| Das Amtsgericht Köln hat die sich aus dem Ordnungswidrigkeitengesetz ergebenden Kontroll- und Überwachungspflichten des Geschäftsführers eines Speditionsunternehmens aufgezeigt. |
Das Fazit aus dem Urteil: Der Geschäftsführer muss den von ihm geführten Betrieb so organisieren und Mitarbeiter sorgfältig ausbilden, fortbilden und beaufsichtigen, dass Gesetzesverletzungen verhindert werden.
Allerdings kann er nicht für sämtliche im Geschäftsbetrieb vorkommenden Gesetzesverletzungen verantwortlich gemacht werden.
Quelle | Amtsgericht Köln, Urteil vom 14.8.2015, 902a OWi 378/14, Abruf-Nr. 185537 unter www.iww.de.
| Ein Fahrzeugführer darf auch in einem Kreisverkehr unangeschnallt fahren, wenn er Schrittgeschwindigkeit fährt. Dabei ist ohne Belang, dass er sich zur Tatzeit im fließenden Verkehr befand und an der Tatörtlichkeit üblicherweise schneller als mit Schrittgeschwindigkeit gefahren wird. |
Das hat das Amtsgericht Lüdinghausen festgestellt. Das Urteil ruft in Erinnerung, dass bei der Gurtpflicht die Ausnahme der Straßenverkehrsordnung greift, wenn mit Schrittgeschwindigkeit gefahren wird. Das Gesetz nimmt aus der Gurtpflicht nämlich „Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit wie Rückwärtsfahren, Fahrten auf Parkplätzen“ aus.
Quelle | Amtsgericht Lüdinghausen, Urteil vom 30.5.2016, 19 OWi-89 Js 968/16-92/16, Abruf-Nr. 186874 unter www.iww.de.
| Ein stillgelegter Pkw, der im öffentlichen Straßenraum abgestellt wurde und von dem keine Verkehrsbehinderung oder Gefahr ausgeht, darf nicht schon dann abgeschleppt werden, wenn nur ein orangefarbener Aufkleber mit einer Beseitigungsaufforderung am Fahrzeug angebracht wurde. |
Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf entschieden und damit einer Klage gegen die Stadt Düsseldorf stattgegeben, mit der der Halter des Pkw’s sich gegen die Heranziehung zu Abschleppkosten gewehrt hatte. Das Gericht hat seine Rechtsprechung bestätigt, nachdem es bereits mit rechtskräftigem Urteil vom 5.3.14 (14 K 6956/13) über eine Klage mit vergleichbarem Sachverhalt entschieden hatte. Gleichwohl hat die Stadt Düsseldorf an ihrer rechtswidrigen Verwaltungspraxis festgehalten, sodass das Gericht erneut entscheiden musste.
Im dem Verfahren ging es um ein Fahrzeug, das von Amts wegen außer Betrieb gesetzt worden war. Grund war, dass es den Haftpflichtversicherungsschutz verloren hatte. Da der Pkw auf einem regulären Parkplatz stand, wurde er nicht sofort abgeschleppt. Es wurde vielmehr ein orangefarbener Aufkleber auf das Fahrzeug geklebt. Mit diesem wurde der Verfügungsberechtigte aufgefordert, das Fahrzeug innerhalb von fünf Tagen aus dem öffentlichen Straßenraum zu entfernen. Nachdem der Fahrzeughalter dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, ließ die Stadt Düsseldorf das Fahrzeug elf Tage nach Anbringen des Aufklebers abschleppen. Gegen den Halter erließ sie einen Bescheid, mit dem sie Auslagen für die Abschleppmaßnahme und Verwaltungsgebühren in Höhe von 174,85 EUR verlangte.
Das Gericht hat diesen Bescheid aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Vorgehen der Stadt Düsseldorf im Wege des sog. sofortigen Vollzugs sei rechtswidrig. Ein sofortiges Handeln sei nicht notwendig gewesen. Es hätten weder eine Verkehrsbehinderung noch andere Gefahren vorgelegen. Die Stadt hätte den Halter innerhalb der elf Tage, die sie selbst zum Abschleppen benötigt habe, ermitteln müssen. Sie hätte ihm eine Ordnungsverfügung zustellen und ihm so die Möglichkeit geben können, das Fahrzeug selbst zu beseitigen. Der Aufkleber ersetze eine Ordnungsverfügung nicht. Er genüge nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Zustellung und Bekanntgabe an den Halter. Es hänge nämlich vom Zufall ab, ob der Berechtigte hiervon Kenntnis nehme.
Quelle | VG Düsseldorf, Urteil vom 21.6.2016, 14 K 6661/15, Abruf-Nr. 187144 unter www.iww.de.
| Brautschmuck, der der Ehefrau türkischstämmiger Brautleute bei einer in der Türkei stattfindenden Hochzeit umgehängt wird, gilt regelmäßig als Geschenk für die Braut. Veräußert der Ehemann diesen Schmuck ohne Zustimmung der Ehefrau, kann er ihr gegenüber zum Schadenersatz verpflichtet sein. |
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm beschlossen und dem Ehemann Verfahrenskostenhilfe versagt. Die Richter hielten seine Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss des Amtsgerichts Bochum für aussichtslos. Diese Beschwerde hat der Ehemann sodann zurückgenommen.
Die Eheleute leben seit dem Jahr 2011 getrennt. Sie hatten 2009 zunächst in Kreuztal standesamtlich geheiratet und im Anschluss hieran ihre Hochzeit in der Türkei gefeiert. Anlässlich dieser Hochzeitsfeier übergaben verschiedene Verwandte der Ehefrau mehrere Schmuckstücke. Sie erhielt eine Goldkette, 14 gemusterte und zwei glatte Armreifen aus Gold sowie eine Armkette und eine Halskette, ebenfalls jeweils aus Gold. Die Schmuckstücke trug die Ehefrau während der Hochzeitsfeier und auch einige Wochen danach, im Verlauf des weiteren Aufenthalts in der Türkei sowie in der ersten Zeit nach der Rückkehr nach Deutschland. Danach übergab sie die Schmuckstücke im Einvernehmen mit ihrem Ehemann an dessen Bruder, der sie in einem Schließfach verwahren sollte. Nachdem sich die Eheleute getrennt hatten, händigte der Bruder dem Ehemann die Schmuckstücke aus. Der ließ sie in der Folgezeit ohne Zustimmung seiner Ehefrau in der Türkei für umgerechnet ca. 14.300 EUR verkaufen. Nachdem die Frau hiervon erfuhr, verlangte sie von ihrem Ehemann Wertersatz. Sie meinte, der Schmuck habe einen Wert von ca. 29.100 EUR gehabt.
Das Familiengericht hat ein Wertgutachten eingeholt. Es hat dann der Ehefrau 27.300 EUR zugesprochen.
Die Beschwerde des Ehemanns gegen den erstinstanzlichen Beschluss des Familiengerichts ist erfolglos geblieben. Die Ehefrau habe an dem ihr bei der Hochzeit überreichten Goldschmuck Alleineigentum erworben, entschieden die Richter. Nach dem für die Hochzeitsfeier in der Türkei maßgeblichen türkischen Zivilrecht werde Goldschmuck, der einer Frau während der Hochzeit umgehängt werde, als ihr geschenkt angesehen. Dabei sei unerheblich, wer den Schmuck gekauft habe. Das gelte auch im vorliegenden Fall. Den Gegenbeweis dafür, dass der Schmuck nicht seiner Ehefrau, sondern ihm geschenkt werden sollte, habe der Ehemann nicht geführt. Mit dem Verkauf des Schmucks habe der Ehemann das Eigentum der Ehefrau verletzt. Deswegen müsse er Schadenersatz in Höhe des Werts des Schmucks leisten. Diesen Wert habe das Amtsgericht mithilfe des eingeholten Sachverständigengutachtens zutreffend ermittelt.
Quelle | OLG Hamm, Beschluss vom 25.4.2016, 4 UF 60/16, Abruf-Nr. 186929 unter www.iww.de.
| Wenn eine Großmutter als Pflegeperson für die Pflege und Erziehung ihres Enkels zuständig ist, steht ihr grundsätzlich Pflegegeld zu. Dieses kann nur gekürzt werden, wenn sie nach den Maßstäben des zivilrechtlichen Unterhaltsrechts in der Lage ist, dem Enkel Unterhalt zu gewähren. Wird die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit ermittelt, muss auch ein etwaiger Unterhaltsanspruch des Enkels gegenüber ihrem Ehemann berücksichtigt werden. |
Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden. Nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs Achtes Buch (Kinder- und Jugendhilfe) könne der Teil des monatlichen Pauschalbetrags, der die Kosten für den Sachaufwand des Kindes oder Jugendlichen betrifft, angemessen gekürzt werden. Voraussetzung sei, dass die Pflegeperson mit dem Kind oder Jugendlichen in gerader Linie verwandt ist und sie diesem unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen und ohne Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts Unterhalt gewähren kann. Dies richtet sich nach den zivilrechtlichen Grundsätzen. Danach müssen Großeltern ihren Enkelkindern Unterhalt leisten. Wenn die Fähigkeit ermittelt wird, „Enkelunterhalt“ zu leisten, sei entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ein etwaiger Anspruch des Unterhaltspflichtigen auf Unterhalt gegenüber seinem Ehegatten zu berücksichtigen. Deshalb komme es auch auf dessen Einkommensverhältnisse an. Da die Vorinstanz insoweit keine Feststellungen getroffen hat, musste die Sache zurückverwiesen werden.
Quelle | BVerwG, Urteil vom 19.5.2016, 5 C 36/15, Abruf-Nr. 187142 unter www.iww.de.
| Verweigert der Betroffene im Verfahren zur Aufhebung einer Betreuung beim erstinstanzlichen Anhörungstermin die Kommunikation mit dem Richter, ergibt sich allein hieraus in der zweiten Instanz keine Verpflichtung des Beschwerdegerichts, den Betroffenen erneut anzuhören. |
Das stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Rechtsstreit fest, in dem es darum ging, ob eine Betreuung aufgehoben werden muss. Problempunkt in dem Fall war auch, dass der Betroffene nicht bereit war, mit dem Betreuer zusammenzuarbeiten. Die Richter entschieden, dass eine solche Unbetreubarkeit der Betreuung nicht entgegenstehe. Vielmehr sei eine Betreuung auch weiterhin erforderlich. Der Betreuer könne auch ohne Kommunikation mit dem Betroffenen in dessen Interesse und zu dessen Wohl rechtlich tätig werden.
Quelle | BGH, Beschluss vom 11.5.2016, XII ZB 363/15, Abruf-Nr. 186784 unter www.iww.de.
| Die vom Bundestag verabschiedete Reform der Erbschaftsteuer muss im Vermittlungsausschuss nachverhandelt werden. Dies hat der Bundesrat am 8.7.16 beschlossen. Die neuen Regeln für Firmenerben sollen in dem gemeinsamen Gremium beider Häuser grundlegend überarbeitet werden, fordern die Länder in ihrem Anrufungsbeschluss. |
Bedürfnisprüfung für Vererbung großer Betriebe
Der Bundestag hatte neue Regelungen für die Vererbung von Unternehmen beschlossen. Betriebserben kann danach auch künftig die Steuer innerhalb von sieben Jahren vollständig erlassen werden, wenn sie Firma und Arbeitsplätze erhalten. Allerdings gibt es dafür künftig höhere Anforderungen. So wird individuell geprüft, ob Erben großer Betriebe ab einer Erbschaft von 26 Millionen Euro nicht wenigstens einen Teil der Steuer aus ihrem Privatvermögen bezahlen können. Alternativ sieht der Bundestagsbeschluss ein Verschonungsabschlagsmodell vor. Ab einem Erbe von 90 Millionen erfolgt keine Verschonung. Für Familienunternehmen sind dagegen Steuererleichterungen vorgesehen. Kleinere Unternehmen sollen zudem von Bürokratie entlastet werden. Das Gesetz, das rückwirkend zum 1.7.16 in Kraft treten soll, bedarf der Zustimmung des Bundesrats. Denn die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer – ca. 5,5 Milliarden Euro jährlich – stehen allein den Ländern zu.
Das bisherige Erbschaftsteuerrecht sah eine Verschonung des Betriebsvermögens in Höhe von 85 Prozent vor, wenn innerhalb von fünf Jahren der vierfache Betrag der durchschnittlichen Jahreslöhne gezahlt (400 Prozent) und der Betrieb weitergeführt wurde. Die Verschonung konnte auf 100 Prozent erhöht werden, wenn die Lohnsumme 700 Prozent betrug und der Betrieb sieben Jahre gehalten wurde. Diese Lohnsummenregelung galt aber nur bei Betrieben über 20 Beschäftigten. Im Entwurf der Regierung wurde diese Regelung beibehalten, allerdings die Zahl der Beschäftigten von 20 auf drei reduziert. Per Änderungsbeschluss des Finanzausschusses wurde sie auf fünf Beschäftigte angehoben. Für Betriebe ab sechs bis 15 Beschäftigte gibt es eine gestaffelte Regelung.
Höchstrichterliche Auflagen
Das Bundesverfassungsgericht hatte Ende 2014 die bisherigen Privilegien für Betriebserben als zu weitgehend bezeichnet und dem Gesetzgeber aufgegeben, bis 30.6.16 eine Neuregelung zu finden. Im September letzten Jahres hatte der Bundesrat eine teils kritische Stellungnahme zu dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung abgegeben.
Am 20.6.16 einigte sich die Große Koalition auf einen Kompromiss, der im Bundestag zur Abstimmung gestellt wurde. Der Bundestag hat am 24.6.16 mit 446 Ja-Stimmen bei 119 Nein-Stimmen und drei Enthaltungen den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BT-Drs. 18/5923, BT-Drs. 18/6279) in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung (BT-Drs. 18/8911) angenommen.
Quelle | Bundesrat, Plenum kompakt
| Stellt ein Unternehmer seine Kinder als Minijobber an und übernimmt als Arbeitgeber die kompletten Kosten des Studiums der Kinder, kann er die Studienkosten nicht als Betriebsausgaben abziehen. |
Zu diesem Ergebnis kam das Finanzgericht (FG) Münster. Die Regelung gelte selbst dann, wenn sich die Kinder arbeitsrechtlich dazu verpflichten, nach Abschluss des Studiums mindestens drei Jahre im Betrieb zu bleiben oder – im anderen Fall – die Ausbildungskosten anteilig zurückzuzahlen. Die private Sphäre überlagert hier die arbeitsrechtlichen Vereinbarungen.
Quelle | FG Münster, Urteil vom 15.1.2016, 4 K 201/13, Abruf-Nr. 146628 unter www.iww.de.
| Wer private Bild- und Tonträger während der Arbeitszeit auf dienstliche „DVD“ bzw. „CD-Rohlinge“ kopiert, muss mit einer fristlosen Kündigung rechnen. |
Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Sachsen-Anhalt. Die Richter hatten erneut über die Kündigungsschutzklage eines Mitarbeiters des Oberlandesgerichts Naumburg zu entscheiden. In erster Instanz hatte das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das LAG das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers abgewiesen.
Nach einer umfassenden Beweisaufnahme stellte das LAG anhand einer Vielzahl von bestehenden Indizien fest, dass der Arbeitnehmer privat beschaffte Bild- oder Tonträger während der Arbeitszeit unter Verwendung seines dienstlichen Computers unbefugt und zum eigenen oder kollegialen Gebrauch auf dienstliche „DVD“ bzw. „CD-Rohlinge“ kopiert hat. Darin liege – so die Richter – eine erhebliche Pflichtverletzung. Das Vertrauensverhältnis sei damit endgültig zerstört. Auch eine umfassende Interessenabwägung könne aufgrund der ganz erheblichen Pflichtverletzungen nur zulasten des Arbeitnehmers ausfallen.
Quelle | LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26.5.2016, 6 Sa 23/16, Abruf-Nr. 187141 unter www.iww.de.
| Bei einer Kündigung wegen Spesenbetrugs steht der Arbeitgeber in der Beweispflicht. Vor allem muss er sich die bisherige Praxis vorhalten lassen. |
Mit diesem Urteil wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln die Kündigung eines Vertriebsleiters zurück. Bei einem Monatsverdienst von 13.000 EUR brutto habe dieser die Firmenkreditkarte für den Kauf privater Kleidung genutzt und Ausgaben für einen Kunden nicht korrekt abgerechnet. Da der Arbeitnehmer glaubhaft machen konnte, mit der Kreditkarte einen Einkaufsgutschein für einen Kunden erworben zu haben und die bisherige pauschale Abrechnung nicht beanstandet worden war, sei die Kündigung nicht gerechtfertigt gewesen, so das Urteil.
Hinweis | Neben der Vorgabe und Einhaltung von klaren Spesenregelungen kann die Überprüfung von Spesenabrechnungen durch einen externen Prüfer die Position des Arbeitgebers untermauern. Ein solcher Sonderauftrag kann sich im Rahmen der Prüfung des internen Kontrollsystems bei einer Jahresabschlussprüfung anbieten.
Quelle | LAG Köln, Urteil vom 26.11.2014, 3 Sa 239/10, Rev. 2 AZR 110/15, Abruf-Nr. 175360 unter www.iww.de.