| Ein Fahrgast macht sich auch dann wegen Beförderungserschleichung strafbar, wenn er an seiner Mütze einen Zettel mit der sicht- und lesbaren Aufschrift „Ich fahre schwarz“ angebracht hat. |
So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Köln und verwarf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn als unbegründet. Der Angeklagte hatte am 11.11.2011 in Köln den ICE Richtung Frankfurt/Main bestiegen und sich einen Sitzplatz gesucht, ohne über eine Fahrkarte zu verfügen. Zuvor hatte er einen Zettel mit der Aufschrift „Ich fahre schwarz“ in seine umgeklappte Wollmütze gesteckt, ohne sich beim Einsteigen oder bei der Sitzplatzsuche einem Mitarbeiter der Deutschen Bahn zu präsentieren. Erst bei einer routinemäßigen Fahrscheinkontrolle wurde der Zugbegleiter auf den Angeklagten und den von ihm getragenen Zettel aufmerksam.
Der Senat geht wie das Landgericht davon aus, dass ungeachtet der an der Mütze angebrachten Mitteilung das Verhalten des Angeklagten den Straftatbestand der Beförderungserschleichung erfüllt, wenn er in den abfahrbereiten ICE einsteigt, sich anschließend einen Sitzplatz sucht und dem Zugbegleiter erst bei routinemäßiger Kontrolle auffällt. Denn mit diesem Verhalten gebe er sich den Anschein, er werde nach den Geschäftsbedingungen der Bahn rechtmäßig befördert. Der an der Mütze angebrachte Zettel mit der Aufschrift „Ich fahre schwarz“ erschüttere diesen Eindruck nicht. Hierzu wäre erforderlich, dass der Fahrgast offen und unmissverständlich zum Ausdruck bringt, den Fahrpreis nicht entrichten zu wollen. Dass andere Fahrgäste vor Fahrtantritt oder während der Fahrt die Aufschrift wahrnehmen, sei unerheblich. So sei es nach den Beförderungsbedingungen möglich gewesen, noch im Zug einen Fahrschein zu lösen. Damit erscheine das Verhalten des Angeklagten zunächst regelkonform. Auch interessiere sich ein Fahrgast regelmäßig nicht dafür, ob andere Fahrgäste über eine Fahrkarte verfügten. Schließlich sei es nicht Sache der anderen Fahrgäste, den Fahrpreisanspruch der Deutschen Bahn durchzusetzen oder den Fahrgast ohne Fahrschein an der Beförderung zu hindern.
Quelle | OLG Köln, Beschluss vom 2.9.2015, III-1 RVs 118/15, Abruf-Nr. 145587 unter www.iww.de.
| Auch wenn das unfallbeschädigte Fahrzeug noch fahrfähig und verkehrssicher ist, muss der Geschädigte nicht zum Gutachter fahren, damit in den Gutachtenkosten keine Fahrtkosten entstehen. |
Diese Entscheidung traf das Amtsgericht Günzburg. Der Versicherer hatte argumentiert, dass die Geschädigte ohne Mühe ihr Fahrzeug beim Gutachter hätte vorfahren können, sodass Fahrtkosten des Gutachters nicht angefallen wären. Dem wollte sich das Gericht nicht anschließen. Es entschied vielmehr, dass sich die Geschädigte nicht darauf verweisen lassen müsse, selbst beim Gutachter vorzufahren. Zum einen seien vom Gutachter lediglich Kosten in Höhe von 26,12 EUR (1,00 EUR pro Kilometer) in Rechnung gestellt worden. Zum anderen würden der Geschädigten ja auch Fahrtkosten entstehen, wenn sie sich auf den Weg zum Gutachter machen würde.
Quelle | AG Günzburg, Urteil vom 13.8.2015, 2 C 496/15, Abruf-Nr. 145199 unter www.iww.de.
| Der Bundesrat hat am 25.9.15 einer Verordnung der Bundesregierung zur Straffung der Erste-Hilfe-Ausbildung unter der Bedingung zugestimmt, dass das Verfahren für die Behörden noch weiter vereinfacht wird. Die Vorlage geht nun an die Bundesregierung zurück, die die geänderte Verordnung verkünden kann. Sie soll einen Tag nach Verkündung in Kraft treten. |
Die neuen Regeln dienen der Anpassung des Fahrerlaubnisrechts im Bereich der „Erste-Hilfe-Ausbildung“. Künftig gibt es nur noch eine Schulung in Erster Hilfe für alle Fahrerlaubnisklassen. Die bisherige Unterscheidung in „Unterweisung in lebensrettenden Sofortmaßnahmen“ und „Ausbildung in Erster Hilfe“ wird aufgegeben. Die Schulung in Erster Hilfe umfasst mindestens neun Unterrichtseinheiten zu je 45 Minuten, die dem Antragsteller durch theoretischen Unterricht und praktische Übungen erforderliches Wissen und Können vermitteln soll.
Quelle | Bundesrat.
| Der Geschädigte darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Werkstatt zügig arbeitet. Er muss sich nicht vor der Auftragserteilung erkundigen, ob die Werkstatt den Schaden in der vom Gutachter prognostizierten Zeit beheben kann. |
| Schleudert das Mähwerk eines Traktors bei Mäharbeiten an einer Bundesstraße ein Holzstück auf die Fahrbahn, durch das ein vorbeifahrendes Fahrzeug beschädigt wird, kann dies ein unabwendbares Ereignis sein. Der Fahrzeugeigentümer kann dann keinen Schadenersatz beanspruchen. |
| Ist der Originallack des Fahrzeugs durch Alterungseinflüsse bereits etwas matter, sind die Kosten für das Beipolieren und damit für den optischen Übergang von der reparaturlackierten Stelle zu den angrenzenden Bereichen erstattungspflichtig. |
| Wer absichtlich gegen einen ordnungswidrig geparkten Pkw tritt, haftet für den dadurch entstandenen Schaden, ohne dass sich der Pkw-Fahrer ein Mitverschulden anrechnen lassen muss. |
| Einem Empfänger von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II („Hartz IV“) darf keine Arbeitsgelegenheit zugewiesen werden, die ihn zur selbstständigen Kinder- und Seniorenbetreuung verpflichtet, wenn er keine entsprechende berufliche Vorbildung oder sonstigen ausreichenden Vorkenntnisse für diese Tätigkeiten hat. |
| Für die Zeit vom Unfall bis zum Reparaturauftrag muss der eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer Standgeld erstatten, wenn die Werkstatt das dem Geschädigten berechnet. |
Nach Ansicht des Amtsgerichts Horb am Neckar gilt das, wenn das Fahrzeug unfallbedingt nicht mehr fahrbereit war und der Geschädigte nicht vorwerfbar getrödelt hat. Die Wartezeit auf das am Tag nach dem Unfall beauftragte Schadengutachten gehört zum relevanten Zeitraum. Gleiches gilt für eine angemessene Überlegungszeit von drei Tagen ab Gutachteneingang, um zu entscheiden, was nun geschehen soll. Wenn der Geschädigte nicht aus eigenen Mitteln in Vorlage gehen kann und das dem Versicherer als Warnhinweis mitgeteilt hat, darf er sogar noch die Bestätigung des Versicherers abwarten, dass der die Haftung anerkennt.
Im Urteilsfall akzeptierte das Amtsgericht ein Standgeld von neun EUR zuzüglich Mehrwertsteuer pro Tag.
Quelle | Amtsgericht Horb am Neckar, Urteil vom 22.6.2015, 1 C 130/15, Abruf-Nr. 144804 unter www.iww.de.