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Familien- und Erbrecht

Aktuelle Gesetzgebung: Adoptionsrecht für eingetragene Lebenspartner

Das Gesetz zur Sukzessivadoption durch Lebenspartner kann Bundespräsident Gauck zur Ausfertigung zugeleitet werden. Die Länder billigten den Beschluss des Bundestages in ihrer Plenarsitzung am 13. Juni 2014.

Das Gesetz erweitert das Adoptionsrecht für homosexuelle Lebenspartnerschaften und setzt damit ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts um, das ein Recht auf Sukzessivadoption für homosexuelle Paare bis zum 30. Juni 2014 verlangt hatte. Das Gesetz erlaubt gleichgeschlechtlichen Paaren, das vom Partner adoptierte Kind ebenfalls zu adoptieren. Bisher ist nur die Adoption des leiblichen Kindes des Partners möglich. Die gemeinsame Adoption eines Kindes bleibt gleichgeschlechtlichen Paaren aber weiterhin verwehrt.

Erbrecht: Schlusserbe wird kein Ersatzerbe

Schlägt der durch ein gemeinschaftliches Ehegattentestament zum Alleinerben bestimmte überlebende Ehegatte die Erbschaft aus, ist ein in dem Testament bestimmter Schlusserbe ohne ausdrückliche testamentarische Bestimmung regelmäßig nicht als Ersatzerbe für den ausschlagenden Ehegatten berufen.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einer erbrechtlichen Streitigkeit entschieden. Beteiligte zu 1 daran ist die Tochter aus der ersten Ehe des im Jahre 2012 im Alter von 83 Jahren verstorbenen Erblassers. Der Beteiligte zu 2 ist der Neffe der zweiten Ehefrau des Erblassers. Gemeinsam mit seiner zweiten Frau errichtete der Erblasser im Jahre 2005 ein Ehegattentestament, mit dem sich die Eheleute gegenseitig zu alleinigen Erben einsetzten und die Beteiligten zu 1 und 2 zu gleichen Teilen als Schlusserben des Letztversterbenden bestimmten. Nach dem Tode des Erblassers schlug die zweite Ehefrau die Erbschaft aus. Daraufhin hat die Beteiligte zu 1 einen sie als Alleinerbin ausweisenden Erbschein beantragt. Dem Antrag ist der Beteiligte zu 2 mit der Begründung entgegengetreten, er sei aufgrund des Testaments aus dem Jahre 2005 hälftiger Miterbe geworden.

Die Richter am OLG gaben der Beteiligten zu 1 recht. Als einziger Abkömmling des Erblassers sei sie dessen Alleinerbin geworden. Da die zweite Ehefrau die Erbschaft aus allen Berufungsgründen ausgeschlagen habe, stehe ihr kein gesetzliches Erbrecht zu. Die im Ehegattentestament geregelte Konstellation, dass beide Beteiligte Schlusserben nach dem Letztversterbenden werden sollten, liege nicht vor, weil der Erblasser der zuerst Verstorbene sei.

Die Beteiligten zu 1 und 2 seien in dem Ehegattentestament auch nicht zu Ersatzerben für den Fall berufen worden, dass der überlebende Ehegatte die ihm zufallende Erbschaft ausschlage. Eine ausdrückliche Berufung beider Beteiligten zu Ersatzerben enthalte die letztwillige Verfügung nicht. Sie sei auch nicht in diesem Sinne auszulegen. Mit der Einsetzung des überlebenden Ehegatten als Alleinerben und weiterer Personen als Schlusserben hätten die testierenden Eheleute bei der Errichtung eines Ehegattentestaments bezweckt, das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen zunächst dem überlebenden Ehegatten ohne jede Einschränkung zukommen zu lassen, um das Vermögen dann nach dem Tode des Letztversterbenden den Schlusserben zuzuwenden. Dem liege regelmäßig die Erwartung zugrunde, dass der überlebende Ehegatte nach dem Tode des Erstversterbenden das ihm Zugewandte auch annehme. Schlage der überlebende Ehegatte die Erbschaft aber aus, erhalte er die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen zurück. Dass der Erblasser für diesen Fall den Willen gehabt habe, die als Schlusserben für das gemeinsame Vermögen ausgewählten Personen auch als Ersatzerben für (allein) sein Vermögen zu bestimmen, könne regelmäßig nicht angenommen werden. Mit der Ausschlagung verliere nämlich die Tochter des Erblassers die mit Bindungswirkung ausgestattete Aussicht, auch nach dem Tode der überlebenden zweiten Ehefrau zur Schlusserbin berufen zu sein (OLG Hamm, 15 W 136/13).

Ehegattenunterhalt: Dienstwagen zur privaten Nutzung erhöht unterhaltspflichtiges Einkommen

Wird einem unterhaltspflichtigen Arbeitnehmer ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt, erhöht sich sein unterhaltspflichtiges Einkommen in dem Umfang, in dem er eigene Aufwendungen für die Unterhaltung eines Pkw erspart.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall getrennt lebender Eheleute entschieden. Diese stritten über Trennungsunterhalt. Der unterhaltspflichtige Ehemann hat von seinem Arbeitgeber einen Firmenwagen, den er auch privat nutzen darf. Diesen setzt er unter anderem bei Besuchen der gemeinsamen, bei der Ehefrau lebenden Tochter ein. Das Fahrzeug wird mit einem Betrag von 236 EUR brutto auf den monatlichen Gehaltsabrechnungen des Ehemanns einkommenserhöhend aufgeführt und sodann als Nettobetrag von dem Gesamtbruttoeinkommen abgezogen. Der Ehemann hat gemeint, dass ein Pkw-Vorteil in Höhe von 236 EUR bei der Berechnung des ihm monatlich zur Verfügung stehenden, der Unterhaltsberechnung zugrunde zu legenden Einkommens nicht zu berücksichtigen sei. Dieser sei kein anzurechnender Privatvorteil, weil er den Pkw privat nur für die Besuche seiner Tochter einsetze und private Fahrten im Übrigen mit seinem Motorrad erledige.

Die Richter am OLG sahen das jedoch anders. Sie lehnten es ab, den Nettobetrag als einkommensmindernden Abzug anzuerkennen. Der Ehemann habe insoweit einen monatlichen Nutzungsvorteil, der beim unterhaltspflichtigen Einkommen zu berücksichtigen sei. Dieses erhöhe sich um den Betrag ersparter eigener Aufwendungen für die Unterhaltung eines Pkw, wenn einem Arbeitnehmer ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt werde. Hiervon sei im vorliegenden Fall mangels beachtlichen gegenteiligen Vortrags auszugehen. Der Ehemann nutze den Pkw privat für das Abholen und Zurückbringen der gemeinsamen Tochter. Daher liege neben der beruflichen Nutzung auch eine anteilige Privatnutzung vor. Ihr Vorteil könne mit dem in der Gehaltsabrechnung angegebenen Betrag bewertet werden. Einen geringeren Umfang der Privatnutzung im Verhältnis zur gesamten Nutzung habe der Ehemann nicht dargelegt. Auf eine fehlende Ersparnis eigener Aufwendungen unter dem Gesichtspunkt, dass er sich den Dienstwagen privat nicht angeschaffte hätte, könne sich der Ehemann nicht berufen. Er habe nämlich selbst vorgetragen, dass er einen Pkw für die Umgangskontakte mit seiner Tochter nutze (OLG Hamm, 2 UF 216/12).

Kindesunterhalt: Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen wird durch Kindergeld nicht erhöht

Muss ein Vater seinen fünf minderjährigen Kindern Unterhalt leisten, so wird seine Leistungsfähigkeit durch den für die beiden in seinem Haushalt lebenden Kinder gewährte Kinderzuschlag nicht erhöht.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Kinderzuschlag dazu diene, den Unterhaltsbedarf der mit dem Unterhaltsverpflichteten in einem Haushalt lebenden Kinder sicherzustellen (OLG Düsseldorf, 1 WF 310/11).

Nichteheliche Lebensgemeinschaft: Rückforderung einer Zuwendung an den Lebensgefährten

Wendet ein Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft dem anderen einen Geldbetrag zu, kommt es auf den Zweck und die Motivation an, ob es sich um eine Schenkung oder um eine unbenannte Zuwendung handelt. Davon hängt es ab, ob er den Betrag später zurückfordern kann oder nicht.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Der Kläger in dem Verfahren war Inhaber eines Sparbriefs in Höhe von 50.000 EUR. Im Mai 2007 begab er sich mit seiner nichtehelichen Lebensgefährtin auf eine mehrmonatige gemeinsame Europareise. Kurz vor dem geplanten Abreisedatum veranlasste er, dass der Sparbrief über 50.000 EUR aufgeteilt wurde. Eines der neuen Papiere über einen Betrag von 25.000 EUR wurde auf den Namen der Lebensgefährtin ausgestellt. Ende 2008 trennten sich die Parteien, weil die Lebensgefährtin aus der gemeinsamen Wohnung auszog. Mit der Klage hat der Kläger zunächst die Herausgabe des Sparbriefs geltend gemacht. Nunmehr verlangt er nach Gutschrift des Geldbetrags auf einem Konto der Frau die Zahlung von 25.000 EUR zuzüglich Zinsen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen und angenommen, es liege eher eine Schenkung als eine unbenannte Zuwendung unter Lebensgefährten vor. Der Zuwendung liege weder eine Zweckabrede zugrunde, noch sei die Geschäftsgrundlage für die Zuwendung weggefallen. Die Richter am BGH sahen das anders. Sie entschieden, dass die Ausstellung des Sparbriefs auf den Namen der Frau als eine unbenannte Zuwendung und nicht als Schenkung einzuordnen sei. Dies habe nämlich der Verwirklichung, Ausgestaltung und Erhaltung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Parteien dienen sollen. Hiergegen spreche nicht, dass die Zuwendung die Lebensgefährtin erst für den Fall des Todes des Klägers finanziell absichern sollte. In der zugrunde liegenden Abrede komme gleichwohl zum Ausdruck, dass die Solidarität der Parteien auch über den Tod des Klägers hinaus wirken. Damit sollte zugleich die Verbundenheit der Lebenspartner zu Lebzeiten bekräftigt werden. Mit der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft sei diese Grundlage der Zuwendung weggefallen. Deshalb stehe dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung zu (BGH, X ZR 135/11).

Erbrecht: Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks

Eine Schenkung kann widerrufen werden, wenn der Beschenkte objektiv eine Verfehlung von gewisser Schwere begangen hat. Es muss zudem in subjektiver Hinsicht hinzutreten, dass diese Verfehlung Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten ist, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten darf.

So formuliert der Bundesgerichtshof (BGH) die Voraussetzungen für den Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks. In dem betreffenden Fall verlangen die Erben der vormaligen Klägerin von deren Sohn die Rückübereignung eines bebauten Grundstücks, nachdem die zugrunde liegende Schenkung widerrufen wurde. Der Sohn hatte das Grundstück von seiner Mutter 2004 geschenkt bekommen. Anfang 2009 erteilte ihm die Mutter eine notariell beurkundete General- und Betreuungsvollmacht. Ein halbes Jahr später wurde die Mutter nach einem Sturz zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus eingeliefert. Kurz darauf wurde sie statt wie zunächst vorgesehen in eine Kurzzeitpflege auf Veranlassung des Sohns in eine Pflegeeinrichtung für demenzkranke Menschen aufgenommen. Hier hatte der Sohn bereits einen unbefristeten Heimvertrag abgeschlossen. Daraufhin widerrief die Mutter die erteilte Vorsorge- und Betreuungsvollmacht. Zugleich kündigte sie den Langzeitpflegevertrag und beantragte eine Kurzzeitpflege, bis die häusliche Pflege organisiert sei. Die entsprechenden Schreiben wurden von Nachbarn der Mutter auf ihre Bitte hin verfasst. Noch vor der Entscheidung des Betreuungsgerichts über die Einrichtung einer Betreuung teilte der Sohn dem Pflegeheim mit, dass eine Kündigung des Langzeitpflegevertrags nur von ihm erklärt werden dürfe. Zudem sollten weder andere Familienmitglieder noch Nachbarn zu seiner Mutter vorgelassen werden. Unter Berufung hierauf erklärte die Mutter den Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks.

Das Landgericht hat der von den Rechtsnachfolgern der während des Rechtsstreits verstorbenen Mutter weiterverfolgten Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen, da ein zum Widerruf der Schenkung berechtigendes schweres Fehlverhalten nicht angenommen werden könne.

Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Der Widerruf einer Schenkung setzte objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere voraus. In subjektiver Hinsicht müsse diese Verfehlung Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten sein, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lasse, die der Schenker erwarten dürfe. Ob diese Voraussetzungen erfüllt seien, müsse aufgrund einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Das Oberlandesgericht habe vorrangig darauf abgestellt, dass der Sohn aufgrund verschiedener Gutachten über den Gesundheitszustand und die Pflegebedürftigkeit von einer möglichen Geschäftsunfähigkeit seiner Mutter habe ausgehen dürfen. Dabei habe es außer Acht gelassen, dass die Mutter als Schenkerin unabhängig von der Frage ihrer Geschäftsfähigkeit erwarten durfte, dass der von ihr umfassend bevollmächtigte Sohn ihre personelle Autonomie respektierte. Dazu hätte er sie zunächst nach ihrem Willen hinsichtlich ihrer weiteren Pflege befragen müssen. Soweit es die Umstände zuließen, hätte er diesen Willen berücksichtigen müssen. Soweit dies unmöglich gewesen wäre, hätte er mit ihr zumindest die Gründe hierfür besprechen müssen. Da das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, aus welchen objektiven oder subjektiven Gründen dies unterblieben ist, konnte der BGH die Sache nicht abschließend entscheiden (BGH, X ZR 94/12).

Kindesunterhalt: Rechtlicher Vater schuldet Unterhalt, auch wenn er nicht der leibliche Vater ist

Wer seine – durch eine bestehende Ehe – gesetzlich zugeordnete Vaterschaft nicht wirksam angefochten hat und deswegen rechtlicher Vater ist, schuldet dem Kind auch dann Unterhalt, wenn unstreitig ist, dass er nicht der leibliche Vater ist.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Mannes entschieden, der der rechtliche Vater des 1996 geborenen Antragsgegners ist. Die Mutter hat nach der Scheidung der gemeinsamen Ehe erneut geheiratet, und zwar den biologischen Vater des Antragsgegners. Die Vaterschaftsanfechtungsklage des Antragstellers blieb wegen Fristablaufs ohne Erfolg. Mit Jugendamtsurkunde vom 23.9.2003 verpflichtete er sich, Kindesunterhalt an den Antragsgegner zu zahlen. Nun beantragt er Verfahrenskostenhilfe für die Abänderung der urkundlich begründeten Unterhaltsverpflichtung. Er begründet das damit, dass seine Inanspruchnahme aus der Urkunde treuwidrig sei. Der Antragsgegner ignoriere seine Existenz und akzeptiere nur den biologischen Vater als Vater.

Mit diesem Antrag ist er vor dem OLG erfolglos geblieben. Die Richter stellten fest, dass sich der durch eine Jugendamtsurkunde zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtete rechtliche Vater nicht darauf berufen könne, er sei nach Treu und Glauben nicht zu Unterhaltszahlungen verpflichtet, weil er nicht der leibliche Vater des Antragsgegners sei. Nach den einschlägigen familienrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), die zwingendes Recht seien, wirkten die Vaterschaftstatbestände mit Wirkung für und gegen alle. Deswegen könne sich der rechtliche Vater nur und erst dann auf die Vaterschaft eines anderen Mannes berufen, wenn die gesetzliche Vermutung seiner Vaterschaft aufgrund einer gerichtlichen Vaterschaftsanfechtung beseitigt sei. Diese gerichtliche Klärung sei unverzichtbar, selbst wenn unter den Beteiligten kein Streit darüber bestehe, wer der leibliche Vater sei (OLG Hamm, 2 WF 190/13).

Ehegattenunterhalt: Unterhalt bei unberechtigten Missbrauchsvorwürfen verwirkt

Der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten kann verwirkt sein, wenn er dem unterhaltsverpflichteten Ehegatten über Jahre wiederholt zu Unrecht sexuellen Missbrauch vorwirft und die Vorwürfe objektiv geeignet sind, den Unterhaltsverpflichteten in der Öffentlichkeit nachhaltig verächtlich zu machen und so seine familiäre, soziale und wirtschaftliche Existenz zu zerstören.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines seit 2002 geschiedenen Ehepaars entschieden. Nach der Trennung der Eheleute im Jahre 1999 behauptete die Ehefrau im Rahmen der familiengerichtlichen Auseinandersetzung, der Ehemann habe die 1993 geborene gemeinsame Tochter sexuell missbraucht. Daraufhin eingeholte Sachverständigengutachten kamen 2001 zu dem Ergebnis, dass es keine Anhaltspunkte für einen Missbrauch des Kindes durch den Vater gibt. In Kenntnis dieses Ergebnisses erklärte die Ehefrau noch im Jahre 2001 gegenüber der Vermieterin des Ehemanns, der Ehemann sei ein „Kinderschänder“ und äußerte 2002 gegenüber seiner Lebensgefährtin, er habe pädophile Neigungen. Einen Verdacht, der Ehemann habe die gemeinsame Tochter missbraucht, teilte sie 2002 zudem dem Jugendamt mit. Wegen dieser Äußerungen verurteilte das Landgericht Duisburg die Ehefrau im Jahre 2003 dazu, es zu unterlassen, gegenüber Dritten zu behaupten, der Ehemann sei ein Kinderschänder. Den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs wiederholte die Ehefrau 2002 zudem gegenüber zwei ihrer Kinder. Auch im Rahmen einer zivilgerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Ehemann 2005 deutete sie den Vorwurf an. Im vorliegenden Verfahren hat die Ehefrau nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich über 1.500 EUR verlangt. Sie hat u.a. gemeint, ihr Anspruch sei nicht verwirkt. Ihre Verdachtsmomente für einen sexuellen Missbrauch habe sie äußern dürfen, wahrheitswidrig erhobene Missbrauchsvorwürfe könnten ihr auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht als Fehlverhalten vorgeworfen werden, weil sie seinerzeit an Depressionen gelitten habe.

Das Unterhaltsverlangen der Ehefrau ist erfolglos geblieben. Die Richter am OLG hielten ihren Anspruch auf Nachscheidungsunterhalt für verwirkt. Die Ehefrau habe dem Ehemann über Jahre wiederholt zu Unrecht den sexuellen Missbrauch der Tochter vorgeworfen. Nach der Vorlage der Sachverständigengutachten stellten ihre Äußerungen gegenüber unbeteiligten Dritten wie der Vermieterin, der Lebensgefährtin, den Kindern und einer Zivilrichterin ein schwerwiegendes, eindeutig bei der Ehefrau liegendes Fehlverhalten dar. Die wiederholt und über mehrere Jahre ohne tatsächliche Anhaltspunkte auch Dritten gegenüber geäußerten Missbrauchsvorwürfe seien objektiv geeignet gewesen, den Ehemann in der Öffentlichkeit nachhaltig verächtlich zu machen und hätten so seine familiäre, soziale und wirtschaftliche Existenz zerstören können. Bei den schon objektiv sehr schwerwiegenden Vorwürfen komme es nicht darauf an, ob sie von der Ehefrau im Zustand einer Schuldunfähigkeit erhoben worden seien. Bei derart schweren und nachhaltigen Beeinträchtigungen gebiete es die nacheheliche Solidarität auch nicht mehr, einem ggf. schuldlos handelnden Ehegatten Unterhalt zu gewähren (OLG Hamm, 2 UF 105/13).

Versorgungsausgleich: Ausschluss in Ehevertrag kann bei Ausgleichsleistungen wirksam sein

Auch bei einer Alleinverdienerehe kann in einem Ehevertrag der Versorgungsausgleich ausgeschlossen werden.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH). Die Richter wiesen in Ihrer Entscheidung drauf hin, dass dies möglich sei, wenn die wirtschaftlich nachteiligen Folgen der Vereinbarung für den belasteten Ehegatten ausreichend abgemildert würden. Dies sei durch Ausgleichsleistungen möglich. In dem betreffenden Fall war dies durch die Finanzierung einer privaten Kapitalversicherung und die Übertragung einer Immobilie erfolgt (BGH, XII ZB 303/13).

Vorsorgevollmacht: Bevollmächtigter muss sich gegenüber Erben für Kontoabflüsse rechtfertigen

Wird eine Vorsorgevollmacht erteilt, wird hierdurch ein rechtsgeschäftlich bindendes Auftragsverhältnis begründet. Der Bevollmächtigte ist daher grundsätzlich auskunfts- und rechenschaftspflichtig.

Diese Klarstellung traf das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) in einem erbrechtlichen Rechtsstreit. Die im Alter von fast 90 Jahren verstorbene Erblasserin wohnte seit 1984 mit ihrer Schwiegertochter in deren Haus. Bereits 2002 hatte sie der Schwiegertochter eine Kontovollmacht erteilt, 2005 erteilte sie zusätzlich noch eine Vorsorgevollmacht. Die Schwiegertochter hatte Barabhebungen oder Überweisungen in einem Umfang von insgesamt 146.000 EUR vom Konto der Erblasserin vorgenommen. Es handelte sich überwiegend um Barabhebungen in einem Umfang von 1.000 EUR bis 3.000 EUR. Hinzu kommen zwei Verfügungen über 20.000 EUR und 15.000 EUR. Nach dem Tod der Erblasserin verlangen die Erben – ihre Enkel – von der Schwiegertochter die abgehobenen Beträge zurückerstattet.

Das OLG verurteilte die Schwiegertochter, 59.500 EUR zurückzuzahlen. Die Richter gehen davon aus, dass mit der Vorsorgevollmacht ein rechtsgeschäftlich bindendes Auftragsverhältnis begründet worden ist. Dafür spreche bereits, dass in dem Text der Vorsorgevollmacht sogar ausdrücklich der Begriff des „Auftragsverhältnisses“ verwandt worden ist. Der Auftrag ist dahin auszulegen, dass die Schwiegertochter nicht nur zur Erhaltung oder Mehrung des Vermögens der Erblasserin verpflichtet sein sollte. Sie sollte vielmehr auch der Erblasserin Bargeld besorgen, das diese für ihren Lebensunterhalt oder auch zur Erfüllung von Wünschen benötigte. Dabei müsse die Schwiegertochter beweisen, dass sie die Gelder auftragsgemäß verwandt hat. Allerdings unterscheidet das Gericht zwischen kleineren und größeren Abhebungen.

  • Zum einen wird von einem auftragsgemäßen Verbrauch der abgehobenen Geldbeträge ausgegangen, soweit die Schwiegertochter die Gelder für den Lebensunterhalt oder für sonstige Zwecke der Erblasserin verwandt hat. Das Gericht schätzt diesen Mindestbedarf auf 16.000 EUR.
  • Bei den höheren Beträgen von 20.000 EUR etc. lässt das Gericht den Einwand aber nicht zu, die Erblasserin hätte die Kontoauszüge erhalten und kontrolliert. Zwar könnte aus einer Kontrolle der Kontoauszüge durch die Erblasserin zu schließen sein, dass sie entweder den Betrag von 20.000 EUR tatsächlich erhalten hat oder mit dem Verbleib dieses Betrags bei der Beklagten einverstanden war und keine weitere Rechenschaft verlangte. Hier hatte das Gericht aufgrund eines Pflegegutachtens jedenfalls erhebliche Zweifel, ob die Erblasserin zu jenem Zeitpunkt noch in der Lage war, anhand von Kontoauszügen den Verbleib ihrer Mittel zu kontrollieren.

Hinweis: Wird eine Vorsorgevollmacht erteilt, bestehen seitens des Bevollmächtigten grundsätzlich Auskunfts- und Rechenschaftspflichten. Er muss – notfalls gegenüber den Erben – die zweckentsprechende Verwendung der abgehobenen oder überwiesenen Gelder nachweisen. Gelingt ihm das nicht, haftet er für diese Beträge (Brandenburgisches OLG, 4 U 130/12).