| Wenn der Geschädigte mit dem Mietwagen an fünf Tagen 203 km gefahren ist, ist damit erwiesen, dass es notwendig war, das Fahrzeug anzumieten. Weiterer Vortrag, warum der Geschädigte das Fahrzeug brauchte, kann nicht verlangt werden. |
Diese Klarstellung traf das Amtsgericht Döbeln. Es klärt damit eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Nötig war das Urteil jedoch, weil Versicherer immer häufiger vortragen, ein Geschädigter könne auch mal ohne Fahrzeug auskommen, weshalb er erklären müsse, warum er einen Mietwagen brauchte. Dem Vortrag des Versicherers folgte das Gericht – zu Recht – nicht.
Quelle | Amtsgericht Döbeln, Zweigstelle Hainichen, Urteil vom 28.6.2016, 4 C 89/17, Abruf-Nr. 195154 unter www.iww.de.
| Der gegnerische Haftpflichtversicherer muss die Entsorgungskosten erstatten, wenn es Teile zum Entsorgen gibt. Es reicht, wenn die Kosten in der Reparaturrechnung aufgeführt sind. |
So sieht es das Amtsgericht Hamburg Blankenese. Im konkreten Fall waren im Schadengutachten keine Entsorgungskosten angegeben, nur in der Reparaturrechnung. Im Gutachten stand aber, dass Teile des Fahrzeugs erheblich beschädigt wurden. Das Gericht wies auf die zwangsläufige Folge hin: Diese beschädigten Teile müssen entsorgt werden.
Quelle | Amtsgericht Hamburg Blankenese, Urteil vom 21.7.2017, 532 C 110/17, Abruf-Nr. 195641 unter www.iww.de.
| Wenn sich die Reparaturdauer verlängert, weil die im Unfallfahrzeug verbaute und beschädigte Auspuffanlage nicht lieferbar ist, fällt die dadurch verlängerte Ausfalldauer dem Schädiger zur Last. |
So entschied es das Amtsgericht Stuttgart. Der Versicherer hatte vorgetragen, der Geschädigte hätte zunächst einen Serienauspuff einbauen lassen müssen, um dann nach Lieferung des Sportauspuffs diesen wieder umzubauen.
Das Gericht rechnet dem Versicherer jedoch vor, dass die Kosten für den Serienauspuff (Auch der hat eine Lieferzeit. Und was soll nach der Kurzzeitnutzung mit ihm geschehen?) und die doppelten Montagekosten zu keiner Ersparnis geführt hätten.
Quelle | Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 26.7.2017, 41 C 1241/17, Abruf-Nr. 195687 unter www.iww.de.
| Eine Radfahrerin, die beim Befahren eines Radwegs entgegen der Fahrtrichtung mit einem wartepflichtigen Pkw kollidiert, kann 1/3 ihres Schadens selbst zu tragen haben. Dass sie keinen Schutzhelm getragen hat, erhöht – bei dem Unfallereignis aus dem Jahre 2013 – ihren Eigenhaftungsanteil nicht. |
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Falle einer Radfahrerin entschieden. Diese befuhr mit ihrem Fahrrad einen Geh- und Radweg entgegen der Fahrtrichtung. Sie wollte die Einmündung einer untergeordneten Straße queren, um dann nach links in diese Straße einzubiegen. Der Beklage kam mit seinem Pkw aus dieser Straße und wollte rechts abbiegen. Dabei kollidierte sein Fahrzeug mit dem Fahrrad der Klägerin. Die Radfahrerin stürzte auf die Motorhaube, rutschte mit ihrem Rad über die Straße und schlug mit dem unbehelmten Kopf auf der Fahrbahn auf. Mit einem Schädel-Hirn-Trauma, einem Schädel-Basis-Bruch und einer Kniefraktur erlitt sie schwerste Verletzungen. Sie verlangt nun von dem Beklagten und seinem Haftpflichtversicherer Schadenersatz und Schmerzensgeld.
Das Landgericht hat der Radfahrerin ein Mitverschulden von 20 Prozent angerechnet. In der Berufungsinstanz hat das OLG dieses Mitverschulden stärker berücksichtigt und mit 1/3 bewertet. Der Beklagte habe, so die Richter, den Unfall in erheblichem Umfang verschuldet, auch wenn er zunächst im Einmündungsbereich angehalten habe und dann langsam abgebogen sei. Gegenüber der Klägerin sei er wartepflichtig gewesen. Die Klägerin habe ihr Vorfahrtsrecht nicht dadurch verloren, dass sie den kombinierten Geh- und Radweg entgegen der Fahrtrichtung befahren habe, obwohl dieser für eine Nutzung in ihrer Fahrtrichtung nicht mehr freigegeben gewesen sei. Ein Radfahrer behalte sein Vorrecht gegenüber kreuzenden und einbiegenden Fahrzeugen auch, wenn er verbotswidrig den linken von zwei vorhandenen Radwegen nutze.
Die Klägerin ihrerseits habe den Unfall mitverschuldet, weil sie mit ihrem Fahrrad den an der Unfallstelle vorhandenen Geh- und Radweg entgegen der freigegebenen Fahrtrichtung befahren habe. Dass die Klägerin auf dem für ihre Fahrtrichtung nicht freigegebenen Weg erst wenige Meter zurückgelegt habe, entlaste sie nicht. Sie habe sich verbotswidrig auf dem Radweg befunden, den sie richtigerweise nur noch – ihr Fahrrad schiebend – als Fußgängerin hätte benutzen dürfen.
Unerheblich sei, dass sie keinen Schutzhelm getragen habe. Deshalb könne ihr Anspruch nicht gekürzt werden. Zur Unfallzeit im Jahre 2013 habe keine gesetzliche Helmpflicht für Radfahrer bestanden. Das Tragen von Fahrradhelmen habe zudem nicht dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entsprochen. Das hat der Bundesgerichtshof noch im Jahre 2014 festgestellt, bezogen auf einen Unfall aus dem Jahre 2011. Anhaltspunkte dafür, dass sich das Verkehrsbewusstsein insoweit in den Jahren danach verändert habe, habe der Senat nicht.
Der Mitverschuldensanteil der Klägerin sei mit 1/3 zu bewerten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das der Klägerin nach wie vor zustehende Vorfahrtsrecht kein Vertrauen ihrerseits in ein verkehrsgerechtes Verhalten des Beklagten habe begründen können. Auch wenn der Beklagte mit seinem Fahrzeug zunächst vor dem querenden Geh- und Radweg angehalten habe, habe die verkehrswidrig fahrende Klägerin ohne weitere Anhaltspunkte nicht davon ausgehen dürfen, dass der Beklagte sie wahrgenommen habe und ihr den Vorgang einräumen würde.
Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 4.8.2017, 9 U 173/16, Abruf-Nr. 196307 unter www.iww.de.
| Einschäumen, abspülen, polieren: Viele Autofahrer nutzen immer noch gerne die eigenen Garageneinfahrten oder Stellplätze für die Fahrzeugpflege. Doch in vielen Städten und Gemeinden ist das inzwischen verboten – und oft gilt dieses Verbot sogar schon für das einfache Abspritzen mit klarem Wasser. Darauf macht das Infocenter der R+V Versicherung aufmerksam. |
Bequem, aber umweltschädlich
Es ist bequem und günstig, dem Fahrzeugschmutz direkt vor der Haustür mit Gartenschlauch und Putzeimer zu Leibe zu rücken. Doch die private Autowäsche kann die Gewässer verunreinigen, weil sich dabei immer auch Ölrückstände, Teer und andere Stoffe lösen. „Hinzu kommt, dass spezielle und teilweise aggressive Putzmittel für die Autopflege ins Grundwasser gelangen können“, sagt Ralph Glodek, Nachhaltigkeitsbeauftragter beim R+V-Infocenter. Umweltfreundlicher ist es, das Auto in einer Autowaschanlage oder auf ausgewiesenen Waschplätzen zu reinigen. „Das Abwasser wird hier umweltschonend in den Kreislauf eingebracht und die Reinigungsmittel genauer dosiert.“
Oft kommt‘s auf den Untergrund an
In vielen Städten und Gemeinden ist es ohnehin verboten, das Auto auf unbefestigten Untergründen zu reinigen, also etwa auf einer gepflasterten Einfahrt. Allerdings fehlt eine deutschlandweit einheitliche Regelung. „Wir empfehlen Autobesitzern, sich vorab zu erkundigen, ob die Autowäsche auf privatem Gelände erlaubt ist“, so R+V-Experte Glodek. In der Regel ist die Untere Wasserbehörde dafür zuständig. Auch in der Stadt- oder Gemeindeordnung ist es in der Regel eindeutig festgelegt. Wer dagegen verstößt, begeht zumindest eine Ordnungswidrigkeit, eine Geldbuße kann die Folge sein – manchmal bis zu 1.000 EUR. Grundsätzlich untersagt ist die Autowäsche in Wasserschutzgebieten.
Anders sieht es mitunter bei geteerten oder anders versiegelten Flächen aus: Wenn die Schmutzabwässer in die Kanalisation fließen und über die Kläranlagen gereinigt werden, ist die Fahrzeugwäsche unter Umständen erlaubt. Auch hier geben die zuständigen Behörden Auskunft.
Öffentliche Straßen meist tabu
Öffentliche Straßen und Plätze haben zwar meist einen befestigten Untergrund, und das Schmutzwasser kann in die Kanalisation fließen. Trotzdem gibt es hier meist ebenfalls kein grünes Licht für die Fahrzeugpflege. „Ein Großteil der Gemeinden und Städte hat für die Autowäsche auf öffentlichen Straßen Sonderregelungen getroffen. Diese verbieten schon das einfache Abspritzen“, so Ralph Glodek.
Quelle | www.infocenter.ruv.de
| Ein Nottestament vor drei Zeugen ist unwirksam, wenn der Sohn der als Alleinerbin eingesetzten Begünstigten daran mitwirkt. |
Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Köln hin, als es über die Erbfolge eines im Alter von 84 Jahren in einem Krankenhaus verstorbenen Mannes zu entscheiden hatte. Wenige Stunden vor seinem Tod waren vier Personen ans Sterbebett gekommen. Drei von ihnen hielten in einer Niederschrift fest, dass nach dem letzten Willen die Lebensgefährtin Alleinerbin werden solle. Der Kranke sei mit diesem Nottestament einverstanden, habe aber keine Kraft mehr gehabt, es zu unterschreiben. Unter den Zeugen war auch der Sohn der Lebensgefährtin. Die Lebensgefährtin beantragte unter Vorlage dieses Dokuments einen Erbschein. Die ohne dieses Testament erbberechtigten Nichten und Neffen des Verstorbenen haben sich dagegen vor Gericht gewehrt.
Die Richter am OLG bestätigten die Entscheidung des Nachlassgerichts, wonach die Lebensgefährtin nicht wirksam als Alleinerbin eingesetzt worden ist. Grundsätzlich ist allerdings ein sogenanntes „Drei-Zeugen-Testament“ möglich. Wer sich in so naher Todesgefahr befindet, dass ein Testament vor einem Notar oder ein Nottestament vor dem Bürgermeister nicht mehr möglich ist, kann das Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichten. Als Zeuge können aber nicht die Kinder oder bestimmte andere Verwandte der Person mitwirken, die durch das Testament einen rechtlichen Vorteil erhält. Da der Sohn der Lebensgefährtin einer der drei Zeugen war, war das Nottestament unwirksam.
Auch die Anwesenheit einer vierten Person am Sterbebett änderte nichts an dem Ergebnis. Zum einen hatte die Beweisaufnahme ergeben, dass die vierte Person nicht an der Beurkundung beteiligt werden sollte. Sie hatte die Erklärung des Erblassers lediglich mit angehört. Zeugen eines Nottestaments müssen aber von Anfang an zur Mitwirkung bereit sein, da jeder gleichberechtigt mit den anderen die Verantwortung für die richtige Wiedergabe der Erklärung trägt. Zum anderen ergab sich in der Beweisaufnahme, dass die vierte Person nur über rudimentäre Deutschkenntnisse verfügte. Sie konnte daher aufgrund der Sprachprobleme gar nicht beurteilen, ob der niedergeschriebene Text der Erklärung des Erblassers entsprach.
Da nur noch zwei Personen als Zeugen für die Beurkundung des letzten Willens übrig blieben, war das Testament nicht wirksam. Ein Zweipersonentestament kennt das deutsche Recht nicht.
Quelle | OLG Köln, Beschluss vom 5.7.2017, 2 Wx 86/17, Abruf-Nr. 196309 unter www.iww.de.
| Bringt ein Ehepartner eine Einbauküche mit in die gemeinsame Wohnung, wird er nicht automatisch Eigentümer aller Zusatzteile, mit denen der andere Ehepartner die Küche ergänzt. |
Diese Klarstellung traf das OLG Koblenz im Fall eines getrennt lebenden Ehepaars. Die Eheleute waren bereits zwei Jahre vor ihrer Hochzeit in das Haus des Mannes gezogen. Dabei hatte die Frau ihre Küche mitgebracht. Beim Einbau in das Haus wurde die Küche um neu erworbene Teile aus der gleichen Serie ergänzt. Die Kosten von ca. 3.000 EUR übernahm der Mann. Als sich die Eheleute trennten, nahm die Frau die komplette Küche mit. Sie argumentierte, dass sie an den vom Ehemann angeschafften Teilen durch Verbindung mit ihrer Küche Eigentum erworben habe. Der Ehemann sah das anders und verlangte Schadenersatz.
Die Richter am OLG stellten klar, dass die vom Ehemann neu erworbenen Küchenmöbel nicht wesentliche Bestandteile der gesamten Küche geworden sind. Die Teile seien zwar in die Küche eingefügt worden. Sie könnten aber ohne Weiteres wieder ausgebaut und separat genutzt werden. Es könne nicht von einem wesentlichen Bestandteil der einen oder der anderen Sache ausgegangen werden, wenn die Trennung der Neuteile von der vorhandenen Küche augenscheinlich ohne Zerstörung der einen oder der anderen Sache möglich ist.
Allerdings könne der Mann auch keinen Schadenersatz verlangen. Er könne lediglich verlangen, dass die Frau die von ihm eingebrachten Teile wieder herausgebe.
Quelle | OLG Koblenz, Beschluss vom 5.1.2017, 13 UF 477/16, Abruf-Nr. 196310 unter www.iww.de.
| Vor der Hochzeit schließen viele Paare heutzutage einen notariellen Ehevertrag. Darin kann geregelt werden, was im Fall einer Scheidung für Unterhalt, Altersversorgung und Vermögen gelten soll. Häufig wird auch die Gütertrennung vereinbart. Dann gehört das Vermögen, das ein Ehegatte während der Ehe erwirbt, nur ihm allein und wird – anders als im gesetzlichen Regelfall der Zugewinngemeinschaft – auch im Fall der Scheidung nicht geteilt. Beim Tod eines Ehegatten steht dann dem anderen auch kein Zugewinnausgleich zu, der den Anteil am Nachlass erhöht. Ein solcher Vertrag kann aber auch nichtig sein. |
Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hin. In dem Fall hatte eine Ehefrau nach dem Tod ihres Mannes auch ihren Anspruch auf Zugewinnausgleich und damit eine Erhöhung ihres Anteils am Nachlass geltend gemacht. Sie hatte einen entsprechenden Erbschein beantragt. Das Amtsgericht lehnte dies ab. Schließlich habe die Ehefrau durch den notariellen Vertrag auf den Zugewinn verzichtet.
Auf ihre Beschwerde hin gab das OLG der Frau recht. Der Ehevertrag sei nichtig und entfalte keine Rechtswirkung. Denn nach dem Vertrag hätte die Frau weder Anspruch auf den Zugewinnausgleich noch auf Teilhabe an den Rentenansprüchen ihres Mannes gehabt. Außerdem wäre auch ihr Unterhaltsanspruch weitgehend eingeschränkt worden. Dies sei jedenfalls in der Summe eine unangemessene Benachteiligung der Ehefrau, so die Richter. Das führe zur Nichtigkeit, weil die Ehefrau beim Abschluss des Vertrags in einer Zwangslage und ihrem künftigen Ehemann in Lebenserfahrung und Bildung deutlich unterlegen gewesen sei.
Sie war nämlich Auszubildende im Betrieb ihres 20 Jahre älteren künftigen Ehemanns, hochschwanger und musste damit rechnen, dass die bevorstehende Hochzeit ohne ihre Unterschrift abgesagt werden würde.
Weil der Vertrag ungültig ist, haben die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt. Deshalb ist auch der Anteil der Ehefrau am Nachlass des Ehemanns durch den Zugewinnausgleich erhöht.
Quelle | OLG Oldenburg, Beschluss vom 10.5.2017, 3 W 21/17, Abruf-Nr. 196311 unter www.iww.de.
| Rückwirkend zum 1.7.2017 wird der Unterhaltsvorschuss bis zur Volljährigkeit des Kindes gezahlt. Die bisherige Höchstbezugsdauer von 72 Monaten wird für alle Kinder aufgehoben. |
Für Kinder nach Vollendung des 12. Lebensjahres ist zusätzlich Voraussetzung, dass sie selbst nicht auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) angewiesen sind, oder dass der alleinerziehende Elternteil im SGB II-Bezug eigene Einkünfte in Höhe von mindestens 600 Euro brutto monatlich erzielt. Es wird gewährleistet, dass der Staat mit Unterhaltsvorschuss oder SGB II im Bedarfsfall lückenlos für alle Kinder einspringt, wenn sie ihnen zustehende Unterhaltszahlungen nicht erhalten. |
Der Unterhaltsvorschuss ist eine wichtige Leistung für alleinerziehende Eltern und ihre Kinder. Das bestätigt nicht nur die Gesamtevaluation der familienbezogenen Leistungen. Er sichert nicht nur die finanzielle Situation der alleinerziehenden Familien ab. Vielmehr gelingt es durch die Bemühungen der Unterhaltsvorschussstellen um die Unterhaltszahlungen des Partners oft, dass Unterhalt fließt. Der Unterhaltsvorschuss sichert verlässlich die wirtschaftliche Stabilität der Familien und trägt zu ihrem Wohlergehen bei.
Alleinerziehende sollten die Leistung umgehend beim Jugendamt beantragen. Auch eine spätere Antragstellung im September 2017 reicht aus, um Ansprüche für die Zeit ab 1.7.2017 geltend zu machen. Ein entsprechender Weisungsentwurf liegt den Ländern zur Stellungnahme vor.
Quelle | Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
| Das Land Nordrhein-Westfalen darf einen Bewerber für den Polizeidienst nicht allein deswegen ablehnen, weil er auf der Innenseite seines linken Unterarms eine großflächige Tätowierung hat. |
Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf in einem Eilverfahren entschieden. Zugleich hat es das Land verpflichtet, den Bewerber zum weiteren Auswahlverfahren für die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst zuzulassen.
Der Antragsteller hatte sich für die Einstellung in den Polizeidienst in NRW im Jahr 2017 beworben. Das zuständige Landesamt hat ihn vom Auswahlverfahren ausgeschlossen, weil er auf der Innenseite seines linken Unterarms einen Löwenkopf tätowiert hat (20 x 14 cm). Gegen das Motiv als solches hat das Land Nordrhein-Westfalen keine Bedenken. Es beruft sich jedoch auf einen Erlass des Innenministeriums. Danach sind großflächige Tätowierungen im sichtbaren Bereich ein absoluter Eignungsmangel des Bewerbers. Sichtbar sind Körperstellen, die beim Tragen der Sommeruniform der Polizeibeamten erkennbar sind, also etwa die Unterarme. Tätowierungen, die die durchschnittliche Größe eines Handtellers überschreiten, sind an diesen Körperstellen unzulässig, und zwar unabhängig von dem Motiv. Der Erlass zielt darauf ab, dass die Legitimation und Autorität von Polizeibeamten durch solche Tätowierungen nicht beeinträchtigt werden sollen. Nach Auffassung des Landes NRW kann nicht festgestellt werden, dass ein gesellschaftlicher Wandel stattgefunden hat, nach dem solche Tätowierungen bei Polizeibeamten toleriert werden.
Das Gericht hält diese Verwaltungspraxis für rechtswidrig. Für einen Eignungsmangel reiche es nicht aus, dass Teile der Bevölkerung großflächige Tätowierungen nur für unpassend oder unästhetisch hielten. Erforderlich sei vielmehr, dass Polizeibeamten aufgrund ihrer großflächigen Tätowierungen das erforderliche Vertrauen nicht mehr entgegengebracht werde. Hierfür fehle es an belastbaren Erkenntnissen. Aktuelle Umfrageergebnisse zur Akzeptanz von Tätowierungen von Beamten lägen nicht vor. Die augenfällige Zunahme von Tätowierungen gerade an den Armen deute eher auf einen gesellschaftlichen Wandel hin. Diesen müsse der Dienstherr bei der Einstellung junger Bewerber in den Blick nehmen. Die Ablehnung eines Bewerbers aufgrund der Gestaltung der Tätowierung (z.B. gewaltverherrlichende Motive) sei weiterhin zulässig.
Quelle | VG Düsseldorf, Urteil vom 24.8.2017, 2 L 3279/17, Abruf-Nr. 196312 unter www.iww.de.