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Karin Tempel-Maier

Gleichbehandlung: Kein Schadenersatz für AGG-Hopper

| Schadenersatz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist nur zu gewähren, wenn es sich um einen echten Bewerber gehandelt hat. Dies ist zu verneinen, wenn sich jemand nicht ernsthaft um die Stelle bewirbt, sondern von vornherein nur die Zahlung einer Entschädigung anstrebt. | 

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht München im Fall eines 43-jährigen Mannes aus München. Er hatte in einem Wochenblatt die folgende Stellenanzeige einer im Sportmarketing tätigen Agentur gesehen: „Nette weibl. Telefonstimme ges.! Akquise f. Sport Marketingagentur auf Provisionsbasis/Home Office. ()“. Der Mann bewarb sich per E-Mail. Er erhielt jedoch eine Absage. Darin wurde ihm mitgeteilt, dass man sich bereits für einen männlichen Mitarbeiter entschieden habe. Der Mann hält die Stellenanzeige für geschlechtsdiskriminierend und verlangt 1.600 EUR Schadenersatz (ein potenzieller dreimonatiger Verdienstausfall). 

Die beklagte Agentur weigert sich zu zahlen. Sie ist der Meinung, der Mann sei für die ausgeschriebene Stelle ungeeignet, da er überqualifiziert sei. Auch sei die Bewerbung subjektiv nicht ernsthaft. Vielmehr sei der Mann ein sogenannter AGG-Hopper. 

Der zuständige Richter sah das ebenso und wies die Klage ab. Es könne dahinstehen, ob der Mann vorliegend überhaupt für die angebotene Stelle objektiv geeignet gewesen sei. Das erscheine bereits äußert zweifelhaft angesichts der Tatsache, dass er als gelernter Bankkaufmann offensichtlich überqualifiziert für die Stellenanzeige der Beklagten sei. Jedenfalls fehle es an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung. 

Bei der Bewerbung handele es sich ersichtlich um eine Art Rundschreiben, das lediglich ansatzweise einen konkreten Bezug zur angebotenen Stelle enthalte. Sie erwecke den Eindruck, aus unstrukturiert aneinander gereihten Textbausteinen zu bestehen. 

Nicht unberücksichtigt bleiben könne zudem der Umstand, dass der Mann bereits zahlreiche weitere AGG-Klagen angestrengt habe. Er ist am Amtsgericht München bereits gerichtsbekannt. Es kommen weitere Klagen hinzu, unter anderem auch vor dem Arbeitsgericht. In diesem Zusammenhang ist auch auf ein möglicherweise versehentlich im Rahmen eines Anlagenkonvoluts bei Gericht eingereichtes Schreiben des Mannes hinzuweisen. Auf Seite 2 dieses Konvoluts antwortete er offenbar auf die E-Mail eines Herrn Rüdiger N. Dabei führt er unter anderem aus, dass er mit seinen AGG-Klagen insgesamt 1010 EUR verdient habe und unter anderem davon gut leben könne. 

Insgesamt wertet das Gericht diese Umstände in ihrer Gesamtschau dahingehend, dass der Mann gewerbsmäßig missbräuchliche AGG-Klagen anstrengt, um damit zumindest teilweise seinen Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Obwohl die Beklagte gegen die Vorgaben des AGG verstoßen hat, stehen dem Mann daher keine Ansprüche zu, so das Urteil. Die Berufung wurde vom Landgericht München I zurückgewiesen, die Entscheidung ist damit rechtskräftig. 

Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 24.11.2016, 173 C 8860/16, Abruf-Nr. 195325 unter  www.iww.de. 

Kündigungsrecht: Kündigung wegen weitergeleiteter Dienstmails an den eigenen Privat-Account

| Leitet ein Arbeitnehmer Mails mit betrieblichen Informationen auf seinen privaten E-Mail-Account weiter, weil er damit seine künftige Tätigkeit bei einem neuen Arbeitgeber vorbereiten will, verletzt er damit seine vertragliche Rücksichtnahmepflicht. Er kann deshalb fristlos gekündigt werden. |

Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg im Fall eines Arbeitnehmers hin, der sich gegen seine fristlose Kündigung zur Wehr gesetzt hatte. Die Richter machten deutlich, dass die Geschäftsinteressen des Arbeitgebers unmittelbar gefährdet seien, wenn der Arbeitnehmer in ungewöhnlichem Umfang Mails mit betrieblichen Informationen an seinen privaten E-Mail Account leiten würde. Dieses gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Arbeitnehmer gerade in Vertragsverhandlungen mit einem Konkurrenten des Arbeitgebers stand.

Quelle | LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.5.2017, 7 Sa 38/17, Abruf-Nr. 198704 unter www.iww.de.

Kündigungsrecht: Beleidigung eines Kollegen kann zur fristlosen Kündigung führen

| Beleidigt ein Arbeitnehmer einen Kollegen derartig, dass dieser nach Form und Inhalt erheblich in seiner Ehre verletzt wird, verstößt er damit erheblich gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Dies kann an sich eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen. |

Diese Klarstellung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm im Fall eines Arbeitnehmers, der einen Kollegen als „kleiner Dreckstürke“ bezeichnet hatte. Er war daraufhin von seinem Arbeitgeber fristlos gekündigt worden.

Die Richter stellten klar, dass sich der Arbeitnehmer dabei nicht auf das Recht auf freie Meinungsäußerung berufen könne. Die freie Meinungsäußerung schütze weder vor Formalbeleidigungen noch vor bloßen Schmähungen oder vor bewusst unwahren Tatsachenbehauptungen. Unerheblich sei auch, dass es sich nur um eine einmalige Ehrverletzung gehandelt habe. Auch diese sei kündigungsrelevant. Sie wiege um so schwerer, je unverhältnismäßiger und je überlegter sie erfolgt sei. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass – je nach Schwere des Vorfalls – bei einem einmaligen Vorfall zunächst eine Abmahnung erfolgen müsse. Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitnehmer aber Glück: Die Kündigung war unwirksam, weil sein Arbeitgeber zuvor die notwenige Zustimmung des Integrationsamts nicht eingeholt hatte.

Quelle | LAG Hamm, Urteil vom 3.5.2017, 15 Sa 1358/16, Abruf-Nr. 197065 unter www.iww.de.

Fahrverbot: Blasenschwäche schützt bei Geschwindigkeitsüberschreitung i.d.R. nicht vor Fahrverbot

| Wer infolge einer schwachen Blase plötzlich starken Harndrang verspürt und deswegen die zulässige Höchstgeschwindigkeit so überschreitet, dass nach der Bußgeldkatalogverordnung (BKatV) ein Regelfahrverbot zu verhängen ist, ist regelmäßig auch mit dem Fahrverbot zu belegen. Ob die durch eine Blasenschwäche hervorgerufene Situation ausnahmsweise ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertigt, hat der Bußgeldrichter im Einzelfall festzustellen. |

Auf diese Rechtslage hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hingewiesen. Der Betroffene hatte die außerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit um 29 km/h überschritten. Dafür erhielt er eine Geldbuße von 80 EUR. Außerdem verhängte die Behörde ein einmonatiges Fahrverbot, weil der Betroffene bereits vier Monate zuvor eine ähnliche Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hatte.

Der Betroffene trug vor, dass er nach einer Prostataoperation nur noch über eine eingeschränkte Kontinenz verfüge. Er habe während der Fahrt einen starken, schmerzhaften Harndrang verspürt. Daher sei er nur noch darauf fokussiert gewesen, „rechts ran fahren“ zu können. Aufgrund des dichten Verkehrs auf der Bundesstraße habe er allerdings zunächst keine Gelegenheit zum Anhalten finden können. Das Amtsgericht sah in dieser Argumentation keinen Grund, vom Fahrverbot abzusehen.

Mit seiner Rechtsbeschwerde war der Betroffene – vorläufig – erfolgreich. Die Richter am OLG haben das Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Die Begründung des angefochtenen Urteils sei mangelhaft. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein sehr starker Drang zur Verrichtung der Notdurft, der durch eine besondere körperliche Disposition des Betroffenen bedingt und der ursächlich für die Geschwindigkeitsüberschreitung sei, einen Grund darstellen könne, vom Regelfahrverbot abzusehen. Dies sei aber keineswegs der Normalfall. Ein bestimmter körperlichen Zustand reiche noch nicht aus. Das würde dem Betroffenen einen „Freibrief“ für pflichtwidriges Verhalten im Straßenverkehr geben. Dieser müsse vielmehr seine Fahrt entsprechend planen. Er müsse gewisse Unwägbarkeiten (wie etwa Stau, Umleitungen etc.) in seine Planungen einstellen. Zudem müsse er entsprechende Vorkehrungen treffen oder ggf. auf anfänglich aufgetretenen Harn- oder Stuhldrang rechtzeitig reagieren, damit ihn ein starker Drang zur Verrichtung der Notdurft nicht zu pflichtwidrigem Verhalten verleite. Ausgehend hiervon müsse der Bußgeldrichter die näheren Umstände einer solchen Fahrt auch bei seiner Entscheidung abwägen. Das sei im vorliegenden Urteil nicht erkennbar gewesen.

Bei der erneuten Verhandlung müsse der Tatrichter die Umstände berücksichtigen, unter denen sich der Betroffene zu der Fahrt entschlossen habe. Er müsse klären, wie der Betroffene auf seinen Harndrang während der Fahrt habe reagieren können. Weiter müsse er prüfen, ob das Auftreten eines dringenden Harndrangs eine Situation sei, in welche der Betroffene häufiger komme. In diesem Fall müsse er sich hierauf entsprechend einstellen. Es würde das Maß seiner Pflichtwidrigkeit geradezu erhöhen, wenn er gleichwohl ein Fahrzeug führe, obwohl er wegen quälenden Harndrangs so „abgelenkt“ gewesen sei, dass er die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht mehr habe beachten können.

Quelle | OLG Hamm, Beschluss vom 10.10.2017, 4 RBs 326/17, Abruf-Nr. 197653 unter www.iww.de.

Fahrverbot: Knapp über der Promillegrenze ist auch zuviel

| Jeder Autofahrer weiß es: Ab 0,5 Promille Alkohol im Blut wird es kritisch – Bußgeld, Fahrverbot oder gar der Entzug der Fahrerlaubnis sind fast so sicher wie das Amen in der Kirche. Wie aber ist es, wenn der Grenzwert nur ein klitzekleines bisschen überschritten ist? Kann man darauf hoffen, dass das Gericht dann ein Auge zudrückt nach dem Motto: Fast nüchtern ist so gut wie ganz nüchtern? |

Keineswegs, wie eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg zeigt. In dem zu entscheidenden Fall hatte der Autofahrer 0,54 Promille Alkohol im Blut. Das nahm das zunächst entscheidende Amtsgericht zum Anlass, das im Bußgeldbescheid noch verhängte Fahrverbot gegen Erhöhung der Geldbuße wegfallen zu lassen. Zu Unrecht, wie das OLG Bamberg nunmehr befand. Das Gericht verwies darauf, dass bei Ordnungswidrigkeiten nach § 25a StVG, also beim Führen eines Kraftfahrzeugs mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille oder mehr, regelmäßig ein Fahrverbot zu verhängen ist. Angesichts des höheren Unrechtsgehalts und der Gefährlichkeit einer derartigen Ordnungswidrigkeit verstehe sich die grundsätzliche Angemessenheit eines Fahrverbots regelmäßig von selbst, argumentierten die Richter. Da sie auch sonst keine schwerwiegenden Gründe für einen Wegfall des Fahrverbots erkennen konnten, hoben sie das Urteil des Amtsgerichts auf. Dieses muss nun neu entscheiden.

Fazit: Das Herantrinken an Promillegrenzen ist für Autofahrer gefährlich. Wer gerade zur Weihnachtszeit ganz sicher gehen will, lässt die Finger entweder vom Glühwein oder vom Autoschlüssel.

Quelle | OLG Bamberg, Urteil vom 29.10.2012, 3 Ss OWi 1374/12, Abruf-Nr. 130022 unter www.iww.de.

Nutzungsausfallschaden: Wer kein Geld zur Schadenbeseitigung hat, darf warten

| Wenn der Geschädigte kein Geld für die Werkstattkosten hat, darf er die Regulierung durch den Versicherer abwarten, bevor er reparieren lässt. Das gilt auch, wenn sich daraus ein langer Zeitraum ergibt. Voraussetzung ist aber, dass er dies dem Versicherer vorher ausdrücklich mitgeteilt hat. |

So entschied es das Amtsgericht Leer im Fall eines Unfallgeschädigten, der für die Reparatur des Fahrzeugs kein eigenes Geld übrig hatte. Die Kreditfrage hatte sich wegen bereits laufender Kredite nicht gestellt. Der Versicherer hatte sich auf den Standpunkt gestellt, der Geschädigte habe den Unfall selbst verursacht. Etwa zehn Monate nach dem Unfall hat das Amtsgericht Leer mit diesem Urteil entschieden, dass der Unfallgegner und damit der Versicherer die volle Verantwortung für den Unfall tragen. Mit dem Urteil stellte das Amtsgericht auch fest, dass der Geschädigte Anspruch auf die Nutzungsausfallentschädigung bisher und bis zur Fertigstellung des nicht mehr fahrfähigen Fahrzeugs habe. Das waren mehr als 300 Tage.

Quelle | Amtsgericht Leer, Urteil vom 10.7.2017, 070 C 1166/16, Abruf-Nr. 197289 unter www.iww.de.

Gutachten: Geschädigter darf trotz Versicherungsgutachten eigenes Gutachten erstellen lassen

| Das Recht des Geschädigten, beim Haftpflichtschaden ein Schadengutachten einzuholen, erlischt nicht dadurch, dass der Versicherer mit dem Einverständnis des Geschädigten einen Sachverständigen entsendet. |

Hierauf wies das Amtsgericht München hin. In dem Münchener Fall kam hinzu, dass die Begutachtung durch den Sachverständigen des Versicherers etwa 15 Minuten dauerte. Dabei wurden keine Lichtbilder angefertigt. Von unten wurde das Fahrzeug auch nicht begutachtet. Zu einer Wertminderung hatte sich der Versicherungsgutachter gar nicht geäußert.

Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 24.7.2017, 335 C 7525/17, Abruf-Nr. 195686 unter www.iww.de.

Internet: Fahrerbewertungsportal muss geändert werden

| Das Internetportal „www.fahrerbewertung.de“ ist in seiner derzeitigen Ausgestaltung datenschutzrechtlich unzulässig. |

Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen entschieden und damit die Anordnungen der NRW-Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zur Umgestaltung der Plattform bestätigt.

Die Klägerin betreibt ein Online-Portal, mit dem das Fahrverhalten von Verkehrsteilnehmern unter Angabe des Kfz-Kennzeichens im Wesentlichen anhand eines Ampelschemas (grün = positiv, gelb = neutral, rot = negativ) bewertet werden kann. Die abgegebenen Bewertungen können von jedermann ohne Registrierung eingesehen werden. Die Landesbeauftragte für Datenschutz sieht darin einen Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz. Sie gab der Klägerin unter anderem auf, die Plattform so umzugestalten, dass nur noch der jeweilige Halter oder die jeweilige Halterin eines Fahrzeugs die dafür abgegebenen Bewertungen einsehen kann und sich zu diesem Zweck zuvor registrieren muss. Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg.

Zur Begründung haben die Richter im Wesentlichen ausgeführt: Das Bundesdatenschutzgesetz sei vorliegend anwendbar. Die zu bestimmten Kfz-Kennzeichen abgegebenen Bewertungen seien personenbezogene Daten. Im Rahmen der Abwägung überwiege das informationelle Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Kraftfahrzeughalter gegenüber den Interessen der Klägerin sowie der Nutzer des Portals. So sei eine vollständig anonyme Bewertung von in der Regel privat motiviertem Verhalten für eine unbegrenzte Öffentlichkeit einsehbar. Dem stünden keine gewichtigen Interessen der Klägerin und der Portalnutzer entgegen. Insbesondere das Ziel, die Fahrer zur Selbstreflexion anzuhalten, könne auch unter Geltung der Anordnungen erreicht werden.

Quelle | OVG NRW, Urteil vom 19.10.2017, 16 A 770/17, Abruf-Nr. 197797 unter www.iww.de.

Erbrecht: Erbeinsetzung im gemeinschaftlichen Ehegattentestament kann lebzeitige Schenkungen einschränken

| Haben Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament einen Schlusserben verbindlich eingesetzt, kann der überlebende Ehegatte Teile des Vermögens nicht mehr ohne Weiteres verschenken. Der Beschenkte muss gegebenenfalls das Geschenk an den Schlusserben herausgeben. Voraussetzung dafür ist, dass der Erblasser kein anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse an der Zuwendung hatte. |

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Mannes, der im gemeinschaftlichen Testament seiner Eltern zum Schlusserben eingesetzt worden war. Nach dem Tod der Mutter lernte der Vater eine 20 Jahre jüngere Frau kennen und lebte mit ihr zusammen. Er schenkte ihr u.a. Fondsbeteiligungen und Lebensversicherungen für ca. 250.000 EUR. Der Sohn verlangte nach dem Tod des Vaters von ihr die Herausgabe der Vermögenswerte. Diese Geschenke würden seinen Erbteil beeinträchtigen. Die Frau argumentierte, sie habe die Vermögenswerte aus Dankbarkeit für und zur Sicherstellung weiterer intensiver Pflege erhalten. Sie habe den Vater während des Zusammenlebens quasi 24 Stunden am Tag gepflegt und betreut.

Die Klage hatte Erfolg. Das OLG hat die Frau verurteilt, die geschenkten Vermögenswerte herauszugeben. Die Schenkungen hätten die Erberwartung des Sohnes beeinträchtigt. Sie seien nicht durch ein – eine Benachteiligungsabsicht ausschließendes – anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse des Vaters veranlasst gewesen.

Nach dem Tode der Mutter habe der Vater die Einsetzung des Sohnes als Schlusserbe beachten müssen. Die Erbeinsetzung beruhe auf einer wechselbezüglichen Verfügung beider Ehegatten, an die der Überlebende nach dem Tode des erstversterbenden Ehegatten gebunden sei.

Die Frau habe nicht schlüssig nachgewiesen, dass die Schenkungen als Gegenleistung für die erbrachten oder erwarteten Pflegeleistungen vertraglich vereinbart gewesen seien. Zudem habe der Vater mit Benachteiligungsabsicht gehandelt. Orientiert am Schutzzweck des Gesetzes seien an das Vorliegen der Benachteiligungsabsicht zunächst nur geringe Anforderungen zu stellen. Die Beeinträchtigung des Vertragserben müsse nicht das einzige oder leitende Motiv für die Schenkung gewesen sein. Es genüge vielmehr, dass der Erblasser wisse, dass er durch die unentgeltliche Zuwendung das Erbe schmälere.

Um eine Benachteiligungsabsicht festzustellen, müssten die beteiligten Interessen abgewogen werden. Es müsse geprüft werden, ob der Erblasser ein anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse an der Zuwendung habe. Nur in diesem Fall müsse der Erbe die ihn beeinträchtigende Schenkung hinnehmen. Ein derartiges Eigeninteresse könne zwar vorliegen, wenn ein Erblasser mit einer Schenkung seine Altersvorsorge und Pflege sichern wolle. Ein solches anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse des Vaters habe die Frau hier aber nicht schlüssig darlegen können. Die Schenkungen hätten den Nachlass weitgehend wertlos gemacht. Dem stünden behauptete Pflege- und Haushaltsleistungen über einen Zeitraum von ca. vier Jahren gegenüber. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Frau während dieser Zeit ohnehin in vollem Umfang freie Kost und Logis vom Vater erhalten habe. Zudem sei sie mit ihm zusammen auf dessen Kosten gereist. Außerdem habe ihr der Sohn für die Zeit nach dem Tode des Vaters ein Wohnrecht zugesagt. Vor diesem Hintergrund rechtfertigten die behaupteten Pflege- und Haushaltsleistungen die infrage stehenden Schenkungen nicht.

Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 12.9.2017, 10 U 75/16, Abruf-Nr. unter 197792 www.iww.de.

Erbrecht: Schadenersatzanspruch wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten kann nicht vererbt werden

| Der Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung ist grundsätzlich nicht vererblich. |

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) in einer aktuellen Entscheidung hin. Die Richter machten darüber hinaus deutlich, dass dies auch gelte, wenn der Anspruch noch zu Lebzeiten des Geschädigten anhängig oder rechtshängig geworden ist.

Quelle | BGH, Urteil vom 23.5.2017, VI ZR 261/16, Abruf-Nr. 195586 unter www.iww.de.