Marcus Spiralski Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht & Fachanwalt für Familienrecht

Urteilskategorie

Urteilsarchiv

Arbeitskampf: Arbeitgeber kann Streikbruchprämie zusagen

| Ein bestreikter Arbeitgeber ist grundsätzlich berechtigt, zum Streik aufgerufene ArbN durch Zusage einer Prämie (Streikbruchprämie) von einer Streikbeteiligung abzuhalten. |

Zu diesem Ergebnis kam das Bundesarbeitsgericht (BAG). In dem Fall wurde ein Betrieb mehrere Tage bestreikt. Vor Streikbeginn versprach der Arbeitgeber in einem betrieblichen Aushang allen Arbeitnehmern, die sich nicht am Streik beteiligen und ihrer regulären Tätigkeit nachgehen, eine Streikbruchprämie zu zahlen. Diese war zunächst pro Streiktag in Höhe von 200 EUR und in einem zweiten betrieblichen Aushang von 100 EUR zugesagt. Der Arbeitnehmer, der ein Bruttomonatseinkommen von 1.480 EUR bezog, folgte dem gewerkschaftlichen Streikaufruf. Er legte an mehreren Tagen die Arbeit nieder. Mit seiner Klage verlangte er die Prämien von 1.200 EUR. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab.

Die Revision des Arbeitnehmers vor dem BAG war erfolglos. In der Zusage der Prämienzahlung an alle arbeitswilligen Arbeitnehmer liege zwar eine Ungleichbehandlung der streikenden und nicht streikenden Arbeitnehmer. Diese sei aber aus arbeitskampfrechtlichen Gründen gerechtfertigt. Der Arbeitgeber wollte mit der freiwilligen Sonderleistung betrieblichen Ablaufstörungen begegnen und damit dem Streikdruck entgegenwirken. Vor dem Hintergrund der Kampfmittelfreiheit handele es sich um eine grundsätzlich zulässige Maßnahme des Arbeitgebers. Für diese gelte das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Danach sei die Streikbruchprämie – auch soweit sie den Tagesverdienst Streikender um ein Mehrfaches übersteige – angemessen.

Quelle | BAG, Urteil vom 14.8.2018, 1 AZR 287/17, Abruf-Nr. 203045 unter www.iww.de.

Autokauf: Vertrag kann angefochten werden, wenn das Auto gar nicht scheckheftgepflegt ist

| Täuscht der Verkäufer bewusst wahrheitswidrig vor, das Fahrzeug sei scheckheftgepflegt, kann der Käufer den Kaufvertrag anfechten. |

So entschied es das Amtsgericht München und verurteilte den Autoverkäufer zur Rückzahlung des Kaufpreises von 4.500 EUR Zug um Zug gegen Übergabe des Mercedes Benz Sprinter. Der Beklagte hatte im Internet unter seinem Namen einen Gebrauchtwagen inseriert. Die Parteien einigten sich auf einen Preis von 4.500 EUR. Abends trafen sie sich in der Wohnung des Käufers. Dort war auch der Vater des Käufers zugegen. Unstreitig übergab der Beklagte bei diesem Treffen dem Käufer alle Fahrzeugpapiere und Schlüssel und überließ ihm auch das Fahrzeug selbst. Es wurde ein Kaufvertrag ausgefüllt und von beiden Parteien unterschrieben, vom Beklagten unter der Bezeichnung „Verkäufer“.

Der Käufer meint, der Beklagte selbst sei sein Vertragspartner gewesen. Von einer dahinterstehenden dritten Person sei nie die Rede gewesen. Der Käufer trägt weiter vor, bereits in der Internetanzeige sei gestanden, dass das Fahrzeug scheckheftgepflegt sei, und der Beklagte habe ihm dies auch bei den mündlichen Verkaufsgesprächen nochmals ausdrücklich versichert. Er habe den vereinbarten Kaufpreis an den Beklagten ausbezahlt, und zwar habe er ihm 4.500 EUR in bar in seiner Wohnung übergeben.

Der Beklagte ist der Auffassung, nicht er, sondern sein Vater sei Vertragspartner des Klägers, da dieser der Eigentümer des Fahrzeugs gewesen sei. Der Beklagte habe es nur in dessen Auftrag verkauft. Er habe auch kein Geld erhalten, insbesondere nicht in der Wohnung des Klägers. Das Fahrzeug sei ohne Garantie und Gewährleistung verkauft worden. Er habe nie behauptet, dass der Sprinter scheckheftgepflegt sei.

Die Richterin gab dem Kläger recht. Beide Parteien haben übereinstimmend vorgetragen, dass das Verkaufsinserat Namen und Kontaktdaten des Beklagten selbst enthielt und keinen Hinweis auf dessen Vater. Die Behauptung des Beklagten, er habe im Verkaufsgespräch gesagt, im Auftrag zu handeln, ist bestritten. Beweis hierfür hat er nicht angeboten. Der Beklagte hat auch den Kaufvertrag ausdrücklich mit dem Zusatz „Verkäufer“ unterschrieben. Er ist also selbst als Verkäufer und nicht nur als Vertreter aufgetreten.

Zusätzlich zur Aussage des Zeugen stützen weitere Indizien die Angabe des Käufers, dass die Geldübergabe stattgefunden hat. Erstens hat er durch Vorlage eines Kontoauszugs belegt, dass er an dem betreffenden Tag tatsächlich genau 4.500 EUR von seinem Konto abgehoben hat. Das belegt zwar nicht, dass auch eine Geldübergabe stattgefunden hat. Es handelt sich aber auch nicht um eine Summe, die man üblicherweise anlasslos abhebt. Zweitens spricht für die Übergabe des Geldes auch, dass der Beklagte dem Kläger bei derselben Gelegenheit sämtliche Fahrzeugpapiere, die Fahrzeugschlüssel und das Fahrzeug selbst überlassen hat. Hätte er dies ohne Geldübergabe getan, hätte er keinerlei Sicherheit mehr gehabt.

Der Zeuge habe glaubhaft bestätigt, dass das Onlineinserat die Angabe „scheckheftgepflegt“ enthielt. Bei der Eigenschaft der Scheckheftpflege handelt es sich um ein wesentliches wertbildendes Merkmal. Daher kann wegen arglistiger Täuschung angefochten werden, wenn wahrheitswidrig behauptet wird, ein Gebrauchtwagenfahrzeug sei scheckheftgepflegt.

Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 10.1.2018, 142 C 10499/17, Abruf-Nr. 204202 unter www.iww.de.

Betreuungsrecht: Betreuer muss nach Kostenübernahmeerklärung Bestattungskosten des verstorbenen Betreuten tragen

| Eine Betreuung endet mit dem Tod des Betreuten. Wird der Betreuer dennoch weiter tätig und schließt Geschäfte im eigenen Namen als Betreuer ab (hier Grabkosten), haftet er persönlich für die jeweiligen Beträge. |

Das folgt aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg. Dort hatte ein Betreuer am Tag nach dem Tod seiner betreuten Tante einen an die Stadt (Antragsgegnerin) gerichteten Antrag für eine Grabstätte unterzeichnet. Im Antragsformular trug er seinen Namen und seine Adresse ein. Hinter seinem Namen trug er ein: (Betreuer). Bei den Leistungen kreuzte er an: Verlängerung eines Nutzungsrechts am Wahlgrab auf die Dauer von 15 Jahren. Am selben Tage unterzeichnete er beim Bestattungsunternehmen eine „Gebühren- und Kostenübernahmeerklärung im Sinne der Friedhofsgebührensatzung“ der Stadt. Dort heißt es u.a.: „Erdbestattung der Verstorbenen X. wird von mir bestellt. Für die Bezahlung der anfallenden Gebühren und Kosten übernehme ich als Besteller(in) die Haftung als Selbstschuldner(in).“ In dem Feld darunter trug er seinen Namen und seine Anschrift ein.

Die Stadt stellte dem Mann Gebühren in Höhe von 2.171 EUR in Rechnung. Daraufhin erklärte der Mann die selbstschuldnerische Bürgschaft für nichtig. Gleichzeitig stellte der beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Diesen lehnte das Verwaltungsgericht ab. Die Betreuung habe mit dem Tod der Betreuten geendet. Der Mann habe daher keine Erklärung im Namen der Betreuten mehr abgeben können. Soweit er im Hinblick auf die Erkennbarkeit der beabsichtigten „Stellvertretung“ auf den Zusatz „Betreuer“ in dem Formular der Antragsgegnerin hinweise, verkenne er, dass kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts bestehe, dass ein Betreuer immer im Namen des Betreuten handele. Vielmehr könne der Betreuer bewusst im eigenen Namen Rechtsgeschäfte abschließen, die den Betreuten beträfen. Es obliege ihm klarzustellen, welchen Weg er wähle. Hiergegen legte der Mann Beschwerde ein.

Der VGH hat den Beschluss des Verwaltungsgerichts bestätigt und die Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung führt er aus, der Zusatz „(Betreuer)“ hinter den Namen führe nicht zu einem eindeutigen Handeln in fremdem Namen. Er könne auch erfolgt sein, um die Beziehung zur Verstorbenen zu kennzeichnen. Ein Laie müsse zwar nicht wissen, dass mit dem Tod des Betreuten die Betreuung und damit die Vertretungsmacht des Betreuers erlischt. Allerdings sei für ihn unmittelbar einsichtig, dass der Betreute nach seinem Tod durch Handlungen seines Betreuers nicht mehr verpflichtet werden könne. Verpflichtet werden könne allenfalls der Erbe des Verstorbenen (oder die Erbengemeinschaft). Auch für den ehrenamtlichen Betreuer müsse sich daher die Frage stellen, ob er die Rechtsmacht habe, den Erben durch Erklärungen zur Bestattung vertreten und durch diese Erklärungen verpflichten zu können.

Schließlich habe der Mann die Gebühren- und Kostenübernahmeerklärung ohne einen Hinweis auf seine Betreuerstellung unterzeichnet. Damit habe er eindeutig erklärt, für die anfallenden Gebühren und Kosten die Haftung als Selbstschuldner zu übernehmen. Diese Erklärung stelle nicht nur einen eigenen Rechtsgrund für die streitige Forderung dar. Sie spreche auch dafür, bereits den Antrag auf Verlängerung eines Nutzungsrechts am Wahlgrab auf die Dauer von 15 Jahren als Erklärung des Antragstellers im eigenen Namen auszulegen.

Quelle | VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.4.2018, 1 S 419/18, Abruf-Nr. 204207 unter www.iww.de.

Haftungsrecht: Haftung für die grob fahrlässige Beschädigung eines Mietwagens

| Wer einen Mietwagen grob fahrlässig beschädigt, muss für den entstandenen Schaden haften. |

Das folgt aus einer Entscheidung des Landgerichts (LG) Hildesheim. Dort hatte ein 78-Jähriger einen VW Golf angemietet. Mit dem Autovermieter hatte er eine Haftungsbeschränkung auf 500 EUR im Schadensfall vereinbart. Nach dem Vertrag sollte diese allerdings bei einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Schadens keine uneingeschränkte Anwendung finden. Etwa eine Stunde nach Übernahme des Fahrzeugs und Fahrtantritt fuhr der Mann von der Autobahn ab, um einem drängenden menschlichen Bedürfnis nachzukommen. Hierbei unterließ er es – auch weil ihm das Fahrzeug nicht vertraut war – das Auto durch Anziehen der Handbremse und Einlegen des ersten Ganges doppelt abzusichern. Der Pkw rollte gegen einen Torpfeiler und wurde hierbei beschädigt. Mit seiner Klage macht der Autovermieter nunmehr die gesamten Reparaturkosten in Höhe von ca. 1.800 EUR geltend. In erster Instanz hatte er mit seiner Klage Erfolg. Hiergegen wendet sich der Autofahrer mit seiner Berufung.

Das LG hat das Urteil der Vorinstanz in vollem Umfang bestätigt. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dass angesichts der unterlassenen doppelten Sicherung des abgestellten Fahrzeugs mittels Handbremse und Einlegen des ersten Ganges bei Gefälle von einem objektiv schwerwiegenden Pflichtverstoß auszugehen sei. Der mehrfache und erhebliche Sorgfaltsverstoß zeige sich auch in den weiteren Umständen: Der Mann habe es vor Fahrtantritt unterlassen, sich mit der Funktionsweise des Fahrzeugs vertraut zu machen. Er habe die Beschaffenheit des Abstellorts nicht überprüft. Schließlich habe er auch nicht kontrolliert, ob er die Handbremse fest angezogen habe. Auch subjektiv sei das einzig zur Entlastung angeführte drängende menschliche Bedürfnis nicht geeignet, den Sorgfaltsmaßstab zugunsten des Mannes zu verschieben.

Quelle | LG Hildesheim, Urteil vom 13.6.2018, 1 S 17/18, Abruf-Nr. 204203 unter www.iww.de.

Einigungsstelle: Partei darf den vorgeschlagenen Vorsitzenden nicht grundlos ablehnen

| Die Ablehnung eines vorgeschlagenen Vorsitzenden durch einen Beteiligten ist nur beachtlich, wenn sie auf Tatsachen und konkret begründete Befürchtungen gestützt ist. Subjektiven Bedenken kann nur Rechnung getragen werden, wenn sie hinreichend auf objektive Umstände hindeuten. |

Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hin. Die Richter machten dabei deutlich, dass Bedenken, die den Inhalt der richterlichen Spruchtätigkeit eines Vorsitzenden betreffen, etwa dass der Richter schon zu Ungunsten eines Beteiligten entschieden hatte, für sich allein nicht geeignet sind, ein fehlendes Vertrauen in die Überparteilichkeit und neutrale Verhandlungsführung in der Einigungsstelle zu begründen.

Quelle | LAG Köln, Beschluss vom 4.6.2018, 9 TaBV 25/18, Abruf-Nr. 202460 unter www.iww.de.

Abschleppkosten: Geschädigter muss in unfallbedingter Not- und Eilsituation keine Marktforschung betreiben

| In der unfalltypischen Not- und Eilsituation ist der Geschädigte nicht verpflichtet, Marktforschung nach einem möglichst günstigen Abschleppunternehmer zu betreiben. |

So entschied es das AG Deggendorf. Allerdings bedeutet das nicht, dass der Abschleppunternehmer Phantasiepreise verlangen kann. Denn wenn kein Preis vereinbart ist, kommt es im Verhältnis zum Kunden auf das lokal Übliche an. Verlangt der Abschleppunternehmer mehr, kann sich der Versicherer den Rückforderungsanspruch des Geschädigten gegen den Abschleppunternehmer abtreten lassen und statt des Geschädigten die Überhöhung zurückfordern.

Quelle | AG Deggendorf, Urteil vom 27.6.2018, 3 C 259/17, Abruf-Nr. 202360 unter www.iww.de.

Kündigungsrecht: Mallorca-Urlaub geschenkt – Arbeitsverhältnis beendet

| Wer eigenmächtig Urlaub nimmt und trotz Verbot durch den Arbeitgeber nicht zur Arbeit erscheint, muss mit einer Kündigung rechnen. |

Das folgt aus einem Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf. Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin. Sie hatte berufsbegleitend ein Masterstudium „BWL Management“ absolviert. Am 21.6.2017 bestand sie erfolgreich die Prüfung. Für den Donnerstag und Freitag, den 22. und 23.6.2017 hatte sie genehmigten Urlaub. Am Montag, den 26.6.2017 erschien sie nicht im Betrieb. Der späteste Dienstbeginn im Rahmen der Gleitzeit war 10.00 Uhr. Um 12.04 Uhr schickte sie eine E-Mail mit dem Betreff „Spontan-Urlaub“ an ihren Vorgesetzten. Sie teilte mit, dass sie wegen ihrer bestandenen Prüfung von ihrem Vater mit einem Aufenthalt auf Mallorca überrascht worden sei. In der Euphorie und Eile hätte sie keine Möglichkeit gehabt, ihre Abwesenheit an ihrem Rechner zu vermerken. Sie werde in der Zeit vom 26.6.2017 bis zum 30.6.2017 abwesend sein und bat um eine kurze Rückmeldung. Zugleich entschuldigte sie sich für die „Überrumpelung“. Um 17:02 Uhr antwortete der Vorgesetzte per E-Mail, dass die Anwesenheit der Arbeitnehmerin aus dringenden betrieblichen Gründen erforderlich sei. Er bot ihr an, Freitag sowie Montag und Dienstag der nächsten Woche frei zu nehmen. Am Dienstag, den 27.6.2017 um 09:26 Uhr antwortete die Arbeitnehmerin per E-Mail, dass sie sich bereits seit dem Wochenende auf Mallorca befinde. Es bestünde keine Möglichkeit, ins Büro zu kommen. Am Montag, den 3.7.2017 erschien sie nicht. Der Arbeitgeber kündigte ihr mit Schreiben vom 11.7.2017 fristgerecht zum 31.8.2017.

In der mündlichen Verhandlung wies das LAG darauf hin, dass die eigenmächtige Inanspruchnahme von Urlaub ein Kündigungsgrund sei, der an sich sogar eine fristlose Kündigung rechtfertige. Es führte aus, dass auch hier ein Kündigungsgrund gegeben sei. Spätestens ab dem Dienstag habe die Arbeitnehmerin ernsthaft zu erkennen gegeben, dass sie an dem eigenmächtig genommenen Urlaub festhalte und nicht zur Arbeit kommen werde. Damit habe sie die falschen Prioritäten gesetzt und ihre vertragliche Pflicht zur Arbeit beharrlich verletzt. Einer Abmahnung habe es wohl nicht bedurft und die Interessenabwägung falle in Anbetracht der kurzen Beschäftigungsdauer zulasten der Arbeitnehmerin aus.

Auf der Basis dieser rechtlichen Hinweise haben die Parteien sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Kündigungsdatum, d.h. dem 31.8.2017, verständigt. Der Arbeitgeber erteilt der Klägerin ein Zeugnis und zahlt eine Abfindung von 4.000 EUR. Das entspricht einem knappen Gehalt der Arbeitnehmerin.

Quelle | LAG Düsseldorf, Urteil vom 10.7.2018, 8 Sa 87/18, Abruf-Nr. 202449 unter www.iww.de.

Kindesunterhalt: Eltern müssen keine Zweitausbildung bezahlen

| Haben Eltern ihrem Kind eine angemessene Ausbildung finanziert, die den Begabungen und Neigungen des Kindes entspricht, und findet das Kind in dem erlernten Beruf nach Abschluss der Ausbildung keine Arbeitsstelle, sind die Eltern grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Kind eine weitere Berufsausbildung zu finanzieren. |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Ehepaars entschieden, dessen Tochter Bühnentänzerin werden wollte. Sie hatte nach der mittleren Reife die Schule verlassen und an einer Hochschule erfolgreich den Studiengang Tanz abgeschlossen. Es gelang ihr jedoch nicht, eine Anstellung als Tänzerin zu erhalten. Deswegen nahm sie 2012/13 die Schulbildung wieder auf, erwarb die allgemeine Hochschulreife und begann 2015/16 Psychologie zu studieren. Für dieses Studium erhielt sie BAföG-Leistungen.

Das Land verlangte später von den Eltern Ausbildungsunterhalt in Höhe von 6.400 EUR. Das ist der Betrag, den das Land der Tochter an BaföG-Leistungen bewilligte. Eltern müssen dem fördernden Land derartige Zahlungen erstatten, wenn sie für die geförderte Ausbildung Unterhalt schulden.

Die Richter am OLG entschieden jedoch, dass die Eltern für das Hochschulstudium ihrer Tochter keinen Ausbildungsunterhalt schulden. Darum müssten sie dem Land die BAföG-Leistungen nicht erstatten. Eltern schulden ihrem Kind grundsätzlich eine Berufsausbildung, so der Senat, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspreche und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern halte. Hätten Eltern ihrem Kind eine solche erste Berufsausbildung gewährt, müssten sie grundsätzlich die Kosten einer weiteren Ausbildung nicht mehr übernehmen. Ausnahmen hiervon würden nur unter besonderen Umständen gelten.

Die Eltern hätten ihrer Tochter bereits die Erstausbildung zur Bühnentänzerin finanziert. Weiteren Ausbildungsunterhalt schuldeten sie nicht. Das spätere Studium der Psychologie sei keine Weiterbildung, die im Zusammenhang mit der ersten Ausbildung stehe. Die Tochter habe bei der Aufnahme ihrer Tanzausbildung auch keinen weiteren Besuch der allgemeinbildenden Schule mit anschließendem Studium angestrebt. Es sei zudem nicht zu erkennen, dass die Ausbildung zur Bühnentänzerin den damaligen Neigungen und Fähigkeiten und der Begabung der Tochter nicht entsprochen habe. Sie habe immer Ballett getanzt. Die Ausbildung habe sie erfolgreich abgeschlossen. Dass sie später keine Anstellung als Tänzerin gefunden habe, beruhe auf einer verschlechterten Arbeitsmarktsituation. Deswegen sei für sie erkennbar geworden, dass Bewerbungen im Bühnentanzberuf aussichtslos gewesen seien.

Ein derartiges Risiko der Nichtbeschäftigung ihres Kindes nach Abschluss der geschuldeten Erstausbildung, dass sich im vorliegenden Fall verwirklicht habe, hätten unterhaltsverpflichtete Eltern grundsätzlich nicht zu tragen. Ihnen falle das allgemeine Arbeitsplatzrisiko nicht zur Last. Vielmehr müsse ein Volljähriger, der nach Abschluss seiner Ausbildung arbeitslos sei, primär selbst für seinen Unterhalt sorgen und jede Arbeitsstelle annehmen, auch außerhalb des erlernten Berufs. Das gelte auch, wenn im erlernten Beruf tatsächlich keine Verdienstmöglichkeit mehr bestünde.

Quelle | OLG Hamm, Beschluss vom 27.4.2018, 7 UF 18/18, Abruf-Nr. 202133 unter www.iww.de.

Arbeitszeugnis: Keine offensichtliche Unwahrheit im Arbeitszeugnis

| Arbeitszeugnisse werden inhaltlich durch Vergleiche der Parteien oft stark strapaziert. Es gibt aber auch Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen. |

So hat der Arbeitnehmer nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hamm keinen Anspruch auf die Formulierung im Arbeitszeugnis „Der Kläger hat das Arbeitsverhältnis auf eigenen Wunsch beendet, um sich einer neuen Herausforderung zu stellen“, wenn die Parteien sich in dem nach einer Arbeitgeberkündigung abgeschlossenen Abwicklungsvereinbarung darauf verständigt haben, dass das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber ordentlich aus betriebsbedingten Gründen gekündigt worden ist und mit Ablauf des 30.9.16 endet.

Quelle | LAG Hamm 14.2.18, 2 Sa 1255/17, Abruf-Nr. 201781 unter www.iww.de.

Unfallschaden: Bergeschaden beim Abschleppen nach Unfall muss Erstschädiger zahlen

| Ein beim Bergen und Abschleppen des verunfallten Fahrzeugs entstehender weiterer Schaden am Fahrzeug ist dem Erstschädiger zuzurechnen. |

So entschied es das Landgericht (LG) Stuttgart. Das Urteil stammt aus dem Fragenkreis der weiteren Schäden nach dem Unfallereignis. Noch unmittelbarer und zeitnäher als der Abschleppvorgang kann ein weiterer Vorgang bezogen auf das verunfallte Fahrzeug kaum sein. Der innere Zusammenhang zur Unfallverursachung durch den Schädiger ist offensichtlich. Ohne den Unfall wäre es nicht zum Bergeschaden gekommen. Deshalb ist der Zurechnungszusammenhang zum Erstschaden nicht unterbrochen.

Quelle | LG Stuttgart, Urteil vom 29.3.2018, 16 O 461/17, Abruf-Nr. 200765 unter www.iww.de.