscheibe reißt bei Ausbau – typisches Werkstattrisiko

| Reißt die eigentlich wiederverwendbare Heckscheibe beim unfallreparaturbedingten Ausbau, verwirklicht sich ein typisches Werkstattrisiko. Darauf hat der Geschädigte keinen Einfluss. Der eintrittspflichtige Versicherer muss daher die Kosten für die neue Scheibe erstatten. |

So entschied es das Amtsgericht Stuttgart. In dem Fall meinte der Versicherer, die Werkstatt habe die Scheibe durch unsachgemäße Arbeit kaputt gemacht. Das gehe ihn nichts an. Das Gericht ließ sich zunächst sachverständig beraten. Der Gutachter erläuterte, dass es ein normales Risiko sei, dass die Scheibe reiße. Das Gericht hat den Versicherer zur Zahlung verurteilt, jedoch Zug um Zug gegen Abtretung eventueller Schadenersatzansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt. Wenn der Versicherer also immer noch meine, die Werkstatt habe den Bruch der Scheibe verursacht, solle er das im Regresswege klären.

Quelle | Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 6.7.2018, 45 C 3863/17, Abruf-Nr. 202761 unter www.iww.de.

Betriebsrat: Anspruch auf Informationen zur Aufgabenwahrnehmung

| Nach § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG muss der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend unterrichten sowie auf dessen Verlangen Einsicht in die erforderlichen Unterlagen gewähren. |

Hieraus folgt nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats, soweit die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist. Anspruchsvoraussetzung ist damit zum einen, dass überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrats gegeben ist und zum anderen, dass im Einzelfall die begehrte Information zur Wahrnehmung der Aufgabe erforderlich ist. Dies muss der Betriebsrat darlegen. Erst anhand dieser Angaben können der Arbeitgeber und im Streitfall das Arbeitsgericht prüfen, ob die Voraussetzungen einer Auskunftspflicht oder ggf. ein Einsichtsrecht vorliegen. Ein Auskunftsanspruch besteht weiterhin nicht erst dann und nicht nur insoweit, als Beteiligungsrechte aktuell sind. Dem Betriebsrat soll es durch die Auskunft ermöglicht werden, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob sich Aufgaben im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes ergeben und ob er zur Wahrnehmung dieser Aufgaben tätig werden muss.

Quelle | BAG, Beschluss vom 24.4.2018, 1 ABR 3/17, Abruf-Nr. 205174 unter www.iww.de.

Ehegattentestament: Pflichtteilsstrafklausel im Berliner Testament

| Eine Pflichtteilsstrafklausel in einem Testament greift auch, wenn der Pflichtteilsberechtigte geltend macht, gegen eine Abstandszahlung auf sein Pflichtteilsrecht verzichten zu wollen. |

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln, das über ein sogenanntes Berliner Testament mit Pflichtteilsstrafklausel zu entscheiden hatte. Die Eheleute hatten sich wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt und bestimmt, dass nach dem Tod des Längstlebenden die vier Kinder das Vermögen zu gleichen Teilen erben sollten. Sollte jedoch eines der Kinder nach dem Tod des Erstversterbenden vom Überlebenden seinen Pflichtteil fordern, solle es auch nach dem Tod des Überlebenden auf den Pflichtteil beschränkt bleiben (sog. Pflichtteilsstrafklausel).

Nach dem Tod der zuerst verstorbenen Mutter erkundigte sich eines der Kinder mittels eines Anwaltsschreibens nach dem Wert des Nachlasses. Es forderte die Vorlage eines sog. Nachlassverzeichnisses und erklärte, dass für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs erforderlich sei, ein Sachverständigengutachten zum Wert des elterlichen Hausgrundstücks einzuholen. Gegen eine Einmalzahlung von 10.000 DM, die auf das Erbe angerechnet werde, sei das Kind indes bereit, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens und die Geltendmachung des Pflichtteils zu verzichten. Der Vater zahlte daraufhin 10.000 DM, sah das Kind in der Folge aber nicht mehr als seinen Erben an.

Die Richter am OLG entschieden, dass das Kind mit diesem Schreiben die Pflichtteilsstrafklausel ausgelöst hat und nach dem Tod des Vaters nicht mehr Erbe ist. Sie bestätigten damit die Auffassung des erstinstanzlich mit der Sache befassten Amtsgerichts. Für die Frage, ob der Pflichtteil gefordert werde, komme es nicht auf die Einschätzung des fordernden Kindes an. Entscheidend sei vielmehr die Perspektive des überlebenden Ehegatten. Mit der Pflichtteilsklausel wollten die Ehegatten typischerweise sicherstellen, dass dem Überlebenden bis zu seinem Tod der Nachlass ungeschmälert verbleibe und nicht durch das Pflichtteilsverlangen eines Schlusserben gestört werde. Auch solle sichergestellt werden, dass nicht eines der Kinder bei der Verteilung des Gesamtnachlasses bevorteilt werde. Das Anwaltsschreiben habe ein ernsthaftes Verlangen des Pflichtteils gegenüber dem Vater dargestellt, da dieser für den Fall der Nichtzahlung der 10.000 DM mit einer Inanspruchnahme durch das Kind habe rechnen müssen. Damit sei nach der Einschätzung eines objektiven Empfängers die erhobene Forderung geeignet gewesen, den Vater der Belastung auszusetzen, vor der er durch die Strafklausel gerade geschützt werden sollte. Eine gerichtliche Durchsetzung des Pflichtteilsanspruchs sei nicht erforderlich, um die Sanktion auszulösen.

Quelle | OLG Köln, Beschluss vom 27.9.2018, 2 Wx 314/18, Abruf-Nr. 205415 unter www.iww.de.

Arbeitslohn: Reisezeiten bei Auslandsentsendung müssen vergütet werden

| Entsendet der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorübergehend zur Arbeit ins Ausland, sind die für Hin- und Rückreise erforderlichen Zeiten wie Arbeit zu vergüten. |

Das folgt aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Geklagt hatte ein bei einem Bauunternehmen tätiger technischer Mitarbeiter. Dieser wurde auf wechselnden Baustellen im In- und Ausland beschäftigt. 2015 schickte ihn sein Arbeitgeber für drei Monate auf eine Baustelle nach China. Auf seinen Wunsch buchte der Arbeitgeber für die Hin- und Rückreise statt eines Direktflugs in der Economy-Class einen Flug in der Business-Class mit Zwischenstopp in Dubai. Für die vier Reisetage zahlte der Arbeitgeber die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung für jeweils acht Stunden, insgesamt 1.149,44 EUR brutto. Mit seiner Klage verlangt der Arbeitnehmer Vergütung für weitere 37 Stunden. Er meint, die gesamte Reisezeit von seiner Wohnung bis zur auswärtigen Arbeitsstelle und zurück sei wie Arbeit zu vergüten. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben.

Die Revision des Arbeitgebers hatte vor dem Fünften Senat des BAG teilweise Erfolg. Entsendet der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer vorübergehend ins Ausland, erfolgen die Reisen zur auswärtigen Arbeitsstelle und von dort zurück ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers. Sie sind deshalb in der Regel wie Arbeit zu vergüten. Erforderlich ist dabei grundsätzlich die Reisezeit, die bei einem Flug in der Economy-Class anfällt. Mangels ausreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum Umfang der tatsächlich erforderlichen Reisezeiten des Klägers konnte der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Er hat das Berufungsurteil daher aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dort muss neu verhandelt und entschieden werden.

Quelle | BAG, Urteil vom 17.10.2018, 5 AZR 553/17, Abruf-Nr. 204974 unter www.iww.de.

Brautgabeversprechen: Mit der Mahr zum Notar

| Das bei einer Heirat in Deutschland gegebene Morgen- oder Brautgabeversprechen muss nach dem hier anwendbaren deutschen Recht notariell beurkundet werden. |

Das zeigt eine Entscheidung des Amtsgerichts München im Fall eines geschiedenen Ehepaars. Die beiden hatten vor dem Standesamt München geheiratet. Die Frau war zu diesem Zeitpunkt deutsche Staatsangehörige, ihr Mann türkischer Staatsangehöriger. Zwei Monate später haben sie religiös nach sunnitischem Ritus geheiratet. Dabei wurde eine Morgen- oder Brautgabe (auch mahir oder Mahr) in Höhe von 4.000 EUR vereinbart. Dies wurde in dem von beiden Beteiligten unterschriebenen Trauschein niedergelegt. Die Ehe wurde jedoch noch gut einem Jahr wieder geschieden.

Die Frau ist der Ansicht, ihr Ex-Mann schulde die Mahr aus Schuldverspreche. Das verbindliche Versprechen einer Mahr sei zwingende Voraussetzung für eine wirksame religiöse Eheschließung, die beide Beteiligten gewollt hätten. Erst nach einer solchen religiösen Eheschließung sei nach den Vorstellungen im Kulturkreis der Beteiligten eine Lebens- und Geschlechtsgemeinschaft möglich. Die Mahr sei dabei üblicherweise gestundet und erst im Falle des Scheiterns der Ehe zu zahlen. Der Mann hielt die Mahr nicht für wirksam vereinbart. Die Ehe sei weder durch einen ordnungsgemäß bestellten Geistlichen noch in der korrekten Form geschlossen.

Die Richterin am Amtsgericht gab dem geschiedenen Ehemann recht. Es sei unerheblich, ob die religiöse Eheschließung formwirksam gewesen sei. Weil es sich um eine im Hinblick auf die Eheschließung eingegangene Verpflichtung handele, unterfalle sie den allgemeinen Ehewirkungen und damit sowohl formal wie inhaltlich deutschem Recht. Die Beteiligten hatten zum Zeitpunkt der Eheschließung keine gemeinsame ausländische Staatsangehörigkeit, aber beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Die Mahr sei auch als unabdingbare Voraussetzung der religiösen Trauung mit Rechtsbindungswillen vereinbart worden. Schenkungsvorschriften seien nicht direkt anwendbar, da die Vereinbarung nicht ohne Gegenleistung erfolgt sei. Die planwidrige Lücke hinsichtlich der vom deutschen Recht nicht vorgesehenen Mahr, bei der oft Summen versprochen würden, die existenzbedrohende Ausmaße annehmen können und die im türkischen Recht tatsächlich als Schenkung behandelt werde, müsse hier aber durch analoge Anwendung des für Schenkungsversprechungen aus Warngründen bestehenden Formerfordernisses der notariellen Beurkundung gefüllt werden. Diese notarielle Form war im vorliegenden Fall nicht eingehalten worden. Die Vereinbarung ist deshalb unwirksam.

Quelle | Amtsgericht München, Beschluss vom 24.8.2018, 527 F 12575/17, Abruf-Nr. 205416 unter www.iww.de.

Abmahnung: Pflichtverletzung muss in Abmahnung konkret und bestimmt dargestellt werden

| In einer Abmahnung muss der Anlass und die Eigenart einer beanstandeten Pflichtverletzung in tatsächlicher Hinsicht hinreichend konkret und bestimmt dargestellt werden. |

Hierauf hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hingewiesen. Die Richter begründeten das damit, dass eine zur Personalakte genommene Abmahnung regelmäßig Relevanz für mehrere Jahre hat. Daher müsse der Vorwurf über Jahre hinweg rekonstruierbar bleiben. Das gelinge nur, wenn der Vorwurf nachvollziehbar und konkret geschildert werde.

Quelle |  LAG Köln, Urteil vom 19.4.2018, 7 Sa 625/17, Abruf-Nr. 204660 unter www.iww.de.

Haftungsrecht: Beim Anfahren an der Ampel darf wegen einer Taube gebremst werden

| Das Bremsen für eine Taube unmittelbar nach dem Anfahren an einer Ampel erfolgt nicht ohne zwingenden Grund und stellt keinen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung dar. |

So entschied es das Amtsgericht Dortmund in einer Unfallsache. Zwei Fahrzeuge hatten vor einer Ampel gewartet. Als diese auf grün umschlug, fuhr der erste Wagen los. Nach wenigen Metern bremste der Fahrer jedoch wieder ab, weil eine Taube auf der Fahrbahn saß. Der nachfolgende Wagen fuhr auf. Der Auffahrende verlangte von dem anderen Fahrer seinen Schaden ersetzt.

Mit dieser Forderung hatte er vor dem Amtsgericht keinen Erfolg. Das Gericht verwies auf den Beweis des ersten Anscheins, nach dem der Auffahrende den Unfall schuldhaft verursacht habe. So spricht die Lebenserfahrung dafür, dass der Kraftfahrer der auf ein vor ihm fahrendes oder stehendes Fahrzeug auffährt, entweder zu schnell, mit unzureichendem Sicherheitsabstand oder unaufmerksam gefahren ist. Es müsse ein solcher Abstand eingehalten werden, dass angehalten werden kann, wenn der Vordermann plötzlich bremst.

Dieser Beweis des ersten Anscheins kann jedoch erschüttert bzw. ausgeräumt werden, wenn der Auffahrende einen anderen ernsthaften, typischen Geschehnisablauf darlegt und beweist. Das konnte der Auffahrende hier aber nicht. Der Anscheinsbeweis ist nicht dadurch erschüttert, dass der andere Fahrer für eine Taube stark gebremst hat. Das Bremsen für eine Taube war nicht ohne zwingenden Grund. Es war in dieser konkreten Situation kein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung. Eine Abwägung der gefährdeten Rechtsgüter ergibt, dass hier gebremst werden durfte. Die damit einhergehende Gefahr von Sachschäden an dem eigenen wie an dem fremden Kraftfahrzeug hat keinen Vorrang vor dem Tierwohl. Vielmehr ist hier zu beachten, dass der Unfall bei sehr geringer Geschwindigkeiten im Anfahrvorgang geschah. Aufgrund der geringen Geschwindigkeit waren auch keine Personenschäden zu erwarten. Allein weil es sich bei einer Taube um ein Kleintier handelt, kann nicht verlangt werden, dass das Tier hätte überfahren werden müssen. Das Töten eines Wirbeltiers ist nach dem Tierschutzgesetz grundsätzlich eine Ordnungswidrigkeit. Das war dem Autofahrer nicht zuzumuten. Diese Vorschrift ist auch Folge des im Jahr 2002 in Art. 20a GG aufgenommen Tierschutzes als Staatszielbestimmung der Bundesrepublik Deutschland.

Quelle | Amtsgericht Dortmund, Urteil vom 10.7.2018, 425 C 2383/18, Abruf-Nr. 205422 unter www.iww.de.