Marcus Spiralski Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht & Fachanwalt für Familienrecht

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Erbrecht: Die Auswirkungen der neuen EU-Erbrechtsverordnung auf die eigene Nachfolgeplanung werden unterschätzt

| Mitte August 2015 tritt die neue EU-Erbrechtsverordnung in Kraft. Die Verordnung bestimmt das Recht des Staates, das im Erbfall anzuwenden ist und sieht neue Rechtswahlmöglichkeiten für den Erbfall vor. Außerdem wird ein europäisches Nachlasszeugnis eingeführt. Die weitreichenden Änderungen durch die EU-Erbrechtsverordnung sind den Bürgern weitgehend noch unbekannt. Die Zeit bis zum Inkrafttreten des neuen Rechts sollte zur Beschäftigung mit der eigenen Nachfolgeplanung und gegebenenfalls zu deren Anpassung an die künftige Rechtslage genutzt werden. |

Wen betrifft die neue EU-Erbrechtsverordnung?

Die neue EU-Erbrechtsverordnung betrifft potentiell jeden. Sie ist innerhalb der EU (mit Ausnahme Dänemarks, Großbritanniens und Irlands) auf alle Sterbefälle anwendbar, die sich ab dem 17.8.2015 ereignen. Ab diesem Zeitpunkt ist regelmäßig nicht mehr die Staatsangehörigkeit des Erblassers für das anzuwendende Recht maßgeblich. Das anzuwendende Recht richtet sich dann grundsätzlich nach dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

In Zeiten der Globalisierung bedeutet das für eine Vielzahl von Bürgern, dass für sie ab Mitte August 2015 ein anderes Erbrecht gilt. Betroffen sind in erster Linie Personen, die dauerhaft in einem Staat leben, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, Rentner, die ihren Lebensabend überwiegend im Ausland verbringen und Menschen, die sich in ein ausländisches Pflegeheim begeben. Auch junge Menschen, die z.B. aus beruflichen Gründen nur zeitweise im Ausland leben und die eine Rückkehr in die Heimat planen, können von der Neuregelung betroffen sein. Die einfache Regel, nach der jeder Deutsche nach deutschem Recht, jeder Franzose nach französischem Recht beerbt wird, stimmt künftig nicht mehr. „Ausländische Rechtsordnungen können sich erheblich von den deutschen erbrechtlichen Regelungen unterscheiden. Um Überraschungen zu vermeiden, ist es wichtig, sich rechtzeitig beraten zu lassen“, erklärt Lisa Schumacher, Geschäftsführerin der Notarkammer Pfalz.

Zeitig Gedanken zum eigenen Nachlass machen

Jeder – egal ob jung oder alt – sollte sich frühzeitig Gedanken zur Regelung des eigenen Nachlasses machen und sich mit der Nachfolgeplanung auseinandersetzen. Dies gilt vor allem für diejenigen, für die möglicherweise künftig ein fremdes Erbrecht zur Anwendung kommt. „Erste Überlegung muss dabei sein, wo der gewöhnliche Aufenthalt liegt“, so Schumacher. Daran schließt sich die Frage an, ob nach dem anhand des gewöhnlichen Aufenthaltsorts anzuwendenden Recht die gewünschte Nachlassverteilung möglich ist, und ob die Anwendung des fremden Rechts überhaupt gewollt ist.

Dabei kann es bereits schwierig sein, den gewöhnlichen Aufenthaltsort zuverlässig zu ermitteln. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass er mit einer Veränderung der tatsächlichen Umstände wechseln kann. „Wer sicher gehen will, dass bei seinem Tod das Recht des Landes anwendbar ist, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, muss künftig eine entsprechende Rechtswahl treffen. Diese muss ausdrücklich in Form einer Verfügung von Todes wegen erfolgen und sollte daher am besten zusammen mit der Errichtung eines Testaments oder eines Erbvertrags vorgenommen werden.“, empfiehlt Schumacher.

Beratungsangebote nutzen

Informationen über das Erbrecht der Mitgliedstaaten können auf der Webseite des Rats der Notariate der Europäischen Union unter http://www.successions-europe.eu abgerufen werden.

Informationsangebote im Internet können jedoch keineswegs die Beratung im Einzelfall ersetzen. Die Frage, ob eine Rechtswahl sinnvoll oder sogar notwendig ist, können u.a. Notare oder Fachanwälte für Erbrecht beantworten. „Notare beraten auf diesem Gebiet und arbeiten die notwendigen rechtssicheren Formulierungen aus. Aufgabe des Notars ist es dabei, sicherzustellen, dass ein heute errichtetes Testament auch nach dem Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung geltenden Recht gültig und mit der künftigen EU-Erbrechtsverordnung vereinbar ist“, erklärt Schumacher. Eine notarielle Beratung empfiehlt sich auch, wenn ein Testament bereits errichtet wurde, um zu prüfen, ob dieses geändert oder ergänzt werden muss.

Mehr Rechtsicherheit und Erleichterung bei Erbfällen mit Auslandsbezug

Trotz des gestiegenen Beratungsbedarfs aufgrund der einschneidenden Änderungen, die die neue Verordnung mit sich bringt, überwiegen deren Vorteile eindeutig. Schumacher: „Mit der Verordnung gelten erstmals auf EU-Ebene einheitliche Regelungen darüber, welches Erbrecht auf einen internationalen Erbfall anzuwenden ist und wie Erben ihre Rechte nachzuweisen haben.“ Erben und Erblasser standen bisher vor oft schwer lösbaren Konflikten. So herrschte bislang in vielen grenzüberschreitenden Erbfällen Uneinigkeit, nach welchem nationalen Recht sich die Erbfolge richtet. Es konnte daher vorkommen, dass derselbe Erbfall in einem Mitgliedstaat der EU anders als in einem anderen beurteilt wurde und Erbnachweise aus einem Mitgliedsstaat in einem anderen Mitgliedsstaat nicht anerkannt wurden. Die EU-Erbrechtsverordnung wirkt dem entgegen und ermöglicht eine zuverlässige und rechtssichere Nachlassplanung.

Ferner wird mit der Verordnung ein europäisches Nachlasszeugnis eingeführt, mit dem Erben, aber auch Testamentsvollstrecker, ihre Rechtstellung nachweisen können. Bei grenzüberschreitenden Erbfällen entfällt damit künftig die mehrfache Beantragung von Erbscheinen in allen Ländern, in denen der Erblasser Vermögen hinterlassen hat.

Quelle | Hamburgische Notarkammer

Verbraucherinsolvenz: Insolvenzverwalter kann keine Zustimmung zur steuerlichen Zusammenveranlagung verlangen

| Im Falle einer Verbraucherinsolvenz hat der Insolvenzverwalter keinen Anspruch gegen den anderen Ehegatten auf Zustimmung zur steuerlichen Zusammenveranlagung. |

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig. Die Richter bestätigten in ihrer Entscheidung zwar die Pflicht eines jeden Ehegatten, die finanziellen Lasten des anderen nach Möglichkeit zu vermindern. Voraussetzung sei aber, dass dies ohne eine Verletzung eigener Interessen möglich ist. In steuerlicher Hinsicht betreffe dies auch die Pflicht, unter bestimmten Voraussetzungen in eine von dem anderen gewünschte Zusammenveranlagung zur Einkommenssteuer einzuwilligen. Das sei beispielsweise der Fall, wenn der andere so seine Steuerschuld verringern könne, der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehegatte aber keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt werde.

Sei aber das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Ehegatten eröffnet, könne der Insolvenzverwalter nicht mehr über die Zustimmung zur steuerlichen Zusammenveranlagung auf den Verlustvortrag des anderen Ehegatten zugreifen, um diesen zu nutzen. Dem stehe die zusätzliche steuerliche Belastung des anderen Ehegatten entgegen. Dieser könne nämlich den Verlustvortrag nicht mehr nutzen, um sein eigenes steuerliches Einkommen zu reduzieren.

Quelle | OLG Schleswig, Beschluss vom 23.5.2014, 10 UF 63/13, Abruf-Nr. 143253 unter www.iww.de.

Vermögensfürsorgepflicht: Heimliches Ummelden einer Hausratversicherung führt zum Schadenersatzanspruch des Ehegatten

| Wenn ein Ehegatte während des Zusammenlebens heimlich die Hausratversicherung für die gemeinsame Ehewohnung auf eine allein in seinem Eigentum stehende Wohnung ummeldet, verstößt er gegen die ihn treffende Vermögensfürsorgepflicht gegenüber dem anderen Ehegatten. |

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Bremen. Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass der so hintergangene Ehegatte einen Schadenersatzanspruch habe, wenn aufgrund eines späteren Einbruchs der entwendete Hausrat in der Ehewohnung nicht von der Versicherung ersetzt wird.

HINWEIS | Bei den Verpflichtungen aus der ehelichen Fürsorgepflicht ist zwischen der Verletzung persönlicher Pflichten, die grundsätzlich keine Schadenersatzpflicht auslöst (insbesondere Beistand, Rücksichtnahme, Solidarität), und der Verletzung vermögensrechtlicher Pflichten, die zu Schadenersatzansprüchen führen kann, zu unterscheiden.

Allerdings bestehen diese Pflichten bei einem gestörten ehelichen Verhältnis nicht mehr in gleichem Maße, wie bei einer intakten Ehe. Schadenersatz ist u.a. möglich bei

  • der Verletzung der Mitwirkungspflicht bei der steuerlichen Zusammenveranlagung und beim begrenzten Realsplitting sowie
  • einer Verweigerung der Zustimmung zur Übertragung eines Kfz-Schadenfreiheitsrabatts auf die den Zweitwagen überwiegend fahrende Ehefrau.

Quelle | OLG Bremen, Urteil vom 19.9.14, 4 UF 40/14, Abruf-Nr. 142937 unter  www.iww.de.

Beamtentätigkeit: Wer großflächig an den Unterarmen tätowiert ist, kann nicht Polizist werden

| Großflächige, nicht von der Sommeruniform verdeckte Tätowierungen berechtigen das Land NRW, die Einstellung eines Bewerbers in den Polizeivollzugsdienst abzulehnen. |

Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen im Fall eines Bewerbers entschieden, der im Wege einer einstweiligen Anordnung seine Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes-Nordrhein-Westfalen durchsetzen wollte. Der Bewerber hat an den Unterarmen tätowierte Schriftzüge (jeweils ungefähr 15 cm breit und 2,5 cm hoch), bei denen es sich um die Vornamen seiner beiden Töchter handelt. Das Land Nordrhein-Westfalen hat die Einstellung abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass in der Dienstausübung jede Individualität hinter die neutrale Erfüllung des dienstlichen Auftrags zurückzutreten habe. Die sich insbesondere aus der Uniform ergebende Legitimation und Autorität eines Polizeivollzugsbeamten dürfe durch Tätowierungen nicht beeinträchtigt werden. Großflächige, nicht von der Sommeruniform verdeckte Tätowierungen seien daher ein Einstellungshindernis. Hiergegen hat der Bewerber die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, er könne auch im Sommer langärmelige Uniformhemden tragen, die seine Tätowierungen verdeckten.

Dieser Argumentation ist das OVG nicht gefolgt. Der Dienstherr sei berechtigt, Polizeivollzugsbeamten Vorgaben für die äußere Erscheinung im Dienst, etwa für Tätowierungen, zu machen. Dies sei hier durch Verwaltungsvorschriften geschehen. Danach sei der Dienstherr berechtigt, die Einstellung eines im sichtbaren Bereich großflächig tätowierten Bewerbers abzulehnen. Diese Bestimmungen seien nicht unverhältnismäßig, weil der Dienstherr Tätowierungen nicht ausnahmslos verbiete. Denn grundsätzlich seien großflächige Tätowierungen im von der Sommeruniform verdeckten Bereich sowie Tätowierungen minderer Größe im sichtbaren Bereich weiterhin zulässig.

Quelle | OVG Nordrhein-Westfalen 26.9.14, 6 B 1064/14, Abruf-Nr. 143249 unter www.iww.de.

Arbeitsentgelt: Kein Anspruch einer Praktikantin auf Arbeitsentgelt für achtmonatige Tätigkeit im Einzelhandel

| Auch bei einem acht Monate lang dauernden Praktikum besteht nicht in jedem Fall ein Anspruch auf ein Arbeitsentgelt. |

Das stellte das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm klar und wies die Klage einer Praktikantin ab. Diese hatte sich in einem Supermarkt um einen Ausbildungsplatz als Verkäuferin beworben. Dabei hatte sie sich bereit erklärt, zuvor ein Praktikum aufzunehmen. Der Eigentümer des Supermarkts schloss mit dem Bildungszentrum des Handels e.V. als Trägerverein einen „Rahmenvertrag zur Ableistung eines Praktikums“. Er schloss außerdem mit der Praktikantin sowie mit dem Trägerverein einen dreiseitigen „Praktikumsvertrag“. Dieser sah u.a. vor, dass die Praktikantin einen Einblick in das Berufsfeld mit seinen Arbeitsbedingungen und Arbeitsanforderungen erhalten sollte. Zudem sollten ihr Grundkenntnisse des betreffenden Berufsbilds vermittelt werden. Das Praktikum war zunächst für die Dauer eines Monats vereinbart, wurde dann aber mehrmals aufgrund vertraglicher Vereinbarungen zwischen den Parteien verlängert.

Während der acht Monate Laufzeit des Praktikums erhielt die Praktikantin von der Bundesagentur für Arbeit sog. Berufsausbildungsbeihilfe und von dem Trägerverein Zuschüsse für eine Monatskarte für Fahrten im ÖPNV. In den Monaten November und Dezember 2012 nahm die Klägerin an insgesamt acht Tagen an einem Unterricht des Trägervereins teil, der in einer Berufsschule erfolgte.

Die Praktikantin verlangt nun eine Vergütung des Praktikums. Es habe nicht die Ausbildung, sondern die Arbeitsleistung im Vordergrund gestanden. Der Arbeitgeber meint dagegen, bei dem Praktikum habe es sich um eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme gehandelt, daher bestehe keine Vergütungspflicht.

Das Arbeitsgericht Bochum hat in erster Instanz der Klage stattgegeben und den Arbeitgeber zur Zahlung von 17.281,50 EUR brutto verurteilt. Die Praktikantin sei als vollwertige Arbeitskraft anzusehen. Sie habe im Betrieb verwertbare Arbeitsleistungen erbracht. Es sei nicht festzustellen, dass der Ausbildungszweck im Vordergrund gestanden habe.

Das LAG sah das in zweiter Instanz jedoch anders. Nach dessen Auffassung steht der Praktikantin kein Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt zu, da zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis begründet worden sei. Zwar habe die Praktikantin jedenfalls teilweise reguläre Arbeitstätigkeiten verrichtet. Dies sei allerdings im Rahmen eines sozialversicherungsrechtlich geprägten Praktikantenverhältnisses geschehen. Sie habe als Teilnehmerin einer berufsvorbereitenden Maßnahme der Bundesagentur für Arbeit das Praktikum absolviert und in dieser Zeit Leistungen der Arbeitsagentur erhalten. Unter diesen Voraussetzungen sei die Klage daher abzuweisen.

Quelle | LAG Hamm, Urteil vom 17.10.2014, 1 Sa 664/14, Abruf-Nr. 143065 unter www.iww.de.

Ehegattenunterhalt: Schon vor Ablauf des Trennungsjahres kann eine Erwerbspflicht bestehen

| Unter bestimmten Voraussetzungen kann von einem nicht erwerbstätigen Ehegatten schon während des ersten Trennungsjahres verlangt werden, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. |

Auf diese Pflicht machte das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz aufmerksam. Die Richter wiesen zunächst auf den Grundsatz im Unterhaltsrecht hin. Danach kann von dem nicht erwerbstätigen Ehegatten nur dann verlangt werden, seinen Unterhalt selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen erwartet werden kann. Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere eine frühere Erwerbstätigkeit, die Dauer der Ehe und die wirtschaftlichen Verhältnisse beider Ehegatten. Der Ehegatte kann also nicht davon ausgehen, dass er grundsätzlich während des ersten Trennungsjahres keine Erwerbstätigkeit aufnehmen muss.

Die Erwerbspflicht betrifft insbesondere den Fall, dass der Ehegatte während des ehelichen Zusammenlebens (weitgehend) erwerbstätig war, also keine klassische Haushaltsführungsehe vorlag. Dann kann er bereits mit der Trennung verpflichtet sein, eine Tätigkeit aufzunehmen oder seine Erwerbsbemühungen fortzusetzen. Das gilt auch, wenn er zum Zeitpunkt der Trennung erwerbslos war.

Quelle | OLG Koblenz, Beschluss vom 10.2.2016, 7 WF 120/16, Abruf-Nr. 185927 unter www.iww.de.

Ausfallschaden: Werkstatt bestellt Ersatzteile erst nach Gutachteneingang

| Wartet die Werkstatt ohne Absprache mit dem Geschädigten den Eingang des Gutachtens ab, bevor sie die Ersatzteile bestellt, obwohl der Reparaturauftrag längst vorliegt, geht diese Verzögerung nicht zulasten des Geschädigten. |

Das stellte das Amtsgericht Landshut klar. Nach dessen Ansicht trage auch in diesem Fall der Schädiger das Werkstattrisiko. Gestritten wurde nach einem Verkehrsunfall um einen unstreitigen Reparaturschaden. Der Geschädigte hatte den Reparaturauftrag sofort erteilt. Die Werkstatt hat aber erst den Eingang des Schadengutachtens abgewartet, bevor sie die Ersatzteile bestellt hat. Und das Gutachten hatte fünf Tage auf sich warten lassen. Der Versicherer meinte, die Teile hätten auch ohne das Gutachten bestellt werden können, also seien einige Tage Mietwagen nicht zu erstatten. Damit konnte er sich aber nicht durchsetzen.

Quelle | AG Landshut, Urteil vom 13.12.2013, 10 C 1632/13, Abruf-Nr. 142219  unter www.iww.de.

Schadenabwicklung: Scheckeinlösung ist kein Anerkenntnis der Kürzung

| Schickt der Versicherer auf eine Schadenersatzforderung hin einen Scheck mit einem im Verhältnis zur Forderung gekürzten Betrag und erläutert er in einem Begleitschreiben die Kürzung nur, erkennt der Geschädigte mit der Einlösung des Schecks nicht die Berechtigung der Kürzung an. |

Diese Entscheidung traf das Landgericht (LG) Zwickau. Wolle der Versicherer damit den Verzicht auf eine Nachforderung erreichen, müsse er ausdrücklich darauf aufmerksam machen. Er müsse unmissverständlich formulieren, dass in der Scheckübersendung ein Vergleichsangebot liegt, dass er auf eine ausdrückliche Annahme des Vergleichs verzichtet, und dass deshalb in der Scheckeinreichung die Annahme des Vergleichs liegt. Gleichzeitig müsse er dazu auffordern, den Scheck zurückzuschicken, wenn der Vergleich nicht angenommen werden solle.

Quelle | LG Zwickau, Urteil vom 25.4.2014, 6 S 103/13, Abruf-Nr. 142412  unter www.iww.de.

Kreuzungsunfall: Auf das Blinklicht des Vorfahrtberechtigten kann nicht vertraut werden, es besteht eine Wartepflicht

| Wem ein Vorfahrtsverstoß zur Last fällt, trägt gegenüber demjenigen, dem ein missverständliches Verhalten vorzuwerfen ist, die Hauptverantwortung an einem Unfall. |

Diesen Grundsatz stellte das Oberlandesgericht (OLG) Dresden auf. Der Entscheidung lag eine häufig auftretende Straßenverkehrssituation zugrunde. Ein grundsätzlich wartepflichtiger Verkehrsteilnehmer hatte auf das Blinklicht des Vorfahrtberechtigten vertraut und war auf die Vorfahrtstraße eingebogen. Beim Einbiegen in die vorfahrtberechtigte Straße kam es zum Zusammenstoß mit dem blinkenden Fahrzeug.

Die Richter machten deutlich, dass der Wartepflichtige nur dann auf ein Abbiegen des Vorfahrtberechtigten vertrauen dürfe, wenn über das bloße Betätigen des Blinkers hinaus eine zusätzliche Vertrauensgrundlage geschaffen worden sei. Diese müsse im Einzelfall zu der Annnahme des Wartepflichtigen geführt haben, das Vorrecht werde nicht mehr ausgeübt. Eine solche Vertrauensgrundlage könne z.B. in einer eindeutigen Herabsetzung der Geschwindigkeit oder aber in dem Beginn des Abbiegemanövers liegen. Nur dann könne darauf vertraut werden, dass der Vorfahrtberechtigte tatsächlich vor dem Wartepflichtigen abbiegt, mithin kein Vorfahrtrecht mehr zu beachten ist.

Im vorliegenden Fall ergab die Beweisaufnahme, dass der Vorfahrtberechtigte neben dem irreführenden Blinken seine Geschwindigkeit deutlich reduziert hatte. Das reichte den Richtern als besonderer zusätzlicher Umstand und führet im Ergebnis zu einer Haftungsquote von 70:30.

Quelle | OLG Dresden, Urteil vom 20.8.2014, 7 U 1876/13, Abruf-Nr. 142815 unter www.iww.de.

Trunkenheit im Verkehr: 1,1-Promillegrenze gilt auch für Kutschfahrer

| Der Grenzwert der Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille gilt auch für den Führer einer Pferdekutsche. |

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg im Fall des Führers einer Pferdekutsche. Die Richter machten deutlich, dass der Kutscher ab einem Blutalkoholgehalt von 1,1 Promille absolut fahruntüchtig sei. Sie zogen dabei den Vergleich mit einem Radfahrer, für den die Grenze bei 1,7 Promille angenommen wird. Der Kutscher müsse jederzeit in der Lage sein, auf sein Pferd einzuwirken, um die Kutsche zu lenken. Daher habe er eine deutlich schwierigere Aufgabe als der Radfahrer zu bewältigen. Die typischen Folgen des Alkoholkonsums würden bei ihm zudem die gleichen Auswirkungen haben, wie bei anderen Fahrzeugführern. Entsprechend müsse für den Kutscher auch die Promillegrenze von 1,1 gelten.

Quelle | OLG Oldenburg, Beschluss vom 24.02.2014, 1 Ss 204/13, Abruf-Nr. 142816 unter www.iww.de.