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Verkehrsrecht

Fahreignungsmangel: Entzug der Fahrerlaubnis wegen Konsums harter Drogen

| Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts (VG) Aachen reicht allein der einmalige Konsum einer harten Droge (z. B. Kokain) aus, um die Fahreignung zu verneinen und die Fahrerlaubnis zu entziehen. Eine Teilnahme am Straßenverkehr ist nicht erforderlich. |

Doch was, wenn der Fahrerlaubnisinhaber behauptet, er habe die Drogen unbewusst eingenommen? Hierzu jetzt das VG Lüneburg: Der Fahrerlaubnisinhaber muss in diesen Fällen einen detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhalt darlegen, der einen solchen Geschehensablauf als nachvollziehbar und ernsthaft möglich erscheinen lässt. Das gelte vor allem, wenn behauptet werde, das bei ihm festgestellte Benzoylecgonin rühre von einem Konsum des Getränks „Red Bull Cola“ her. Dieser Argumentation folgte das VG Lüneburg hier nicht.

Quelle | VG Aachen, Beschluss vom 19.5.2020, 3 L 309/20, Abruf-Nr. 216408 und VG Lüneburg, Beschluss vom 18.5.2020, 1 B 19/20, Abruf-Nr. 216409 unter www.iww.de.

Unfallschaden: Abrechnung von Reparaturkosten nach Kostenvoranschlag?

| Der Unfallgeschädigte wollte ohne teures Schadensgutachten allein auf der Basis eines Kostenvoranschlags den Unfallschaden abrechnen. Das hätte dem gegnerischen Haftpflicht-Versicherer Geld gespart. Doch der wollte nicht. Und bekam vom Amtsgericht (AG) Recklinghausen Recht. |

Was war passiert? Das AG hat die Klage als „unschlüssig“ abgewiesen, weil der Unfallschaden nur anhand des Kostenvoranschlags nicht hinreichend dargelegt sei. Hierfür wäre ein Gutachten erforderlich gewesen. Im Kostenvoranschlag fanden sich z. B. keine Angaben zum Wiederbeschaffungs-, Rest- und Minderwert, was das AG ebenfalls bemängelt hatte. Die Entscheidung ist allerdings umstritten.

Quelle | AG Recklinghausen, Urteil vom 29.4.2020, 53 C 113/19, Abruf-Nr. 217021 unter www.iww.de.

Neuwertentschädigung: Rabatt für „Menschen mit Behinderung“ ist bei Entschädigung anzurechnen

| Erhält der Geschädigte beim Kauf eines Fahrzeugs einen Rabatt in Höhe von 15 Prozent, den der Fahrzeug-Hersteller „Menschen mit Behinderung“ ohne Verhandlungen gewährt, ist dieser Rabatt auf die Neuwertentschädigung anzurechnen. Das hat jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. |

Führt ein Verkehrsunfall zu einem erheblichen Schaden an einem Fahrzeug mit weniger als 1.000 km Laufleistung und weniger als einem Monat Nutzungszeit, erhält der Geschädigte eine sog. Neuwertentschädigung. Das heißt: Die Versicherung des Unfallverursachers zahlt den Neupreis. Im Fall des BGH stellte sich wie häufig die Frage, ob der Rabatt, den der Geschädigte aufgrund seiner Behinderung beim Autokauf erhalten hatte, auf die Entschädigung anzurechnen ist.

Der Geschädigte meinte, der Hersteller wolle ihm mit dem Rabatt etwas Gutes tun, und nicht dem Unfallverursacher. Dessen Versicherer verwies auf die ältere BGH-Rechtsprechung zum Werksangehörigenrabatt, der angerechnet werden muss. In der aktuellen Entscheidung argumentierte der BGH zudem, dass der Geschädigte nicht am Unfall verdienen soll. In seinem Vermögen befindet sich nicht nur wie vor dem Unfall ein Neufahrzeug, sondern zusätzlich ein Geldbetrag in Höhe des Rabatts, den er auch für das nach dem Unfall angeschaffte Ersatzfahrzeug erhalten hatte. Dem steht nicht entgegen, dass der bei dem Kauf des Wagens eingeräumte Rabatt auf diese Weise dem ersatzpflichtigen Schädiger zugutekommt.

Quelle | BGH, Urteil vom 14.7.2020, Az. VI ZR 268/19, Abruf-Nr. 217178 unter www.iww.de.

Nutzungsausfall: Geschädigter muss nicht stets vorfinanzieren

| Steht dem Geschädigten als einziges Fahrzeug ein Motorrad zur Verfügung, kann er bei einer Beschädigung Nutzungsausfallentschädigung verlangen. So hat es nun das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt entschieden. |

Schon der Bundesgerichtshof (BGH) hatte 2018 entschieden: Der vorübergehende Entzug der Gebrauchsmöglichkeit eines Motorrads, das dem Geschädigten als einziges Kraftfahrzeug zur Verfügung steht und nicht reinen Freizeitzwecken dient, stellt einen Vermögensschaden dar. Er kann einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung begründen.

Die Besonderheit des OLG-Verfahrens: Der Geschädigte verlangte für 99 Tage Nutzungsausfall. Denn er sah sich zu Recht nicht dazu in der Lage, ein Ersatzfahrzeug vorzufinanzieren. Das OLG Frankfurt ist ihm in dieser Sichtweise gefolgt.

Quelle | OLG Frankfurt, Urteil vom 9.12.2019, 22 U 182/18, Abruf-Nr. 216882 unter www.iww.de.

Ordnungswidrigkeit: Ein Wohnmobil darf nicht zu Wohnzwecken auf einem öffentlichen Parkplatz aufgestellt und benutzt werden

| Das Aufstellen und Benutzen eines Wohnmobils zu Wohnzwecken auf einem öffentlichen Parkplatz verstößt gegen Schleswig-Holsteinisches Recht und stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Es handelt sich dann nicht mehr um erlaubtes verkehrsbezogenes Verhalten. Einschlägig ist daher nicht Straßenverkehrsrecht (Bundesrecht) sondern Naturschutzgesetz (Landesrecht). Das hat jetzt das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) entschieden. |

1. Das war passiert

Die Betroffene wollte mit ihrem Wohnmobil mehrere Tage in Sankt Peter-Ording verbringen. Da die dort vorhandenen Stellplätze, die auch über Nacht zum Abstellen von Wohnmobilen freigegeben sind, belegt waren, stellte sie ihr Wohnmobil auf einem Parkplatz ab, der nur für Personenkraftwagen zugelassen ist, und übernachtete dort. Das Amtsgericht (AG) Husum verurteilte die Betroffene zu einer Geldbuße von 100 EUR. Damit wollte sie sich nicht abfinden. Sie meinte, das Abstellen von Wohnmobilen unterfalle dem Straßenverkehrsrecht und sei vom Bundesgesetzgeber abschließend geregelt worden. Deshalb stehe dem Landesgesetzgeber keine Gesetzgebungskompetenz zu.

2. So sah es das OLG

Das OLG stellte fest, dass die Betroffene eine Ordnungswidrigkeit begangen hatte, indem sie ihr Wohnmobil auf dem öffentlichen Parkplatz aufstellte und dort übernachtete. Die Übernachtung diente nicht der Wiederherstellung der Fahrtauglichkeit der Betroffenen, denn sie fand nicht im Rahmen einer Unterbrechung der Fahrt zum Zielort statt. Vielmehr hatte die Betroffene ihr Ziel, Sankt Peter-Ording, bereits erreicht. Die Übernachtung erfolgte als erste im Rahmen von mehreren geplanten Urlaubstagen. Dieses Verhalten ist nicht mehr vom straßenrechtlichen Gemeingebrauch gedeckt, sondern stellt eine unzulässige Sondernutzung dar.

Quelle | OLG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 15.6.2020, 1 Ss-OWi 183/19.

Straßenverkehrsordnung: Verschärfungen des Bußgeldkatalogs: Alles schon wieder vorbei?

| Zum 28.4.2020 waren die viel beachteten Änderungen, Erweiterungen und Verschärfungen in der Straßenverkehrsordnung (StVO) und im Bußgeldkatalog in Kraft getreten. Insbesondere bei den Grenzwerten für die Anordnung eines Regelfahrverbots gab es bei Autofahrern viel Unmut. Doch sind diese Änderungen überhaupt noch wirksam? |

1. Politik rudert bereits zurück

Inzwischen ist bereits eine Änderung der StVO bzw. der Nebenbestimmungen im Gespräch. Bundesminister Scheuer hat die Grenzen für die Verhängung eines Fahrverbots bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung als „unverhältnismäßig“ bezeichnet. Die zuständigen Bundesländer sollten den alten Zustand wiederherstellen.

2. Fehler im Gesetzgebungsverfahren

Und dann das: Bei der StVO-Novelle wurde das sog. Zitiergebot des Grundgesetzes (GG) verletzt. Dieses (verfassungsrechtliche) Zitiergebot verlangt, dass die dem Erlass einer Verordnung zugrunde liegende Ermächtigungsgrundlage genannt wird. In der StVO-Novelle 2020 wurde aber eine Nummer einer Vorschrift des Straßenverkehrsgesetzes „vergessen“. Sie zu zitieren, wäre erforderlich gewesen, um Regelfahrverbote zu ändern oder neu einzuführen.

Fraglich ist, welche Folgen dies hat. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist bei einem Verstoß gegen das Zitiergebot wegen dessen Funktion streng. Es hat in der Vergangenheit schon entschieden, dass der Verstoß zur Nichtigkeit der Verordnung führt. Unerheblich ist, dass es sich bei dem Verstoß wahrscheinlich um ein rein redaktionelles Versehen handelt, das seinen Grund im Verlauf des Gesetzgebungsverfahren hat. Die Änderungen bei den Fahrverboten sind nämlich erst auf Initiative des Bundesrats nachträglich in die Verordnung aufgenommen worden.

3. Das sind die Folgen

Der Verstoß dürfte nicht nur zur Teilnichtigkeit der unmittelbar von dem Verstoß betroffenen Regelungen zum Fahrverbot führen. Dem dürfte vor allem entgegenstehen, dass eine solche Aufsplittung zu einer Rechtsunsicherheit führen würde, welche Teile der Verordnung wirksam sind und welche nicht. Es sind also wohl alle Neuregelungen unwirksam erlassen. Das bietet in einschlägigen Fällen Verteidigungsansätze sowohl vor der Bußgeldbehörde als auch in gerichtlichen Verfahren.

Sicherheitsabstand: Achtung Radfahrer: Beim Überholen von Pferden ist besondere Vorsicht geboten

| Fahrradfahrer müssen im Straßenverkehr beim Überholen einen Sicherheitsabstand einhalten. Die Größe des Abstands orientiert sich an der besonderen Gefährlichkeit im konkreten Fall. |

Das schrieb das Landgericht (LG) Frankenthal einem Radfahrer ins Stammbuch. Der Mann wollte mit seinem Liegerad auf einem Radweg zwei Pferde überholen. Dabei hielt er den erforderlichen Mindestabstand nicht ein. Dieser hätte nach Ansicht der Richter im konkreten Fall mindestens eineinhalb bis zwei Meter betragen müssen, während der Radfahrer lediglich einen Abstand von circa 40 Zentimetern hatte. Beim Überholen schlug eines der Pferde mit den Hufen aus und brachte den Radfahrer zum Stürzen. Er erlitt Prellungen, Schürfwunden und eine Verletzung an der Hand. Obwohl die beiden Reiterinnen den Radweg verbotswidrig benutzt hatten, trifft den Radfahrer nach dem Urteil eine hälftige Mitschuld an seinen Verletzungen.

Hält jemand ein Pferd, besteht eine sog. Tierhalterhaftung. Hiernach muss ein Tierhalter grundsätzlich für sämtliche Schäden einstehen, die sein Tier verursacht. Die Tierhalterin konnte sich im konkreten Fall von der Haftung auch nicht entlasten. Ihr sei bewusst gewesen, dass das Pferd auf dem nur für Radfahrer zugelassenen Radweg geritten wird. Gleichzeitig habe sich aber auch der Radfahrer falsch verhalten: Für Radfahrer gelten die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung (StVO) zum Überholen auch, wenn sich wie hier verbotswidrig Pferde auf dem Radweg befinden. Da bei einem Pferd immer mit einer unvorhergesehenen Verhaltensweise gerechnet werden müsse, sei selbst ein Sicherheitsabstand von einem Meter hier nicht ausreichend gewesen. Es hätte ein Abstand von wenigstens eineinhalb bis zwei Metern eingehalten werden müssen. Zudem habe sich der Radfahrer nicht mit den Reiterinnen über das Überholen verständigt, obwohl ihm dies unproblematisch möglich gewesen wäre.

Quelle | LG Frankenthal, Urteil vom 5.6.2020, 4 O 10/19, Abruf-Nr. 216901 unter www.iww.de.

Sorgfaltspflicht: Hier ist besondere Sorgfalt geboten: Fahrstreifenwechsel innerhalb eines Kreisverkehrs

| Will ein Autofahrer vom kurveninneren auf den äußeren Fahrstreifen eines Kreisverkehrs wechseln, um aus dem Kreisverkehr herauszufahren, muss er die Sorgfaltspflichten der Straßenverkehrsordnung (StVO) beachten. Er muss z. B. den Wechsel rechtszeitig und deutlich ankündigen und die Fahrtrichtungsanzeiger (Blinker) benutzen. Eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer muss ausgeschlossen sein. |

Im vorliegenden Fall kam es in einem zweispurigen Kreisverkehr zu einem Verkehrsunfall auf dem äußeren Fahrstreifen in einer unübersichtlichen Verkehrssituation, bei der eine Verkehrsteilnehmerin einem Gelenkbus Vorfahrt beim Einfahren in den Kreisverkehr gewährte.

Das Oberlandesgericht Hamm (OLG) verlangt im Zweifel vom abbiegewilligen Autofahrer, der sich in diesem Fall noch auf der inneren Fahrspur befand, dass er eine „Extrarunde“ im Kreisverkehr fährt, sich dann rechtzeitig auf die rechte äußere Spur einordnet und erst von dort aus abbiegt.

Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 4.2.2020, 9 U 90/19, Abruf-Nr. 216902 unter www.iww.de.

Kfz-Zubehör: E-Bikes sind oft zu schwer für Fahrradträger

| Fahrradurlaub statt Fernreise in diesem Sommer planen viele Deutsche einen Urlaub im eigenen Land. Auf dem Auto mit dabei: das Fahrrad, oft auch mit elektrischem Antrieb. Allerdings ist nicht jedes Trägersystem für die schwereren Zweiräder geeignet. |

1. Pedelecs und E-Bikes lieber nicht aufs Dach

Pedelecs und E-Bikes sind durch Motor und Akku deutlich schwerer als normale Fahrräder. Deshalb eignen sich beispielsweise Heckträger oft nicht für den Transport. Denn diese sind meist nur für maximal 20 Kilogramm Gewicht ausgelegt ein Elektrofahrrad wiegt leicht 25 Kilogramm oder mehr. Auch der Transport auf dem Dach kann gefährlich sein, wenn sich die schweren Fahrräder bei einem Unfall aus der Verankerung lösen. Zudem können Urlauber beim Transport mehrerer Räder schnell die zulässige Dachlast ihres Fahrzeugs überschreiten.

Besser geeignet sind daher Kupplungsträger, die für Elektrofahrräder geeignet sind. Auch das Beladen ist bei diesem System deutlich einfacher. Allerdings bedeutet dies unter Umständen höhere Kosten, insbesondere wenn noch eine Anhängerkupplung nachgerüstet werden muss.

2. Auch bei der Anhängerkupplung: Stützlast beachten

Fahrradfans sollten allerdings beachten, dass nicht jede Anhängerkupplung für den Transport von Fahrrädern mit Hilfsmotor geeignet ist. Das gilt besonders, wenn sie mit mehreren Fahrrädern beladen werden soll. Entscheidend ist die sogenannte Stützlast. In der Regel liegt sie zwischen 50 und 100 Kilogramm, sie kann jedoch je nach Fahrzeugtyp und Art der Kupplung sehr unterschiedlich sein“. Bei einem Kleinwagen beispielsweise kann sie zu gering für mehrere E-Bikes sein. Dann gehört nur ein einzelnes Elektrofahrrad auf die Anhängerkupplung.

Wenn die Stützlast nur geringfügig überschritten wird, kann es ausreichen, den schweren Akku auszubauen und im Kofferraum zu deponieren. Das ist für längere Fahrten ohnehin besser, um die Akkus vor Sonneneinstrahlung und Erschütterungen zu schützen. Das gleiche gilt für das Display des Bordcomputers.

Quelle | R + V Infocenter

Unfallschadensregulierung: Kein Neu-für-alt-Abzug bei einem Kindersitz

| Kann aus dem Schadenbild am Fahrzeug der Schluss gezogen werden, dass auf den Kindersitz erhebliche Kräfte eingewirkt haben, kann der Geschädigte einen neuen Kindersitz beanspruchen. |

Er kann nach einer Entscheidung des Amtsgerichts Osterholz-Scharmbeck den aktuellen Neupreis verlangen. Beim Kauf eines gebrauchten Kindersitzes besteht nämlich die Gefahr, auch einen vorgeschädigten zu bekommen. Ein Neu-für-alt-Abzug ist dem Geschädigten deshalb nicht zumutbar.

Dass die Kaufrechnung für den beim Unfall benutzten Sitz auf die Ehefrau lautet, und der Ehemann nun den Anspruch gemeinsam mit dem Anspruch wegen des Fahrzeugschadens geltend macht, schadet nicht. Denn der Kauf von Alltagsgegenständen wird dem jeweiligen Ehepartner zugerechnet.

Quelle | Amtsgericht Osterholz-Scharmbeck, Urteil vom 13.2.2020, 3 C 700/19, Abruf-Nr. 214495 unter www.iww.de.