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Urteilsarchiv

Familien- und Erbrecht

Kindesumgang: Vollstreckung eines Umgangstitels

Im Vollstreckungsverfahren wird die Rechtmäßigkeit der gerichtlichen Entscheidung nicht überprüft.

Neue Umstände können der Vollstreckung eines Umgangstitels nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe jedoch zur Wahrung des Kindeswohls entgegenstehen. Voraussetzung dafür ist, dass darauf ein zulässiger Antrag auf Abänderung des Ausgangstitels und auf Einstellung der Zwangsvollstreckung gestützt ist. Zudem müssen gewichtige Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die zu vollstreckende gerichtliche Entscheidung keine dem Wohl des Kindes dienliche Umgangsregelung mehr enthält (OLG Karlsruhe, 18 WF 11/14).

Patchwork-Familie: Umgangsrecht des Stiefelternteils

Die „Patchwork-Familie“ ist der dritthäufigste Familientyp nach der „Kernfamilie“ und den Alleinerziehenden. „Patchwork“ bedeutet „Flick-“ oder „Stückwerk“ und ist ein passender Begriff, wenn man sich den Familientyp genauer ansieht: Zwei Erwachsene leben mit Kindern aus einer früheren Beziehung zusammen: Ein Mann und eine Frau, zwei Männer, zwei Frauen, Kinder aus einer vorangegangenen Ehe, Kinder aus verschiedenen vorangegangen Beziehungen. Dies kann rechtliche Probleme mit sich bringen.

Gestritten wird dabei oft um ein Umgangsrecht des Stiefelternteils mit dem Kind. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch gilt Folgendes: Enge Bezugspersonen des Kindes, die für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben (sozial-familiäre Beziehung) haben ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung ist i.d.R. anzunehmen, wenn die Person mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat. Allerdings besteht gerade bei in die Brüche gegangenen Patchwork-Familien die Gefahr, dass die einzelnen Umgangsrechtsansprüche das Kind überfordern (sog. „Umgangstourismus“. Deshalb gilt grundsätzlich folgende Reihenfolge:

  • An erster Stelle stehen die Elternteile,
  • an zweiter Stelle stehen die Großeltern und Geschwister,
  • an dritter Stelle kommen die engen Bezugspersonen des Kindes, wenn diese für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben (sozial-familiäre Beziehung).

Hinweis: Stiefeltern haben zwar das Recht auf Umgang mit dem Kind, jedoch keine entsprechende Pflicht. Daher hat auch das Stiefkind kein Recht auf Umgang mit dem Stiefelternteil

Erbrecht: Internationales Erbrecht wird neu geregelt

Immer mehr Menschen arbeiten oder verbringen ihren Lebensabend im europäischen Ausland. Viele besitzen dort und in ihrem Heimatland Vermögen. Im Todesfall sind die Erben damit oftmals überfordert. Im kommenden Jahr wird die Abwicklung von Erbfällen innerhalb der EU vereinfacht. Ab August 2015 gilt die neue Europäische Erbrechtsverordnung(EU-ErbVO). Diese regelt, welches nationale Erbrecht anzuwenden ist, wenn Vermögen in mehreren EU-Staaten zu vererben ist. Die neue VO bietet vor allem größere Rechtssicherheit, von der jährlich gut 450.000 Familien profitieren werden.

Vaterschaftsanfechtung: Künstliche Befruchtung mit Fremdsamen schließt Anfechtung aus

Bei einer künstlichen Befruchtung mit einer Fremdsamenspende kann der Ehemann der Frau die Vaterschaft nicht anfechten.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg. Der Antragsteller in dem Verfahren hatte behauptet, er sei zeugungsunfähig. Das Kind sei im Wege der Fremdbefruchtung gezeugt worden. Seine Ehefrau habe ohne sein Wissen und ohne seine Zustimmung über das Internet einen Samenspender gesucht und gefunden. Er sei daher nicht der Vater und auch nicht zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet. Das Familiengericht hat dem Antrag entsprochen und auf der Grundlage eines eingeholten Abstammungsgutachtens festgestellt, dass der Mann nicht der Vater des Kindes ist.

Auf die Beschwerde der Mutter des Kindes wurde der Beschluss des Familiengerichts jetzt geändert. Das OLG hat den Antrag des Mannes auf Feststellung, dass er nicht der leibliche Vater des Kindes seiner Ehefrau sei, abgelehnt. Dieser sei vielmehr nach den Bestimmungen des BGB Vater des Kindes, weil er bei der Geburt mit der Mutter verheiratet gewesen sei. Allein der Umstand, dass er nach dem Abstammungsgutachten nicht der biologische Vater des Kindes sei, ändere daran nichts. Das Recht der Anfechtung der Vaterschaft sei vielmehr ausgeschlossen, weil das Kind mit Einwilligung des Antragstellers und der Mutter künstlich mittels einer Samenspende gezeugt worden sei. Der Gesetzgeber habe in Fällen, in denen sich Eheleute bewusst für die Zeugung eines Kindes durch künstliche Fremdsamenübertragung entscheiden, die Anfechtung ausgeschlossen. Die Eltern übernehmen eine besondere Verantwortung für das auf diese Weise gezeugte Kind. Sie dürften nicht im Nachhinein über die zuvor einvernehmlich getroffene Wahl der Fremdzeugung ihre elterliche Verantwortung wieder aufheben lassen.

Nach Durchführung der Beweisaufnahme, in der der Senat insbesondere den biologischen Vater des Kindes ermittelt und als Zeugen vernommen hatte, stellte sich heraus, dass der Mann sehr wohl einer Fremdbefruchtung zugestimmt hatte. Nachdem eine künstliche Befruchtung fehlgeschlagen war, hatten der Mann und seine Ehefrau über eine Samenspende gesprochen. Der Mann war dann zunächst mit einer Fremdbefruchtung einverstanden. Ihm wurde erst später, als die Frau schwanger geworden war, bewusst was es für ihn bedeute, dass das Kind biologisch nicht von ihm abstamme. Dieser späte Sinneswandel war rechtlich allerdings bedeutungslos (OLG Oldenburg, 11 UF 179/13).

Vormundschaft: Großeltern müssen bei der Auswahl in Betracht gezogen werden

Der Schutz der Familie nach dem Grundgesetz schließt auch familiäre Bindungen zwischen nahen Verwandten ein, insbesondere zwischen Großeltern und ihrem Enkelkind. Soweit tatsächlich eine engere familiäre Bindung besteht, haben Großeltern daher ein Recht darauf, bei der Auswahl eines Vormunds für ihr Enkelkind in Betracht gezogen werden.

Dies hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) festgestellt. Die Vormundschaft oder Ergänzungspflegschaft ermögliche es den Verwandten, das Kind zu sich zu nehmen und in eigener Verantwortung zu betreuen und zu erziehen. Auf diese Weise können sie ihre familiäre Bindung zum Kind fortführen und verwandtschaftlicher Verantwortung gerecht werden. Großeltern und sonstigen nahen Verwandten komme daher bei der Auswahl des Vormunds oder Ergänzungspflegers der Vorrang gegenüber nicht verwandten Personen zu, sofern nicht im Einzelfall konkrete Erkenntnisse darüber bestehen, dass dem Wohl des Kindes, das für die Auswahl bestimmend ist, durch die Auswahl einer dritten Person besser gedient ist (BVerfG, 1 BvR 2926/13).

Aktuelle Gesetzgebung: Unterhaltsansprüche international leichter durchsetzbar

Am 1.8.14 ist das Haager Übereinkommen über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen („Haager Unterhaltsübereinkommen“) in Kraft getreten. Damit können Unterhaltsansprüche auch über die Grenzen der EU hinaus verfolgt werden.

Den Unterhaltsgläubigern stehen nun in ihrem jeweiligen Staat zentrale Behörden zur Verfügung, die ihnen bei der Durchsetzung der Ansprüche im Ausland helfen. In Deutschland ist dies das Bundesamt für Justiz in Bonn. Weiterhin erhalten Betroffene für ihre Rechtsdurchsetzung kostenlose Prozesskostenhilfe. Unterhaltsurteile, die in einem Vertragsstaat erlassen wurden, werden von nun an in den anderen Vertragsstaaten nach einem stark vereinfachten Verfahren zügig anerkannt. Neben der EU und ihren 28 Mitgliedstaaten gehören dem Übereinkommen bislang weitere vier Staaten an, Norwegen, Bosnien-Herzegowina, Albanien und die Ukraine. Ein Hauptmotor bei den Verhandlungen zu dieser Konvention waren auch die Vereinigten Staaten von Amerika, sodass davon auszugehen ist, dass diese und auch weitere Staaten, gerade jetzt nach der Ratifikation durch die EU, dem Übereinkommen zeitnah beitreten werden.

Erbrecht: Auch im Computerzeitalter müssen Testamente handschriftlich sein

Man kennt es aus Filmen: Per Videobotschaft wendet sich der Erblasser an seine Erben. Seinen letzten Willen hat er nicht zu Papier gebracht, sondern erläutert ihn per Film oder hat ihn in einer Computerdatei niedergelegt. Video und Datei sind in eine kennwortgesicherte Daten-Cloud hochgeladen. Während die Angehörigen trauern, gibt der Verstorbene vom Bildschirm aus Anweisungen oder spielt Schnitzeljagd, wie sein „Testament“ heruntergeladen werden kann. Doch ist ein solches Testament auch in der Realität in Deutschland gültig?

Notar Uerlings, Pressesprecher der Rheinischen Notarkammer, kennt nur eine Antwort: „Nein! Nach deutschem Recht muss ein Testament mindestens handschriftlich verfasst sein. Das bedeutet: Es muss eigenhändig geschrieben und das Ganze zum Schluss unterschrieben werden!“ Eine Videobotschaft, eine Computer-Datei, eine SMS oder eine WhatsApp-Nachricht werden nicht als wirksame Testamente anerkannt. Und wer sein Testament selbst verfasst, darf nicht einmal zur Schreibmaschine oder zum Computer greifen. „Jede Zeile des Testaments muss mit der Hand geschrieben werden, sonst ist es unwirksam“, warnt Notar Uerlings.

Und was gehört in ein Testament? „Jeder Bürger hat das Recht, die Erbfolge nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Man kann z. B. eine bestimmte Person als Erben einsetzen, ausschließen oder mit einem Vermächtnis einer Person einen bestimmten Gegenstand – z. B. ein Grundstück – zuwenden“, erklärt der Notar. Doch Vorsicht ist geboten. Im Erbrecht lauern zahlreiche Fallstricke. Nicht selten weisen eigenhändige Testamente Fehler auf oder sind missverständlich geschrieben. Streitigkeiten zwischen den Erben sind die Folge.

Für ein Testament sollte deswegen ein Experte im Erbrecht hinzugezogen werden. Der Gesetzgeber hat daher vorgesehen, dass ein Testament auch mit der Hilfe eines Notars errichtet werden kann. Der Notar nimmt nicht nur die Beurkundung vor, sondern leistet vorher eine umfassende Beratung und zeigt verschiedene Regelungsmöglichkeiten auf, sofern der Erblasser nicht bereits einen Anwalt mit der Beratung beauftragt hat.

Auf zwei weitere Vorteile eines notariellen Testaments ist hinzuweisen: Zum einen muss ein notarielles Testament beim Zentralen Testamentsregister der Bundesnotarkammer („www.testamentsregister.de“) registriert werden. So ist sichergestellt, dass das Testament bei Eintritt des Todesfalls auch gefunden wird. Ein zu Hause verwahrtes Testament kann dagegen nicht registriert werden. Zum anderen kann der Gang zum Notar sogar Kosten sparen. Denn häufig muss z. B. gegenüber Banken, Behörden oder dem Grundbuchamt der Nachweis erbracht werden, wer Erbe ist. Hat der Verstorbene ein notarielles Testament hinterlassen, erspart er seinen Erben die Kosten für einen Erbscheinsantrag und den Erbschein.

Umgangsrecht: Aufhebung des Wechselmodells, wenn Kind ständig die Hausaufgaben vergisst

Haben die getrennt lebenden Kindeseltern eine Umgangsregelung im Wechselmodell vereinbart, nach dem das Kind die Wochenenden wechselnd bei der Mutter oder dem Vater verbringt, kann diese Regelung aufzuheben sein, wenn es dadurch zu Problemen bei den Hausaufgaben des Kindes kommt.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg in einem Streit um das Umgangsrecht. Die Richter machten zunächst einmal deutlich, dass eine einmal getroffene Umgangsregelung nur geändert werden könne, wenn es hierfür triftige, das Wohl des Kindes nachhaltig berührende Gründe gebe. Dies könne beispielsweise der Fall sein, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert hätten oder die getroffene Regelung sich nicht bewährt habe. Das sei im vorliegenden Fall gegeben. Das Kind habe regelmäßig seine Hausaufgaben vergessen bzw. nicht gemacht. Gegenüber den Lehrern hatte es das mit dem regelmäßigen Aufenthaltswechsel begründet. Es habe dadurch bedingt die Unterrichtsmaterialien nicht zur Verfügung gehabt. Das ursprünglich einvernehmlich durchgeführte Wechselmodell sei daher zu beenden und durch eine andere Umgangsregelung zu ersetzen (OLG Brandenburg, 10 UF 212/13).

Geschiedenenunterhalt: Abänderung von notariellen Vereinbarungen in höherem Alter

Die in einer notariellen Vereinbarung enthaltene Verpflichtung, an die geschiedene Ehefrau Unterhalt zu leisten, kann bei einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse entfallen. Eine derartige Veränderung kann im fortschreitenden Alter des Verpflichteten und den sich daraus ergebenden Auswirkungen auf seine Erwerbstätigkeit gesehen werden.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz im Fall eines 78-jährigen hin. Dieser verlangte die Abänderung einer notariellen Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Ehegattenunterhalts. Bei Scheidung seiner Ehe hatte er sich im Rahmen eines notariellen Ehevertrags verpflichtet, einen monatlichen nachehelichen Unterhalt von 1000 EUR zu zahlen. Wegen einer Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse sei ihm dies nicht mehr möglich. Er verfüge lediglich über Altersrente und Ehrensold in Höhe von insgesamt 473 EUR monatlich. Sein weiteres Einkommen bestreite er aus der nach wie vor ausgeübten selbstständigen Tätigkeit als Bauingenieur.

Das OLG hat die notarielle Vereinbarung – dem Antrag des Ehemanns folgend – abgeändert. Die notarielle Vereinbarung der Eheleute sei nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage im Falle einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse abänderbar. Eine solche sei unter anderem hinsichtlich der Einnahmen des Ehemanns aus seiner weiterhin ausgeübten selbstständigen Tätigkeit als Bauingenieur eingetreten. In welchem Umfang das Einkommen aus Erwerbstätigkeit nach Erreichen der Regelaltersgrenze für Unterhaltsleistungen heranzuziehen sei, müsse im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände bewertet werden. Dabei seien insbesondere das Alter, die zunehmende körperliche und geistige Belastung, die ursprüngliche Planung der Eheleute und ihre wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen. Danach entfalle die Unterhaltspflicht des Antragstellers. Zwar seien die Vorstellungen der Eheleute bei Abschluss des notariellen Vertrags ersichtlich dahin gegangen, der – damals bereits fast 69 Jahre alte – Ehemann werde noch über das Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze hinaus eine Erwerbstätigkeit ausüben. Daraus folge aber nicht der Einsatz der daraus erzielten Einkünfte für den Unterhalt der Ehefrau auf unabsehbare Zeit. Hinzu komme die schwierige finanzielle Lage des Antragstellers, der lediglich über geringe Altersrente und Ehrensold verfüge. Er könne deshalb durch geringe Einkünfte aus seiner selbstständigen Tätigkeit, deren Erzielung mit fortschreitendem Alter immer weniger wahrscheinlich werde, lediglich seinen angemessenen eigenen Lebensbedarf sicherstellen (OLG Koblenz, 9 UF 34/14).

Vaterschaftsfeststellung: Kostentragung des Kindesvaters bei Zweifeln an der Vaterschaft

Bei einem erfolgreichen Antrag des Kindes auf Feststellung der Vaterschaft entspricht es nicht billigem Ermessen, dem Kindesvater allein aufgrund seines Unterliegens die gesamten Verfahrenskosten aufzuerlegen, wenn dieser berechtigte Zweifel an seiner Vaterschaft hatte, weil die Kindesmutter Mehrverkehr während der gesetzlichen Empfängniszeit eingeräumt hatte.

Mit dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt, dass die Kostentragungsregelung bei Abstammungsverfahren nicht allein nach dem Obsiegen und Unterliegen zu treffen ist. Neben dem Obsiegen und Unterliegen ist in den Vaterschaftsfeststellungsverfahren insbesondere zu berücksichtigen, inwiefern ein Beteiligter Anlass für das gerichtliche Verfahren gegeben hat. Allerdings wird der Vater auch bei einem eingeräumten Mehrverkehr der Mutter zumindest teilweise an den Kosten beteiligt, wenn seine Vaterschaft nach dem Gutachten feststeht (BGH, XII ZB 15/13).