| Die Bezugnahme auf ein nicht in Testamentsform abgefasstes Schriftstück ist unschädlich, wenn sie lediglich der näheren Erläuterung testamentarischer Bestimmungen dient. |
Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg in einer Entscheidung hin. In dem Fall hatte die Erblasserin E ihren vorverstorbenen Ehemann M beerbt. Für den zweiten Erbfall hatten die Ehegatten in einem maschinenschriftlichen Testament geregelt, dass der Sohn S der E und der Enkel EN (Beteiligter zu 1) je Erben zu 1/4 werden sollten. Die andere Hälfte des gemeinsamen Nachlasses sollte den Geschwistern des M zufallen (darunter die Beteiligten zu 2 und 3). Später erstellte die E ein eigenhändiges Testament. Darin hieß es: „Da mein Sohn (…) am (…) verstorben ist, setze ich für die Hälfte meines Vermögens meinen Enkel als Haupterben ein. Die andere Hälfte geht an die Erben, die im Testament genannt sind.“ Die Beteiligten zu 2 und 3 beantragten einen Erbschein, wonach EN Erbe zu 1/2 und die vier Geschwisterstämme des M Erben zu je 1/8 geworden sind. Das Nachlassgericht kündigte die Erteilung des Erbscheins an.
Das OLG wies die dagegen gerichtete Beschwerde des EN zurück. Die Richter machten deutlich, dass das maschinenschriftliche Testament formunwirksam sei. Fraglich sei daher, ob dessen Inhalt dadurch zur Geltung kommen konnte, dass E darauf im handschriftlichen Testament Bezug genommen hat. Dazu müsse der wahre Wille der E ermittelt werden. Dieser sei durch das formunwirksame Testament erkennbar: Nach dem Tod der Ehegatten sollte das Vermögen zur Hälfte an den Stamm der E und zur Hälfte an die gesetzlichen Erben des M fallen.
Anschließend sei zu klären, ob der Wille der E im handschriftlichen Testament ausreichend angedeutet ist, damit die Testamentsform gewahrt ist. Dies sei hier der Fall. Das formwirksame handschriftliche Testament der E bestimme die nicht namentIich genannten Miterben zur Hälfte nicht nur durch Bezugnahme auf die „im Testament genannten“ Personen. Es biete sogar selbst einen gewissen Anhalt für die nähere Bestimmbarkeit dieser Personen. Denn es bringe zum Ausdruck, dass die E an ganz bestimmte Personen gedacht habe. Es sei somit zur Klarstellung dessen, was die E mit ihrer testamentarischen Erklärung gemeint habe, auf das von ihr ausdrücklich in Bezug genommene formunwirksame gemeinschaftliche Testament zurückzugreifen. Denn Aufgabe der Testamentsauslegung sei es, den u.U. verborgenen Sinn einer testamentarischen Verfügung zu ermitteln, und zwar auch unter Heranziehung von Umständen außerhalb der Testamentsurkunde.
Der Wille der E habe sich in ihrem Testament, wenn auch unvollkommen, ausgedrückt. Biete aber das Testament eine Grundlage für die Auslegung, und sei sie auch noch so gering, könne dem Ergebnis der gebotenen Auslegung Formnichtigkeit nicht entgegengehalten werden.
Quelle | OLG Hamburg, Beschluss vom 18.3.2015, 2 W 5/15, Abruf-Nr. 144493 unter www.iww.de.