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Erbfall: Der Schein kann trügen: Vorsicht bei der Erbausschlagung!

| Hält ein Erbe den Nachlass für überschuldet, kann er die Erbschaft ausschlagen. Doch dabei ist Vorsicht geboten, wie ein aktueller Fall des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf zeigt. Hier hatte der Erbe allerdings Glück. Der Erbe war vor allem aufgrund des verwahrlosten Zustands der Wohnung des Erblassers davon ausgegangen, dass dessen Nachlass überschuldet ist. Das aber war ein Irrtum, den das OLG Düsseldorf beachtlich fand. |

Sachverhalt

Was war geschehen? Die Polizei hatte den Erblasser tot in seiner völlig vermüllten und verdreckten Wohnung aufgefunden. Nachdem schließlich ein Erbe ermittelt und von der Polizei über den Zustand der Wohnung sowie den Umstand informiert worden war, dass umherliegende Rechnungen und Mahnungen auf erhebliche Nachlassverbindlichkeiten hindeuten würden und sich werthaltige Gegenstände nicht in der Wohnung befänden, hat der Erbe davon abgesehen, sich um die Wohnung zu kümmern.

Nachlassgericht zeigt sich unnachgiebig

Anschließend hat er Kontakt mit dem Nachlassgericht aufgenommen und mit der zuständigen Rechtspflegerin über die Frage der Annahme der Erbschaft bzw. der Ausschlagung gesprochen. Das Nachlassgericht hatte ihn darüber informiert, dass die Bestattung des Erblassers mit öffentlichen Mitteln bezahlt worden sei. Daraufhin hatte der Erbe die Erbschaft schließlich ausgeschlagen.

Später stellte sich heraus, dass der Nachlass ein erhebliches Vermögen umfasst. Der Erbe erklärte nun die Anfechtung der Ausschlagung und beantragte einen Erbschein. Das Nachlassgericht wies diesen Antrag aufgrund der Ausschlagung zurück. Eine dagegen gerichtete Beschwerde hatte keinen Erfolg und wurde dem OLG vorgelegt.

Oberlandesgericht sieht Anfechtungsgrund

Das OLG gab dem Erben jedoch Recht. Er habe seine Ausschlagungserklärung wirksam angefochten. Entgegen dem Nachlassgericht liege ein Anfechtungsgrund in der Form eines sog. Eigenschaftsirrtums vor. Er sei aufgrund der von ihm in Erfahrung gebrachten Umstände und der aus seiner Sicht abschließend erfolgten Klärung der Vermögensverhältnisse ohne Anhaltspunkte für weitere taugliche Informationsquellen zu der Vorstellung gelangt, dass sich im Nachlass ausschließlich Verbindlichkeiten des Erblassers befinden. Damit hat er sich bei der Erklärung der Erbausschlagung nicht lediglich von einer Befürchtung leiten lassen, sondern von seiner Überzeugung einer bestehenden Überschuldung.

Verfahrenspfleger erforderlich

Das OLG hat die Sache an das Ausgangsgericht zurückverwiesen, da hier die Hinzuziehung eines zu beteiligenden Verfahrenspflegers fehlerhaft unterblieben ist.

Quelle | OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.11.2020, I-3 Wx 166/20, Abruf-Nr. 221133 unterwww.iww.de

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