| Das Amtsgericht München hat eine 46-jährige Mutter wegen Entziehung Minderjähriger zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. |
Die Frau hat einen 7-jährigen Sohn mit ihrem geschiedenen Ehemann. Sie hat das alleinige Sorgerecht. Der Vater hat nach Anordnung des Familiengerichts das Recht, mindestens einmal wöchentlich für circa sieben Stunden Umgang mit dem Kind zu haben. Außerdem darf er die Nacht von Samstag auf Sonntag mit dem Kind verbringen. Die Mutter verhindert seit November 2012 das Recht des Vaters auf Umgang mit seinem Sohn. Zunächst gab sie über einen Rechtsanwalt vor dem Amtsgericht München an, dass sie aus Deutschland ausgereist sei. Das entsprach aber nicht der Wahrheit. Tatsächlich hielt sie sich mit dem Kind bis circa Ende Februar 2012 in Deutschland auf. Ihren Aufenthalt verheimlichte sie gegenüber dem Vater. Im Frühjahr 2012 reiste sie mit dem Kind nach Vancouver in Kanada aus. Dort hielt sie sich an einem unbekannten Ort auf. Bei ihrer Einreise nach Deutschland am 19.8.2015 wurde sie verhaftet. Der Haftbefehl wurde am nächsten Tag gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.
Die Frau selbst räumte den Sachverhalt umfassend ein. Jedoch handelt sich dabei nach ihrer Auffassung um rechtmäßiges Verhalten einer liebenden Mutter. Frauen und Kinder würden durch Gesetze und Gerichte in Deutschland nicht ausreichend geschützt werden. Um diesem Missstand abzuhelfen, würde ihr Sohn auch später in Heidelberg Jura studieren und Richter werden. Sie habe sich durch das Verhalten ihres Ex-Mannes in ihrer psychischen Stabilität beeinträchtigt gefühlt und sei großem Stress ausgesetzt gewesen. Sie habe nie beabsichtigt, den Kontakt ihres Kindes zum Kindsvater zu unterbinden. Sie habe jedoch keinen unmittelbaren Kontakt zu ihrem Ex-Mann haben wollen. Ihr sei lediglich daran gelegen gewesen, dass der Kontakt über Dritte stattfinden würde. Ihrer Auffassung nach sei der fehlende Kontakt des Kindsvaters zu seinem Sohn lediglich dem Umstand geschuldet, dass der Kindsvater keine weitergehenden Schritte mehr unternommen habe. Sie sei stets bemüht gewesen, dass ihr Sohn ein positives Bild vom Vater sowie von Deutschland habe.
Die Ausreise nach Kanada war im familiengerichtlichen Verfahren thematisiert worden. Der Vater hat der Ausreise zugestimmt, jedoch sollte ein Kontakt zum Kind ermöglicht werden. Dies ist jedoch gescheitert.
Bei der Strafhöhe hat das Gericht vor allem zulasten der Mutter die Dauer der Entziehung des Kindes gewertet. Insgesamt reiche es nicht aus, eine Geldstrafe zu verhängen. Vielmehr erscheine dem Gericht eine Freiheitsstrafe von einem Jahr schuld- und tatangemessen.
Die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe konnte auch zur Bewährung ausgesetzt werden. Zwar befinde sich die Angeklagte in instabilen wirtschaftlichen sowie emotionalen Verhältnissen. Das Gericht gehe jedoch aufgrund der Persönlichkeitsstruktur der Angeklagten davon aus, dass diese keine weiteren Straftaten mehr begehen wird.
Quelle | Urteil des Amtsgerichts München vom 7.12.2015, nicht rechtskräftig.
| Ist die Ehe gescheitert, können Schwiegereltern in bestimmten Fällen ein Geschenk von dem Schwiegerkind zurückfordern. Wollen Sie sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage berufen, müssen sie aber auf die Verjährungsfrist achten. |
Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) hin. Die Richter erläuterten, dass diese Frist drei Jahre betrage. Eine Ausnahme gelte nur, wenn ein Grundstück verschenkt wurde und der Anspruch darauf gerichtet ist, den Vertrag anzupassen. Dann gelte eine Verjährungsfrist von zehn Jahren.
Entscheidend sei weiterhin, zu welchem Zeitpunkt die Verjährungsfrist beginnt. Die Richter stellten dabei auf den Tag ab, an dem der Scheidungsantrag vom Gericht zugestellt werde. Spätestens hier komme das Scheitern der Ehe regelmäßig zum Ausdruck. Die erforderliche Kenntnis der Schwiegereltern vom Scheitern der Ehe ihres Kindes liege demnach vor, wenn sie von der Zustellung des Scheidungsantrags Kenntnis erlangt haben oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätten erlangen müssen.
Quelle | BGH, Beschluss vom 16.12.2015, XII ZB 516/14, Abruf-Nr. 183385 unter www.iww.de.
| Bewahrt der Arbeitnehmer Wertgegenstände am Arbeitsplatz auf, die keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis haben, bestehen keine Obhuts- und Verwahrungspflichten des Arbeitgebers. Daher muss dieser bei einem Verlust keinen Schadenersatz leisten. |
Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm im Fall eines Krankhausmitarbeiters hin. Dieser hatte behauptet, im Sommer 2014 Schmuck und Uhren im Wert von rund 20.000 EUR in den Rollcontainer des Schreibtisches seines Büros eingelegt und diesen verschlossen zu haben. Diese Wertsachen habe er noch am selben Abend zur Bank bringen und dort in sein Schließfach einlegen wollen. Aufgrund erheblicher Arbeitsbelastung habe er diese Absicht jedoch aus den Augen verloren. Einige Tage später habe er festgestellt, dass die üblicherweise verschlossene Tür zu seinem Büro aufgeschlossen, der Rollcontainer aufgebrochen und die Wertsachen entwendet worden seien. Das Öffnen der Bürotür wäre nur mittels eines Generalschlüssels möglich gewesen. Diesen habe eine Mitarbeiterin leichtfertigerweise in ihrer Kitteltasche aufbewahrt, woraus selbiger nach Aufbrechen ihres Spindes entwendet worden sei. Die Arbeitgeberin habe es unterlassen, durch klare Anweisungen oder Vorkehrungen für eine sichere Aufbewahrung des Generalschlüssels zu sorgen und dadurch den Diebstahl der Wertsachen erst möglich gemacht. Deshalb habe sie nunmehr Schadensersatz zu leisten.
Das Arbeitsgericht Herne hat die Klage abgewiesen. Die Richter am LAG betonten im Berufungstermin, dass sich Schutzpflichten des Arbeitgebers bezüglich vom Arbeitnehmer in den Betrieb mitgebrachter Sachen regelmäßig nur dann begründen lassen, wenn es sich um Sachen handelt, die ein Arbeitnehmer zwingend, mindestens aber regelmäßig mit sich führe oder aber unmittelbar oder mittelbar für die Arbeitsleistung benötige. Nur bezüglich solcher Sachen oder Gegenstände habe der Arbeitgeber ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um den Arbeitnehmer vor Verlust oder Beschädigung der eingebrachten Sachen zu schützen. Hinsichtlich anderer, ohne jeden Bezug zum Arbeitsverhältnis und insbesondere ohne Kenntnis und Einverständnis des Arbeitgebers mitgebrachter (Wert-)Gegenstände ließen sich Obhuts- und Verwahrungspflichten hingegen nicht begründen, schon um den Arbeitgeber nicht ebenso unerwarteten wie unkalkulierbaren Haftungsrisiken auszusetzen. Da sich die Kammer mit dieser Argumentation auf schon aus den sechziger und siebziger Jahren stammende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beziehen konnte, nahm der Kläger seine Berufung im Termin zurück. Ihm wurden darauf – die wegen der Rücknahme reduzierten – Verfahrenskosten auferlegt.
Quelle | LAG Hamm, Pressemitteilung zum Verfahren 18 Sa 1409/15
| Ob Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden können, ist eine Frage des Einzelfalls. Das gilt auch für die Frage, was als Berechnungsgrundlage für vereinbarte Zuschläge heranzuziehen ist. |
Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hin. Der Entscheidung liegt ein im Arbeitsvertrag vereinbarter Stundenlohn der Arbeitnehmerin von weniger als 8,50 EUR brutto pro Stunde zugrunde. Weiter ist mit ihr – ebenso wie mit zahlreichen weiteren Beschäftigten im Betrieb – eine Sonderzahlung zweimal jährlich in Höhe eines halben Monatslohns vereinbart worden. Diese ist nur davon abhängig, dass die Arbeitnehmerin im jeweiligen Jahr beschäftigt ist.
Nunmehr haben die Arbeitgeberin und der Betriebsrat vereinbart, diese Sonderzahlungen auf alle zwölf Monate zu verteilen. Es soll also jeden Monat ein Zwölftel der Sonderzahlung ausgezahlt werden. Mit dieser zusätzlichen anteiligen Sonderzahlung ergibt sich ein Stundenlohn der Arbeitnehmerin von mehr als 8,50 EUR.
Daneben sind arbeitsvertraglich Überstunden-, Sonn- und Feiertags- sowie Nachtzuschläge vorgesehen. Diese berechnet die Arbeitgeberin weiterhin auf der Grundlage des vereinbarten Stundenlohns von weniger als 8,50 EUR. Hiergegen hat sich die Arbeitnehmerin gewandt. Sie meint, ihr stünden die Sonderzahlungen weiter zusätzlich zu einem Stundenlohn von 8,50 EUR zu. Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 EUR sei auch zugrunde zu legen, wenn die Zuschläge berechnet werden.
Dem ist das LAG nur bezüglich der Nachtarbeitszuschläge gefolgt. Es hat dabei auf die Bedeutung der im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen hingewiesen. Bei den Sonderzahlungen handle es sich im vorliegenden Fall um Arbeitsentgelt für die normale Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin. Außer ihrer Betriebszugehörigkeit gebe es keine weiteren Voraussetzungen dafür, dass die Sonderzahlungen ausgezahlt werden. Deshalb könnten diese auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden. Die Betriebsvereinbarung, die die Fälligkeit der Sonderleistungen zu einem Zwölftel auf jeden Monat verschiebe, sei wirksam. Sie verstoße nicht gegen den Arbeitsvertrag der Arbeitnehmerin.
Die vertraglich geregelten Mehrarbeits-, Sonntags- und Feiertagszuschläge habe die Arbeitgeberin zulässig auf der Basis der vereinbarten vertraglichen Vergütung berechnet. Dagegen seien die Nachtarbeitszuschläge auf der Basis des Mindestlohns von 8,50 EUR zu berechnen. Das folge aus dem Arbeitszeitgesetz. Dieses schreibe einen angemessenen Zuschlag auf das dem Arbeitnehmer „zustehende Bruttoarbeitsentgelt“ vor.
Quelle | LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.1.2016, 19 Sa 1851/15, Abruf-Nr. 146329 unter www.iww.de.
| Missachtet der Arbeitnehmer auf einer Dienstfahrt die Vorfahrt und gefährdet so den Straßenverkehr (§ 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB), kann dies grundsätzlich ein wichtiger Grund zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung sein. |
Diese Klarstellung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein. Die Richter wiesen dabei darauf hin, dass dies nicht nur für Berufskraftfahrer gelte. Auch Arbeitnehmer, die ihre Haupttätigkeit nicht ohne Firmenfahrzeug ausüben können, müssten in diesem Fall mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Arbeitgeber war in dem Fall ein ambulanter Pflegedienst. Es müsse aber in jedem Fall eine Interessenabwägung erfolgen. Diese ging vorliegend zugunsten des Arbeitnehmers aus.
Quelle | LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 8.10.15, 5 Sa 176/15, Abruf-Nr. 183300 unter www.iww.de.
| Das Verkehrsschild „Ende der Autobahn“ (Zeichen 330.2 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung) zeigt lediglich an, dass die besonderen Regeln für die Autobahn nicht mehr gelten. Es ordnet keine Geschwindigkeitsbeschränkung an. |
Unter Hinweis auf diese rechtliche Regelung hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Essen aufgehoben. Der 1957 geborene Betroffene aus Essen fuhr im Mai 2014 mit seinem Pkw Mazda CX-5 von der BAB 52 kommend auf der Norbertstraße in Essen in Fahrtrichtung Essen-Haarzopf. Er sah und passierte das Verkehrsschild „Ende der Autobahn“. In Höhe eines Fußwegs ergab eine Geschwindigkeitskontrollmessung, dass der Betroffene 76 km/h schnell fuhr. Nach Auffassung der zuständigen Bußgeldbehörde liegt diese Stelle innerhalb der geschlossenen Ortschaft mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Daher verurteilte ihn das Amtsgericht wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb einer geschlossenen Ortschaft zu einer Geldbuße von 120 EUR. Dem Betroffenen sei ein fahrlässiger Verstoß vorzuwerfen. Er habe nach dem Passieren des Verkehrsschilds „Ende der Autobahn“ die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h einhalten müssen. Es komme nicht darauf an, ob noch ein weiteres, die Geschwindigkeit regelndes Schild oder ein Ortseingangsschild aufgestellt gewesen sei.
Der Betroffene hat gegen das Urteil des Amtsgerichts erfolgreich Rechtsbeschwerde eingelegt. Das OLG hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und das gerichtliche Bußgeldverfahren an das Amtsgericht zurückverwiesen. Dieses muss nun erneut verhandeln und entscheiden. Nach Ansicht der Richter am OLG rechtfertigen es die Feststellungen des Amtsgerichts nicht, den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften zu verurteilen. Das Amtsgericht habe lediglich festgestellt, dass der Betroffene das Verkehrsschild „Ende der Autobahn“ passiert habe. Dieses zeige lediglich an, dass die besonderen Regelungen für die Autobahn fortan nicht mehr gelten sollten. Es enthalte keine Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung. Das Amtsgericht habe daher aufklären müssen, ob der Betroffene ein Ortseingangsschild passiert habe, oder aber der Charakter einer geschlossenen Ortschaft am Ort der Geschwindigkeitskontrolle offensichtlich und eindeutig gewesen sei. Wenn eine Ortstafel fehle, beginne die geschlossene Ortschaft da, wo die eindeutig geschlossene Bauweise erkennbar anfange. Die Bußgeldsache sei daher vom Amtsgericht erneut zu verhandeln und zu entscheiden.
Quelle | OLG Hamm, Beschluss vom 24.11.15, 5 RBs 34/15, Abruf-Nr. 146162 unterwww.iww.de.
| Soll eine Fahrtenbuchauflage (§ 31a StVZO) für mehrere Kraftfahrzeuge des Halters angeordnet werden, muss eine Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen. Diese muss die Auswirkungen auf den betroffenen Halter bzw. Fahrzeugführer berücksichtigen. Sie setzt deshalb Ermittlungen über Art und Umfang des Fahrzeugparks voraus. Erforderlich ist zudem eine Prognose, ob über das Fahrzeug, mit dem die der Fahrtenbuchauflage zugrunde liegende Verkehrszuwiderhandlung begangen wurde, hinaus Verkehrsverstöße auch mit anderen Fahrzeugen des Halters zu erwarten sind und ebenfalls nicht aufgeklärt werden könnten. |
So hat das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt zugunsten des Halters eines Motorrads entschieden. Mit dessen Motorrad war eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung (173 km/h statt der zulässigen 100 km/h) begangen worden. Die Fahrtenbuchauflage war auch auf alle Personenwagen des Halters erstreckt worden. Sollen aber von einer Fahrtenbuchauflage mehrere Fahrzeuge des Halters erfasst werden (Stichwort: Fuhrpark) stellt die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung besondere Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit der Anordnung. Hierauf wies das VG deutlich hin. Da die Fahrtenbuchauflage diesen Anforderungen nicht genügte, war sie aufzuheben.
Quelle | VG Neustadt, Urteil vom 5.11.2015, 3 L 967/15.NW, Abruf-Nr. 146113 unter www.iww.de.
| Ist der tatsächliche Kilometerstand des verunfallten Fahrzeugs beim Totalschaden unklar, hat der Geschädigte keinen Anspruch auf Schadenersatz. |
So entschied es das Amtsgericht Bochum. Das Urteil klingt hart, ist aber durchaus schlüssig: Der Geschädigte muss die Höhe des Schadens nachweisen. Das kann er nicht, wenn er den Kilometerstand nicht kennt oder sehr wohl weiß, wie der echte ist, aber das nicht zugeben kann. Denn bei dem Fahrzeug war bei etwa 59.000 km manipuliert worden. Das war aus einem früheren Rechtsstreit bekannt. Die Manipulation führte dazu, dass der Kilometerstand nicht mehr an das Steuergerät gemeldet wurde. Damit konnte der angezeigte Kilometerstand beliebig eingestellt werden.
Quelle | Amtsgericht Bochum, Urteil vom 14.8.2015, 47 C 55/15, Abruf-Nr. 145971 unter www.iww.de.
| Wenn der Geschädigte einen Kostenvoranschlag einreicht, dem der gegnerische Haftpflichtversicherer offenbar nicht traut, kann der Geschädigte die Entsendung eines Versicherergutachters damit beantworten, dass er nun auch ein Schadengutachten einholt. Die Kosten dafür muss der Versicherer erstatten. |
So entschied das Amtsgericht Erkelenz und stärkt damit die Rechte des Geschädigten. In dem Fall hatte der Versicherer zunächst vom Geschädigten einen Kostenvoranschlag eingefordert. Dann meinte er, dass es ohne einen Gutachter offenbar doch nicht gehe. Allerdings müsse der Geschädigte den vom Versicherer gestellten Gutachter akzeptieren. Weil er bereits den Kostenvoranschlag eingereicht habe, habe er sein Recht auf einen von ihm ausgewählten Schadengutachter verspielt.
Das sah das Amtsgericht jedoch ganz anders: Waffengleichheit ist das Maß der Dinge. Wenn der Kostenvoranschlag nicht ausreichen soll, hat der Geschädigte sein ursprüngliches Recht durch sein Entgegenkommen, es mit einem Kostenvoranschlag zu versuchen, nicht verspielt. Er könne vielmehr dem Gutachter des Versicherers ein eigenes Sachverständigengutachten entgegensetzen und die Kosten hierfür erstattet bekommen.
Quelle | Amtsgericht Erkelenz, Urteil vom 18.9.2015, 14 C 35/13, Abruf-Nr. 146012 unter www.iww.de