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Monats-Archive: September 2018

Unfallschaden: Vom Versicherer bestelltes Gutachten und Wertminderung

| Hat der Geschädigte es dem Versicherer überlassen, ein Schadengutachten einzuholen, und kommt der vom Versicherer beauftragte Sachverständige zu dem Ergebnis, es sei eine Wertminderung in Höhe von 250 EUR entstanden, muss der Versicherer sich daran festhalten lassen. |

So sieht es das Amtsgericht Berlin-Mitte. Es sagt dazu: „Der Geschädigte hat die Wertminderung anhand eines vom Versicherer erstellten Gutachtens beziffert. Weshalb sich der Versicherer an diesem von ihm ermittelten Wert nicht mehr festhalten lassen will, erschließt sich nicht.“

Wichtig | Selbstverständlich darf auch der Versicherer ein von ihm eingeholtes Gutachten für fehlerhaft halten. Das muss er dann aber im Innenverhältnis mit dem von ihm beauftragten Gutachter klären, bevor er das Dokument an den Geschädigten weitergibt.

Quelle | Amtsgericht Berlin-Mitte, Urteil vom 4.6.2018, 123 C 3115/17, Abruf-Nr. 201812 unter  www.iww.de.

Unfallschaden: Fahrtkosten des Gutachters bei fahrfähigem Unfallfahrzeug

| Der Geschädigte muss auch dann nicht zum Schadengutachter fahren, um Fahrtkosten des Gutachters zu vermeiden, wenn sein Fahrzeug fahrfähig und verkehrssicher ist. |

So entschied das Amtsgericht Hamburg-Altona. Das Gericht stellt darauf ab, dass der Geschädigte beim konkreten Schadenumfang ja erst nach dem Gutachten wusste, dass sein Fahrzeug noch verkehrssicher war. Er selbst konnte das nicht zuverlässig einschätzen. Außerdem: Wenn der Geschädigte selbst zum Gutachter fahren würde, wäre es für den Versicherer des Schädigers nicht billiger. Denn der Geschädigte könnte die Fahrtkosten ebenfalls mit Kilometerkosten ersetzt verlangen.

Quelle | Amtsgericht Hamburg-Altona, Urteil vom 20.4.2018, 318b C 28/18, Abruf-Nr. 201810 unter www.iww.de.

Kindesunterhalt: Unterhaltsanspruch im freiwilligen sozialen Jahr

| Der BGH hat noch nicht entschieden, ob Eltern dem Kind während eines freiwilligen sozialen Jahres Unterhalt zahlen müssen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. hat dies aktuell bei einem minderjährigen Kind bejaht. |

In dem Fall hatte ein geschiedenes Ehepaar ein minderjähriges Kind. Dies lebte bei der Mutter. Das Kind hat ein freiwilliges soziales Jahr absolviert, das vergütet worden ist. Die Mutter verlangt, dass der Vater auch für diesen Zeitraum Kindesunterhalt zahlt.

Das OLG entschied, dass der Unterhaltsanspruch auch während des freiwilligen sozialen Jahrs bestehe. Die Frage sei allerdings in der Rechtsprechung umstritten.

Die wohl überwiegende Ansicht verneint die Unterhaltsberechtigung eines Kindes gegenüber den Eltern während eines freiwilligen sozialen Jahres, wenn diese Tätigkeit nicht eine notwendige Voraussetzung für eine Ausbildung des Kindes ist. Das Kind müsse nach Abschluss der Schulausbildung alsbald eine Berufsausbildung beginnen und sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener Zeit beenden.

Das OLG Frankfurt a. M. sah das jedoch wie das OLG Celle etwas differenzierter. Danach besteht auch während des freiwilligen sozialen Jahres ein Ausbildungsunterhaltsanspruch, auch wenn diese Tätigkeit nicht für die weitere Ausbildung erforderlich ist. Der Jugend-Freiwilligen-Dienst soll nämlich neben der beruflichen Orientierung und Arbeitserfahrung auch wichtige personale und soziale Kompetenzen vermitteln. Diese verbessern als Schlüsselkompetenzen auch die Arbeitsmarktchancen. Aufgrund dieser pädagogischen Ausrichtung des freiwilligen sozialen Jahres erscheint es vertretbar, einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt für diese Zeit dem Grunde nach anzuerkennen.

Bei der beruflichen Orientierung wurde dem Kind hier empfohlen, im freiwilligen sozialen Jahr zu erproben, ob es für den angestrebten Beruf geeignet ist. Zwar ist das freiwillige soziale Jahr hier keine Voraussetzung für die Ausbildung. Aber die Umstände sind vergleichbar. Das freiwillige soziale Jahr dient hier im weiteren Sinne auch der Berufsfindung des Kindes. Es stellt neben der Gewinnung allgemeiner sozialer Kompetenzen auch einen wichtigen Baustein für seine künftige Ausbildung dar. Der BGH hat jungen Volljährigen eine Orientierungs- und Erprobungsphase während der Berufsfindung zugestanden. Er hat den Eltern insoweit abverlangt, gewisse Verzögerungen in der Ausbildung hinzunehmen, die nur auf einem leichten Versagen der jungen Volljährigen beruhen. Es ist daher davon auszugehen, dass das freiwillige soziale Jahr auch der Weiterbildung und Ausbildung des Kindes dient.

Quelle | OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 4.4.2018, 2 UF 135/17, Abruf-Nr. 201037 unter www.iww.de; OLG Celle FamRZ 12, 995.

Rückzahlungsklausel: Eine Rückzahlungsklausel ist nicht immer wirksam

| Eine in einem Arbeitsvertrag enthaltene Rückzahlungsklausel bezüglich der Rückzahlung von Fortbildungskosten beim Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis ist nicht in jedem Fall wirksam. Nimmt sie keinen Bezug auf den Grund des Ausscheidens, kann sich der Arbeitnehmer berechtigte Hoffnungen darauf machen, dass die Rückzahlungsregelung unwirksam ist. |

Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hin. So differenziert eine Klausel zur Rückzahlung von Fortbildungskosten nicht ausreichend nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens, wenn auch für den Fall einer berechtigten personenbedingten Eigenkündigung des Arbeitnehmers ein Rückzahlungsanspruch entstehen soll. Sie benachteiligt dann den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Damit ist sie nach Ansicht des LAG Hamm unwirksam.

Quelle | LAG Hamm 18.5.2018, 1 Sa 49/18, Abruf-Nr. 201975 unter www.iww.de.