| Die Bundesregierung will Familien mit kleinen Einkommen stärker unterstützen – gerade auch Alleinerziehende. Denn wirtschaftlich enge Verhältnisse belasten häufig den Familienalltag und die Lebensperspektiven von Eltern und ihren Kindern. Das Starke-Familien-Gesetz umfasst daher die Reform des Kinderzuschlags sowie Verbesserungen beim Bildungs- und Teilhabepaket. |
Neuerungen beim Kinderzuschlag
Mit der Neugestaltung des Kinderzuschlags soll sich zusätzliches Einkommen auszahlen oder zumindest nicht nachteilig auswirken. Der Aufwand für den Antrag soll reduziert, die Geldleistung auf maximal 185 EUR erhöht und der Personenkreis der Berechtigten erweitert werden.
Durch das Starke-Familien-Gesetz soll der Kinderzuschlag nicht mehr schlagartig wegfallen, wenn eine bestimmte Einkommensgrenze überschritten wird, sondern langsam auslaufen. Derzeit kann zusätzliches Einkommen der Eltern dazu führen, dass der Anspruch auf Kinderzuschlag komplett entfällt und der Familie im Ergebnis ein geringeres Haushaltseinkommen zur Verfügung steht, wenn eine bestimmte obere Einkommensgrenze erreicht ist. Zudem kann die Anrechnung des Einkommens auf andere Leistungen wie Wohngeld zur Folge haben, dass sich das Haushaltseinkommen auch bei einem zusätzlichen Einkommen nicht erhöht, sondern sogar sinkt.
Für Einkommen des Kindes durch Jobben oder eine Ausbildungsvergütung wird ein Freibetrag eingeführt.
Der Zuschlag soll künftig verlässlich für sechs Monate gewährt werden – egal, ob sich in der Zwischenzeit beim Verdienst etwas ändert oder nicht, beispielsweise bei Schichtarbeitern.
Verbesserungen beim Bildungs- und Teilhabepaket
Kinder sollen möglichst unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten des Elternhauses faire Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe und Bildung erhalten und ihre Fähigkeiten entwickeln können. Dazu gibt es bereits das Bildungs- und Teilhabepaket. Die speziell zugeschnittenen Leistungen bieten den Kindern und Jugendlichen mehr Möglichkeiten, um an Bildungs- und Förderangeboten im schulischen, sozialen und kulturellen Bereich teilnehmen zu können. Das kann zum Beispiel Nachhilfe sein, die Mitgliedschaft in einem Sportverein, Schulausflüge oder Klassenfahrten. Auch die Mittel für den persönlichen Schulbedarf sind Teil dieses Pakets.
Auch hier sieht das Starke-Familien-Gesetz Verbesserungen vor. So soll etwa der Betrag für die Ausstattung mit Schulbedarf von 100 auf 150 EUR pro Schuljahr erhöht werden. Eigenanteile beim Schulessen und der Schülerbeförderung sollen entfallen. Gleichzeitig wird es hier Vereinfachungen geben, darunter bei der Antragstellung und der Abrechnung von Leistungen, insbesondere bei Schulausflügen.
Der Bund investiert im Zeitraum von 2019 bis 2021 eine Milliarde Euro in den Kinderzuschlag und 220 Millionen Euro jährlich in den Ausbau des Bildungs- und Teilhabepakets.
Quelle | Bundesregierung
| Die Formulierung „Für den Fall, dass ich heute verunglücke“ stellt keine Bedingung dafür auf, dass ein Testament gültig ist. |
Das folgt aus einer Entscheidung des Kammergerichts (KG) in Berlin. Die Richter machten deutlich, dass diese konkrete Formulierung in einem Testament ausgelegt werden müsse. Nach ihrer Ansicht handele es sich lediglich um die Mitteilung des Anlasses für die Testamentserrichtung, bei dessen Formulierung der Erblasser die Form eines Konditionalsatzes gewählt hat. Die Formulierung ist dagegen nicht als Bedingung zu verstehen, von deren Eintritt die Wirksamkeit des Testaments abhängen soll.
Quelle | KG Berlin, Beschluss vom 24.4.2018, 6 W 10/18, Abruf-Nr. 206936 unter www.iww.de.
| Der Geschädigte muss die Reparatur nicht überwachen, um Fehler oder unsachgemäße Maßnahmen der Werkstatt zu unterbinden. |
Das musste sich ein Versicherer vor dem Amtsgericht Coburg sagen lassen. Er hatte im Rechtsstreit um die Erstattung von Verbringungs- und Reinigungskosten vorgetragen, der Geschädigte müsse solche Kosten durch Überwachung der Werkstatt verhindern. Dazu das Gericht: „Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, dass ein Unfallgeschädigter die Reparaturdurchführung ‚überwachen‘ müsse. Die Beklagte hat nicht erklärt, wie dies praktisch umzusetzen geht, ob sie also tatsächlich von einem Unfallgeschädigten erwartet, dass dieser quasi rund um die Uhr neben dem zu reparierenden Fahrzeug ausharrt, um hinterher überprüfen zu können, ob das Fahrzeug tatsächlich zum Zwecke der Lackierung andernorts verbracht wurde oder nicht. Solches wäre lebensfremd.“
Quelle | Amtsgericht Coburg, Urteil vom 20.12.2018, 15 C 1952/18, Abruf-Nr. 206339 unter www.iww.de.
| Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ist gem. § 134 BGB in Verbindung mit § 17 Abs. 1 KSchG unwirksam, wenn die Kündigungserklärung erfolgt, bevor die Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist. |
Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hin. Die Richter machten weitergehend deutlich, dass die Kündigungserklärung erfolgt ist, wenn das Kündigungsschreiben unterzeichnet ist. Auf den Zugang der Kündigungserklärung beim Arbeitnehmer kommt es nicht an.
Quelle | LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.8.2018, 12 Sa 17/18, Abruf-Nr. 205928 unter www.iww.de.
| Eine fristlose Kündigung des Arbeitnehmers ist unwirksam, wenn sie nur erfolgt, um die Verjährung von Urlaubsansprüchen zu verhindern. |
Diese Klarstellung traf das Arbeitsgericht Siegburg im Fall eines Arbeitnehmers, der langjährig bei einem Gartenbauunternehmen beschäftigt war. Er war seit September 2015 dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt. Am 15.3.2018 kündigte er das Arbeitsverhältnis fristlos mit sofortiger Wirkung. Der Arbeitgeber bestand jedoch darauf, dass die ordentliche, tarifliche Kündigungsfrist zum 15.4.2018 eingehalten wird. Er zahlte dem Arbeitnehmer Urlaubsabgeltung für den vollen Jahresurlaub 2017 und anteilig für 2018. Eine Urlaubsabgeltung für 2016 lehnte er ab. Die forderte der Arbeitnehmer mit seiner Klage nun ein.
Damit scheiterte er jedoch vor dem Arbeitsgericht Siegburg. Nach Ansicht der 5. Kammer hatte der Arbeitnehmer kein überwiegendes Interesse, das Arbeitsverhältnis sofort zu beenden. Er musste die ordentliche Kündigungsfrist einhalten. Damit hat er keinen Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs aus dem Jahr 2016. Die Ansprüche aus dem Jahr 2016 verfielen mit Ablauf des 31.3.2018, da das Arbeitsverhältnis erst zum 15.4.2018 beendet werden konnte. Zwar erlöschen gesetzliche Urlaubsansprüche nicht vor Ablauf eines Zeitraums von 15 Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres, wenn der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen an seiner Arbeitsleistung gehindert war. Sie gehen jedoch mit Ablauf des 31.3. des zweiten Folgejahres unter. Dies gilt auch bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit. Zwar sah die Kammer aufseiten des Arbeitnehmers ein finanzielles Interesse daran, das Arbeitsverhältnis fristlos zu beenden. Jedoch hatte er es selbst in der Hand, fristgerecht eine ordentliche Kündigung zu erklären. Dieses Versäumnis des Arbeitnehmers konnte nach Auffassung des Gerichts dem Arbeitgeber nicht zum Nachteil gereichen.
Quelle | Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 22.11.2018, 5 Ca 1305/18, Abruf-Nr. 206519 unter www.iww.de.
| Ereignet sich der Unfall zwei Tage vor der geplanten Urlaubsreise, und ist der Zweitwagen, den sonst die Ehefrau benutzt, für die Urlaubsreise zu klein, darf der Geschädigte einen Mietwagen auf Kosten des Schädigers nehmen. |
So entschied das Amtsgericht Zwickau. In dem Rechtsstreit ging es um den „Sie haben doch einen Zweitwagen“-Einwand. Im Grundsatz ist richtig: Während des Urlaubs wurde ja eines der beiden Fahrzeuge nicht gebraucht. Doch dann muss der Zweitwagen auch geeignet sein. Da kann es viele Hindernisse geben: Nur zwei Sitze, keine Anhängerzugvorrichtung etc.
Wäre das kleine Fahrzeug verunfallt gewesen, und wäre der Geschädigte wie geplant mit dem großen in den Urlaub gefahren, hätte er für den Wegfall des kleinen Fahrzeugs für die Reparaturzeit während der Urlaubsabwesenheit keinen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung gehabt. Denn das Fahrzeug wäre während des Urlaubs ohnehin nicht benutzt worden. Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
Quelle | Amtsgericht Zwickau, Urteil vom 19.10.2018, 2 C 14/18, Abruf-Nr. 205733 unter www.iww.de.
| Eine seelische Belastung kann nur dann als „wichtiger Grund“ für eine Namensänderung angesehen werden, wenn sie unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände nach allgemeiner Verkehrsauffassung verständlich und begründet ist. |
Auf diese Voraussetzung weist der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hin. Nach Ansicht der Richter setzt das nicht voraus, dass die Belastung bereits den Grad einer behandlungsbedürftigen Krankheit oder Krise erreicht hat. Die Namensänderung kann auch dadurch gerechtfertigt sein, dass der Namensträger vor solchen Folgen bewahrt werden soll. Ist die seelische Belastung aber nur als übertriebene Empfindlichkeit zu werten, liegt kein wichtiger Grund vor.
Macht der Namensträger einen solchen Grund geltend, muss er konkret darlegen, aufgrund welcher Umstände sein Name für ihn eine seelische Belastung begründet. Dazu muss er substanziiert vortragen, wie und in welchen Lebensbereichen sich die geltend gemachte seelische Belastung auswirkt. Dazu genügt die Vorlage eines ärztlichen Attests, das sich auf die Benennung von Diagnosen beschränkt, ohne die zugrunde liegenden Befunde mitzuteilen und ohne sich zur Kausalität zwischen der Führung des bisherigen Namens und den diagnostizierten Erkrankungen zu äußern, grundsätzlich nicht.
Quelle | VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 7.6.2018, 1 S 583/18, Abruf-Nr. 206978 unter www.iww.de.
| Für die Zulässigkeit der Verwertung von Zufallsfunden bei der Durchsuchung des Dienst-PC eines Arbeitnehmers ist es nicht notwendig, dass der Anlass für die Durchsuchung datenschutzrechtlich zulässig war. |
Es kommt nach einer Entscheidung des LAG Baden-Württemberg für die Verwertbarkeit des Zufallsfundes allein darauf an, ob der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht stärker wiegt als die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Durchsuchung des Dienst-PC dem Arbeitnehmer vorher angekündigt wurde.
Quelle | LAG Baden-Württemberg 6.6.18, 21 Sa 48/17, Abruf-Nr. 205929 unter www.iww.de.
| Wer den Erblasser tötet, ist erbunwürdig. Er erbt daher nichts. |
Das musste sich ein Ehemann vor dem Landgericht (LG) Köln sagen lassen. Er hatte mit seiner Ehefrau 2001 einen Erbvertrag errichtet. Darin hatten sich die Eheleute gegenseitig als befreite Vorerben eingesetzt. Ende 2013 erschlug der Ehemann seine Ehefrau mit einem Feuerlöscher. Wegen dieser vorsätzlichen Tat wurde er zu elf Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig. Der Nachlasswert betrug 850.000 EUR.
Die Nacherben beantragten, den Ehemann für erbunwürdig zu erklären. Sie bekamen vor dem LG Köln mit ihrem Antrag recht. Die Tötung des Erblassers führt stets zur Erbunwürdigkeit, wenn die Tat § 211 StGB oder § 212 StGB (Mord oder Totschlag) erfüllt, also vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft begangen wurde.
Zwar ist das Strafurteil grundsätzlich nicht bindend für die Zivilgerichte. Der Zivilrichter darf dabei die vom Strafgericht getroffenen Feststellungen nicht ungeprüft übernehmen. Er muss vielmehr die in dem Urteil dargelegten Feststellungen selber kritisch überprüfen. Hier kam das Zivilgericht zur gleichen Auffassung wie das Strafgericht, nämlich dass der Ehemann seine Ehefrau vorsätzlich getötet hat. Daher war er für erbunwürdig zu erklären. Die Folge ist, dass nun die Nacherben zur Erbschaft berufen sind.
Quelle | LG Köln, Urteil vom 4.9.2018, 30 O 94/15, Abruf-Nr. 205052 unter www.iww.de.
| Ein illegales Autorennen führt auch bei Verurteilung nach Jugendstrafrecht zum Verlust des Führerscheins. |
Das mussten sich zwei Schüler vor dem Amtsgericht München sagen lassen. Die Jugendrichterin verurteilte sie wegen jeweils verbotenen Kraftfahrzeugrennens, den Jüngeren wegen gleichzeitiger fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu einem Entzug der Fahrerlaubnis mit Sperrfrist für die Neuerteilung von weiteren vier bzw. sechs Monaten für den Jüngeren. Hinzu kam eine Geldauflage von 300 EUR bzw. 40 Stunden gemeinnützige Arbeit für den Jüngeren.
Die beiden Schüler hatten sich jeweils für eine Stunde einen Ford Focus geliehen. Damit befuhren sie die Autobahn A8 in Richtung München. Der Jüngere befuhr dabei zunächst den linken von zwei Fahrstreifen und der Ältere den rechten, wobei er einige Fahrzeuglängen nach hinten versetzt fuhr. Hinter dem Jüngeren fuhr ein Polizeibeamter, der auf dem Weg zu seiner Münchner Dienststelle war. Der Jüngere bremste immer wieder stark ab und beschleunigte sofort wieder, der Ältere versuchte mehrfach den Zeugen rechts zu überholen. Dabei hielten beide Verurteilte jeweils konsequent ihre Fahrspur und versuchten, mit ihren Fahrzeugen auf die gleiche Höhe zu kommen.
Als die Fahrbahn kurz vor München dreispurig wurde, wechselte der Jüngere von der linken auf die mittlere Fahrspur, woraufhin ihn der Zeuge überholte. Unmittelbar nach Abschluss des Überholvorgangs beschleunigte der Jüngere plötzlich stark, wechselte wieder auf die linke Spur und fuhr dicht auf das Fahrzeug des Zeugen auf, woraufhin dieser auf die mittlere Spur wechseln wollte. Noch vor Abschluss dieses Spurwechsels fuhr der Jüngere am Fahrzeug des Zeugen vorbei, vollzog dabei einen ruckartigen Schlenker in dessen Richtung und zog direkt vor diesem auf die mittlere Fahrspur. Der Zeuge konnte nur durch starkes Bremsen und eine Ausweichlenkung einen Zusammenstoß verhindern. Beide Verurteilte fuhren dann mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit und quietschenden Reifen dicht hintereinander her, zuletzt in einer 30-Zone vor einer Schule. Dort wurden sie von anderen Polizeibeamten kontrolliert, die von einer Passantin verständigt worden waren. Bei ihrer Vernehmung auf der Dienststelle mussten beide ihre erst im Sommer 2017 erworbenen Führerscheine abgeben. Der Ältere räumte dort reuig ein, zuletzt mit etwa 80 km/h gefahren zu sein. Er konnte sich vor Gericht immerhin noch daran erinnern, zumindest am Schluss zu schnell gefahren zu sein. Man sei mit diesen langsamen Familienautos kein Autorennen, sondern einfach so herum gefahren. Der Jüngere zeigte sich schon auf der Dienststelle eher uneinsichtig. Man könne ihnen nichts nachweisen.
Die Jugendrichterin folgte den Angaben des Zeugen, die für das Fahrtende von der Passantin bestätigt wurden. Zugunsten des Älteren wertete sie sein Teilgeständnis. Zu seinen Lasten eine kleinere nicht einschlägige Vorahndung. Zugunsten des auch vor Gericht eher uneinsichtigen Jüngeren berücksichtigte sie, dass er strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten, allerdings erst fünf Wochen zuvor mit einem Bußgeld wegen um 40 km/h überhöhter Geschwindigkeit geahndet worden war.
Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 29.11.2018, 1033 Ds 470 Js 185497/18, Abruf-Nr. 206982 unter www.iww.de.