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Verkehrsrecht

Autobahn: Das müssen Sie beim Auffahren auf die Autobahn beachten

| Was tun, wenn einem beim Einfädeln auf die Autobahn oder auf eine Kraftfahrstraße plötzlich der Beschleunigungsstreifen „ausgeht“? „Kraftfahrer müssen in jedem Fall dem fließenden Verkehr Vorrang gewähren und notfalls anhalten, um dann mit dem erforderlichen Sicherheitsabstand auf die rechte Fahrspur zu wechseln“, betont Hans-Ulrich Sander, Kraftfahrtexperte von TÜV Rheinland: „Bei Auffahren auf die Autobahn gilt nicht das Reißverschlussverfahren. Das greift nur, wenn zwei oder mehrere Fahrspuren etwa wegen eines Hindernisses zusammengeführt werden.“ Das Befahren des Standstreifens als verlängerte Beschleunigungsspur ist grundsätzlich verboten. |

Ausreichend Sicherheitsabstand einhalten

Um sicher auf die Autobahn zu gelangen, den linken Blinker setzen, zügig beschleunigen, den fließenden Verkehr in den Rückspiegeln und schließlich per Schulterblick beobachten und dann mit ausreichend Abstand auf die rechte Spur fahren. Auf keinen Fall mit Gewalt zwischen zwei Fahrzeuge drängeln. Das bringt einen selbst und andere in Gefahr. Übrigens: Auf der Beschleunigungsspur darf schneller gefahren werden als auf dem rechten Fahrstreifen.

Zunächst auf der rechten Spur bleiben

Andere Verkehrsteilnehmer können bei Auffahrmanövern – insbesondere von langsamen Fahrzeugen wie schwer beladenen Lkw – die Geschwindigkeit reduzieren oder nach links ausweichen, sofern das der fließende Verkehr gefahrlos zulässt. „Nach dem Einfädeln aus Sicherheitsgründen zunächst auf der rechten Spur weiterfahren und nicht direkt nach links ausscheren. Auch hier gilt: Erst wenn sich im Rückspiegel eine ausreichend große Lücke ergibt, die Fahrspur wechseln“, erklärt TÜV Rheinland-Fachmann Sander.

Quelle | ots, TÜV Rheinland AG

Anwaltskosten: Hamburger Gerichte: Es gibt keine einfach gelagerten Unfälle

| Nun ist auch die Hamburger Justiz auf die Linie eingeschwenkt: Aus Sicht des Geschädigten ist zu Beginn einer Schadenregulierung immer mit Schwierigkeiten zur Bewertung der Schadenhöhe zu rechnen. Es ist also stets im schadenrechtlichen Sinne erforderlich, einen Rechtsanwalt für die Schadenregulierung einzuschalten. |

Nach der Rechtsprechung des BGH kann die Anwaltskostenerstattung nur versagt werden, wenn ein einfach gelagerter Fall vorliegt. Das heißt:

  • Der Geschädigte ist intellektuell und sprachlich in der Lage, mit einem Versicherer zu kommunizieren.
  • Die Haftungslage ist von Anfang an unzweifelhaft eindeutig.
  • Mit Einwendungen zur Schadenhöhe ist von Anfang an nicht zu rechnen.

Dabei kommt es auf die Situation vor der Schadenregulierung an. Dass der Versicherer in seltenen Einzelfällen tatsächlich völlig problemlos reguliert hat, tut nichts zur Sache. So entscheidet derzeit ein Gericht nach dem anderen: Die Erfahrung lehrt, dass mit Kürzungen bei den einzelnen Positionen im Vorhinein („ex ante“) immer zu rechnen ist.

Quelle | LG Hamburg, Urteil vom 11.3.2016, 306 S 85/15, Abruf-Nr. 185678 unter www.iww.de; AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 27.4.2016, 917 C 121/15, Abruf-Nr. 185718.

Schadenabwicklung: Auch ein erst nach Verkauf des Fahrzeugs erkannter Schaden muss ersetzt werden

| Zeigt sich nach einem Unfall und der Reparatur des Schadens ein Spätschaden, so ist der vom ursprünglichen Schadenersatzanspruch umfasst. Daran ändert auch nichts, dass das Fahrzeug zwischenzeitlich verkauft ist. Der Käufer kann sich den Anspruch abtreten lassen. |

Das ist das Ergebnis aus einem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Hamburg-Barmbek. Das Fahrzeug hatte bei dem Unfall auch einen Schaden an einer Antriebswelle erlitten. Das fiel jedoch erst einige Zeit nach dem Unfall durch eine unnormale Geräuschentwicklung auf. Der Nachweis, dass dieser Schaden an der Antriebswelle auf den Unfall zurückzuführen war, gelang. Auf die Inzahlunggabe des nicht reparierten und den Weiterverkauf des reparierten Fahrzeugs in der Zwischenzeit kommt es nicht an. Wenn nicht der ursprüngliche Geschädigte aktiv wird, lässt sich die Kette durch eine Abtretung dessen Anspruchs schließen.

Quelle | Amtsgericht Hamburg-Barmbek, Urteil vom 19.2.2016, 821 C 228/13, Abruf-Nr. 185713 unter www.iww.de.

Fahrverbot: Defekter Tachometer kann Fahrverbot verhindern

| Ein defekter Tachometer kann den Handlungsunwert eines Geschwindigkeitsverstoßes herabsetzen. Als Folge entfällt der Vorwurf eines groben Pflichtenverstoßes. Dann darf kein Fahrverbot verhängt werden. |

Das ist das Fazit einer Entscheidung des Amtsgerichts Lüdinghausen. Der Betroffene hatte sich dahin eingelassen, dass er bis zur Tat den Defekt am Tachometer nicht bemerkt hatte. Das hatte er mit einer Bescheinigung über eine nach dem Verstoß durchgeführte Tachometerüberprüfung nachgewiesen. Das Amtsgericht ist deshalb von einem herabgesetzten Handlungsunrecht ausgegangen, was der Fahrverbotsanordnung entgegenstand. Für das Gericht bedeutsam war, dass der Betroffene nicht allein „Tacho kaputt/fehlerhaft&ldquldquo; behauptet hatte, sondern er die Fehlfunktion durch eine Tachoüberprüfung nachgewiesen hat.

Hinweis: Der Fahrlässigkeitsvorwurf hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitung entfällt aber nicht in vollem Umfang, wenn der Tachometer trotz des Defekts zur Zeit des Verstoßes eine überhöhte Geschwindigkeit anzeigt. Dann bleibt für den festgestellten Geschwindigkeitsverstoß die Regelgeldbuße maßgeblich.

Quelle | Amtsgericht Lüdinghausen, Urteil vom 7.3.2016, 19 OWi-89 Js 2669/15-258/15, Abruf-Nr. 185538 unter www.iww.de.

Kfz-Kaskoversicherung: Verkauf des Fahrzeugs zum im Versicherer-Gutachten genannten Restwert

| Schickt der Kaskoversicherer einen Gutachter, der den Restwert im Gutachten auf ein bis zu einem bestimmten Tag bindendes Angebot stützt, verstößt der Versicherungsnehmer (VN) nicht gegen seine Pflichten, wenn er das Fahrzeug innerhalb dieser Frist an den benannten Aufkäufer verkauft. |

Das gilt nach Ansicht des Amtsgerichts Hannover auch, wenn im Gutachten notiert ist, der VN solle vor dem Verkauf mit dem Versicherer Rücksprache halten. In dem Fall hatte der Versicherer auf eine Mail des VN nicht reagiert. Darin hatte der VN schon vor Eingang des Gutachtens erfragt, wie mit dem verunfallten Fahrzeug verfahren werden soll. Stattdessen hat er zwei Tage nach Ablauf der Bindungsfrist für das Restwertangebot aus dem Gutachten ein höheres Angebot geschickt. Das sei nach Ansicht des Gerichts für den VN nicht bindend.

Quelle | Amtsgericht Hannover, Urteil vom 14.1.2016, 445 C 4792/15, Abruf-Nr. 146497 unter  www.iww.de.

Unfallschadensregulierung: Im Gutachten hinterlegte „Prüfpositionen“ sind zu erstatten

| Sieht das Schadengutachten „Lenkung prüfen“ vor und berechnet die Werkstatt dafür einen angemessenen Betrag, muss der eintrittspflichtige Versicherer diesen Betrag erstatten. |

So entschied es das Amtsgericht Solingen in einem Fall, in dem es um Prüfkosten in Höhe von 9,37 EUR ging. Der Versicherer behauptete, das Prüfen der Lenkung gehöre „zu den Grundregeln der Instandsetzung“. Es sei daher nicht zu erstatten. Anders das Gericht: Es verwies zunächst darauf, dass die Position im Gutachten eigens erwähnt werde. Außerdem müsse auch für Selbstverständliches eine Vergütung erfolgen.

Quelle | Amtsgericht Solingen, Urteil vom 29.1.2016, 11 C 372/15, Abruf-Nr. 185077 unter www.iww.de.

Täteridentifizierung: Bei schlechtem Lichtbild muss Tatrichter besonders gut begründen

| Sind im Verfahren die Fragen der Fahrereigenschaft des Betroffenen im Streit, bestehen in der Praxis häufig gute Chancen auf einen Freispruch oder zumindest, dass ein Urteil in der Rechtsbeschwerde aufgehoben wird. Folge ist ein Zeitgewinn. |

Das zeigt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg. Das Amtsgericht hatte den Betroffenen wegen eines Lichtbilds verurteilt, das nach Auffassung des OLG von sehr schlechter Qualität war. Das Bild war sehr unscharf und kontrastarm. Die Konturen des aufgenommenen Gesichts waren flach und kaum erkennbar, die Körnung des Fotos war grob. Zudem war die linke Gesichtshälfte der aufgenommenen Person fast vollständig verdeckt. Das OLG sagt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: Bestehen Zweifel an der Eignung eines qualitativ schlechten Bildes zur Identifikation des Betroffenen, muss der Tatrichter erörtern, warum ihm die Identifizierung gleichwohl möglich erscheint. Dabei sind umso höhere Anforderungen an die Begründung zu stellen, je schlechter die Qualität des Fotos ist. Das hatte der Amtsrichter hier nicht getan. Das OLG hat das Urteil daher aufgehoben.

Quelle | OLG Brandenburg, Beschluss vom 2.2.2016, (2 B) 53 Ss-OWi 664/15, Abruf-Nr. 146514 unter www.iww.de.

Unfallschadensregulierung: Wer kein Geld hat, darf Zusage des Versicherers abwarten

| Kann der Geschädigte nicht aus eigenen Mitteln und ohne Einschränkung der Lebensführung die Reparaturrechnung für sein Fahrzeug bezahlen, darf er die Zahlungszusage des Versicherers abwarten. Voraussetzung ist aber, dass der Geschädigte den Schädiger bzw. dessen Versicherer vor dem erhöhten Ausfallschaden gewarnt hat. |

Das bestätigte aktuell erneut das Amtsgericht Duisburg-Ruhrort. In dem Fall war das Fahrzeug nach dem Unfall nicht mehr verkehrssicher und universell fahrbereit. Der Gutachter hatte es für „bedingt fahrfähig bis zur Werkstatt“ gehalten. Der Schaden betrug etwa 1.800 EUR. Diesen Betrag gaben die Mittel der Geschädigten nicht her. Aber auch hier gilt: Ohne die Erfüllung der Warnpflicht wäre die Geschädigte insoweit leer ausgegangen. So aber wurden aus drei Reparaturtagen am Ende 25 Ausfalltage.

Quelle | Amtsgericht Duisburg-Ruhrort, Urteil vom 22.2.2016, 32 C 100/15, Abruf-Nr. 185292 unter www.iww.de.

Verkehrsschilder: Haltverbotszeichen müssen gut sichtbar sein

| Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat präzisiert, welche Anforderungen der so genannte Sichtbarkeitsgrundsatz im ruhenden Verkehr an die Erkennbarkeit und Erfassbarkeit von Verkehrszeichen und an die dabei von den Verkehrsteilnehmern zu beachtende Sorgfalt stellt. Es hat bestätigt, dass die Anforderungen für den ruhenden und den fließenden Verkehr unterschiedlich sind. |

In dem betroffenen Fall hatte der Kläger sein Fahrzeug in einem Straßenabschnitt geparkt, an dem am nächsten Tag ein Straßenfest stattfinden sollte. Dort war mit einem vorübergehend angebrachten Verkehrszeichen ein absolutes Haltverbot ausgeschildert. Der Wagen des Klägers wurde durch ein Abschleppunternehmen umgesetzt. Dafür verlangte die Behörde eine Umsetzungsgebühr in Höhe von 125 EUR. Hiergegen wandte der Kläger u.a. ein, die Verkehrszeichen seien nicht mit einem raschen und beiläufigen Blick erkennbar gewesen. Daher seien die Haltverbote nicht wirksam bekannt gemacht worden.

Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) ist von einer anlasslosen Nachschaupflicht ausgegangen. Es hat angenommen, dass das Haltverbot für den Kläger erkennbar gewesen wäre, wenn er dieser Nachschaupflicht genügt hätte. Es hat offengelassen, in welcher Höhe und welcher Ausrichtung das Haltverbotszeichen angebracht war.

Das BVerwG hat das Berufungsurteil aufgehoben. Es hat klargestellt, dass Verkehrszeichen für den ruhenden Verkehr ihre Rechtswirkungen grundsätzlich gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer äußern. Dabei ist es gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht. Allerdings müssen sie so aufgestellt sein, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer das Ge- oder Verbot des Verkehrszeichens leicht erkennen kann, wenn er die erforderliche Sorgfalt einhält. Zudem müssen die Schilder bei ungestörten Sichtverhältnissen während der Fahrt oder durch einfache Umschau beim Aussteigen ohne Weiteres erkennbar sein. Der Verkehrsteilnehmer ist aber nur zu einer Nachschau verpflichtet, wenn hierfür ein Anlass besteht.

Diesen sogenannten Sichtbarkeitsgrundsatz habe das OVG nicht ausreichend beachtet. Es seien noch ergänzende tatsächliche Feststellungen dazu notwendig, wie das Haltverbotszeichen aufgestellt war, und ob es sichtbar gewesen sei. Das BVerwG hat die Sache daher zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das OVG zurückverwiesen.

Quelle | BVerwG, Urteil vom 6.4.2016, 3 C 10.15, Abruf-Nr. 185264 unter www.iww.de.

Fahrverbot: Absehen vom Fahrverbot wegen des „Mitverschulden“ eines anderen

| Bei einem Abstandsverstoß kann von einem Fahrverbot abgesehen werden, wenn der Verstoß durch das Verhalten eines anderen Autofahrers erheblich mitverursacht wurde. |

Das ist das Ergebnis einer Entscheidung des Amtsgerichts Landstuhl. Der Richter hatte in einem entsprechenden Fall von einem Fahrverbot abgesehen. Das hat er vor allem damit begründet, dass das Fahrverhalten des vor dem Betroffenen fahrenden Pkw in erheblichem Maße und über den gesamten Messzeitraum gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen hat. Der Vorausfahrende hatte nämlich seine Geschwindigkeit signifikant ohne erkennbaren Grund erheblich abgesenkt.

Das AG Landstuhl fand für das Absehen vom Fahrverbot aber auch noch einen weiteren Punkt bedeutsam. Hierfür spreche die „aktive Verantwortungsübernahme des Betroffenen für seinen begangenen Verstoß, nämlich der sofortigen Einräumung der Fahrereigenschaft bei denkbar schlechter Qualität der Messbilder aus der Beobachtungskamera und auch die Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen“.

Quelle | Amtsgericht Landstuhl, Urteil vom 22.2.2016, 2 OWi 4286 Js 14527/15, Abruf-Nr. 146744 unter www.iww.de.