Marcus Spiralski Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht & Fachanwalt für Familienrecht

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Urteilsarchiv

Kündigungsrecht: Illegaler Abruf von Meldedaten berechtigt zur Kündigung der Mitarbeiterin im Bürgeramt

| Verletzt eine Mitarbeiterin im Bürgeramt datenschutz- und melderechtliche Vorschriften, kann dies ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung sein. |

Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hin. Die betroffene Mitarbeiterin hatte aus reiner Neugier eine Vielzahl von Meldedaten abgerufen. Betroffen war zwar nur ein kleiner Personenkreis. Dies rechtfertige nach Ansicht der Richter gleichwohl eine außerordentliche Kündigung. Denn die Mitarbeiterin verstoße damit in einem verfassungsrechtlich besonders geschützten Bereich (in strafrechtlich relevanter Weise) gegen Vorschriften des Bundes- und Landesrechts, durch die sie zu besonders sorgfältigem Verhalten verpflichtet sei.

Quelle | LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.4.2017, 10 Sa 154/17, Abruf-Nr. 196979 unter www.iww.de.

Haftungsrecht: Sturm: Verkehrssicherungspflicht im Arbeitsverhältnis

| Der Arbeitgeber hat eine Verkehrssicherungspflicht gegenüber seinem Arbeitnehmer. Verletzt er diese, muss er dem Arbeitnehmer dessen Schaden ersetzen. |

So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf im Fall eines Arbeitnehmers. Der hatte am 5.5.15 sein Fahrzeug auf dem Betriebshof seiner Arbeitgeberin geparkt, der beklagten Gemeinde. Diese hatte den Mitarbeitern gestattet, ihre Wagen dort während der Dienstzeit abzustellen. Auf dem Betriebshof befand sich ein Großmüllbehälter. Dieser wurde durch Windeinwirkung gegen den PKW des Arbeitnehmers geschoben, der so stark beschädigt wurde, dass er einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitt. Die Differenz von 1.380 EUR zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert zahlte die klagende Versicherung an den Arbeitnehmer. Die Versicherung verlangt aus übergegangenem Recht von der Gemeinde die Zahlung von 1.380 EUR.

Anders als vor dem Arbeitsgericht hatte die Klage vor dem LAG Erfolg. Die beklagte Gemeinde muss den Schaden ersetzen. Sie hat ihre Verkehrssicherungspflicht fahrlässig verletzt. Der Umstand, dass deren Großmüllbehälter das Fahrzeug des Arbeitnehmers zerstört hat, ist Indiz dafür, dass die Verkehrssicherungspflicht verletzt wurde. Dieses Indiz konnte die Gemeinde nicht ausräumen. Nach der Sturmwarnung vor dem Tief Zoran war sie verpflichtet, ihr Betriebsgelände abzugehen und etwaige Gefahrenquellen zu sichern. Sie hat dies zwar im Grundsatz getan, dabei den Großmüllbehälter aber nicht im Blick gehabt. Der Umstand, dass die Feststellbremsen bei der letzten Leerung am 20.4.15 ggf. angezogen worden waren, reichte nicht aus, um die Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen. Das hätte auch am 5.5.15 noch kontrolliert werden müssen. Ohne Weiteres hätte auch das Tor geschlossen werden können, das sich zwischen dem parkenden Auto und dem Großmüllbehälter befand. Angesichts einer Windgeschwindigkeit von 85 km/h bzw. einer Windstärke 9 konnte nicht von einem unabwendbaren Ereignis oder einem so starken Sturm, bei dem keine Sicherheitsmaßnahmen mehr helfen, ausgegangen werden. Ein Mitverschulden des Arbeitnehmers hat das Gericht verneint. Er hatte seinen Wagen morgens zu Arbeitsbeginn auf dem Betriebsgelände geparkt und war den ganzen Tag über im Außeneinsatz. Er durfte davon ausgehen, dass die beklagte Gemeinde die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung des Betriebshofs ergriffen hatte bzw. ergreifen werde.

Quelle | LAG Düsseldorf, Urteil vom 11.9.2017, 9 Sa 42/17, Abruf-Nr. 196959 unter www.iww.de.

Arbeitsentgelt: Mindestlohn: Berechnung des Entgelts für Feiertagsvergütung und Nachtarbeitszuschläge

| Die Höhe der Entgeltfortzahlung an Feiertagen bestimmt sich – soweit kein höherer tariflicher oder vertraglicher Vergütungsanspruch besteht – nach § 2 EFZG i. V. m. § 1 MiLoG. Sieht ein Tarifvertrag einen Nachtarbeitszuschlag vor, der auf den tatsächlichen Stundenverdienst zu zahlen ist, ist auch dieser mindestens aus dem gesetzlichen Mindestlohn zu berechnen. |

So entschied es aktuell das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer als Montagekraft beschäftigten Klägerin. Auf deren Arbeitsverhältnis findet kraft Nachwirkung der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie i.d.F vom 24.2.04 (MTV) Anwendung. Dieser sieht u. a. einen Nachtarbeitszuschlag i. H. v. 25 Prozent des tatsächlichen Stundenverdiensts und ein „Urlaubsentgelt“ in Höhe des 1,5fachen durchschnittlichen Arbeitsverdiensts vor. Für den Monat Januar 2015 zahlte der Arbeitgeber neben dem vertraglichen Stundenverdienst von 7 EUR bzw. 7,15 EUR eine „Zulage nach MiLoG“. Die Vergütung für einen Feiertag und einen Urlaubstag berechnete sie ebenso wie den Nachtarbeitszuschlag für fünf Stunden nicht auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns, sondern nach der niedrigeren vertraglichen Stundenvergütung. Darüber hinaus rechnete sie ein gezahltes „Urlaubsgeld“ auf Mindestlohnansprüche der Klägerin an.

Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage eine Vergütung aller im Januar 2015 abgerechneten Arbeits-, Urlaubs- und Feiertagsstunden mit 8,50 EUR brutto und meint, auch der Nachtarbeitszuschlag sei auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben.

Die Revision des Arbeitgebers blieb vor dem BAG ohne Erfolg. Zwar gewährt das MiLoG nur Ansprüche für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden. Nach § 2 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitgeber aber für Arbeitszeit, die aufgrund eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte (Entgeltausfallprinzip). Dies gilt auch, wenn sich die Höhe des Arbeitsentgelts nach dem MiLoG bestimmt; dieses enthält keine hiervon abweichenden Bestimmungen. Ein Rückgriff des Arbeitgebers auf eine vertraglich vereinbarte niedrigere Vergütung scheidet aus. Der tarifliche Nachtarbeitszuschlag und das tarifliche Urlaubsentgelt müssen nach den Bestimmungen des MTV ebenfalls (mindestens) auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns von (damals) 8,50 EUR berechnet werden, da dieser Teil des „tatsächlichen Stundenverdiensts“ im Sinne des MTV ist. Das gezahlte „Urlaubsgeld“ kann nicht auf Ansprüche nach dem MiLoG angerechnet werden. Der MTV gibt hierauf einen eigenständigen Anspruch. Außerdem handelt es sich nicht um Entgelt für geleistete Arbeit.

Quelle | BAG, Urteil vom 20.9.2017, 10 AZR 171/16, Abruf-Nr. 196958 unter www.iww.de.

Mietwagen: Die Nutzung des Mietwagens zeigt die Notwendigkeit

| Wenn der Geschädigte mit dem Mietwagen an fünf Tagen 203 km gefahren ist, ist damit erwiesen, dass es notwendig war, das Fahrzeug anzumieten. Weiterer Vortrag, warum der Geschädigte das Fahrzeug brauchte, kann nicht verlangt werden. |

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht Döbeln. Es klärt damit eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Nötig war das Urteil jedoch, weil Versicherer immer häufiger vortragen, ein Geschädigter könne auch mal ohne Fahrzeug auskommen, weshalb er erklären müsse, warum er einen Mietwagen brauchte. Dem Vortrag des Versicherers folgte das Gericht – zu Recht – nicht.

Quelle | Amtsgericht Döbeln, Zweigstelle Hainichen, Urteil vom 28.6.2016, 4 C 89/17, Abruf-Nr. 195154 unter www.iww.de.

Unfallschadenreparatur: Gegnerischer Versicherer muss die Entsorgungskosten erstatten

| Der gegnerische Haftpflichtversicherer muss die Entsorgungskosten erstatten, wenn es Teile zum Entsorgen gibt. Es reicht, wenn die Kosten in der Reparaturrechnung aufgeführt sind. |

So sieht es das Amtsgericht Hamburg Blankenese. Im konkreten Fall waren im Schadengutachten keine Entsorgungskosten angegeben, nur in der Reparaturrechnung. Im Gutachten stand aber, dass Teile des Fahrzeugs erheblich beschädigt wurden. Das Gericht wies auf die zwangsläufige Folge hin: Diese beschädigten Teile müssen entsorgt werden.

Quelle | Amtsgericht Hamburg Blankenese, Urteil vom 21.7.2017, 532 C 110/17, Abruf-Nr. 195641 unter www.iww.de.

Ausfallschaden: Keine Notreparatur trotz langer Lieferzeit für Sportauspuff

| Wenn sich die Reparaturdauer verlängert, weil die im Unfallfahrzeug verbaute und beschädigte Auspuffanlage nicht lieferbar ist, fällt die dadurch verlängerte Ausfalldauer dem Schädiger zur Last. |

So entschied es das Amtsgericht Stuttgart. Der Versicherer hatte vorgetragen, der Geschädigte hätte zunächst einen Serienauspuff einbauen lassen müssen, um dann nach Lieferung des Sportauspuffs diesen wieder umzubauen.

Das Gericht rechnet dem Versicherer jedoch vor, dass die Kosten für den Serienauspuff (Auch der hat eine Lieferzeit. Und was soll nach der Kurzzeitnutzung mit ihm geschehen?) und die doppelten Montagekosten zu keiner Ersparnis geführt hätten.

Quelle | Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 26.7.2017, 41 C 1241/17, Abruf-Nr. 195687 unter www.iww.de.

Haftungsrecht: Radweg entgegen der Fahrtrichtung genutzt – 1/3 Mitverschulden

| Eine Radfahrerin, die beim Befahren eines Radwegs entgegen der Fahrtrichtung mit einem wartepflichtigen Pkw kollidiert, kann 1/3 ihres Schadens selbst zu tragen haben. Dass sie keinen Schutzhelm getragen hat, erhöht – bei dem Unfallereignis aus dem Jahre 2013 – ihren Eigenhaftungsanteil nicht. |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Falle einer Radfahrerin entschieden. Diese befuhr mit ihrem Fahrrad einen Geh- und Radweg entgegen der Fahrtrichtung. Sie wollte die Einmündung einer untergeordneten Straße queren, um dann nach links in diese Straße einzubiegen. Der Beklage kam mit seinem Pkw aus dieser Straße und wollte rechts abbiegen. Dabei kollidierte sein Fahrzeug mit dem Fahrrad der Klägerin. Die Radfahrerin stürzte auf die Motorhaube, rutschte mit ihrem Rad über die Straße und schlug mit dem unbehelmten Kopf auf der Fahrbahn auf. Mit einem Schädel-Hirn-Trauma, einem Schädel-Basis-Bruch und einer Kniefraktur erlitt sie schwerste Verletzungen. Sie verlangt nun von dem Beklagten und seinem Haftpflichtversicherer Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Das Landgericht hat der Radfahrerin ein Mitverschulden von 20 Prozent angerechnet. In der Berufungsinstanz hat das OLG dieses Mitverschulden stärker berücksichtigt und mit 1/3 bewertet. Der Beklagte habe, so die Richter, den Unfall in erheblichem Umfang verschuldet, auch wenn er zunächst im Einmündungsbereich angehalten habe und dann langsam abgebogen sei. Gegenüber der Klägerin sei er wartepflichtig gewesen. Die Klägerin habe ihr Vorfahrtsrecht nicht dadurch verloren, dass sie den kombinierten Geh- und Radweg entgegen der Fahrtrichtung befahren habe, obwohl dieser für eine Nutzung in ihrer Fahrtrichtung nicht mehr freigegeben gewesen sei. Ein Radfahrer behalte sein Vorrecht gegenüber kreuzenden und einbiegenden Fahrzeugen auch, wenn er verbotswidrig den linken von zwei vorhandenen Radwegen nutze.

Die Klägerin ihrerseits habe den Unfall mitverschuldet, weil sie mit ihrem Fahrrad den an der Unfallstelle vorhandenen Geh- und Radweg entgegen der freigegebenen Fahrtrichtung befahren habe. Dass die Klägerin auf dem für ihre Fahrtrichtung nicht freigegebenen Weg erst wenige Meter zurückgelegt habe, entlaste sie nicht. Sie habe sich verbotswidrig auf dem Radweg befunden, den sie richtigerweise nur noch – ihr Fahrrad schiebend – als Fußgängerin hätte benutzen dürfen.

Unerheblich sei, dass sie keinen Schutzhelm getragen habe. Deshalb könne ihr Anspruch nicht gekürzt werden. Zur Unfallzeit im Jahre 2013 habe keine gesetzliche Helmpflicht für Radfahrer bestanden. Das Tragen von Fahrradhelmen habe zudem nicht dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entsprochen. Das hat der Bundesgerichtshof noch im Jahre 2014 festgestellt, bezogen auf einen Unfall aus dem Jahre 2011. Anhaltspunkte dafür, dass sich das Verkehrsbewusstsein insoweit in den Jahren danach verändert habe, habe der Senat nicht.

Der Mitverschuldensanteil der Klägerin sei mit 1/3 zu bewerten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das der Klägerin nach wie vor zustehende Vorfahrtsrecht kein Vertrauen ihrerseits in ein verkehrsgerechtes Verhalten des Beklagten habe begründen können. Auch wenn der Beklagte mit seinem Fahrzeug zunächst vor dem querenden Geh- und Radweg angehalten habe, habe die verkehrswidrig fahrende Klägerin ohne weitere Anhaltspunkte nicht davon ausgehen dürfen, dass der Beklagte sie wahrgenommen habe und ihr den Vorgang einräumen würde.

Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 4.8.2017, 9 U 173/16, Abruf-Nr. 196307 unter www.iww.de.

Öffentliches Recht: Autowäsche auf Privatgelände – rechtswidrig oder erlaubt?

| Einschäumen, abspülen, polieren: Viele Autofahrer nutzen immer noch gerne die eigenen Garageneinfahrten oder Stellplätze für die Fahrzeugpflege. Doch in vielen Städten und Gemeinden ist das inzwischen verboten – und oft gilt dieses Verbot sogar schon für das einfache Abspritzen mit klarem Wasser. Darauf macht das Infocenter der R+V Versicherung aufmerksam. |

Bequem, aber umweltschädlich

Es ist bequem und günstig, dem Fahrzeugschmutz direkt vor der Haustür mit Gartenschlauch und Putzeimer zu Leibe zu rücken. Doch die private Autowäsche kann die Gewässer verunreinigen, weil sich dabei immer auch Ölrückstände, Teer und andere Stoffe lösen. „Hinzu kommt, dass spezielle und teilweise aggressive Putzmittel für die Autopflege ins Grundwasser gelangen können“, sagt Ralph Glodek, Nachhaltigkeitsbeauftragter beim R+V-Infocenter. Umweltfreundlicher ist es, das Auto in einer Autowaschanlage oder auf ausgewiesenen Waschplätzen zu reinigen. „Das Abwasser wird hier umweltschonend in den Kreislauf eingebracht und die Reinigungsmittel genauer dosiert.“

Oft kommt‘s auf den Untergrund an

In vielen Städten und Gemeinden ist es ohnehin verboten, das Auto auf unbefestigten Untergründen zu reinigen, also etwa auf einer gepflasterten Einfahrt. Allerdings fehlt eine deutschlandweit einheitliche Regelung. „Wir empfehlen Autobesitzern, sich vorab zu erkundigen, ob die Autowäsche auf privatem Gelände erlaubt ist“, so R+V-Experte Glodek. In der Regel ist die Untere Wasserbehörde dafür zuständig. Auch in der Stadt- oder Gemeindeordnung ist es in der Regel eindeutig festgelegt. Wer dagegen verstößt, begeht zumindest eine Ordnungswidrigkeit, eine Geldbuße kann die Folge sein – manchmal bis zu 1.000 EUR. Grundsätzlich untersagt ist die Autowäsche in Wasserschutzgebieten.

Anders sieht es mitunter bei geteerten oder anders versiegelten Flächen aus: Wenn die Schmutzabwässer in die Kanalisation fließen und über die Kläranlagen gereinigt werden, ist die Fahrzeugwäsche unter Umständen erlaubt. Auch hier geben die zuständigen Behörden Auskunft.

Öffentliche Straßen meist tabu

Öffentliche Straßen und Plätze haben zwar meist einen befestigten Untergrund, und das Schmutzwasser kann in die Kanalisation fließen. Trotzdem gibt es hier meist ebenfalls kein grünes Licht für die Fahrzeugpflege. „Ein Großteil der Gemeinden und Städte hat für die Autowäsche auf öffentlichen Straßen Sonderregelungen getroffen. Diese verbieten schon das einfache Abspritzen“, so Ralph Glodek.

Quelle | www.infocenter.ruv.de

Erbrecht: Der Sohn der Alleinerbin darf nicht an einem Nottestament mitwirken

| Ein Nottestament vor drei Zeugen ist unwirksam, wenn der Sohn der als Alleinerbin eingesetzten Begünstigten daran mitwirkt. |

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Köln hin, als es über die Erbfolge eines im Alter von 84 Jahren in einem Krankenhaus verstorbenen Mannes zu entscheiden hatte. Wenige Stunden vor seinem Tod waren vier Personen ans Sterbebett gekommen. Drei von ihnen hielten in einer Niederschrift fest, dass nach dem letzten Willen die Lebensgefährtin Alleinerbin werden solle. Der Kranke sei mit diesem Nottestament einverstanden, habe aber keine Kraft mehr gehabt, es zu unterschreiben. Unter den Zeugen war auch der Sohn der Lebensgefährtin. Die Lebensgefährtin beantragte unter Vorlage dieses Dokuments einen Erbschein. Die ohne dieses Testament erbberechtigten Nichten und Neffen des Verstorbenen haben sich dagegen vor Gericht gewehrt.

Die Richter am OLG bestätigten die Entscheidung des Nachlassgerichts, wonach die Lebensgefährtin nicht wirksam als Alleinerbin eingesetzt worden ist. Grundsätzlich ist allerdings ein sogenanntes „Drei-Zeugen-Testament“ möglich. Wer sich in so naher Todesgefahr befindet, dass ein Testament vor einem Notar oder ein Nottestament vor dem Bürgermeister nicht mehr möglich ist, kann das Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichten. Als Zeuge können aber nicht die Kinder oder bestimmte andere Verwandte der Person mitwirken, die durch das Testament einen rechtlichen Vorteil erhält. Da der Sohn der Lebensgefährtin einer der drei Zeugen war, war das Nottestament unwirksam.

Auch die Anwesenheit einer vierten Person am Sterbebett änderte nichts an dem Ergebnis. Zum einen hatte die Beweisaufnahme ergeben, dass die vierte Person nicht an der Beurkundung beteiligt werden sollte. Sie hatte die Erklärung des Erblassers lediglich mit angehört. Zeugen eines Nottestaments müssen aber von Anfang an zur Mitwirkung bereit sein, da jeder gleichberechtigt mit den anderen die Verantwortung für die richtige Wiedergabe der Erklärung trägt. Zum anderen ergab sich in der Beweisaufnahme, dass die vierte Person nur über rudimentäre Deutschkenntnisse verfügte. Sie konnte daher aufgrund der Sprachprobleme gar nicht beurteilen, ob der niedergeschriebene Text der Erklärung des Erblassers entsprach.

Da nur noch zwei Personen als Zeugen für die Beurkundung des letzten Willens übrig blieben, war das Testament nicht wirksam. Ein Zweipersonentestament kennt das deutsche Recht nicht.

Quelle | OLG Köln, Beschluss vom 5.7.2017, 2 Wx 86/17, Abruf-Nr. 196309 unter www.iww.de.

Hausrat: Später eingebaute Einbauteile einer Küche werden nicht wesentlicher Bestandteil

| Bringt ein Ehepartner eine Einbauküche mit in die gemeinsame Wohnung, wird er nicht automatisch Eigentümer aller Zusatzteile, mit denen der andere Ehepartner die Küche ergänzt. |

Diese Klarstellung traf das OLG Koblenz im Fall eines getrennt lebenden Ehepaars. Die Eheleute waren bereits zwei Jahre vor ihrer Hochzeit in das Haus des Mannes gezogen. Dabei hatte die Frau ihre Küche mitgebracht. Beim Einbau in das Haus wurde die Küche um neu erworbene Teile aus der gleichen Serie ergänzt. Die Kosten von ca. 3.000 EUR übernahm der Mann. Als sich die Eheleute trennten, nahm die Frau die komplette Küche mit. Sie argumentierte, dass sie an den vom Ehemann angeschafften Teilen durch Verbindung mit ihrer Küche Eigentum erworben habe. Der Ehemann sah das anders und verlangte Schadenersatz.

Die Richter am OLG stellten klar, dass die vom Ehemann neu erworbenen Küchenmöbel nicht wesentliche Bestandteile der gesamten Küche geworden sind. Die Teile seien zwar in die Küche eingefügt worden. Sie könnten aber ohne Weiteres wieder ausgebaut und separat genutzt werden. Es könne nicht von einem wesentlichen Bestandteil der einen oder der anderen Sache ausgegangen werden, wenn die Trennung der Neuteile von der vorhandenen Küche augenscheinlich ohne Zerstörung der einen oder der anderen Sache möglich ist.

Allerdings könne der Mann auch keinen Schadenersatz verlangen. Er könne lediglich verlangen, dass die Frau die von ihm eingebrachten Teile wieder herausgebe.

Quelle | OLG Koblenz, Beschluss vom 5.1.2017, 13 UF 477/16, Abruf-Nr. 196310 unter www.iww.de.