| Nach dem Einkommensteuergesetz kann der Anspruch auf Kindergeld nur wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche eines Kindes gepfändet werden, das bei der Festsetzung des Kindergelds berücksichtigt wird. Die Vorschrift kann nicht auf Fälle erweitert werden, in denen die Pfändung des Anspruchs auf Kindergeld wegen solcher Ansprüche erfolgt, die mit dem Unterhalt des Kindes in einem inneren Zusammenhang stehen. |
Dies hat der BGH für die Pfändung aus einem Titel über einen Anspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung im Zusammenhang mit dem Kauf von Kinderschuhen entschieden. Das Kindergeld konnte damit nicht gepfändet werden.
Quelle | BGH, Urteil vom 9.3.2016, VII ZB 68/13, Abruf-Nr. 185400 unter www.iww.de.
| Das Bundeskabinett hat den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Scheinvaterregresses, zur Rückbenennung und zur Änderung des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes beschlossen. |
Das Bundesverfassungsgericht hatte 2015 (1 BvR 472/14) entschieden, dass die vom Bundesgerichtshof hergeleitete Verpflichtung einer Mutter, zur Durchsetzung eines Regressanspruchs des Scheinvaters Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu erteilen, die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreite. Sie bedürfe einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage.
Der Regierungsentwurf sieht nun einen gesetzlichen Anspruch des Scheinvaters vor, von der Mutter Auskunft über den mutmaßlichen leiblichen Vater des Kindes zu bekommen. Im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mutter soll eine Auskunft ausnahmsweise nicht geschuldet sein, wenn sie für die Mutter aufgrund besonderer Umstände unzumutbar wäre. Zudem soll künftig der Regressanspruch des Scheinvaters begrenzt werden. Ansprüche sollen nur noch für den Zeitraum von zwei Jahren vor Einleitung des Vaterschaftsanfechtungsverfahrens bis zum Abschluss dieses Verfahrens gestellt werden können.
Außerdem soll das Namens- und Adoptionsrecht geändert werden: Personen, denen der Name des Stiefelternteils erteilt wurde, sollen mit ihrer Volljährigkeit diesen Namen wieder ablegen und ihren früheren Namen wieder annehmen können. Im Adoptionsrecht wird europäischen Vorgaben entsprechend eine nationale Behörde bestimmt, die in bestimmten Fällen Ermittlungen einer ausländischen Behörde unterstützt, die mit einem Adoptionsgesuch befasst ist. Konkret wird zur nationalen Behörde das Bundesamt für Justiz bestimmt.
| Ein Arbeitsvertrag kann auch ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren kalendermäßig befristet werden, wenn zwischen den Parteien zuvor ein Heimarbeitsverhältnis bestanden hat. |
Diese Entscheidung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Frau, die für ihren Arbeitgeber vom 15.6.09 bis zum 31.8.10 als Heimarbeiterin tätig war. Ab dem 1.9.10 wurde sie im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt. Der zunächst für die Dauer von einem Jahr befristete Arbeitsvertrag wurde durch Ergänzungsvertrag vom 12.5.11 bis zum 31.8.12 verlängert. Die Frau möchte festgestellt haben, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung am 31.8.12 geendet hat.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Frau hatte vor dem Siebten Senat des BAG keinen Erfolg. Der Arbeitsvertrag wurde wirksam befristet. Er konnte nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) für die Dauer von zwei Jahren ohne Vorliegen eines sachlichen Grunds befristet werden. Eine sachgrundlose Befristung ist zwar nach dem Gesetz nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Ein Heimarbeitsverhältnis ist jedoch kein Arbeitsverhältnis im Sinne des TzBfG.
Quelle | BAG, Urteil vom 24.8.16, 7 AZR 342/14, Abruf-Nr. 188772 unter www.iww.de.
| Eltern haben einen Anspruch auf Übertragung eines Teils der Elternzeit über das dritte Lebensjahr ihres Kindes hinaus. Nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes besteht allerdings keine Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) mehr. Beträgt die nach dem dritten Lebensjahr des Kindes in Anspruch genommene Elternzeit mehr als 12 Monate, kann dies zu einem Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen. Arbeits- und Sozialrecht sind insoweit nicht vollständig harmonisiert. |
Hierauf weist das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hin. Nachdem das Bundessozialgericht und das Bundesverfassungsgericht einen eingeschränkten Versicherungsschutz in der Arbeitslosenversicherung bereits als verfassungskonform gewertet haben, hat das LSG nun auch einen Verstoß gegen europarechtliche Vorgaben verneint.
Die Klägerin hatte sowohl nach der Geburt ihres ersten als auch nach der Geburt ihres zweiten Kindes jeweils ein Jahr der Elternzeit auf die Zeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres ihrer Kinder übertragen und insgesamt ca. 14,5 Monate Elternzeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres ihres jüngsten Kindes in Anspruch genommen. Unmittelbar im Anschluss war sie arbeitslos, weil sie im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs der Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses zugestimmt hatte. Ihr Antrag auf Arbeitslosengeld wurde abgelehnt: Sie war während der ca. 14,5 Monate nicht in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig und erfüllte deshalb die für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld notwendige Mindestversicherungszeit nicht mehr.
Die vor dem Sozialgericht Mainz erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Diese Entscheidung hat das LSG Rheinland-Pfalz nun bestätigt. Es sei nicht zu beanstanden, dass die nach der Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes in Anspruch genommene Elternzeit keine Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung begründe. Darin liege kein Verstoß gegen europäisches Recht, etwa gegen die „Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8.3.10 zur Durchführung der von BUSINESSEUROPE, UEAPME, CEEP und EGB geschlossenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und zur Aufhebung der Richtlinie 96/34/EG“. Der deutsche Gesetzgeber sei mit den nationalen Regelungen deutlich über die europäischen Mindestvorgaben hinausgegangen. Verlangt werde von den Mitgliedstaaten nur die Einräumung eines Anspruchs auf eine viermonatige Elternzeit. Nur in diesem Mindestumfang müsse der nationale Gesetzgeber auch das europarechtliche Verlangen nach sozialrechtlicher Kontinuität beachten, dürfe also den Eltern grundsätzlich nicht den Schutz durch eine Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung versagen. Die nationalen Regelungen schützten Arbeitnehmer auch deshalb hinreichend, weil diese während der Elternzeit einem Kündigungsschutz unterlägen. Die vorliegende Konstellation habe daher nur durch die Mitwirkung der Klägerin – durch Zustimmung zu der Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses in dem arbeitsgerichtlichen Vergleich – eintreten können.
Quelle | LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.8.2016, L 1 AL 61/14, Abruf-Nr. 188816 unter www.iww.de.
| Behält sich der Arbeitgeber vertraglich vor, über die Höhe eines Bonusanspruchs nach billigem Ermessen zu entscheiden, kann das Gericht dies voll überprüfen. Entspricht die Entscheidung nicht billigem Ermessen, ist sie unverbindlich. Das Gericht setzt die Bonushöhe dann auf Grundlage der Parteivorträge fest. |
Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Arbeitnehmers, der als Managing Director beschäftigt war. In seinem Arbeitsvertrag war vereinbart, dass er am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan teilnimmt. Entsprechend der vertraglichen Vereinbarung erhielt er für das Geschäftsjahr 2009 eine garantierte Leistung in Höhe von 200.000 EUR, für 2010 eine Leistung in Höhe von 9.920 EUR. Für das Jahr 2011 erhielt er keinen Bonus oder Deferral Award. Andere Mitarbeiter erhielten Leistungen, die sich der Höhe nach überwiegend zwischen einem Viertel und der Hälfte der jeweiligen Vorjahresleistung bewegten.
Mit der Klage begehrt der Arbeitnehmer einen Bonus für 2011 von mindestens 52.480 EUR. Das Arbeitsgericht verurteilte seinen Arbeitgeber, 8.720 EUR zu zahlen. Das LAG wies die Klage ab. Der Arbeitnehmer habe keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgetragen, die es dem Gericht ermöglichen würden, die Bonushöhe festzusetzen.
Die Revision des Arbeitnehmers hatte vor dem BAG Erfolg. Die Richter entschieden, dass er nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien einen Anspruch auf einen Bonus und/oder Deferral Award habe, der nach billigem Ermessen festzusetzen sei. Mangels hinreichender Darlegungen des Arbeitgebers sei die Festsetzung auf null für das Jahr 2011 unverbindlich. Die Leistungsbestimmung habe in einem solchen Fall durch das Gericht zu erfolgen. Grundlage dafür sei der Sachvortrag der Parteien. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn gebe es nicht. Das Gericht setze die Leistung nur dann nicht fest, wenn jegliche Anhaltspunkte hierfür fehlen. Dies sei hier nicht der Fall. Der Senat wies den Streit daher an das LAG zurück. Dort muss nun die Bonushöhe für 2011 festgesetzt werden.
Quelle | BAG, Urteil vom 3.8.16, 10 AZR 710/14, Abruf-Nr. 188161 unter www.iww.de.
| Lädt eine Stadt einen schwerbehinderten Bewerber nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein, wird vermutet, dass er wegen der Schwerbehinderung benachteiligt wurde. Er hat dann einen Entschädigungsanspruch nach dem AGG. |
Das musste sich eine Stadt vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) sagen lassen. Sie hatte die Stelle eines „Techn. Angestellte/n für die Leitung des Sachgebiets Betriebstechnik“ ausgeschrieben. In der Stellenausschreibung heißt es u.a.: „Wir erwarten: Dipl.-Ing. (FH) oder staatl. gepr. Techniker/in oder Meister/in im Gewerk Heizungs-/Sanitär-/Elektrotechnik oder vergleichbare Qualifikation; …“. Der mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehinderte Kläger, der ausgebildeter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer sowie staatlich geprüfter Umweltschutztechniker im Fachbereich „Alternative Energien“ ist, bewarb sich auf die ausgeschriebene Stelle. Er fügte seinem Bewerbungsschreiben einen ausführlichen Lebenslauf bei. Die beklagte Stadt lud den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein und entschied sich für einen anderen Bewerber.
Der Kläger hat von der beklagten Stadt eine Entschädigung verlangt. Das begründet er damit, dass die Stadt ihn wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert habe. Sie hätte ihn nach § 82 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen. Das habe sie nicht getan. Bereits dieser Umstand begründe die Vermutung, dass er wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden sei. Die beklagte Stadt hat sich darauf berufen, sie habe den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen, da dieser für die zu besetzende Stelle offensichtlich fachlich ungeeignet sei. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger als Entschädigung drei Bruttomonatsverdienste zugesprochen, das Landesarbeitsgericht einen.
Die Revision der Stadt hatte beim BAG keinen Erfolg. Die Richter stellten klar: Weil die Stadt den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte, hat sie die Vermutung begründet, dass der Kläger wegen seiner Schwerbehinderung aus dem Auswahlverfahren vorzeitig ausgeschieden und dadurch benachteiligt wurde. Die Stadt könne sich auch nicht darauf berufen, dass sie den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch hätte einladen müssen. Sie habe auf der Grundlage der Angaben des Klägers in seiner Bewerbung nicht davon ausgehen dürfen, dass diesem die erforderliche fachliche Eignung offensichtlich fehle.
Quelle | BAG, Urteil vom 11.8.2016, 8 AZR 375/15, Abruf-Nr. 188160 unter www.iww.de.
| Bei einem Geschwindigkeitsverstoß kann ein Augenblicksversagen angenommen werden, wenn ein Tempo-30-Schild im nahen örtlichen Zusammenhang mit dem Ortsschild aufgestellt war. |
Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg verweist zutreffend darauf, dass ein solches Schild leicht übersehen werden kann. Es hat auch nicht beanstandet, dass das Amtsgericht nichts dazu ausgeführt hatte, ob sich nicht aufgrund der örtlichen Gegebenheiten für den Betroffenen eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h aufdrängen musste. Das ist sonst immer erforderlich, wenn ein Verkehrsschild übersehen wird. Aus dem amtsgerichtlichen Urteil ergab sich nämlich, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht wegen der örtlichen Gegebenheiten angeordnet worden war. Grund war vielmehr, dass der betreffende Straßenabschnitt wegen einer Teilsperrung der Hauptstraße als Umleitung genutzt wurde.
QUELLE | OLG Naumburg, Urteil vom 5.11.2015, 2 Ws 213/15, Abruf-Nr. 185549 unter www.iww.de.
| Ein privater Grundstücksbesitzer ist in der Regel berechtigt, Falschparker sofort abschleppen zu lassen, ohne die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme beachten zu müssen, solange die Maßnahme erforderlich ist, um die Besitzstörung zu beenden. |
Hierauf wies das Amtsgericht München im Fall eines Autofahrers hin. Dieser hatte seinen PKW am Samstagabend um 22:30 Uhr auf einer Parkfläche für Bahnbedienstete abgestellt. Die Fläche ist als privater Parkplatz gekennzeichnet. Als er drei Stunden später zurückkehrte, war der PKW nicht mehr da. Er musste an den Abschleppdienst insgesamt 253 EUR bezahlen, bevor er sein Fahrzeug wieder in Empfang nehmen konnte. Er verlangt die Abschleppkosten zurück. Das Amtsgericht wies seine Klage jedoch ab.
Der Autofahrer habe das Eigentum und den Besitz des Grundstückseigentümers verletzt. Dabei handelte er auch schuldhaft. Er räumt selbst ein, dass entsprechende Hinweisschilder für eine private Nutzung der Parkfläche vorhanden waren. Dabei sei die Grundstückseigentümerin – anders als eine staatliche Stelle – bei ihrer Reaktion nicht an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden, solange ihre Maßnahmen dazu erforderlich sind, den Schaden (also die Besitzstörung durch den Falschparker) zu beseitigen. Sie müsse nicht mitten in der Nacht bei einem ihr völlig unbekannten KFZ-Halter anrufen, mit dem sie ersichtlich in keinerlei geschäftlichen Kontakt stand. Es ist insofern unbeachtlich, ob ein Zettel mit der Telefonnummer des Autofahrers hinter der Windschutzscheibe lag. Dem könne nämlich nicht entnommen werden, dass sich der Fahrer im Falle eines Anrufs sofort wieder einfinden werde. Sein Aufenthaltsort und der Zweck seines Aufenthalts werden darin nicht mitgeteilt. Die Grundstückseigentümerin durfte unter diesen Umständen das ihr zur Verfügung stehende effektivste Mittel wählen. Das war das Abschleppen des Pkw, mit dem die Eigentumsstörung sofort beendet war. Die reinen Abschleppkosten zuzüglich des Nachtzuschlags seien nicht zu beanstanden, da sie ortsüblich wären.
QUELLE | Amtsgericht München, Urteil vom 2.05.2016, 122 C 31597/15, Abruf-Nr. 188016 unter www.iww.de .
| Entsteht bei der Reparatur des Fahrzeugs Staub, sind die Kosten für die Reinigung des Fahrzeugs ein Teil der Reparaturkosten. Als solche sind sie erstattungspflichtig. |
Das musste sich ein Versicherer vor dem Amtsgericht Weiden sagen lassen. Das Gericht betont, sachverständig beraten, dass die Staubbeseitigung bei einem Metalldach-Cabriolet wichtig sei. Die Gummidichtungen seien im Dach besonders empfindlich.
Auch wenn das Gericht einen besonderen Aspekt (empfindliche Gummidichtungen) zur Begründung mitheranzieht, ist der Grundgedanke „Die Entfernung reparaturbedingten Staubs ist erstattungspflichtig“ auf jegliche Fälle übertragbar.
QUELLE | Amtsgericht Weiden, Urteil vom 28.6.2016, 1 C 318/16, Abruf-Nr. 187103 unter www.iww.de.
| Das Verwaltungsgericht Neustadt hat in einem Eilverfahren entschieden, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen nachgewiesenem Amphetaminkonsum offensichtlich rechtmäßig ist. Der Behauptung des Antragstellers, er habe die Droge versehentlich zu sich genommen, schenkten die Richter keinen Glauben. |
Der 1968 geborene Antragsteller war Ende Dezember 2015 mit seinem Pkw in eine allgemeine Verkehrskontrolle geraten. Weil die Polizei Auffälligkeiten bemerkte, wurde eine Blutprobe entnommen. Diese ergab einen Amphetaminwert von 450 ng/ml. Das toxikologische Gutachten bestätigte damit die Aufnahme von Amphetamin. Da schon der einmalige Konsum dieser sog. harten Droge nach der Fahrerlaubnisverordnung die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen begründet, entzog die Behörde mit Sofortvollzug die Fahrerlaubnis. Dagegen wandte sich der Mann mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht Neustadt. Er machte geltend, er konsumiere niemals Drogen. Er habe das auch vor der Verkehrsteilnahme im Dezember 2015 nicht getan. Sein Bruder, der an Krebs erkrankt gewesen sei, habe Amphetamin mit Getränken gemischt, um so seine Schmerzen zu lindern. Er, der Antragsteller, habe mit dem Bruder bis zu dessen Tod in häuslicher Gemeinschaft gelebt und offenbar ein Getränk des Bruders konsumiert, das mit Amphetamin versetzt gewesen sei. Er habe die Droge deshalb unbewusst und unvorsätzlich zu sich genommen.
Diesen Vortrag wertete das Verwaltungsgericht als unglaubhafte Schutzbehauptung und bestätigte die Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung: Dem Gericht erschien es fernliegend, dass der Antragsteller drei Monate nach dem Tod seines Bruders (im September 2015) noch Ende des Jahres Cola aus einer Getränkeflasche zu sich genommen habe, die noch zu Lebzeiten des Bruders geöffnet und mit Amphetamin versehen worden sei. Dass bereits geöffnete Getränkeflaschen damals überhaupt noch im Haushalt vorhanden gewesen seien, sei schwer vorstellbar, „abgesehen davon dürfte der Inhalt nach so langer Zeit kaum noch genießbar gewesen sein“, so die Richter zur Begründung ihrer Entscheidung. Schließlich habe der Antragsteller nicht erläutert, wie sich die vom Arzt anlässlich der Blutentnahme festgestellten „fluoreszierenden Anhaftungen in der Nase“ erklären, wenn er, wie behauptet, niemals bewusst Drogen konsumiert hat.
QUELLE | VG Neustadt, Beschluss vom 22.6.2016, 1 L 405/16, Abruf-Nr. 187997 unter www.iww.de.