| Eine Portalwaschanlage muss nicht für sämtliche Fahrzeugtypen geeignet sein. Weist ein Kunde, trotz eines Hinweises in den AGB des Waschanlagenbetreibers, nicht auf Besonderheiten an seinem Fahrzeug hin, die zu einer Beschädigung führen können, haftet der Betreiber nicht für die am Fahrzeug entstandenen Schäden. |
Das entschied das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg. In dem betreffenden Fall handelte es sich bei dem Fahrzeug um einen über 2 m hohen Mercedes G 500 mit einem an der Hecktür angebrachten Reserverad. Beim Waschvorgang blieb eine Bürste unter dem Reserverad hängen und hob das Fahrzeug an. Dabei soll die Hecktüraufhängung verbogen worden sein. Nach Nr. 2 der AGB des Betreibers, die gut sichtbar ausgehängt waren, wäre der Mercedes-Fahrer verpflichtet gewesen, vor der Benutzung der Anlage auf alle ihm bekannten Umstände hinzuweisen, die zu einer Beschädigung des Fahrzeugs oder der Waschanlage führen konnten.
Da er dies nicht getan hatte, und die Anlage technisch in Ordnung war (57 weitere Fahrzeuge wurden an diesem Tag ohne Probleme gewaschen), ging er leer aus. Das Gericht musste daher nicht einmal entscheiden, ob die Schäden in der Waschanlage entstanden waren.
Quelle | Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, Urteil vom 3.3.2014, 237 C 288/13, Abruf-Nr. 142078 unter www.iww.de.
| Vom möglichen Wortsinn des Terminus „Benutzen“ ist die bloße Ortsveränderung eines Mobiltelefons nicht mehr gedeckt, weil eine solche Handlung keinen Bezug zur Funktionalität des Geräts aufweist. |Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Köln und sprach eine Autofahrerin vom Vorwurf frei, ein Handy während der Fahrt genutzt zu haben. Die Frau hatte während der Fahrt ein eingeschaltetes Mobiltelefon in ihrer Handtasche. Als dieses klingelte, versuchte der mitfahrende Sohn es in der Handtasche zu finden und herauszunehmen. Da ihm dies nicht gelang, reichte er die Tasche mit dem Handy an die Frau. Diese suchte – während sie die Fahrt als Führerin des Fahrzeugs fortsetzte – in der Tasche nach dem Handy, ergriff es und reichte es an ihren Sohn. Entsprechend der Einlassung der Frau hat das Gericht unterstellt, dass sie vor der Weitergabe des Handys nicht auf das Display schaute. Der Sohn nahm dann das Gespräch entgegen. Darin konnten die Richter noch keine Benutzung im Sinne des Gesetzes erkennen. Es entspreche allgemeiner Meinung in der Rechtsprechung, dass keine Ordnungswidrigkeit vorliege, wenn das Mobiltelefon lediglich aufgenommen werde, um es andernorts wieder abzulegen.
Hinweis | Die Rechtsprechung zum Verbot von Mobil- oder Autotelefonen während der Fahrt ist mittlerweile sehr unübersichtlich. Oft kommt es auf Kleinigkeiten an. Weglegen des klingelnden Handys, ohne auf das Display zu schauen ist straflos. Weglegen und schauen wäre dagegen ein Verstoß. Ein kleiner, aber feiner Unterschied.
Quelle | OLG Köln, Beschluss vom 7.11.2014, 1 RBs 284/14, Abruf-Nr. 143610 unter www.iww.de.
| Weist die polizeiliche Anzeige für einen Überholverstoß Besonderheiten aus, so kann die für den Verstoß vorgesehene Regelgeldbuße aufgrund wesentlicher Besonderheiten des Sachverhalts reduziert werden. |
Diesen Hinweis gab das Amtsgericht Lüdinghausen in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren. Die zur Reduzierung der Geldbuße führenden Besonderheiten hat das Gericht darin gesehen, dass der Betroffene einen Lkw überholt hatte, der während des Überholens den Seitenstreifen einer Bundesstraße befuhr, um für den Betroffenen „Platz“ zu machen. Auch das sei zwar ein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung. Es handele sich aber um ein „atypisches Überholen“, das die Reduzierung der Geldbuße rechtfertige.
Quelle | AG Lüdinghausen, Beschluss vom 2.10.2014, 19 OWi-89 Js 1437/14-146/14, Abruf-Nr. 143352 unter www.iww.de.
| Die Faustregel, dass der Geschädigte bei einer Mietwagennutzung von unter 20 km/Tag unter Umständen auf ein Taxi verwiesen werden kann, ist keine starre Grenze, sondern jeweils am Einzelfall zu beurteilen. |
So entschied es das Amtsgericht Lüdinghausen im Fall eines Unfallgeschädigten, der schwer gehbehindert war. Sein Schwerbehindertenausweis wies die Stufe G80 aus. Er ist Witwer und führt seinen Haushalt allein im eigenen Haus. Zudem ist er ehrenamtlich in der örtlichen Kommunalpolitik engagiert und deshalb mehrmals täglich auf die Nutzung eines Pkw für Kurzstrecken innerhalb des Gemeindegebiets angewiesen. An seinem Wohnort ist kein Taxi-Unternehmen ansässig. Der Versicherer lehnte eine Übernahme der Mietwagenkosten wegen Unterschreitung der 20 km/Tag ab.
Das Gericht hat aber genauer hingeschaut. Manchmal, so das Gericht, komme es auf die Verfügbarkeit des Fahrzeugs an. Insbesondere dort, wo kein Taxiunternehmer ansässig ist, seien die Wartezeiten auf das Taxi unzumutbar, wenn es nur um kurze zu überwindende Strecken gehe. Genauso hat auch das Amtsgericht Oranienburg entschieden. Bei einer nachgewiesenen Gehbehinderung komme es auf den Kilometerverbrauch mit dem Mietwagen nicht an.
Quelle | Amtsgericht Lüdinghausen, Urteil vom 17.9.2014, 12 C 37/14, Abruf-Nr. 143571 ; Amtsgericht Oranienburg, Urteil vom 18.12.2014, 21 C 197/14, Abruf-Nr. 143617 unter www.iww.de.
| Der Verkäufer haftet nur auf Schadenersatz, wenn ihn ein Verschulden trifft. Das kann fehlen, wenn er das Fahrzeug geerbt und daher keine Kenntnis von dem Unfallschaden hatte. |
So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz im Rechtsstreit über die Rückabwicklung eines Autokaufs. Die Richter begründeten Ihre Entscheidung damit, dass das Wissen des Erblassers dem Erben nach den erbrechtlichen Gesetzesvorschriften nicht zugerechnet werden könne. Ihn treffe daher kein Verschulden, das zu einer Rückabwicklung wegen falscher Angaben im Kaufvertrag führen könne.
Quelle | OLG Koblenz, Urteil vom 5.6.2014, 5 U 408/14, Abruf-Nr. 143118 unter www.iww.de.
| Eine Stadt schuldet dem Halter eines durch einen herabstürzenden Ast beschädigten Pkw Schadenersatz, wenn sie eine ausreichende Stabilitätskontrolle des Baumes versäumt hat. |
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Autofahrers entschieden. Dieser hatten seinen Pkw in einer Parkbucht abgestellt. Im Verlauf des Tages brach ein Ast von der am Straßenrand stehenden Linde ab und beschädigte den Pkw. Der Mann verlangte von der Stadt Schadenersatz in Höhe von ca. 4.700 EUR. Er meinte, die Stadt habe ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt, weil sie den Baum nicht hinreichend kontrolliert habe. Die Stadt hält die zweimal im Jahr durchgeführte Sichtkontrolle für ausreichend.
Die Klage hatte Erfolg. Die Richter am OLG haben eine schuldhafte Amtspflichtverletzung der Stadt festgestellt und sie zum Schadenersatz verurteilt. Sie habe gegen ihre Verkehrssicherungspflicht verstoßen, weil sie die Stabilität des Baumes unzureichend kontrolliert habe. Zur Abwehr der von Bäumen ausgehenden Gefahren müsse eine Stadt die Maßnahmen treffen, die zum Schutz gegen Astbruch und Windwurf erforderlich seien. Allerdings müssten diese unter Berücksichtigung des umfangreichen Baumbestands der öffentlichen Hand auch zumutbar sein. In der Regel genüge eine regelmäßige Sichtprüfung. Eine eingehendere fachmännische Untersuchung sei aber vorzunehmen, wenn es konkrete Anhaltspunkte für eine mangelhafte Stabilität des Baumes gebe. Vorliegend seien die Kontrollen nicht ausreichend gewesen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen habe die Linde konkrete Anzeichen für eine besondere Gefährdung aufgewiesen, die eine intensivere Kontrolle erfordert hätten. Die Linde habe einen ungünstigen Standort, weil sie an der Straßenecke besonders dem Wind ausgeliefert sei. Sie habe eine grob beastete, von der Hauswand weggeneigte, sehr kopflastige Krone entwickelt, die ein Stabilitätsrisiko sei. Hinzu komme, dass sie als mittelstark bis stark geschädigt einzustufen sei. Die Linde weise eine überdurchschnittliche Menge an Totholz auf und habe einen ihre Vitalität beeinträchtigenden Stammschaden. Sie hätte deswegen weitergehend als von der Stadt veranlasst kontrolliert werden müssen.
Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 31.10.2014, 11 U 57/13, Abruf-Nr. 143663 unter www.iww.de.
Ein Abschleppunternehmer, der im Auftrag der Polizei ein Fahrzeug nach einem Unfall sicherstellt und verwahrt, hat nach Aufhebung der Sicherstellungsmaßnahme keinen Anspruch auf Standgeld gegenüber dem Fahrzeughalter. |
Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf begründete seine Entscheidung damit, dass es schlichtweg an einer Anspruchsgrundlage fehle. Denn das Fahrzeug wurde nicht für den Halter verwahrt, sondern aufgrund einer ordnungsrechtlichen Maßnahme für die öffentliche Hand.
Quelle | OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.2.2014, I-1 U 86/13, Abruf-Nr. 143226 unter www.iww.de.
| Muss das beschädigte Fahrzeug für eine ordnungsgemäße Besichtigung durch den Schadengutachter auf eine Hebebühne und wird diese samt Bedienpersonal von der Werkstatt gestellt, darf die Werkstatt dafür „Handlingkosten“ berechnen. |
Diese Entscheidung traf das Amtsgericht Leutkirch. Das Gericht geht davon aus, dass bei einer sorgfältigen Begutachtung, die seitens des Sachverständigen geschuldet ist, diese nicht innerhalb einer Viertelstunde erfolgen kann. Sie nimmt vielmehr längere Zeit in Anspruch. Zudem könne auch nicht ausschließlich die Zeit gerechnet werden, in der sich das Fahrzeug auf der Bühne befindet. Berücksichtigt werden müssten z.B. auch die Rangierzeiten. Es könne nicht erwartet werden, das die Werkstatt hierfür kostenlos Personal zur Verfügung stelle. Im Ergebnis muss der Versicherer des Schädigers daher die entstandenen Kosten erstatten.
Quelle | AG Leutkirch, Urteil vom 4.11.2014, 2 C 125/14, Abruf-Nr. 143331 unter www.iww.de.
| Ein Fahrzeugführer darf sein Mobiltelefon im Auto benutzen, wenn das Fahrzeug steht und der Motor infolge einer automatischen Start-Stopp-Funktion ausgeschaltet ist. |
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Autofahrers entschieden, der mit seinem Pkw an einer Lichtzeichenanlage wegen Rotlichts anhalten musste. Während dieser Zeit war – was nicht zu widerlegen ist – der Motor seines Fahrzeugs aufgrund einer ECO Start-Stopp-Funktion ausgeschaltet. Außerdem nutzte der Betroffene sein Mobiltelefon, indem er es an sein Ohr hielt und sprach. Vom Amtsgericht wurde der Betroffene wegen verbotenen Telefonierens mit einem Handy zu einer Geldbuße von 40 EUR verurteilt.
Seine Rechtsbeschwerde hatte Erfolg. Die Richter sprachen ihn frei. Das in der Straßenverkehrsordnung normierte Verbot, ein Mobiltelefon zu benutzen, gelte nicht, so der Senat, wenn das Fahrzeug stehe und der Motor ausgeschaltet sei. Dabei differenziere der Gesetzeswortlaut nicht zwischen einem automatisch und einem manuell abgeschalteten Motor. Ebenso wenig stelle die Vorschrift darauf ab, dass ein Motor nur dann abgeschaltet sei, wenn zu dessen Wiedereinschalten die Zündvorrichtung bedient werden müsse. Deswegen sei ein Telefonieren auch bei einem automatisch abgeschalteten Motor zulässig, der durch das Betätigen des Gaspedals wieder in Gang gesetzt werden könne, wenn das Fahrzeug stehe. Durch die infrage stehende Verbotsvorschrift solle gewährleistet werden, dass dem Fahrzeugführer beide Hände für die eigentlichen Fahraufgaben zur Verfügung stünden. Stehe das Fahrzeug und sei der Motor nicht im Betrieb, fielen Fahraufgaben, wofür der Fahrzeugführer beide Hände benötigte, nicht an. Dabei mache es keinen Unterschied, ob der Motor zuvor durch den Fahrer mittels Betätigen der Zündung manuell oder durch Abbremsen bzw. dem Stillstand des Fahrzeugs automatisch abgeschaltet worden sei.
Quelle | OLG Hamm, Beschluss vom 9.9.2014, 1 RBs 1/14, Abruf-Nr. 143218 unter www.iww.de.
| Auf öffentlichen Parkplätzen kann der fließende Verkehr – ausnahmsweise – auf ein Warten des aus einem Stellplatz ein- oder ausfahrenden Verkehrsteilnehmers vertrauen, wenn die Fahrspuren zwischen den Parkplätzen Straßencharakter haben und vorrangig der Zu- und Abfahrt von Fahrzeugen dienen. |
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Lkw-Eigentümers entschieden. Dessen Fahrer befuhr auf dem an der BAB 44 gelegenen Rastplatz Eringerfeld in Geseke den zur Autobahnauffahrt führenden Zufahrtsweg. An diesen grenzen rechtsseitig ca. 18 schräg angeordnete Lkw-Stellplätze, von denen die Einfahrt in die Zufahrtsstraße möglich ist. Auf dem letzten Stellplatz rangierte der Lastzug der beklagten Transportfirma aus Bautzen. Beide Lastzüge stießen zusammen, als der klägerische Lastzug den Lastzug der Beklagten passierte. Vorprozessual hat die Haftpflichtversicherung der Beklagten den Schaden auf der Grundlage einer 50-prozentigen Haftungsquote reguliert. Im Prozess hat der Kläger geltend gemacht, er könne 100 Prozent seines Schadens ersetzt verlangen, und hat die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer ca. 12.000 EUR begehrt.
Das OLG hat dem Kläger Recht gegeben. Auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen seien die Regeln der Straßenverkehrsordnung anzuwenden. Parkplätze dienten dem ruhenden Verkehr. Deswegen treffe der Ein- oder Ausparkende in der Regel nicht auf fließenden Verkehr, sondern auf Benutzer der Parkplatzfahrbahn. Im Verhältnis dieser Verkehrsteilnehmer gelte kein Vertrauensgrundsatz zugunsten eines “fließenden“ Verkehrs gegenüber einem dann wartepflichtigen Ein- oder Ausfahrenden.
Etwas anderes könne aber anzunehmen sein, wenn die zwischen den Parkplätzen angelegten Fahrspuren eindeutig Straßencharakter hätten und sich bereits aus ihrer baulichen Anlage ergebe, dass sie nicht dem Suchen von Parkplätzen, sondern der Zu- und Abfahrt dienten. Handele es sich um eine baulich größer und breiter ausgestaltete Zufahrtsstraße, könne § 10 Straßenverkehrsordnung zur Anwendung kommen. Nach dieser Vorschrift sei von dem Ausparkenden zu verlangen, sich so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer ausgeschlossen sei. Einem fließenden Verkehr auf der Zufahrtsstraße habe er deswegen Vorrang einzuräumen. Den Charakter einer derartig bevorrechtigten Zufahrtsstraße habe der Zufahrtsweg, auf dem die Lastzüge der Parteien kollidiert seien. Der beklagte Lastzug sei deswegen gegenüber dem klägerischen Lastzug wartepflichtig gewesen. Da sich ein Verschulden des klägerischen Fahrers nicht feststellen lasse, sei es angesichts des schwerwiegenden Verschuldens des Fahrers der Beklagten gerechtfertigt, allein die Beklagte für den Unfall haften zu lassen.
Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 29.8.2014, 9 U 26/14, Abruf-Nr. 142917 unter www.iww.de .