Marcus Spiralski Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht & Fachanwalt für Familienrecht

Urteilskategorie

Urteilsarchiv

Abstammung: Genprobe zur Überprüfung der Abstammung eines Kindes ist zumutbar

| Das Wissen um die eigene Herkunft ist höher zu bewerten als die mit einer Genprobe zusammenhängenden Umstände. Möchte jemand seine Abstammung klären, müssen daher die Kinder des verstorbenen mutmaßlichen Vaters eine Genprobe abgeben. |

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg im Fall einer 42-jährigen Frau, die ihre Abstammung aufklären wollte. Aufgrund eines Gentests stand bereits fest, dass der Ehemann ihrer Mutter nicht ihr leiblicher Vater sein konnte. Auf Befragen konnte der Ehemann aber von einem Seitensprung der Mutter mit einem Dritten berichten. Dieser, so der Ehemann, dürfte der leibliche Vater sein. Eine Genprobe konnte diesem Mann aber nicht mehr entnommen werden, denn er war bereits verstorben. Im Rahmen eines Verfahrens vor dem Familiengericht wurden daher die zwei Söhne des Mannes verpflichtet, Genmaterial abzugehen. Hiergegen riefen die beiden das OLG an. Die Vermutung, ihr Vater sei auch der Vater der Frau, sei vollkommen ins Blaue hinein erfolgt. Außerdem habe die Frau sich jahrelang nicht um ihre Abstammung gekümmert. Es sei daher insgesamt nicht zumutbar, wenn sie zur Abgabe einer Genprobe verpflichtet würden, argumentierten die beiden Brüder.

Die Richter am OLG sahen dies jedoch anders und bestätigten die Entscheidung des Amtsgerichts. Es spreche einiges dafür, dass der Verstorbene der Vater sei. So konnte ein Zeuge unter anderem über einen Brief des Verstorbenen an die Mutter berichten, der eine Vaterschaft nahelege. Die Klärung der Abstammung sei gegenüber dem Interesse der leiblichen Kinder, mit der Sache nicht behelligt zu werden, als übergeordnet zu bewerten. Das Wissen um die eigene Herkunft sei von zentraler Bedeutung für das Verständnis und die Entfaltung der eigenen Individualität, so die Richter. Könne die eigene Abstammung nicht geklärt werden, könne dies den Einzelnen erheblich belasten und verunsichern. Die beiden Brüder müssten dagegen nur einen geringen Eingriff dulden, der keine erhebliche Zeit in Anspruch nehme. Dies sei zumutbar.

Die beiden Brüder haben nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts ihre Beschwerde gegen die amtsgerichtliche Entscheidung zurückgenommen.

Quelle | OLG Oldenburg, Beschluss vom 15.8.2017, 4 UF 106/17, Abruf-Nr. 198702 unter www.iww.de.

Transmortale Vollmacht: Was tun, wenn man gegen seinen Willen bevollmächtigt wird?

| Eine transmortale Vollmacht gilt vor und nach dem Tod des Erblassers. Sinnvoll ist, dass der Bevollmächtigte mit der Bevollmächtigung durch den Erblasser einverstanden ist. Was aber gilt, wenn das nicht der Fall ist oder der Bevollmächtigte nach dem Tod des Erblassers nicht mehr bevollmächtigt sein möchte? |

Eine Vollmacht – und auch die transmortale Vollmacht als solche – verpflichtet den Bevollmächtigten nicht dazu, sie auszuüben. Wenn also der Bevollmächtigte nicht mehr bevollmächtigt sein möchte, braucht er nichts zu tun. Ein möglicher Verzicht auf die Rechte aus der Vollmacht ist nicht notwendig.

Belastende Rechtsfolgen für den Bevollmächtigten liegen nur in Ausnahmefällen vor, z. B. nach § 105 Abs. 1 AktG und § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). In diesen Fällen kann es notwendig sein, dass der Bevollmächtigte – über das Nichtstun hinaus – einseitig auf die Rechte aus der Vollmacht verzichtet. Der Verzicht ist gegenüber dem Vollmachtgeber zu erklären. Ist dieser verstorben, ist der Verzicht seinen Erben gegenüber zu erklären. Haben die Erben ausgeschlagen und ist auch keine Nachlasspflegschaft angeordnet, erbt der Staat. Dann ist diesem gegenüber der Verzicht auf die Vollmacht zu erklären.

Umgangsrecht: Kein unbedingtes Recht der Großeltern auf Umgang

| Großeltern können gegen den Willen der Eltern kein unbegleitetes Umgangsrecht mit ihren Enkelkindern durchsetzen. |

Das zeigt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg. Dort hatte ein Ehepaar regelmäßigen Umgang mit ihrem 7-jährigen Enkel verlangt. Sie hatten sich mit ihrer Tochter, der Kindesmutter, überworfen. Im Streit hatten sie ihr auf die Mailbox gesprochen, sie würden ihr nicht noch einmal verzeihen; wenn sie ihren Enkel wiedersähen, würden sie ihm „die Wahrheit“ sagen. Die Großeltern lehnten es auch ab, den Enkel nur im Haushalt der Mutter in deren Anwesenheit zu besuchen. Sie strebten ausdrücklich einen sogenannten unbegleiteten Umgang mit dem Kind allein an.

Das Amtsgericht lehnte ein Umgangsrecht der Großeltern ab. Das hat das OLG nun bestätigt. Großeltern hätten nur dann ein Umgangsrecht, wenn dies dem Wohl des Kindes diene, also seiner Entwicklung förderlich sei. Etwas Anderes gelte, wenn das Kind aufgrund der Zerrüttung des persönlichen Verhältnisses zwischen den Großeltern und den Eltern in einen Loyalitätskonflikt geraten könne. Dies sei hier angesichts der kompromisslosen Haltung der Großeltern gegenüber der Kindesmutter zu befürchten. Es komme in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, welche Seite den Konflikt verschuldet habe, da es allein um das Kindeswohl gehe. Im Übrigen habe sich die Kindesmutter im vorliegenden Falle durchaus konstruktiv gezeigt und einen Umgang in ihrem Haushalt angeboten. Die Großeltern seien dagegen nicht bereit, den Erziehungsvorrang der Kindesmutter für den Enkel zu akzeptieren und zweifelten ihre Erziehungsfähigkeit an. Vor dem gesamten Hintergrund könne nicht festgestellt werden, dass ein Recht der Großeltern auf unbegleiteten Umgang dem Kindeswohl förderlich sei. Der Antrag der Großeltern war daher abzulehnen, so der Senat.

Quelle | OLG Oldenburg, Beschluss vom 23.10.2017, 3 UF 120/17, Abruf-Nr. 198700 unter www.iww.de.

Kinderunterhalt: Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für in Portugal lebende Kinder

| Ein Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz kann auch bestehen, wenn die betroffenen Kinder im EU-Ausland leben. |

Hierauf weist das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hin. In dem Fall waren zwei Kinder betroffen, die zunächst in Deutschland bei ihrer Mutter lebten. Diese besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Als sich die Eltern trennten, nahm die Mutter eine Berufstätigkeit in Deutschland auf. Seit Ende des Jahres 2009 wohnen die Kinder in Portugal. Dort lebt ihre Großmutter. Die Mutter hatte dort einen weiteren Wohnsitz begründet. Nachdem der Vater keinen Unterhalt mehr leistete, beantragte die Mutter für die Kinder Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Der Antrag wurde abgelehnt. Die Klage der Mutter blieb in beiden Vorinstanzen erfolglos. Die Gerichte begründeten das damit, dass die Kinder nicht in Deutschland lebten. Das sei aber nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erforderlich.

Das BVerwG hat die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und den Kindern für die Zeit bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids die begehrten Leistungen zuerkannt. Zahlt ein Elternteil keinen oder nicht regelmäßig Unterhalt, gibt das Unterhaltsvorschussgesetz dem Kind unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss oder Unterhaltsausfallleistung. Dieser Anspruch besteht nach dem nationalen Gesetz nur für in Deutschland lebende Kinder. Nach Ansicht des BVerwG ist dieses Wohnsitzerfordernis hier jedoch nicht anwendbar. Vielmehr hat die vom Unionsrecht gewährleistete Freizügigkeit der Arbeitnehmer Vorrang. Danach genießt ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedsstaats ist, im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaats grundsätzlich die gleichen sozialen Rechte wie die inländischen Arbeitnehmer.

Darauf können sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) auch Unionsbürger berufen, die – wie hier die Kindesmutter – in einem Mitgliedsstaat der Union wohnen und in einem anderen Mitgliedsstaat arbeiten. Aus dieser Rechtsprechung folgt auch, dass die Kinder im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Unterhaltsvorschuss selbst das Freizügigkeitsrecht der Mutter geltend machen können, weil sich die Leistung als eine soziale Vergünstigung für die Mutter darstellt. Der EuGH nimmt ferner an, dass eine verbotene mittelbare Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit vorliegt, wenn ein Familienmitglied des Arbeitnehmers von einer sozialen Vergünstigung ausgeschlossen wird, weil es seinen Wohnsitz nicht in dem zuständigen, sondern in einem anderen Mitgliedsstaat hat. Diese Ungleichbehandlung ist nur gerechtfertigt, wenn sie im Hinblick auf ein damit verbundenes legitimes Ziel auch erforderlich ist. Soweit mit dem Wohnsitzerfordernis des Unterhaltsvorschussgesetzes der Zweck verfolgt wird, dass die Leistung nur gewährt wird, wenn eine besondere Verbindung zur Bundesrepublik Deutschland besteht, ist ein Inlandswohnsitz aber zur Erreichung dieses Zieles nicht erforderlich. Nach der Rechtsprechung des EuGH reicht es aus, dass die Verbundenheit durch eine nicht nur geringfügige Erwerbstätigkeit des Arbeitnehmers in diesem Mitgliedsstaat zum Ausdruck kommt. Denn diejenigen, die durch ihre Abgaben zur Finanzierung der Leistungen beitragen, sollen auch in den Genuss der Leistungen kommen. Dies trifft hier auf die Mutter zu. Soweit die Leistungen ihrer Höhe nach an die Lebensverhältnisse in Deutschland anknüpfen, kann etwaigen günstigeren Lebenshaltungskosten im Ausland durch Abschläge Rechnung getragen werden.

Quelle | BVerwG, Urteil vom 18.12.2017, 5 C 36/16, Abruf-Nr. 198701 unter www.iww.de.

Betriebsrat: Bei Betriebsabspaltung kann bisheriger Betriebsrat im Amt bleiben

| Behält bei einer Betriebsabspaltung der bisherige Betrieb seine Identität, bleibt dessen Betriebsrat im Amt. |

Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hin. Die Richter machten deutlich, dass in diesem Fall für ein Übergangsmandat kein Raum ist. Dies gelte entsprechend auch für die Schwerbehindertenvertretung. Es müsse also in jedem Einzelfall geprüft werden, ob der verbleibende Betrieb seine Identität behalte oder nur noch als Rumpfbetrieb bestehe.

Quelle | LAG Düsseldorf, Beschluss vom 18.10.2017, 12 TaBVGa 4/17, Abruf-Nr. 197700 unter www.iww.de.

Befristung: Arbeitsvertrag einer Maskenbildnerin kann befristet werden

| Der Arbeitsvertrag einer Maskenbildnerin an einer Bühne kann nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) wegen der Eigenart der Arbeitsleistung wirksam befristet werden, wenn die Tätigkeit überwiegend künstlerischer Natur ist. |

Diese Entscheidung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Frau, die an einem Theater als Maskenbildnerin beschäftigt war. Nach dem Arbeitsvertrag finden auf das Arbeitsverhältnis die tariflichen Bestimmungen des Normalvertrags Bühne (NV Bühne) Anwendung. In dem Arbeitsvertrag ist vereinbart, dass die Frau überwiegend künstlerisch tätig ist. Ferner ist vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2014 befristet ist und sich um ein Jahr verlängert, wenn nicht eine Nichtverlängerungsmitteilung entsprechend § 69 NV Bühne erklärt wird. Der Arbeitgeber sprach im Juli 2013 eine Nichtverlängerungsmitteilung zum 31. August 2014 aus. Die Frau hat die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der vereinbarten Befristung am 31. August 2014 geendet hat.

Die Vorinstanzen haben die Befristungskontrollklage abgewiesen. Die Revision der Frau hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Die Befristung des Arbeitsvertrags ist wirksam. Sie ist wegen der Eigenart der Arbeitsleistung gerechtfertigt. Auf der Grundlage des NV Bühne vereinbarte Befristungen von Arbeitsverträgen des künstlerisch tätigen Bühnenpersonals sind im Hinblick auf die verfassungsrechtlich garantierte Kunstfreiheit des Arbeitgebers sachlich gerechtfertigt. Maskenbildner gehören zum künstlerisch tätigen Bühnenpersonal, wenn sie nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen überwiegend künstlerisch tätig sind.

Quelle | BAG, Urteil vom 13.12.2017, 7 AZR 369/16, Abruf-Nr. 198703 unter www.iww.de.

Gleichbehandlung: Kein Schadenersatz für AGG-Hopper

| Schadenersatz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist nur zu gewähren, wenn es sich um einen echten Bewerber gehandelt hat. Dies ist zu verneinen, wenn sich jemand nicht ernsthaft um die Stelle bewirbt, sondern von vornherein nur die Zahlung einer Entschädigung anstrebt. | 

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht München im Fall eines 43-jährigen Mannes aus München. Er hatte in einem Wochenblatt die folgende Stellenanzeige einer im Sportmarketing tätigen Agentur gesehen: „Nette weibl. Telefonstimme ges.! Akquise f. Sport Marketingagentur auf Provisionsbasis/Home Office. ()“. Der Mann bewarb sich per E-Mail. Er erhielt jedoch eine Absage. Darin wurde ihm mitgeteilt, dass man sich bereits für einen männlichen Mitarbeiter entschieden habe. Der Mann hält die Stellenanzeige für geschlechtsdiskriminierend und verlangt 1.600 EUR Schadenersatz (ein potenzieller dreimonatiger Verdienstausfall). 

Die beklagte Agentur weigert sich zu zahlen. Sie ist der Meinung, der Mann sei für die ausgeschriebene Stelle ungeeignet, da er überqualifiziert sei. Auch sei die Bewerbung subjektiv nicht ernsthaft. Vielmehr sei der Mann ein sogenannter AGG-Hopper. 

Der zuständige Richter sah das ebenso und wies die Klage ab. Es könne dahinstehen, ob der Mann vorliegend überhaupt für die angebotene Stelle objektiv geeignet gewesen sei. Das erscheine bereits äußert zweifelhaft angesichts der Tatsache, dass er als gelernter Bankkaufmann offensichtlich überqualifiziert für die Stellenanzeige der Beklagten sei. Jedenfalls fehle es an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung. 

Bei der Bewerbung handele es sich ersichtlich um eine Art Rundschreiben, das lediglich ansatzweise einen konkreten Bezug zur angebotenen Stelle enthalte. Sie erwecke den Eindruck, aus unstrukturiert aneinander gereihten Textbausteinen zu bestehen. 

Nicht unberücksichtigt bleiben könne zudem der Umstand, dass der Mann bereits zahlreiche weitere AGG-Klagen angestrengt habe. Er ist am Amtsgericht München bereits gerichtsbekannt. Es kommen weitere Klagen hinzu, unter anderem auch vor dem Arbeitsgericht. In diesem Zusammenhang ist auch auf ein möglicherweise versehentlich im Rahmen eines Anlagenkonvoluts bei Gericht eingereichtes Schreiben des Mannes hinzuweisen. Auf Seite 2 dieses Konvoluts antwortete er offenbar auf die E-Mail eines Herrn Rüdiger N. Dabei führt er unter anderem aus, dass er mit seinen AGG-Klagen insgesamt 1010 EUR verdient habe und unter anderem davon gut leben könne. 

Insgesamt wertet das Gericht diese Umstände in ihrer Gesamtschau dahingehend, dass der Mann gewerbsmäßig missbräuchliche AGG-Klagen anstrengt, um damit zumindest teilweise seinen Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Obwohl die Beklagte gegen die Vorgaben des AGG verstoßen hat, stehen dem Mann daher keine Ansprüche zu, so das Urteil. Die Berufung wurde vom Landgericht München I zurückgewiesen, die Entscheidung ist damit rechtskräftig. 

Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 24.11.2016, 173 C 8860/16, Abruf-Nr. 195325 unter  www.iww.de. 

Kündigungsrecht: Kündigung wegen weitergeleiteter Dienstmails an den eigenen Privat-Account

| Leitet ein Arbeitnehmer Mails mit betrieblichen Informationen auf seinen privaten E-Mail-Account weiter, weil er damit seine künftige Tätigkeit bei einem neuen Arbeitgeber vorbereiten will, verletzt er damit seine vertragliche Rücksichtnahmepflicht. Er kann deshalb fristlos gekündigt werden. |

Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg im Fall eines Arbeitnehmers hin, der sich gegen seine fristlose Kündigung zur Wehr gesetzt hatte. Die Richter machten deutlich, dass die Geschäftsinteressen des Arbeitgebers unmittelbar gefährdet seien, wenn der Arbeitnehmer in ungewöhnlichem Umfang Mails mit betrieblichen Informationen an seinen privaten E-Mail Account leiten würde. Dieses gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Arbeitnehmer gerade in Vertragsverhandlungen mit einem Konkurrenten des Arbeitgebers stand.

Quelle | LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.5.2017, 7 Sa 38/17, Abruf-Nr. 198704 unter www.iww.de.

Kündigungsrecht: Beleidigung eines Kollegen kann zur fristlosen Kündigung führen

| Beleidigt ein Arbeitnehmer einen Kollegen derartig, dass dieser nach Form und Inhalt erheblich in seiner Ehre verletzt wird, verstößt er damit erheblich gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Dies kann an sich eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen. |

Diese Klarstellung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm im Fall eines Arbeitnehmers, der einen Kollegen als „kleiner Dreckstürke“ bezeichnet hatte. Er war daraufhin von seinem Arbeitgeber fristlos gekündigt worden.

Die Richter stellten klar, dass sich der Arbeitnehmer dabei nicht auf das Recht auf freie Meinungsäußerung berufen könne. Die freie Meinungsäußerung schütze weder vor Formalbeleidigungen noch vor bloßen Schmähungen oder vor bewusst unwahren Tatsachenbehauptungen. Unerheblich sei auch, dass es sich nur um eine einmalige Ehrverletzung gehandelt habe. Auch diese sei kündigungsrelevant. Sie wiege um so schwerer, je unverhältnismäßiger und je überlegter sie erfolgt sei. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass – je nach Schwere des Vorfalls – bei einem einmaligen Vorfall zunächst eine Abmahnung erfolgen müsse. Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitnehmer aber Glück: Die Kündigung war unwirksam, weil sein Arbeitgeber zuvor die notwenige Zustimmung des Integrationsamts nicht eingeholt hatte.

Quelle | LAG Hamm, Urteil vom 3.5.2017, 15 Sa 1358/16, Abruf-Nr. 197065 unter www.iww.de.

Unfallreparatur: Höhere Reparaturkosten als im Gutachten prognostiziert

| Bemerkt die Werkstatt bei einem Haftpflichtschaden während der Reparatur, dass es Erschwernisse gibt, die den Schaden erweitern, muss der Versicherer die erhöhten Reparaturkosten erstatten, wenn dann abermals der Schadengutachter hinzugezogen wird, der den neuen Umstand bestätigt. |

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht Arnsberg. Es wies darauf hin, dass das Prognoserisiko zulasten des Schädigers gehe. Wichtig ist dabei aber, dass der Schadengutachter bestätigt, dass die Reparaturerweiterung notwendig war. Dann ist die Erstattungspflicht des Versicherers in jedem Fall gegeben. Hier rutschte der Schaden sogar in den 130-Prozent-Bereich. Das machte aber nichts aus, denn es wurde vollständig und fachgerecht repariert und die sechsmonatige Behaltenotwendigkeit war auch erfüllt.

Quelle | Amtsgericht Arnsberg, Urteil vom 11.10.2017, 12 C 408/16, Abruf-Nr. 197288 unter www.iww.de.