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Arbeitsrecht

Beihilfe: Aufwendungen für ein laktasehaltiges Präparat bei Laktoseintoleranz

| Das Land Rheinland-Pfalz ist verpflichtet, einem Beamten, der an einer Laktoseintoleranz mit Krankheitswert leidet, Beihilfe zu seinen Aufwendungen für das laktasehaltige Präparat LaktoStop 3300 FCC zu gewähren. |

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Beamten. Dieser leidet nach ärztlicher Diagnose unter einer primären Laktoseintoleranz. Die äußert sich bei ihm darin, dass er bereits erhebliche klinische Symptome (z.B. Darmkoliken, osmotische Diarrhoe, Übelkeit u.a.) zeigt, wenn er nur kleine Mengen Lactose zu sich nimmt. Er machte bei der Beihilfestelle des Beklagten Aufwendungen in Höhe von jeweils 17,49 EUR für 100 Tabletten für das ärztlich verordnete Präparat LaktoStop 3300 FCC geltend. Der dort enthaltene Wirkstoff Laktase wird eingesetzt, um Laktose (Milchzucker) in verdauliche Einfachzucker aufzuspalten und dadurch die genannten klinischen Symptome zu vermeiden oder abzuschwächen. Das Land lehnte die Beihilfefähigkeit ab. Das Präparat sei nicht als Arzneimittel zugelassen oder registriert und werde als diätetisches Lebensmittel vertrieben. Das Mittel diene der erhöhten Versorgung des menschlichen Körpers mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen.

Das Verwaltungsgericht verpflichtete das Land, dem Beamten die beantragte Beihilfe zu gewähren. Eine Laktoseintoleranz stelle auch unter Berücksichtigung der Verbreitung jedenfalls dann eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts dar, wenn – wie beim Kläger – bereits geringe Mengen aufgenommener Laktose zu erheblichen klinischen Symptomen führe. Das Präparat sei als beihilfefähiges Arzneimittel anzuerkennen. Es unterfiele nicht dem gesetzlichen Ausschluss von Aufwendungen für Mittel, die geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung machte das Land geltend, dass zugunsten der Verwaltungspraxis im Grenzbereich zwischen Arznei- und Lebensmitteln objektiv leicht nachprüfbare Kriterien erforderlich seien. Bei dem Mittel LaktoStop 3300 FCC handle es sich um Diätkost und nicht um ein Arzneimittel. Des Weiteren sei das Präparat geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, und auch deshalb von der Beihilfe ausgeschlossen.

Das OVG bestätigte das Urteil des Verwaltungsgerichts und wies die Berufung des Landes zurück. Das Präparat LaktoStop 3300 FCC sei ein Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. Wie das Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes eingeordnet werde, sei unerheblich. Bei der Zuordnung zum beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff und gleichzeitig zur Abgrenzung von Lebensmitteln, zu denen insbesondere Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Kost gehörten, sei auf die materielle Zweckbestimmung nach wissenschaftlicher und allgemeiner Verkehrsanschauung abzustellen. Nicht zu beachten sei dabei, wie das Mittel im Verkehr bezeichnet werde. LaktoStop 3300 FCC sei auch nicht geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, und sei deshalb von der Beihilfefähigkeit nicht ausgenommen. Vielmehr werde mithilfe des Präparats ein körpereigenes, nicht in üblichen Nahrungsmitteln enthaltenes Verdauungsenzym zugeführt. Die Ernährung als Gut des täglichen Bedarfs selbst werde durch die Einnahme des Enzyms jedoch weder ganz noch in Teilen ersetzt. Die Aufwendungen für das beihilfefähige Präparat seien im Fall des Klägers, bei dem der Laktoseintoleranz Krankheitswert zukomme, notwendig und – mangels anderweitiger Anhaltspunkte – auch der Höhe nach angemessen.

Quelle | OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.12.15, 2 A 10542/15.OVG, Abruf-Nr. 146544 unter www.iww.de.

Kündigungsrecht: Illoyales Verhalten rechtfertigt fristlose Kündigung ohne Abmahnung

| Legt eine Arbeitnehmerin in exponierter Stellung einseitig die Vergütung und das Ruhegehalt ihres Ehemanns fest, verletzt sie damit erheblich ihre arbeitsvertraglichen Loyalitätspflichten. |

Das musste sich eine Arbeitnehmerin vor dem Arbeitsgericht Berlin sagen lassen. Sie hatte als Leiterin Personal und Organisation unter anderem die Höhe der Vergütungen und Ruhegehälter der Mitarbeiter anhand der getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen festzulegen. Sie setzte die Vergütung bzw. das Ruhegehalt ihres Ehemanns, der seinerzeit als Vorstandsvorsitzender des Arbeitgebers tätig war, zu hoch an. Sie wies zuvor nicht auf einen möglichen Interessenkonflikt hin.

Das Arbeitsgericht hat in diesem Verhalten einen erheblichen Verstoß der Arbeitnehmerin gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten gesehen. Dieser berechtige auch ohne eine vorherige Abmahnung dazu, das Arbeitsverhältnis sofort aufzulösen. Die Arbeitnehmerin habe ihre Befugnisse überschritten. Sie habe vorsätzlich ihrem Ehemann vermögenswerte Vorteile verschaffen wollen und sich damit gegenüber ihrem Arbeitgeber grob illoyal verhalten.

Quelle | Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 2.2.2016, 16 Ca 10908/15 und 16 Ca 932/16, Abruf-Nr. 146390 unter www.iww.de.

Kündigungsrecht: Bei Kündigung wegen Adipositas muss es nicht unbedingt eine Entschädigung geben

| In einem vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf verhandelten Rechtsstreit zwischen einem Gartenbaubetrieb und einem dort beschäftigten Arbeitnehmer hat das Gericht der Kündigungsschutzklage stattgegeben und den Antrag des Arbeitnehmers auf Zahlung einer Entschädigung wegen Benachteiligung aufgrund einer Behinderung abgewiesen. |

Die Kündigungsschutzklage war erfolgreich, weil die Arbeitgeberin eine verminderte Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers aufgrund seiner Körperfülle nicht hinreichend konkret dargelegt hat. Aus dem Sachvortrag der Arbeitgeberin ergab sich nicht in ausreichendem Maße, dass der Arbeitnehmer ganz oder teilweise nicht mehr in der Lage ist, die von ihm geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.

Der Entschädigungsanspruch bestand aus Sicht der Kammer dagegen nicht. Ein derartiger Anspruch setzt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesarbeitsgerichts voraus, dass eine Behinderung vorliegt. Adipositas kann eine Behinderung darstellen, wenn der Arbeitnehmer dadurch langfristig an der wirksamen Teilhabe am Berufsleben gehindert wird. Der Kläger hat jedoch vorgetragen, alle geschuldeten Tätigkeiten ausüben zu können.

Quelle | Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 17.12.2015, 7 Ca 4616/15, Abruf-Nr. 146155 unter www.iww.de.

Arbeitgeberhaftung: Wann haftet der Arbeitgeber für im Betrieb gestohlene Wertsachen?

| Bewahrt der Arbeitnehmer Wertgegenstände am Arbeitsplatz auf, die keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis haben, bestehen keine Obhuts- und Verwahrungspflichten des Arbeitgebers. Daher muss dieser bei einem Verlust keinen Schadenersatz leisten. |

Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm im Fall eines Krankhausmitarbeiters hin. Dieser hatte behauptet, im Sommer 2014 Schmuck und Uhren im Wert von rund 20.000 EUR in den Rollcontainer des Schreibtisches seines Büros eingelegt und diesen verschlossen zu haben. Diese Wertsachen habe er noch am selben Abend zur Bank bringen und dort in sein Schließfach einlegen wollen. Aufgrund erheblicher Arbeitsbelastung habe er diese Absicht jedoch aus den Augen verloren. Einige Tage später habe er festgestellt, dass die üblicherweise verschlossene Tür zu seinem Büro aufgeschlossen, der Rollcontainer aufgebrochen und die Wertsachen entwendet worden seien. Das Öffnen der Bürotür wäre nur mittels eines Generalschlüssels möglich gewesen. Diesen habe eine Mitarbeiterin leichtfertigerweise in ihrer Kitteltasche aufbewahrt, woraus selbiger nach Aufbrechen ihres Spindes entwendet worden sei. Die Arbeitgeberin habe es unterlassen, durch klare Anweisungen oder Vorkehrungen für eine sichere Aufbewahrung des Generalschlüssels zu sorgen und dadurch den Diebstahl der Wertsachen erst möglich gemacht. Deshalb habe sie nunmehr Schadensersatz zu leisten.

Das Arbeitsgericht Herne hat die Klage abgewiesen. Die Richter am LAG betonten im Berufungstermin, dass sich Schutzpflichten des Arbeitgebers bezüglich vom Arbeitnehmer in den Betrieb mitgebrachter Sachen regelmäßig nur dann begründen lassen, wenn es sich um Sachen handelt, die ein Arbeitnehmer zwingend, mindestens aber regelmäßig mit sich führe oder aber unmittelbar oder mittelbar für die Arbeitsleistung benötige. Nur bezüglich solcher Sachen oder Gegenstände habe der Arbeitgeber ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um den Arbeitnehmer vor Verlust oder Beschädigung der eingebrachten Sachen zu schützen. Hinsichtlich anderer, ohne jeden Bezug zum Arbeitsverhältnis und insbesondere ohne Kenntnis und Einverständnis des Arbeitgebers mitgebrachter (Wert-)Gegenstände ließen sich Obhuts- und Verwahrungspflichten hingegen nicht begründen, schon um den Arbeitgeber nicht ebenso unerwarteten wie unkalkulierbaren Haftungsrisiken auszusetzen. Da sich die Kammer mit dieser Argumentation auf schon aus den sechziger und siebziger Jahren stammende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beziehen konnte, nahm der Kläger seine Berufung im Termin zurück. Ihm wurden darauf – die wegen der Rücknahme reduzierten – Verfahrenskosten auferlegt.

Quelle | LAG Hamm, Pressemitteilung zum Verfahren 18 Sa 1409/15

Mindestlohn: Anrechnung von Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn

| Ob Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden können, ist eine Frage des Einzelfalls. Das gilt auch für die Frage, was als Berechnungsgrundlage für vereinbarte Zuschläge heranzuziehen ist. |

Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hin. Der Entscheidung liegt ein im Arbeitsvertrag vereinbarter Stundenlohn der Arbeitnehmerin von weniger als 8,50 EUR brutto pro Stunde zugrunde. Weiter ist mit ihr – ebenso wie mit zahlreichen weiteren Beschäftigten im Betrieb – eine Sonderzahlung zweimal jährlich in Höhe eines halben Monatslohns vereinbart worden. Diese ist nur davon abhängig, dass die Arbeitnehmerin im jeweiligen Jahr beschäftigt ist.

Nunmehr haben die Arbeitgeberin und der Betriebsrat vereinbart, diese Sonderzahlungen auf alle zwölf Monate zu verteilen. Es soll also jeden Monat ein Zwölftel der Sonderzahlung ausgezahlt werden. Mit dieser zusätzlichen anteiligen Sonderzahlung ergibt sich ein Stundenlohn der Arbeitnehmerin von mehr als 8,50 EUR.

Daneben sind arbeitsvertraglich Überstunden-, Sonn- und Feiertags- sowie Nachtzuschläge vorgesehen. Diese berechnet die Arbeitgeberin weiterhin auf der Grundlage des vereinbarten Stundenlohns von weniger als 8,50 EUR. Hiergegen hat sich die Arbeitnehmerin gewandt. Sie meint, ihr stünden die Sonderzahlungen weiter zusätzlich zu einem Stundenlohn von 8,50 EUR zu. Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 EUR sei auch zugrunde zu legen, wenn die Zuschläge berechnet werden.

Dem ist das LAG nur bezüglich der Nachtarbeitszuschläge gefolgt. Es hat dabei auf die Bedeutung der im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen hingewiesen. Bei den Sonderzahlungen handle es sich im vorliegenden Fall um Arbeitsentgelt für die normale Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin. Außer ihrer Betriebszugehörigkeit gebe es keine weiteren Voraussetzungen dafür, dass die Sonderzahlungen ausgezahlt werden. Deshalb könnten diese auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden. Die Betriebsvereinbarung, die die Fälligkeit der Sonderleistungen zu einem Zwölftel auf jeden Monat verschiebe, sei wirksam. Sie verstoße nicht gegen den Arbeitsvertrag der Arbeitnehmerin.

Die vertraglich geregelten Mehrarbeits-, Sonntags- und Feiertagszuschläge habe die Arbeitgeberin zulässig auf der Basis der vereinbarten vertraglichen Vergütung berechnet. Dagegen seien die Nachtarbeitszuschläge auf der Basis des Mindestlohns von 8,50 EUR zu berechnen. Das folge aus dem Arbeitszeitgesetz. Dieses schreibe einen angemessenen Zuschlag auf das dem Arbeitnehmer „zustehende Bruttoarbeitsentgelt“ vor.

Quelle | LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.1.2016, 19 Sa 1851/15, Abruf-Nr. 146329 unter www.iww.de.

Aktuelle Gesetzgebung: Europäischer Berufsausweis – Mehr Mobilität beim Arbeiten in Europa

| Seit dem 18.1.2016 macht es der Europäische Berufsausweis (EBA) Krankenpflegepersonal, Apothekern, Physiotherapeuten, Bergführern und Immobilienmaklern leichter, ihren Beruf in einem anderen EU-Land auszuüben. |

Der Europäische Berufsausweis ist kein Ausweis im eigentlichen Sinne, sondern ein elektronisches Verfahren für die Anerkennung von Berufsqualifikationen zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Er ist benutzerfreundlicher als die traditionellen Anerkennungsverfahren und ermöglicht es, einen Antrag online zu verfolgen. Er ist der elektronische Nachweis dafür, dass alle Verwaltungskontrollen durchgeführt und die Berufsqualifikationen vom Aufnahmeland anerkannt wurden, oder dass die Voraussetzungen erfüllt sind, vorübergehend in einem anderen EU-Land Dienstleistungen zu erbringen.

Das System beinhaltet Absicherungen, die Missbrauch verhindern sollen: ein Warnmechanismus stellt sicher, dass Patienten und Verbraucher in der EU ausreichend geschützt sind. Der Vorwarnmechanismus verpflichtet die zuständigen Behörden eines EU-Mitgliedstaats dazu, die zuständigen Behörden aller anderen EU-Mitgliedstaaten über solche Angehörige von Gesundheitsberufen zu unterrichten, denen die Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeiten von Behörden oder Gerichten untersagt worden ist. Auch Beschränkungen der beruflichen Tätigkeiten müssen mitgeteilt werden. Auf der Grundlage der praktischen Erfahrungen mit dem EBA, könnte der Berufsausweis zukünftig auch auf andere mobile Berufe ausgeweitet werden.

Quelle | Europäische Kommission

Kündigungsrecht: Verkehrsgefährdung auf Dienstfahrt kann zur fristlosen Kündigung führen

| Missachtet der Arbeitnehmer auf einer Dienstfahrt die Vorfahrt und gefährdet so den Straßenverkehr (§ 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB), kann dies grundsätzlich ein wichtiger Grund zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung sein. |

Diese Klarstellung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein. Die Richter wiesen dabei darauf hin, dass dies nicht nur für Berufskraftfahrer gelte. Auch Arbeitnehmer, die ihre Haupttätigkeit nicht ohne Firmenfahrzeug ausüben können, müssten in diesem Fall mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Arbeitgeber war in dem Fall ein ambulanter Pflegedienst. Es müsse aber in jedem Fall eine Interessenabwägung erfolgen. Diese ging vorliegend zugunsten des Arbeitnehmers aus.

Quelle | LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 8.10.15, 5 Sa 176/15, Abruf-Nr. 183300 unter  www.iww.de.

Beamtenrecht: Beamtin muss Nebentätigkeitsvergütung teilweise abliefern

| Auch wenn Beamte eine Nebentätigkeitsgenehmigung haben, dürfen sie nicht unbegrenzt hinzuverdienen. Anderenfalls muss der erzielte Gewinn beim Dienstherrn abgeliefert werden. |

Das zeigt eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz. Geklagt hatte eine Beamtin, die seit mehreren Jahren eine genehmigte Nebentätigkeit als Dozentin an einer Hochschule des Landes im Fachbereich Sozialwissenschaften ausübt. Sie teilte ihrem Dienstherrn mit, dass sie dafür im Jahr 2012 eine Vergütung in Höhe von 6.122,16 EUR erhalten habe. Daraufhin wurde sie aufgefordert, davon einen Betrag in Höhe von 1.729,16 EUR an die Landeskasse abzuführen. Nach Abzug der anerkannten Aufwendungen übersteige die Nebentätigkeitsvergütung in dieser Höhe die jährliche Vergütungshöchstgrenze von 4.300,00 EUR. Eine Ausnahme sei nicht möglich, weil ihre Tätigkeit an der Hochschule nicht ausschließlich der Ausbildung des Nachwuchses des Dienstherrn diene.

Dagegen hat die Beamtin nach erfolglosem Widerspruch Klage erhoben. Sie ist der Meinung, dass eine Ausnahme von der Ablieferungspflicht vorliege. Es seien allein sechs Studierende ihrer Lehrveranstaltung in den vergangenen Jahren bei einem Landgericht im Bereich der Bewährungshilfe eingestellt worden. Damit liege eine Aus- und Fortbildung von Nachwuchs des Dienstherrn vor.

Ihre Klage hatte jedoch keinen Erfolg. Das beklagte Land, so die Richter, habe den genannten Betrag zu Recht zurückgefordert. Insbesondere könne die Beamtin sich nicht auf eine Ausnahme von der Ablieferungspflicht berufen. Denn ihre Tätigkeit als Dozentin an der Hochschule sei keine Ausbildung des Nachwuchses des Dienstherrn im Sinne der einschlägigen gesetzlichen Ausnahmeregelung. Diese sei wegen ihres Charakters als Ausnahmebestimmung grundsätzlich eng auszulegen. Auch habe der Verordnungsgeber bereits im Rahmen einer Gesetzesänderung im Jahr 1986 die bis dahin geltende generelle Privilegierung der akademischen Lehrtätigkeit aufgegeben. Eine Ausnahme von der Ablieferungspflicht komme daher nur noch in Betracht, wenn die Lehrtätigkeit ausschließlich der Ausbildung des Nachwuchses des Dienstherrn diene. Dies sei hier jedoch nicht der Fall.

Quelle | VG Koblenz, Urteil vom 13.11.2015, 5 K 717/15.KO, Abruf-Nr. 146156 unter www.iww.de.

Arbeitsvergütung: Bei Arbeitsunwilligkeit nach einer Kündigung muss keine Entgeltfortzahlung geleistet werden

| Verweigert ein Arbeitnehmer nach einer Kündigung bis zum Ende der Beschäftigungszeit seine Arbeitsleistung, entfällt sein Anspruch auf Entgeltfortzahlung trotz gleichzeitiger Krankheit. |

So entschied es das LAG Rheinland-Pfalz. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz bestehe bei einer Arbeitsunfähigkeit nur, wenn die Erkrankung der einzige Grund für den Ausfall der Arbeitsleistung ist. Sei der Arbeitnehmer hingegen gar nicht bereit zu arbeiten, müsse der Arbeitgeber den Lohn auch nicht fortzahlen. Bereits das Bundesarbeitsgericht (BAG) habe es als einen Ausschlussgrund für die Entgeltfortzahlung anerkannt, wenn der Arbeitnehmer unwillig ist, seine Arbeitsleistung bis zum Ende der Kündigungsfrist zu erbringen, (BAG 24.3.04, 5 AZR 355/03). Gegen die fehlende Arbeitsbereitschaft könne der Arbeitnehmer auch nicht vorbringen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung zerrüttet gewesen sei. Für diesen Fall müsse der Arbeitnehmer einen Auflösungsantrag stellen, wie es das Kündigungsschutzgesetz vorsieht.

Quelle | LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2.2.15, 2 Sa 490/14, Abruf-Nr. 177151 unter www.iww.de; BAG, Urteil vom 24.3.2004, 5 AZR 355/03.

Mindestlohn: Kein Mindestlohn für Tätige in Behindertenwerkstätten

| Der Mindestlohn gilt nicht für behinderte Menschen, die im Rahmen eines Werkstattverhältnisses tätig sind. Sie sind keine Arbeitnehmer im Sinn des Mindestlohngesetzes (MiLoG). |

Zu diesem Ergebnis kommt das Arbeitsgericht Kiel. Im konkreten Fall forderte ein Behinderter, der im Rahmen eines Werkstattverhältnisses beschäftigt war, dass ihm der Mindestlohn zustehe, weil er Arbeitnehmer sei. Der gezahlte Stundensatz von 1,49 EUR sei sittenwidrig. Das ArbG sah das anders: Werkstattverträge beruhen auf den Grundsätzen des IX. Sozialgesetzbuchs (SGB IX). Im Gegensatz zu einem Arbeitsverhältnis, das ein Austauschverhältnis zwischen weisungsgebundener Arbeit und Vergütung ist, kommt in einem Werkstattverhältnis als maßgeblicher Aspekt die Betreuung und Anleitung des behinderten Menschen dazu. Ein Arbeitsverhältnis liegt erst vor, wenn der schwerbehinderte Mensch wie ein Arbeitnehmer auch in quantitativer Hinsicht wirtschaftlich verwertbare Leistungen erbringt. Bei Behindertenwerkstätten im Sinn des SGB IX steht das aber nicht im Vordergrund.

Quelle | Arbeitsgericht Kiel, Urteil vom 19.6.2015, 2 Ca 165 a/15, Abruf-Nr. 145769 unter  www.iww.de.