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Verkehrsrecht

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Sachverständigenhonorar: Kostenkalkulation durch Gutachter bei Bagatellschaden

Holt der Geschädigte bei einem Haftpflichtschaden in Höhe von weniger als 700 EUR eine Kostenkalkulation, also kein aufwendiges Schadengutachten, ein, für die der Schadengutachter 70 EUR berechnet, verstößt er damit nicht gegen die Schadenminderungspflicht.

Der gegnerische Versicherer muss diese Kosten erstatten, entschied das Amtsgericht Böblingen. Der Versicherer hatte argumentiert, der Geschädigte hätte einen Kostenvoranschlag nur in einer Werkstatt einholen dürfen. Denn die hätte die Kosten dafür bei einer späteren Reparatur verrechnet. Dann wäre das für den Schädiger ohne Belastung geblieben. Dieser Logik ist das Gericht nicht gefolgt. Es sei ja schon gar nicht sicher, dass die Werkstatt die Kosten wirklich verrechne. Deshalb sei die These des Versicherers nicht mit dem geltenden Recht in Übereinstimmung zu bringen (Amtsgericht Böblingen, 2 C 2391/13).

Verkehrssicherungspflicht: Schlagloch auf der Autobahn – Land NRW haftet

Erleidet ein Pkw-Fahrer beim Durchfahren eines Schlaglochs auf der Bundesautobahn einen Schaden, haftet das beklagte Land aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung, wenn das Schlagloch durch eine von ihm zu verantwortende, vermeidbare Gefahrenquelle entstanden ist.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden und das Land NRW zum Schadenersatz verurteilt. Geklagt hatte ein Mann, der mit seinem Pkw die BAB 52 in Gelsenkirchen im Bereich einer Baustelle befahren hatte. Dabei wurde die Fahrbahn über den Standstreifen geleitet. Dort geriet das Fahrzeug in ein ca. 20cm tiefes Schlagloch und erlitt einen Achsschaden. Die Reparaturkosten betrugen ca. 2.200 EUR. Das Schlagloch war im Bereich eines für den Baustellenbetrieb verschlossenen Gullyschachts entstanden. Um den Standstreifen für den Verkehr befahrbar zu machen, hatte der für das beklagte Land handelnde Landesbetrieb Straßenbau NRW die zu überfahrenden Gullyschächte mit Eisendeckeln versehen und mit einer bituminösen Masse sowie mit einer Asphaltschicht auffüllen lassen. Im Bereich der Unfallstelle war diese Füllung zum Teil herausgebrochen, wodurch das Schlagloch entstanden war.

Das OLG entschied, dass das Schlagloch die Folge einer vom Landesbetrieb zu verantwortenden, vermeidbaren Gefahrenquelle sei. Die Ausführung zum Verschließen des Gullyschachts habe selbst bei fachgerechter Ausführung ein nicht abschätzbares Risiko beinhaltet, dass die Schachtabdeckung durch das zu erwartende hohe Verkehrsaufkommen beschädigt werde. Dabei hätten andere, sichere Methoden wie das Herstellen provisorischer Schachtabdeckungen aus Schnellbeton zur Verfügung gestanden. Die Verkehrssicherungspflichtverletzung habe der Landesbetrieb zu vertreten. Die verschiedenen Möglichkeiten zur Herstellung von provisorischen Schachtabdeckungen und ihre Vor- bzw. Nachteile müssten der Fachbehörde bekannt sein. Ein Mitverschulden falle dem Kläger nicht zur Last, weil die unfallursächliche Schadstelle für ihn praktisch nicht zu erkennen gewesen sei (OLG Hamm, 11 U 52/12).

Geschwindigkeitsmessung: Erforderliche Urteilsfeststellungen bei Nachfahren zur Nachtzeit

Bei den in der Regel schlechten Sichtverhältnissen zur Nachtzeit bedarf es neben der Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze zur Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren zusätzlich näherer Feststellungen im Urteil.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Fall eines Pkw-Fahrers, der wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes zur Nachtzeit verurteilt worden war. Das Amtsgericht hatte ihn aufgrund der Aussagen eines Polizeibeamten verurteilt, der hinter ihm hergefahren war. Dem OLG reichte die Begründung des Amtsgerichts für die Verurteilung jedoch nicht. Die Richter machten deutlich, dass das Urteil zu verschiedenen Einzelheiten Stellung nehmen müsse. So müsse geklärt werden, wie die Beleuchtungsverhältnisse waren, ob der Abstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug durch die Scheinwerfer des nachfahrenden Fahrzeugs oder durch andere Lichtquellen ausreichend aufgehellt und damit sicher erfasst und geschätzt werden konnten, und ob für die Schätzung des gleichbleibenden Abstands zum vorausfahrenden Fahrzeug ausreichende und trotz der Dunkelheit zu erkennende Orientierungspunkte vorhanden waren. Auch seien Ausführungen dazu erforderlich, ob die Umrisse des vorausfahrenden Fahrzeugs und nicht nur dessen Rücklichter erkennbar waren. Da das Urteil des Amtsgerichts diese Voraussetzungen nicht erfülle, sei es aufzuheben (OLG Düsseldorf, IV 2 RBs 122/13).

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