| Ab dem 1.1.18 erhalten Leistungsbezieher höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. |
Die Anpassung der Regelbedarfe entspricht den gesetzlichen Vorgaben. Sie orientiert sich an der allgemeinen Konjunktur und Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt.
Angehoben werden die Beträge in allen sogenannten Regelbedarfsstufen. Alleinstehende erhalten demnach ab dem Jahreswechsel 416 Euro (plus 7 Euro) und in einer Partnerschaft lebende Personen 374 Euro (plus 6 Euro). Bei volljährigen Personen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres ohne eigenen Haushalt beträgt ab dem Jahreswechsel der Regelbedarf 332 Euro (plus 5 Euro).
Kinder und Jugendliche von 14 bis 17 Jahren bekommen ab nächstem Jahr 316 Euro (plus 5 Euro), 6- bis 13-Jährige 296 Euro (plus 5 Euro) und Kinder bis 5 Jahre 240 Euro (plus 3 Euro).
Laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales erfolgt die Anpassung der Regelbedarfe nach einem klaren und transparenten Mechanismus. Die Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung und Sozialhilfe würden damit an der allgemeinen konjunkturellen Entwicklung teilnehmen.
Quelle | Bundesagentur für Arbeit
| Ohne sachlichen Grund darf ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer nicht ungleich behandeln. |
Das ist die Kernaussage eines Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Bonn. Dort hatte ein Ehepaar gegen das Verbot des gemeinsamen Arbeitgebers geklagt, einen weiteren Schäferhund mit in die Diensträume zu bringen. Bei dem Arbeitgeber handelt es sich um das Land Nordrhein-Westfalen.
Das Ehepaar arbeitet in der regionalen Forstverwaltung. Es bringt schon seit Jahren mit Duldung des Arbeitgebers einen Schäferhund mit zum Dienst. Nun will es sich einen weiteren Schäferhund anschaffen und auch diesen mit zum Dienst bringen. Der Arbeitgeber untersagte das. Er drohte arbeitsrechtliche Sanktionen für den Fall an, dass gegen das Verbot verstoßen werde: Grundsätzlich seien nur Jagdhunde im Forstamt gestattet. Ein Schäferhund gehöre aber nicht zu den Jagd-, sondern zu den Hütehunden.
Das Ehepaar berief sich unter anderem auf Gleichbehandlung: In anderen Forstämtern des Landes gibt es nämlich Mitarbeiter, die auch Hunde mitbringen dürfen, die keine Jagdhunde sind. Das Land argumentierte, dass jedes Forstamt selbst regeln dürfe, welche Hunde die Mitarbeiter mit zum Dienst bringen dürften. Dies falle unter das Hausrecht des jeweiligen Amtsleiters. In der hier fraglichen Dienststelle sei der mittlerweile zehn Jahre alte Schäferhund nur aus „Bestandsschutzgründen“ geduldet worden.
Dieser Argumentation ist das Arbeitsgericht Bonn nicht gefolgt. Es hat den Klägern recht gegeben. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung maßgeblich auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz abgestellt. Danach müssen Arbeitnehmer, die sich in gleicher oder vergleichbarer Lage befinden, gleich behandelt werden. Dies gilt landesweit. Denn Arbeitgeber sei nun mal nicht das einzelne Forstamt, sondern das Land, welches für die Forstverwaltung in seiner Gesamtheit verantwortlich sei. Eine unterschiedliche Behandlung der vergleichbaren Mitarbeiter unterschiedlicher Forstämter hätte daher sachlich begründet werden müssen. Daran habe es vorliegend gefehlt, sodass das Arbeitsgericht Bonn das erteilte Verbot als rechtswidrig einstufte.
Quelle | Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 9.8.2017, 4 Ca 181/16, Abruf-Nr. 196960 unter www.iww.de.
| Verletzt eine Mitarbeiterin im Bürgeramt datenschutz- und melderechtliche Vorschriften, kann dies ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung sein. |
Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hin. Die betroffene Mitarbeiterin hatte aus reiner Neugier eine Vielzahl von Meldedaten abgerufen. Betroffen war zwar nur ein kleiner Personenkreis. Dies rechtfertige nach Ansicht der Richter gleichwohl eine außerordentliche Kündigung. Denn die Mitarbeiterin verstoße damit in einem verfassungsrechtlich besonders geschützten Bereich (in strafrechtlich relevanter Weise) gegen Vorschriften des Bundes- und Landesrechts, durch die sie zu besonders sorgfältigem Verhalten verpflichtet sei.
Quelle | LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.4.2017, 10 Sa 154/17, Abruf-Nr. 196979 unter www.iww.de.
| Der Arbeitgeber hat eine Verkehrssicherungspflicht gegenüber seinem Arbeitnehmer. Verletzt er diese, muss er dem Arbeitnehmer dessen Schaden ersetzen. |
So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf im Fall eines Arbeitnehmers. Der hatte am 5.5.15 sein Fahrzeug auf dem Betriebshof seiner Arbeitgeberin geparkt, der beklagten Gemeinde. Diese hatte den Mitarbeitern gestattet, ihre Wagen dort während der Dienstzeit abzustellen. Auf dem Betriebshof befand sich ein Großmüllbehälter. Dieser wurde durch Windeinwirkung gegen den PKW des Arbeitnehmers geschoben, der so stark beschädigt wurde, dass er einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitt. Die Differenz von 1.380 EUR zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert zahlte die klagende Versicherung an den Arbeitnehmer. Die Versicherung verlangt aus übergegangenem Recht von der Gemeinde die Zahlung von 1.380 EUR.
Anders als vor dem Arbeitsgericht hatte die Klage vor dem LAG Erfolg. Die beklagte Gemeinde muss den Schaden ersetzen. Sie hat ihre Verkehrssicherungspflicht fahrlässig verletzt. Der Umstand, dass deren Großmüllbehälter das Fahrzeug des Arbeitnehmers zerstört hat, ist Indiz dafür, dass die Verkehrssicherungspflicht verletzt wurde. Dieses Indiz konnte die Gemeinde nicht ausräumen. Nach der Sturmwarnung vor dem Tief Zoran war sie verpflichtet, ihr Betriebsgelände abzugehen und etwaige Gefahrenquellen zu sichern. Sie hat dies zwar im Grundsatz getan, dabei den Großmüllbehälter aber nicht im Blick gehabt. Der Umstand, dass die Feststellbremsen bei der letzten Leerung am 20.4.15 ggf. angezogen worden waren, reichte nicht aus, um die Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen. Das hätte auch am 5.5.15 noch kontrolliert werden müssen. Ohne Weiteres hätte auch das Tor geschlossen werden können, das sich zwischen dem parkenden Auto und dem Großmüllbehälter befand. Angesichts einer Windgeschwindigkeit von 85 km/h bzw. einer Windstärke 9 konnte nicht von einem unabwendbaren Ereignis oder einem so starken Sturm, bei dem keine Sicherheitsmaßnahmen mehr helfen, ausgegangen werden. Ein Mitverschulden des Arbeitnehmers hat das Gericht verneint. Er hatte seinen Wagen morgens zu Arbeitsbeginn auf dem Betriebsgelände geparkt und war den ganzen Tag über im Außeneinsatz. Er durfte davon ausgehen, dass die beklagte Gemeinde die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung des Betriebshofs ergriffen hatte bzw. ergreifen werde.
Quelle | LAG Düsseldorf, Urteil vom 11.9.2017, 9 Sa 42/17, Abruf-Nr. 196959 unter www.iww.de.
| Die Höhe der Entgeltfortzahlung an Feiertagen bestimmt sich – soweit kein höherer tariflicher oder vertraglicher Vergütungsanspruch besteht – nach § 2 EFZG i. V. m. § 1 MiLoG. Sieht ein Tarifvertrag einen Nachtarbeitszuschlag vor, der auf den tatsächlichen Stundenverdienst zu zahlen ist, ist auch dieser mindestens aus dem gesetzlichen Mindestlohn zu berechnen. |
So entschied es aktuell das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer als Montagekraft beschäftigten Klägerin. Auf deren Arbeitsverhältnis findet kraft Nachwirkung der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie i.d.F vom 24.2.04 (MTV) Anwendung. Dieser sieht u. a. einen Nachtarbeitszuschlag i. H. v. 25 Prozent des tatsächlichen Stundenverdiensts und ein „Urlaubsentgelt“ in Höhe des 1,5fachen durchschnittlichen Arbeitsverdiensts vor. Für den Monat Januar 2015 zahlte der Arbeitgeber neben dem vertraglichen Stundenverdienst von 7 EUR bzw. 7,15 EUR eine „Zulage nach MiLoG“. Die Vergütung für einen Feiertag und einen Urlaubstag berechnete sie ebenso wie den Nachtarbeitszuschlag für fünf Stunden nicht auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns, sondern nach der niedrigeren vertraglichen Stundenvergütung. Darüber hinaus rechnete sie ein gezahltes „Urlaubsgeld“ auf Mindestlohnansprüche der Klägerin an.
Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage eine Vergütung aller im Januar 2015 abgerechneten Arbeits-, Urlaubs- und Feiertagsstunden mit 8,50 EUR brutto und meint, auch der Nachtarbeitszuschlag sei auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben.
Die Revision des Arbeitgebers blieb vor dem BAG ohne Erfolg. Zwar gewährt das MiLoG nur Ansprüche für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden. Nach § 2 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitgeber aber für Arbeitszeit, die aufgrund eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte (Entgeltausfallprinzip). Dies gilt auch, wenn sich die Höhe des Arbeitsentgelts nach dem MiLoG bestimmt; dieses enthält keine hiervon abweichenden Bestimmungen. Ein Rückgriff des Arbeitgebers auf eine vertraglich vereinbarte niedrigere Vergütung scheidet aus. Der tarifliche Nachtarbeitszuschlag und das tarifliche Urlaubsentgelt müssen nach den Bestimmungen des MTV ebenfalls (mindestens) auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns von (damals) 8,50 EUR berechnet werden, da dieser Teil des „tatsächlichen Stundenverdiensts“ im Sinne des MTV ist. Das gezahlte „Urlaubsgeld“ kann nicht auf Ansprüche nach dem MiLoG angerechnet werden. Der MTV gibt hierauf einen eigenständigen Anspruch. Außerdem handelt es sich nicht um Entgelt für geleistete Arbeit.
Quelle | BAG, Urteil vom 20.9.2017, 10 AZR 171/16, Abruf-Nr. 196958 unter www.iww.de.
| Das Land Nordrhein-Westfalen darf einen Bewerber für den Polizeidienst nicht allein deswegen ablehnen, weil er auf der Innenseite seines linken Unterarms eine großflächige Tätowierung hat. |
Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf in einem Eilverfahren entschieden. Zugleich hat es das Land verpflichtet, den Bewerber zum weiteren Auswahlverfahren für die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst zuzulassen.
Der Antragsteller hatte sich für die Einstellung in den Polizeidienst in NRW im Jahr 2017 beworben. Das zuständige Landesamt hat ihn vom Auswahlverfahren ausgeschlossen, weil er auf der Innenseite seines linken Unterarms einen Löwenkopf tätowiert hat (20 x 14 cm). Gegen das Motiv als solches hat das Land Nordrhein-Westfalen keine Bedenken. Es beruft sich jedoch auf einen Erlass des Innenministeriums. Danach sind großflächige Tätowierungen im sichtbaren Bereich ein absoluter Eignungsmangel des Bewerbers. Sichtbar sind Körperstellen, die beim Tragen der Sommeruniform der Polizeibeamten erkennbar sind, also etwa die Unterarme. Tätowierungen, die die durchschnittliche Größe eines Handtellers überschreiten, sind an diesen Körperstellen unzulässig, und zwar unabhängig von dem Motiv. Der Erlass zielt darauf ab, dass die Legitimation und Autorität von Polizeibeamten durch solche Tätowierungen nicht beeinträchtigt werden sollen. Nach Auffassung des Landes NRW kann nicht festgestellt werden, dass ein gesellschaftlicher Wandel stattgefunden hat, nach dem solche Tätowierungen bei Polizeibeamten toleriert werden.
Das Gericht hält diese Verwaltungspraxis für rechtswidrig. Für einen Eignungsmangel reiche es nicht aus, dass Teile der Bevölkerung großflächige Tätowierungen nur für unpassend oder unästhetisch hielten. Erforderlich sei vielmehr, dass Polizeibeamten aufgrund ihrer großflächigen Tätowierungen das erforderliche Vertrauen nicht mehr entgegengebracht werde. Hierfür fehle es an belastbaren Erkenntnissen. Aktuelle Umfrageergebnisse zur Akzeptanz von Tätowierungen von Beamten lägen nicht vor. Die augenfällige Zunahme von Tätowierungen gerade an den Armen deute eher auf einen gesellschaftlichen Wandel hin. Diesen müsse der Dienstherr bei der Einstellung junger Bewerber in den Blick nehmen. Die Ablehnung eines Bewerbers aufgrund der Gestaltung der Tätowierung (z.B. gewaltverherrlichende Motive) sei weiterhin zulässig.
Quelle | VG Düsseldorf, Urteil vom 24.8.2017, 2 L 3279/17, Abruf-Nr. 196312 unter www.iww.de.
| Ein Taxiunternehmen kann von einem bei ihm als Arbeitnehmer beschäftigten Taxifahrer nicht verlangen, während des Wartens auf Fahrgäste alle drei Minuten eine Signaltaste zu drücken, um seine Arbeitsbereitschaft zu dokumentieren. |
Das hat das Arbeitsgericht Berlin entschieden. Geklagt hatte ein Taxifahrer. Er verlangte von seinem Arbeitgeber Arbeitsvergütung in Höhe des Mindestlohns für sogenannte Standzeiten. Das Taxameter des vom Taxifahrer genutzten Taxis hat die Besonderheit, dass nach einer Standzeit von drei Minuten ein akustisches Signal ertönt. Der Fahrer hat nach dem Ertönen des Signals 10 Sekunden Zeit, eine Taste zu drücken. Drückt er diesen Knopf, wird seine Standzeit vom Taxameter als Arbeitszeit aufgezeichnet. Drückt er den Knopf nicht, wird die darauf folgende Standzeit nicht als Arbeitszeit, sondern als unbezahlte Pausenzeit erfasst. Der Taxifahrer meint, ihm sei das Betätigen der Signaltaste nicht zumutbar und auch nicht immer möglich gewesen. Das verklagte Taxiunternehmen war nur bereit, die vom Zeiterfassungssystem als Arbeits- oder Bereitschaftszeit erfasste Zeit zu vergüten.
Das Arbeitsgericht hat dem Taxifahrer überwiegend recht gegeben. Standzeiten und sonstige Zeiten, in denen ein Taxifahrer bereit sei, einen Fahrauftrag auszuführen, seien Arbeitsbereitschaft oder jedenfalls Bereitschaftsdienst und deshalb mindestlohnpflichtig. Die vom Taxiunternehmen getroffene Regelung bezüglich des Signalknopfes verstoße gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Dieses verbiete eine unverhältnismäßige Erfassung von Daten des Taxifahrers. Das Interesse des Arbeitgebers, die Arbeitsbereitschaft des Taxifahrers zu kontrollieren, erfordere keine so enge zeitliche Überwachung. Abgewiesen hat das Arbeitsgericht die Klage allerdings im Umfang der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen. Der Taxifahrer sei verpflichtet gewesen, diese einzuhalten. Dies sei ihm auch möglich gewesen, da er den Beginn und die Dauer der Ruhepausen selbst bestimmen konnte.
Quelle | Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 10.8.2017, 41 Ca 12115/16, Abruf-Nr. 195925 unter www.iww.de.
| Es verstößt nicht gegen das AGG, wenn der Bewerber in einem Online-Bewerbungsformular zwischen „Frau“ und „Herr“ auswählen muss. |
Diese Klarstellung traf das Bundearbeitsgericht (BAG). Die Richter machten deutlich, dass die im Online-Bewerbungsformular der Beklagten im Hinblick auf die Anrede vorgesehene Auswahl zwischen „Frau“ und „Herr“ kein Indiz im Sinne des AGG für eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts sei. Zwar handele es sich insoweit um eine mit „*“ gekennzeichnete Pflichtangabe. Allerdings diene die Angabe allein dazu, Bewerbungen zeitnah mit zutreffender Anrede beantworten zu können. Im Übrigen lasse eine Auswahlmöglichkeit zwischen „Frau“ und „Herr“ nicht darauf schließen, dass Bewerbungen von Frauen nicht erwünscht seien.
Quelle | BAG, Urteil vom 15.12.2016, 8 AZR 418/15, Abruf-Nr. 193635 unter www.iww.de.
| Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind Erschwerniszulagen und damit im Rahmen des Üblichen unpfändbar. Zulagen für Schicht-, Samstags- oder sog. Vorfestarbeit sind dagegen der Pfändung nicht entzogen. Hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang und welcher Höhe Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit als „üblich“ und damit unpfändbar i.S.v. § 850a Nr. 3 ZPO anzusehen sind, kann an die Regelung in § 3b EStG angeknüpft werden. |
Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer aktuellen Entscheidung hin. Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, die als Hauspflegerin in einer Sozialstation arbeitet. Nach einem zwischenzeitlich aufgehobenen Insolvenzverfahren befand sie sich in der sog. Wohlverhaltensphase, in der sie ihre pfändbare Vergütung an einen Treuhänder abgetreten hatte. Im Zeitraum Mai 2015 bis März 2016 führte der Arbeitgeber von der jeweiligen Nettovergütung den sich aus seiner Sicht ergebenden pfändbaren Teil der Vergütung an den Treuhänder ab. Dabei berücksichtigte er auch die gezahlten tarifvertraglichen Zuschläge für Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht-, Samstags- und Vorfestarbeit als pfändbar. Die Arbeitnehmerin hält diese Zuschläge für unpfändbare Erschwerniszulagen. Sie verlangt 1.144,91 EUR, die der Arbeitgeber zu viel an den Treuhänder abgeführt habe. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben.
Auf die Revision des Arbeitgebers hat das BAG das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben. Die Vorinstanzen haben allerdings zutreffend angenommen, dass Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit Erschwerniszulagen und deshalb unpfändbar sind. Der Gesetzgeber hat im Arbeitszeitgesetz die Ausgleichspflichtigkeit von Nachtarbeit geregelt, die von ihm als besonders erschwerend bewertet wurde. Sonntage und gesetzliche Feiertage stehen kraft Verfassung unter besonderem Schutz. An diesen Tagen besteht ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot. Damit geht der Gesetzgeber auch hier von einer Erschwernis aus, wenn an diesen Tagen dennoch gearbeitet wird.
Eine entsprechende gesetzgeberische Wertung gibt es für Schicht-, Samstags- und Vorfestarbeit hingegen nicht. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die gesetzliche Regelung zwar dem Schuldnerschutz dient und diesem einen größeren Teil seines Nettoeinkommens als unpfändbar belassen will. Angesichts der ebenso in den Blick zu nehmenden Gläubigerinteressen bedarf die Unpfändbarkeit von Erschwerniszulagen aber einer sachlichen Begrenzung.
Der Senat konnte nicht abschließend entscheiden, da zur genauen Höhe der zu Unrecht an den Treuhänder abgeführten Vergütung der Sachverhalt weiter aufgeklärt werden muss. Daher wurde der Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverwiesen.
Quelle | BAG, Urteil vom 23.8.2017, 10 AZR 859/16, Abruf-Nr. 196080 unter www.iww.de.
| Die Altersgrenze von 65 Jahren für im gewerblichen Luftverkehr eingesetzte Piloten ist gültig. Sie ist durch das Ziel gerechtfertigt, die Sicherheit der Zivilluftfahrt in Europa zu gewährleisten. |
Zu diesem Ergebnis kam der Europäische Gerichtshof (EuGH). Hintergrund des Streits war die Ansicht eines Piloten, die Altersgrenze von 65 sei eine Diskriminierung wegen des Alters und verstoße gegen seine Berufsfreiheit. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) befragte den EuGH zur Gültigkeit und Tragweite der streitigen Altersgrenze. Mit dem Urteil antwortete der EuGH, dass diese Altersgrenze gültig sei. Zwar begründe die streitige Altersgrenze eine Ungleichbehandlung. Aber diese sei durch das Ziel, die Sicherheit der Zivilluftfahrt in Europa zu gewährleisten, durchaus gerechtfertigt.
Es sei unbestritten, dass die für den Beruf des Verkehrspiloten erforderlichen körperlichen Fähigkeiten mit zunehmendem Alter abnähmen. Durch die fragliche Altersgrenze könne ausgeschlossen werden, dass ein Abnehmen dieser körperlichen Fähigkeiten nach dem 65. Lebensjahr zur Unfallursache werde, ohne dass gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen würde.
Quelle | EuGH, Beschluss vom 5.7.2017, C-190/16, Abruf-Nr. 195195 unter www.iww.de.