| Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat sich in seiner Entscheidung mit der Frage befasst, ob der Klägerin ein Anspruch auf Sterbegeld und Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusteht, nachdem ihr Ehemann einen tödlichen Motorradunfall erlitten hatte. |
Ehemann der Klägerin bei Verkehrsunfall tödlich verletzt
Der Ehemann der Klägerin war Inhaber eines Autohauses in Berlin und als Unternehmer freiwillig bei der beklagten Berufsgenossenschaft versichert. Die Klägerin war in dem Autohaus angestellt tätig. Die gemeinsame Wohnung der Eheleute lag etwa 14 km vom Autohaus entfernt. Am 19.8.2013 reisten beide gemeinsam auf ihrem Motorrad aus einem mehrtägigen Urlaub in Thüringen die rund 400 km lange Strecke zurück nach Berlin, der Ehemann lenkte das Motorrad. Da die Tochter des Ehepaares während des Urlaubs die Geschäfte des Autohauses weitergeführt hatte und wegen eines Zahnarzttermins um 14:00 Uhr auf ihrer Arbeit abgelöst werden sollte, wollten sich die Eheleute aus Thüringen kommend direkt zum Autohaus begeben. Dort sollten von beiden die weiteren Geschäfte aufgenommen werden, ohne zuvor in die Familienwohnung zu fahren. Bereits auf dem Berliner Stadtgebiet, noch bevor sich die Wege zum Autohaus und zur Familienwohnung gabelten, kam es gegen 13:25 Uhr zu einem Verkehrsunfall, bei dem sich die Klägerin erheblich verletzte und ihr Ehemann verstarb.
Berufsgenossenschaft lehnte Sterbegeld ab
Die Berufsgenossenschaft lehnte es ab, der Klägerin Hinterbliebenenleistungen (Sterbegeld und Witwenrente) zu erbringen. Ihr Ehemann habe sich bei dem Unfall nicht auf einem versicherten Arbeitsweg befunden, sondern lediglich auf einem privat veranlassten Rückweg von einer Urlaubsreise. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin und die Berufung vor dem LSG blieben zunächst ohne Erfolg. Auf die vom LSG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassene und von der Klägerin eingelegte Revision hin hat das Bundessozialgericht (BSG) das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache dorthin zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts sowie zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Landessozialgericht spricht Hinterbliebenenleistungen zu
Das LSG hat jetzt entschieden: Der Ehefrau stehen Hinterbliebenenleistungen zu. Der tödliche Motorradunfall stelle für den Ehemann als freiwillig versicherten Unternehmer einen Arbeitsunfall dar.
Zum einen sei der Ehemann versichert gewesen, weil er sich selbst zum Zeitpunkt des Unfalls auf dem direkten Weg zum Autohaus begeben wollte, um dort seiner Arbeit nachzugehen. Zum anderen habe Versicherungsschutz auch deshalb bestanden, weil die objektiven Begleitumstände und die Angaben der Ehefrau darauf schließen ließen, dass der verunglückte Ehemann seine Frau direkt zum Autohaus gefahren habe, damit diese dort die gemeinsame Tochter bei der Arbeit habe ablösen können. Damit liege ein versicherter, sogenannter „Betriebsweg“ vor, der nicht auf das Betriebsgelände beschränkt sei, aber dennoch im unmittelbaren betrieblichen Interesse liege.
Dem Versicherungsschutz stehe nicht entgegen, dass der Weg aus dem Urlaub (von einem „dritten Ort“ aus) angetreten worden sei und mithin erheblich länger gewesen sei, als es die Strecke von der Wohnung zur Arbeit gewesen wäre. Entscheidend sei, dass der zurückgelegte Weg die direkte Strecke zum Autohaus gewesen sei bzw. dass der subjektive Wille in erster Linie auf die Wiederaufnahme der Arbeit gerichtet gewesen sei. Dies hat das LSG anhand der vorliegenden Indizien des Falls bejaht. Insbesondere seien auch der Unfallzeitpunkt (13:25 Uhr) und der Zeitpunkt, zu dem die Tochter im Autohaus abgelöst werden sollte (14:00 Uhr), zeitlich stimmig.
Quelle | LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.1.2024, L 21 U 202/21, PM vom 1.2.2024
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