Marcus Spiralski Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht & Fachanwalt für Familienrecht

Urteilskategorie

Urteilsarchiv

Abstammung: Kein Anspruch auf Abstammungsklärung gegenüber dem mutmaßlich leiblichen Vater

| Aus dem Grundgesetz folgt kein Anspruch eines Kindes gegenüber dem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater, ein Verfahren zur sogenannten rechtsfolgenlosen Klärung der Abstammung einleiten zu können. |

So entschied es das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete Schutz der Kenntnis der eigenen Abstammung nicht absolut sei. Er müsse vielmehr mit widerstreitenden Grundrechten in Ausgleich gebracht werden. Hierfür verfüge der Gesetzgeber über einen Ausgestaltungsspielraum. Auch wenn eine andere gesetzliche Lösung verfassungsrechtlich denkbar wäre, so ist es vom Ausgestaltungsspielraum des Gesetzgebers – auch im Lichte der Europäischen Konvention für Menschenrechte – gedeckt, wenn die rechtsfolgenlose Klärung der Abstammung nur innerhalb der rechtlichen Familie, nicht aber gegenüber dem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater besteht.

Quelle | BVerfG, Urteil vom 19.4.2016, 1 BvR 3309/13, Abruf-Nr. 185568 unter www.iww.de.

Erbrecht: Berufsmäßige Nachlasspfleger müssen ihre Vergütung genau abrechnen

| Berufsmäßige Nachlasspfleger, die ihre Tätigkeiten zur Abwicklung des Nachlasses vergütet haben wollen, müssen minutengenau abrechnen. |

Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle entschieden. Das Nachlassgericht (Amtsgericht) hatte einen Nachlasspfleger bestellt, der die Pflegschaft berufsmäßig ausübte. Er beantragte für die Abwicklung von Bankkonten, die Betreuung einer zum Nachlass gehörenden Immobilie und für die Suche nach den Erben eine Vergütung von 33,50 EUR je Stunde, insgesamt rd. 1.700 EUR. Zum Beleg hat der Nachlasspfleger eine Auflistung seiner Tätigkeiten vorgelegt. Diese ist nicht minutengenau, sie stellt auf 10-Minuten-Schritte ab. Das Amtsgericht hat seinen Antrag abgelehnt.

Diese Entscheidung bestätigte das OLG weitgehend. Die genaue Beschreibung der Tätigkeiten für den Nachlass und ihre Dauer müsse dem Nachlassgericht (Amtsgericht) die Überprüfung ermöglichen, ob die Tätigkeit dem übertragenen Aufgabenkreis zuzuordnen und der Aufwand angemessen und plausibel gewesen ist. Die einzelnen Tätigkeiten müssten minutengenau aufgezeichnet werden, damit das Nachlassgericht den geltend gemachten Zeitaufwand überprüfen könne, und der Nachlasspfleger nur den tatsächlich geleisteten Aufwand vergütet bekomme.

Nachlasspfleger können bis zur Annahme der Erbschaft bestellt werden, oder wenn Erben unbekannt sind. Sie sorgen dafür, dass der Nachlass gesichert wird. In der Regel wird die Nachlasspflegschaft unentgeltlich geführt. Ausnahmsweise kann das Nachlassgericht feststellen, dass der Nachlasspfleger berufsmäßig tätig ist. In diesen Fällen erhält der Nachlasspfleger für seine Tätigkeit eine Vergütung, die vom Erben zu zahlen ist. Der Nachlasspfleger darf die festgesetzte Vergütung aus dem verwalteten Nachlassvermögen entnehmen. Bei mittellosem Nachlass kann er die Zahlung seiner Vergütung aus der Staatskasse verlangen.

Quelle | OLG Celle, Beschluss vom 24.3.2016, 6 W 14/16, Abruf-Nr. 185928 unter www.iww.de.

Zum Anfang

Betriebsrat: Zugang zu Internet und Telefon für den Betriebsrat

| Der Arbeitgeber ist grundsätzlich weder dazu verpflichtet, dem Betriebsrat unabhängig von seinem Netzwerk einen Zugang zum Internet zur Verfügung zu stellen, noch muss er für den Betriebsrat einen von seiner Telefonanlage unabhängigen Telefonanschluss einrichten. |

So entschied es das Bundesarbeitsgericht (BAG). Wie in den Vorinstanzen blieben die Anträge des Betriebsrats auf Einrichtung eines vom Proxy-Server des Arbeitgebers unabhängigen Internetzugangs sowie auf einen von seiner Telefonanlage unabhängigen Telefonanschluss beim Siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolglos.

Nach dem Betriebsverfassungsgesetz muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat in erforderlichem Umfang u.a. Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung stellen. Der Betriebsrat kann einen Telefonanschluss und, sofern berechtigte Belange des Arbeitgebers nicht entgegenstehen, die Eröffnung eines Internetzugangs und die Einrichtung eigener E-Mail-Adressen verlangen. Er muss dazu nicht darlegen, dass dies erforderlich ist, um konkret anstehende betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben erledigen zu können. Diese Ansprüche kann der Arbeitgeber dadurch erfüllen, dass er dem Betriebsrat im Rahmen des im Betrieb bestehenden Informations- und Kommunikationssystems einen Telefonanschluss zur Verfügung stellt. Zudem kann er einen Internetzugang und E-Mail-Verkehr über ein Netzwerk vermitteln, das für alle Arbeitsplätze des Unternehmens einheitlich genutzt wird. Allein wegen der abstrakten Gefahr einer missbräuchlichen Ausnutzung der technischen Kontrollmöglichkeiten durch den Arbeitgeber darf der Betriebsrat einen separaten Telefonanschluss sowie Internetzugang nicht für erforderlich halten.

Quelle | BAG, Beschluss vom 20.4.2016, 7 ABR 50/14, Abruf-Nr. 185922 unter www.iww.de.

Beamtenrecht: Kriminalhauptkommissar durfte an Fernsehproduktionen mitwirken

| Ein im Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen (Kreis Düren) stehender Kriminalhauptkommissar hatte einen Anspruch darauf, dass ihm eine Nebentätigkeitsgenehmigung erteilt wird, um an den beiden RTL-Produktionen „Familien im Brennpunkt“ und „Verdachtsfälle“ mitzuwirken |.

Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen festgestellt. Bei den Fernsehproduktionen handelt es sich um sogenannte „scripted-reality“-Formate. Der Kläger sollte, abgesetzt vom gespielten, fiktiven Hauptgeschehen, als Kommentator kriminalpräventive Erläuterungen und Ratschläge geben. Der dienstvorgesetzte Landrat lehnte den Antrag auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung ab. Solche Formate entsprächen nicht den Zielen der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit. Sie erweckten den Eindruck der Dokumentation realer Situationen, seien aber reine Fiktion und verfälschten dadurch das Bild der tatsächlichen Polizeiarbeit.

Das Verwaltungsgericht Aachen hat festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet gewesen sei, dem Kläger die Nebentätigkeitsgenehmigung zu erteilen. Die Nebentätigkeit sei dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung nicht abträglich gewesen. Dies hat das OVG nun bestätigt. Es sei schon fragwürdig, dass durch die Sendungen mit einer nicht authentischen Darstellung der Polizeiarbeit die Möglichkeit einer Ansehensbeeinträchtigung verbunden sei. Jedenfalls gebe der Kläger nur, von diesem Hauptgeschehen abgesetzt, kriminalpräventive Kommentare und Ratschläge ab. Nehme der Kläger diese Aufgabe inhaltlich zutreffend und in sachlicher Form vor, seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass gerade durch seine Mitwirkung die Wahrscheinlichkeit für eine Ansehensbeeinträchtigung erhöht werde.

Quelle | OVG NRW, Beschluss vom 13.4.2016, 6 A 881/15, Abruf-Nr. 185921 unter www.iww.de

Gesundheit am Arbeitsplatz: Wann sich der Gang zum Betriebsarzt lohnt

| Wer sich krank fühlt oder körperliche Beschwerden hat, sucht meist den Hausarzt auf. Beschäftigte, die einen Zusammenhang zwischen Gesundheitsbeschwerden und ihrem Arbeitsplatz vermuten, können auch zum Betriebsarzt oder zur Betriebsärztin gehen. Das empfiehlt die gesetzliche Unfallversicherung VBG. Betriebsärzte kennen die Verhältnisse des jeweiligen Arbeitsplatzes gut und können Beschäftigte gezielt beraten. |

Zu den Aufgaben der Betriebsärzte gehören unter anderem die Beratung und arbeitsmedizinische Vorsorge der Beschäftigten, das Mitwirken bei der Gefährdungsbeurteilung, die Teilnahme an Arbeitsplatzbegehungen sowie das Auswerten von Unfall- und Krankheitsgeschehen. „Wer vermutet, dass seine Rückenschmerzen von der sitzenden Tätigkeit bei Bildschirmarbeit kommen, wendet sich am besten an den Betriebsarzt oder die Betriebsärztin“, empfiehlt Dr. Jens Petersen, Arbeitsmediziner der VBG in Hamburg.

Zum Leistungsspektrum von Betriebsärzten gehören:

  • Arbeitsmedizinische Vorsorge
  • Begleitung bei betrieblicher Wiedereingliederung nach längerer Erkrankung
  • Arbeitsphysiologische, arbeitspsychologische, ergonomische und arbeitshygienische Beratung
  • Beurteilung der Arbeitsbedingungen und Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs und der Arbeitsumgebung
  • Beratung bei der Organisation der Ersten Hilfe im Betrieb
  • Unterstützung bei Suchterkrankungen
  • Beteiligung beim Aufbau eines Gesundheitsmanagements im Betrieb

Weiterführender Hinweis

Mehr Informationen finden Sie in der Broschüre „Leitfaden für Betriebsärzte zu Aufgaben und Nutzen betriebsärztlicher Tätigkeit“ unter www.dguv.de, Stichwort Betriebsärzte.

Mindestlohn: Vier Millionen Jobs sind vom Mindestlohn betroffen

| Im April 2014, relativ kurz vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohns, gab es in Deutschland 5,5 Millionen Jobs, die geringer bezahlt wurden als der neue Mindestlohn von brutto 8,50 EUR je Arbeitsstunde. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, kamen davon 4,0 Millionen Jobs, das sind 10,7 Prozent aller Jobs, zum 1.1.15 unter den Schutz des Mindestlohngesetzes. Für die restlichen 1,5 Millionen sieht das Gesetz Ausnahmen vor (vor allem Auszubildende, Praktikanten und Personen jünger als 18 Jahre). |

Der gesetzliche Mindestlohn soll vor allem dort Beschäftigten Schutz bieten, wo keine Tarifverträge gelten. 82,3 Prozent beziehungsweise 3,3 Millionen der nun geschützten gering bezahlten Jobs bestanden in Betrieben, die nicht tarifgebunden sind. Die meisten davon waren im Einzelhandel und in der Gastronomie mit jeweils rund 0,5 Millionen.

Auf Ostdeutschland entfiel mit 1,1 Millionen gut ein Viertel der geschützten gering bezahlten Jobs. Das entspricht 22,0 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse in Ostdeutschland. Dabei handelte es sich am häufigsten um Vollzeitstellen (0,4 Millionen). In Westdeutschland waren mit 2,9 Millionen 8,9 Prozent aller Jobs vom Mindestlohn betroffen. Sie waren zu knapp zwei Dritteln geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse, sogenannte Minijobs (1,9 Millionen). In West und Ost zusammen entfiel mehr als die Hälfte (2,2 Millionen) auf Minijobs, je 0,9 Millionen waren Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigungen.

Frauen machten einen Anteil von 61,7 Prozent (2,5 Millionen) an den vom Mindestlohngesetz geschützten gering bezahlten Jobs aus, Männer einen Anteil von 38,3 Prozent (1,5 Millionen). Die betroffenen Frauen verdienten im April 2014 im Durchschnitt brutto 7,21 EUR je Stunde, die Männer 7,18 EUR. Erhielten sie künftig den Mindestlohn, würde das durchschnittlich eine Lohnerhöhung von circa 18 Prozent bedeuten. Insgesamt würden dann – unveränderte Arbeitszeiten vorausgesetzt – monatlich deutschlandweit schätzungsweise 431 Millionen Euro mehr Bruttolohn ausgezahlt, 39 Prozent davon in Ostdeutschland und 58 Prozent an Frauen.

Quelle | Statistisches Bundesamt

Namensrecht: Straftäter kann nicht verhindern, dass sein Kind den Namen der Mutter annimmt

| Lebt ein Kind bei seiner alleinerziehenden Mutter und möchte deren Namen annehmen, kann der Vater dies nicht verhindern, wenn er wegen mehrerer Gefängnisaufenthalte keine Beziehung zu dem Kind aufgebaut hat. |

Diese Entscheidung traf das Verwaltungsgericht (VG) Münster und wies die Klage eines Vaters ab, der sich gegen die Änderung des Familiennamens seines Sohnes gewandt hatte. Der Mann ist mehrfach wegen verschiedener Straftaten zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt worden. Er befindet sich seit 2010 fast durchgängig in Haft. Ende 2013 beantragte sein 2008 geborener Sohn, seinen Familiennamen in den seiner Mutter zu ändern. Hiergegen wandte sich der Vater unter anderem mit der Begründung: Er habe mit der Namensgebung seine Verbundenheit zu seinem Sohn dokumentiert. Dieser solle langfristig Kontakt zu seiner Familie väterlicherseits haben. Dieses ihm als Vater zustehende Recht sei durch die Namensänderung verletzt.

Dem folgte das Gericht jedoch nicht. Es begründete das im Wesentlichen mit folgenden Argumenten:

  • Es sei aus Gründen des Kindeswohls erforderlich, den Familiennamen zu ändern. Das bringe dem Kind so erhebliche Vorteile, dass es nicht zumutbar erscheine, das Namensband zum Vater aufrechtzuerhalten. Ein gleicher Nachname wie die Mutter werde dem Sohn ein Gefühl von Zugehörigkeit und Sicherheit vermitteln. Hauptbezugsperson sei seit seiner Geburt dessen Mutter. Sie habe auch das alleinige Sorgerecht. Die Namensänderung entspreche dem Wunsch des Kindes und seinem Bedürfnis, auch namensmäßig mit der Mutter verbunden zu sein.
  • Demgegenüber habe der Sohn keine persönliche Beziehung zu seinem Vater. Eine solche habe sich nicht entwickeln können. Bei der Trennung der Eltern im Oktober 2009 sei er erst ein Jahr alt gewesen. Bedingt durch die wiederholten Inhaftierungen des Vaters bestand auch nur wenig persönlicher Kontakt.
  • Der inzwischen fast 8-jährige Junge möchte aufgrund des kriminellen Verhaltens des Vaters in der Vergangenheit auch keinen persönlichen Kontakt. Darüber hinaus bringe die Namensänderung dem Sohn den erheblichen Vorteil, sich von der kriminellen Vergangenheit des Vaters distanzieren zu können. Es sei unbestritten, dass der Familienname des Vaters auch noch nach längerer Zeit mit seinen Straftaten in Verbindung gebracht werde. Würde der bisherige Familienname beibehalten, wären Nachteile für die schulische und berufliche Entwicklung des Kindes nicht auszuschließen. Das Interesse des Vaters an einer Beibehaltung des Namens habe demgegenüber zurückzutreten.
  • Der Vater habe sich um das Wohlergehen seines Sohnes nur wenig gekümmert. Zwar habe er sich immer mal wieder um Kontakt zu ihm bemüht. Diesen Kontakt auch zu halten, sei aber an dessen eigenem Verhalten, nämlich an seiner kriminellen Lebensweise, gescheitert.

Quelle | VG Münster, Urteil vom 27.1.2016, 1 K 190/14, Abruf-Nr. 146548 unter www.iww.de.

Aktuelle Gesetzgebung: Bundesrat billigt Wissenschaftszeitvertragsgesetz

| Der Bundesrat hat die Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes gebilligt. Das Gesetz möchte Fehlentwicklungen in der Befristungspraxis junger Wissenschaftler entgegentreten und planbare Karrierewege fördern. Die bislang geltenden Sonderregelungen führten zu einem hohen Anteil kurzer Beschäftigungsverhältnisse an Hochschulen – dort haben über 50 Prozent der Nachwuchswissenschaftler nur Ein-Jahres-Verträge. |

Künftig muss sich die Dauer der Befristung an der angestrebten Qualifizierung orientieren, beispielsweise an einem Doktortitel. Unsachgemäße Kurzbefristungen für Wissenschaftler sollen so verhindert werden. Wissenschaftliche Mitarbeiter mit Daueraufgaben sind nun ausschließlich auf der Grundlage des Teilzeit- und Befristungsgesetzes zu beschäftigen.

Zentrales Ziel des Gesetzes ist es, verlässliche Karrierewege zu schaffen, um Deutschland attraktiver für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu machen. Die Novelle berücksichtigt, dass die Hochschulen gleichzeitig Flexibilität und damit Sonderregelungen brauchen, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Das Gesetz wird am Tag nach seiner Verkündung durch den Bundespräsidenten in Kraft treten, voraussichtlich im März.

Quelle | Bundesrat, Plenum kompakt

Verkehrsschilder: Haltverbotszeichen müssen gut sichtbar sein

| Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat präzisiert, welche Anforderungen der so genannte Sichtbarkeitsgrundsatz im ruhenden Verkehr an die Erkennbarkeit und Erfassbarkeit von Verkehrszeichen und an die dabei von den Verkehrsteilnehmern zu beachtende Sorgfalt stellt. Es hat bestätigt, dass die Anforderungen für den ruhenden und den fließenden Verkehr unterschiedlich sind. |

In dem betroffenen Fall hatte der Kläger sein Fahrzeug in einem Straßenabschnitt geparkt, an dem am nächsten Tag ein Straßenfest stattfinden sollte. Dort war mit einem vorübergehend angebrachten Verkehrszeichen ein absolutes Haltverbot ausgeschildert. Der Wagen des Klägers wurde durch ein Abschleppunternehmen umgesetzt. Dafür verlangte die Behörde eine Umsetzungsgebühr in Höhe von 125 EUR. Hiergegen wandte der Kläger u.a. ein, die Verkehrszeichen seien nicht mit einem raschen und beiläufigen Blick erkennbar gewesen. Daher seien die Haltverbote nicht wirksam bekannt gemacht worden.

Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) ist von einer anlasslosen Nachschaupflicht ausgegangen. Es hat angenommen, dass das Haltverbot für den Kläger erkennbar gewesen wäre, wenn er dieser Nachschaupflicht genügt hätte. Es hat offengelassen, in welcher Höhe und welcher Ausrichtung das Haltverbotszeichen angebracht war.

Das BVerwG hat das Berufungsurteil aufgehoben. Es hat klargestellt, dass Verkehrszeichen für den ruhenden Verkehr ihre Rechtswirkungen grundsätzlich gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer äußern. Dabei ist es gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht. Allerdings müssen sie so aufgestellt sein, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer das Ge- oder Verbot des Verkehrszeichens leicht erkennen kann, wenn er die erforderliche Sorgfalt einhält. Zudem müssen die Schilder bei ungestörten Sichtverhältnissen während der Fahrt oder durch einfache Umschau beim Aussteigen ohne Weiteres erkennbar sein. Der Verkehrsteilnehmer ist aber nur zu einer Nachschau verpflichtet, wenn hierfür ein Anlass besteht.

Diesen sogenannten Sichtbarkeitsgrundsatz habe das OVG nicht ausreichend beachtet. Es seien noch ergänzende tatsächliche Feststellungen dazu notwendig, wie das Haltverbotszeichen aufgestellt war, und ob es sichtbar gewesen sei. Das BVerwG hat die Sache daher zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das OVG zurückverwiesen.

Quelle | BVerwG, Urteil vom 6.4.2016, 3 C 10.15, Abruf-Nr. 185264 unter www.iww.de.

Fahrverbot: Absehen vom Fahrverbot wegen des „Mitverschulden“ eines anderen

| Bei einem Abstandsverstoß kann von einem Fahrverbot abgesehen werden, wenn der Verstoß durch das Verhalten eines anderen Autofahrers erheblich mitverursacht wurde. |

Das ist das Ergebnis einer Entscheidung des Amtsgerichts Landstuhl. Der Richter hatte in einem entsprechenden Fall von einem Fahrverbot abgesehen. Das hat er vor allem damit begründet, dass das Fahrverhalten des vor dem Betroffenen fahrenden Pkw in erheblichem Maße und über den gesamten Messzeitraum gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen hat. Der Vorausfahrende hatte nämlich seine Geschwindigkeit signifikant ohne erkennbaren Grund erheblich abgesenkt.

Das AG Landstuhl fand für das Absehen vom Fahrverbot aber auch noch einen weiteren Punkt bedeutsam. Hierfür spreche die „aktive Verantwortungsübernahme des Betroffenen für seinen begangenen Verstoß, nämlich der sofortigen Einräumung der Fahrereigenschaft bei denkbar schlechter Qualität der Messbilder aus der Beobachtungskamera und auch die Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen“.

Quelle | Amtsgericht Landstuhl, Urteil vom 22.2.2016, 2 OWi 4286 Js 14527/15, Abruf-Nr. 146744 unter www.iww.de.