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Arbeitsrecht

Versetzung: Abordnung von Wachkräften des Bundesbeauftragten für Stasiunterlagen

| Ein bei dem Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR als Wachmann beschäftigter ehemaliger Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes kann auch gegen seinen Willen zum Bundesverwaltungsamt abgeordnet werden. |

Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg entschieden und damit ein Urteil des Arbeitsgerichts Berlin bestätigt. Dieses hatte den Antrag des Betroffenen auf Erlass einer gegen die Abordnung gerichteten einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Das LAG gelangte zu der Auffassung, dass der Bundesbeauftragte die Abordnung auf das arbeitgeberseitige Direktionsrecht stützen könne. Schutzwürdige Interessen des Betroffenen stünden dem nicht entgegen. Auf die vom Betroffenen bestrittene Verfassungsmäßigkeit des § 37a Stasiunterlagengesetz, wonach ehemalige Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes, die beim Bundesbeauftragten beschäftigt sind, unter Berücksichtigung sozialer Belange auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz innerhalb der Bundesverwaltung zu versetzen sind, käme es daher nicht an.

Quelle | LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.9.2014, 15 SaGa 1468/14, Abruf-Nr. 142806 unter www.iww.de.

Überstunden: Wer Überstunden duldet, muss sie auch bezahlen

| Wenn ein Arbeitgeber Überstunden seines Arbeitnehmers duldet, macht er damit deutlich, dass er diese in Kenntnis einer Überstundenleistung entgegennimmt. |

Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern in einem Rechtsstreit zum Thema Überstunden hin. Treffe der Arbeitgeber auch in der Zukunft keine Vorkehrungen dafür, weitere Überstunden zu unterbinden, nehme er sie auch weiterhin entgegen. Damit eröffne er dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Überstundenvergütung.

HINWEIS | Der Arbeitnehmer kann die von ihm geleisteten Überstunden in einem Prozess nachweisen, indem er eine Liste vorlegt, aus der sich die von ihm behauptete Arbeitszeit für die einzelnen Tage und eine entsprechende Saldierung auf den Monat bezogen ergibt.

Quelle | LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 22.1.2014, 2 Sa 180/13, Abruf-Nr. 142431 unter www.iww.de.

Haftungsrecht: Verantwortlicher Vorgesetzter kann auch ohne Vorsatz für Arbeitsunfall haften

| Werden Arbeitnehmer vorübergehend einem anderen Unternehmen zur Durchführung von Montagearbeiten auf einer Baustelle überlassen, hat der dortige Vorgesetzte die Pflicht, keine Tätigkeiten zuzuweisen, bei denen mangels berufsgenossenschaftlich vorgeschriebener Schutzmaßnahmen die Gefahr von Gesundheitsschäden besteht. Lässt er die Arbeiter entgegen eindeutiger Sicherheitsbestimmungen ungesichert auf dem Dach arbeiten und kommt es dabei zu einem Unfall, kann dies dazu führen, dass der zuständige Sozialversicherungsträger seine unfallbedingt an den Geschädigten geleisteten Aufwendungen vom Vorgesetzten ersetzt verlangen kann. |

Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz entschieden und damit die vorangehende Entscheidung des Landgerichts (LG) Mainz bestätigt, das den beklagten Vorgesetzten zur Zahlung von insgesamt 942.436,13 EUR verurteilt hatte. Die klagende Berufsgenossenschaft beansprucht Ersatz ihrer Aufwendungen, die ihr infolge eines Arbeitsunfalls ihres Versicherten entstanden sind. Die mit der Errichtung des Dachs eines Kantinengebäudes beauftragte Arbeitgeberin des Beklagten verfügte nicht über genügend eigenes Montagepersonal. Die Arbeitgeberin des Geschädigten stellte ihr daher zwei ihrer Arbeitnehmer – darunter den Geschädigten selbst – für die durchzuführenden Arbeiten zur Verfügung. Verantwortlicher auf der Baustelle war der Beklagte. Bei den Arbeiten verlor der Geschädigte das Gleichgewicht und stürzte von einer Mauer 5,50 m tief auf den darunter befindlichen Betonboden. Er zog sich schwerste Schädel- und Wirbelverletzungen zu und ist seitdem querschnittsgelähmt. Die Unfallstelle war zum Unfallzeitpunkt nur in einzelnen Teilflächen mit Sicherheitsnetzen gegen Abstürze gesichert und entsprach nicht den einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften. Hierauf war der Beklagte kurz vor dem Unfall ausdrücklich hingewiesen worden. Das LG Mainz hat der Klage auf Ersatz der überwiegend für Heilbehandlung und Berufshilfe geleisteten Aufwendungen sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Aufwendungen stattgegeben.

Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung hat das OLG nun zurückgewiesen. Der Beklagte habe den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt und hafte gegenüber dem Sozialversicherungsträger im Wege des Rückgriffs. Er sei als Verantwortlicher in der konkreten Situation verpflichtet gewesen, den ihm unterstellten Arbeitnehmern keine die Gesundheit gefährdenden Arbeiten zuzuweisen. Die Verpflichtung bestehe auch gegenüber Arbeitnehmern eines anderen Unternehmens, wenn sie im Rahmen einer vorübergehenden Tätigkeit im Betrieb eingesetzt würden. Seine Sorgfaltspflichten habe der Beklagte in ungewöhnlich hohem Maße verletzt. Dem geschädigten Arbeitnehmer sei kein Mitverschulden anzulasten, da er lediglich einer Anordnung seines weisungsbefugten Vorgesetzten entsprochen habe. Die Haftung des Beklagten werde auch nicht durch arbeitsrechtliche Grundsätze zur Arbeitnehmerhaftung relativiert. Soweit die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung im Einzelfall im Hinblick auf ein mögliches Missverhältnis zwischen dem Verdienst des haftenden Arbeitnehmers – hier des Beklagten – und dem Schadensrisiko seiner Tätigkeit bzw. einer ihm drohenden wirtschaftlichen Existenzgefährdung Haftungserleichterungen in Betracht ziehe, bedürfe es der Heranziehung dieser Grundsätze nicht. Denn der Sozialversicherungsträger könne nach seinem Ermessen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers auf Ersatzansprüche ganz oder teilweise verzichten. Aktuell gebe es für die klagende Berufsgenossenschaft aber auch keinen Anlass für einen derartigen Verzicht, da der Betriebshaftpflichtversicherer der Arbeitgeberin des Beklagten für den vom Beklagten verursachten Schaden einzutreten habe.

Quelle | OLG Koblenz, Urteil vom 22.5.2014, 2 U 574/12, Abruf-Nr. 142805 unter www.iww.de

AGG: Dürfen Männer in Stellenanzeigen ausnahmslos ausgeschlossen werden?

Es ist nicht statthaft, die Bewerbung von Männern ausnahmslos auszuschließen.

Diese Entscheidung traf das Arbeitsgericht Berlin in einem Rechtsstreit, in dem ein Bewerber den Arbeitgeber nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Anspruch genommen hatte. Der Arbeitgeber finanzierte Volontariatsstellen bei einer Tageszeitung. Er schrieb eine dieser Stellen ausschließlich für eine Frau mit Migrationshintergrund aus und lehnte die Bewerbung von Männern – unter ihnen die des Bewerbers – von vornherein ab. Der Arbeitgeber hielt die Benachteiligung von Männern für gerechtfertigt. Sie sei erforderlich, um den Anteil von Frauen in Führungspositionen im Journalismus zu erhöhen. Das Arbeitsgericht Berlin hat den Arbeitgeber jedoch zur Zahlung einer Entschädigung von drei Monatsgehältern verurteilt. Er habe den Bewerber bei der Besetzung der Stelle wegen seines Geschlechts in unzulässiger Weise benachteiligt. Die Maßnahme könne nicht geeignet sein, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen, weil es lediglich um die Besetzung einer Volontariatsstelle gehe. (Arbeitsgericht Berlin, 42 Ca 1530/14).

Betriebsrat: Kein Anspruch auf Unterlassung von Maßnahmen, die Verhandlungsanspruch nicht gefährden

Ein Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassung einer Betriebsänderung dient nur der Sicherung seines Verhandlungsanspruchs für den Interessenausgleich, nicht der Untersagung der Betriebsänderung selbst. Durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung können deshalb nur solche Maßnahmen des Arbeitgebers untersagt werden, die den Verhandlungsanspruch des Betriebsrats rechtlich oder faktisch in Frage stellen.

Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg entschieden und damit einen Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin bestätigt. Dieses hatte den gegen ein Unternehmen der IT-Branche gerichteten Antrag des dortigen Betriebsrats auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Es sollte dem Unternehmen untersagt werden, 20 der insgesamt 323 Arbeitnehmer an einem neuen Standort einzusetzen. Das Unternehmen wollte den Einsatz der betroffenen Arbeitnehmer im Rahmen einer Zusammenlegung von zwei bisherigen Standorten durchführen.

Das LAG hat darauf hingewiesen, dass dem Betriebsrat im Falle einer Betriebsänderung nach dem Betriebsverfassungsgesetz ein Anspruch auf Verhandlung über einen Interessenausgleich zustehe. Ob dem Betriebsrat zur Sicherung dieses Verhandlungsanspruchs auch ein Anspruch auf Unterlassung von auf die Durchführung der Betriebsänderung gerichteten Maßnahmen zukomme, ließen die Richter offen. Ein solcher Anspruch könne gegebenenfalls nur auf die Unterlassung von Maßnahmen gerichtet sein, die rechtlich oder faktisch nicht mehr umkehrbar seien und damit den Verhandlungsanspruch des Betriebsrats gefährdeten. Dies sei bei der vorliegend geplanten Umsetzung von 20 Arbeitnehmern an einen neuen Standort nicht der Fall (LAG Berlin-Brandenburg, 7 TaBVGa 1219/14).

Kündigungsrecht: Beschimpfung des gegnerischen Anwalts kann Kündigungsgrund sein

Ruft der Arbeitnehmer, ein hochqualifizierter Akademiker, während eines laufenden Arbeitsgerichtsprozesses um eine leistungsabhängige Vergütung unter Umgehung seines eigenen Anwalts den Anwalt des Arbeitgebers an und beschimpft diesen, dass er sich durch Verbreitung der Lügen und Verleumdungen des Arbeitgebers im Prozess lächerlich mache und seine Anwaltszulassung riskiere, so liegt darin ein Vorgang, der grundsätzlich als wichtiger Kündigungsgrund geeignet ist.

Diese Entscheidung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln. Zugunsten des Arbeitnehmers werteten die Richter zwar, dass sich der Anwalt des Arbeitgebers entgegen dem Sinn und Zweck der Rechtsanwalts-Berufsordnung (Verbot des Umgehens des Gegenanwalts) auf ein ca. 20-minütiges Telefonat eingelassen habe. Das lasse eine auf den Anruf gestützte Kündigung unverhältnismäßig erscheinen. Im vorliegenden Fall bestätigten die Richter die Kündigung aber gleichwohl. Der Arbeitgeber könne sich nämlich auch auf Auflösungsgründe stützen, die für sich allein eine einseitige Kündigung des Arbeitsverhältnisses zwar nicht rechtfertigen, zusammen mit ergänzenden Tatsachen aber auch aus objektiver Sicht die Befürchtung begründen, dass eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit im Arbeitsverhältnis auf Dauer nicht möglich sein wird. Dies könne z.B. der Fall sein, wenn die Kündigungsgründe und weitere Umstände eine innere Einstellung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber sowie Vorgesetzten und Kollegen offenbaren, die unter Würdigung der Persönlichkeitsstruktur des Arbeitnehmers weitere Konflikte vorprogrammiert erscheinen lassen (LAG Köln, 7 Sa 97/13).

Kündigungsrecht: Arbeitszeitbetrug kann zur fristlosen Kündigung führen

Täuscht ein Arbeitnehmer das An- und Abmelden für Pausen in der Zeiterfassung vor, kann ihm deshalb fristlos gekündigt werden.

Dass musste sich ein Arbeitnehmer vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen sagen lassen. Der Mann war seit mehr als 25 Jahren in einer Großmetzgerei beschäftigt. Beim Verlassen des Produktionsbereichs wegen privater Arbeitsunterbrechungen müssen die Mitarbeiter eine Zeiterfassung über einen Chip bedienen. Ebenso müssen sie sich rückmelden, wenn sie den Produktionsbereich wieder betreten. Der Arbeitnehmer wurde dabei beobachtet, dass er den Chip in seiner Geldbörse ließ und zusätzlich mit seiner Hand abschirmte, wenn er diesen vor das Zeiterfassungsgerät zum An- und Abmelden hielt. Eine Kontrolle durch den Arbeitgeber ergab, dass der Arbeitnehmer in 1,5 Monaten so Pausen von insgesamt mehr als 3,5 Stunden gemacht hatte, ohne sich an- und abzumelden. Die Zeiten waren bezahlt worden.

Arbeitsgericht und LAG haben die fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs für gerechtfertigt gehalten. Die Zeiterfassung piepe, wenn ein Mitarbeiter sich an- oder abmelde. Ein Versehen des Arbeitnehmers sei ausgeschlossen. Dieser habe bewusst nur so getan, als würde er die Anlage bedienen. Wegen des fehlenden akustischen Signals habe dieser gewusst, dass er den Chip erfolgreich abgedeckt hatte. Dem Arbeitgeber sei es wegen des vorsätzlichen Betrugs nicht zumutbar, nur mit einer Abmahnung zu reagieren. Der Vertrauensbruch wiege schwerer als die lange Betriebszugehörigkeit (LAG Hessen, 16 Sa 1299/13).

Urlaubsrecht: Schadenersatzanspruch für verfallenen Urlaub

Verfällt der Urlaub des Arbeitnehmers, weil der Arbeitgeber ihn nicht gewährt hat, kann der Arbeitnehmer einen Schadenersatzanspruch haben, auch ohne dass sich der Arbeitgeber mit der Urlaubsgewährung in Verzug befunden hat.

So entschied es aktuell das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg im Fall eines Arbeitnehmers. Nachdem dessen Arbeitsverhältnis beendet war, forderte er u.a. die Abgeltung seines Urlaubs für das Jahr 2012. Diesen hatte der Arbeitgeber nicht gewährt, der Arbeitnehmer aber auch zuvor nicht geltend gemacht.

Das LAG hat den Arbeitgeber zur geforderten Urlaubsabgeltung verurteilt. Der Arbeitgeber habe seine Verpflichtung, den Urlaub zu erteilen, schuldhaft verletzt und müsse daher Schadenersatz leisten. Der Arbeitgeber sei verpflichtet, den Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz ebenso wie den Anspruch auf Ruhepausen und Ruhezeiten nach dem Arbeitszeitgesetz von sich aus zu erfüllen. Komme er dieser Verpflichtung nicht nach und verfalle der Urlaubsanspruch deshalb nach Ablauf des Übertragungszeitraums, habe der Arbeitgeber ggf. Schadenersatz in Form eines Ersatzurlaubs zu leisten bzw. diesen Ersatzurlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten. Es komme nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer vor dem Verfall des ursprünglichen Urlaubsanspruchs rechtzeitig Urlaub beantragt und dadurch den Arbeitgeber in Verzug gesetzt habe. Nach Ansicht der Richter hänge der Anspruch – entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts – nicht davon ab, dass sich der Arbeitgeber mit der Urlaubsgewährung in Verzug befunden habe (LAG Berlin-Brandenburg, 21 Sa 221/14; BAG, 8 AZR 846/09).

BSG: Regelmäßige Provisionen erhöhen Elterngeld

Bei der Ermittlung des Elterngelds ist der Arbeitslohn des Berechtigten für die letzten zwölf Monate um „sonstige Bezüge“ wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld und Gratifikationen zu kürzen. Prinzipiell stellen zwar auch Provisionszahlungen an den Arbeitnehmer „elterngeldschädliche“ sonstige Bezüge dar. Fließen sie dem Arbeitnehmer aber mehrmals im Jahr nach festgelegten Stichtagen zu, erhöhen sie das Elterngeld.

Diese gute Nachricht kommt vom Bundessozialgericht (BSG). Nach Ansicht des Gerichts muss bei der Ermittlung des Nettoeinkommens zur Ermittlung des Elterngelds beachtet werden, dass Steuer- und Elterngeldrecht unterschiedliche Ziele verfolgen. Deshalb dürfen Provisionszahlungen bei der Ermittlung des Zwölf-Monats-Einkommens nicht außer Acht gelassen werden, nur weil das Finanzamt diese im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge begünstigt (BSG, B 10 EG 7/13).

Hinweis: Es sind aber nur Provisionen „begünstigt“, die dem Arbeitnehmer regelmäßig neben dem Grundgehalt zu bestimmten Stichtagen gezahlt werden. Einmalige Provisionen, die der Arbeitgeber freiwillig als Anerkennung für besondere Leistungen zahlt, erhöhen das Elterngeld nicht.

AGG: Kein Entschädigungsanspruch bei Benachteiligung wegen Übergewichts

Übergewicht ist grundsätzlich keine Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), sodass eine Entschädigung nach dem AGG aus diesem Aspekt ausscheidet.

Diese Klarstellung traf das Arbeitsgericht Darmstadt im Fall einer 42-jährigen Bewerberin, die sich bei dem Verein „Borreliose und FSME Bund Deutschland“ um eine Stelle als Geschäftsführerin beworben hatte. Die Bewerberin hat die Kleidergröße 42 und wiegt nach eigenen Angaben 83 Kilo bei 1,70 Meter Körpergröße. Nach dem ersten Vorstellungsgespräch meldete sich der Verein schriftlich bei der Bewerberin und fragte an, was dazu geführt habe, dass sie kein Normalgewicht habe. Mit ihrem derzeitigen Gewicht sei sie „kein vorzeigbares Beispiel und würde die Empfehlungen des Vereins für Ernährung und Sport konterkarieren“. Daraufhin klagte die Bewerberin auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 30.000 EUR. Sie sei wegen ihres Übergewichts und damit wegen einer vom Verein angenommenen Behinderung im Sinne des AGG benachteiligt worden. Auch sei ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt. Der beklagte Verein hält dem entgegen, die Bewerberin sei nicht wegen ihres Gewichts nicht eingestellt worden. Vielmehr sei sie ohne Angabe von Gründen zum zweiten Vorstellungsgespräch nicht erschienen.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, weil aus seiner Sicht keine Diskriminierung vorlag. Denn die Bewerberin sei weder behindert noch so übergewichtig gewesen, dass eine Behinderung hätte in Betracht gezogen werden können. Nach Ansicht des Gerichts gab es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung angenommen habe, dass bei der Bewerberin eine Behinderung im Sinne des AGG vorliege. Auch eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts sei nicht gegeben. Zum einen habe der Verein die Bewerberin zu einem weiteren Gespräch eingeladen. Dies zeige, dass kein fester Entschluss bestanden habe, die Bewerberin wegen ihres (tatsächlichen oder vermeintlichen) Übergewichts nicht einzustellen. Zum anderen seien Arbeitgeber nicht verpflichtet, bei Einstellungen das äußere Erscheinungsbild unberücksichtigt zu lassen. Der Arbeitgeber müsse beachten, ob die Bewerberin, aufgrund ihrer Gesamtpersönlichkeit und Erscheinung bereit und in der Lage ist, die Anliegen des Vereins, namentlich dessen Empfehlungen für ein gesundheitsbewusstes Verhalten, überzeugend zu vertreten. Es bestehe auch kein Anspruch auf Schmerzensgeld wegen der Äußerungen des Vereins über das Erscheinungsbild der Bewerberin. Ein ausreichend schwerer Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht liege nicht vor (Arbeitsgericht Darmstadt, 6 Ca 22/13).