| Solange das Finanzamt nicht weiß, dass die Eheleute nicht mehr zusammen zu veranlagen sind, kann es davon ausgehen, dass der die Vorauszahlungen leistende Ehegatte die Steuerschulden beider begleichen will. |
| Die Agentur für Arbeit kann Forderungen gegen den Erblasser aus einem bestandskräftigen Verwaltungsakt nicht durch Haftungsbescheid gegenüber den Erben geltend machen. Sie kann und muss den ursprünglichen Verwaltungsakt gegen die Erben vollstrecken.|
| Seit dem 17. August 2015 gilt die EU-Erbrechtsverordnung für alle Erbfälle. Die gravierenden Änderungen können bei grenzüberschreitenden Erbfällen zu unangenehmen Überraschungen führen. Probleme drohen insbesondere bei dem in Mustern aus dem Internet verbreiteten sog. Berliner Testament. Worauf hier lebende Ausländer, sowie Deutsche, die ihren Lebensmittelpunkt ins Ausland verlagert haben, bei der neuen Erbrechtsverordnung achten sollten, lesen Sie hier. |
| Der betreuende Elternteil muss alle erzieherischen Möglichkeiten ausschöpfen, um auf das Kind einzuwirken, damit es den titulierten Umgang wahrnimmt. Tut er dies nicht, kann ein Ordnungsgeld gegen ihn festgesetzt werden. |
| Postet die getrennt lebende Ehefrau auf Facebook Fotos von sich und ihrem neuen Lebensgefährten, ist ihr Anspruch auf Trennungsunterhalt damit noch nicht ausgeschlossen. |
So entschied es das Amtsgericht Lemgo. Das Gericht wertete auch die innige Vertrautheit der beiden auf den Bildern nicht als schwerwiegendes Fehlverhalten das geeignet sei, den zum Unterhalt verpflichteten Ehemann in der Öffentlichkeit lächerlich zu machen. Dies gelte insbesondere, wenn der Ehemann selbst ein außereheliches Verhältnis pflegt, das schon vor der Trennung bestanden habe.
Quelle | Amtsgericht Lemgo, Beschluss vom 8.6.2015, 8 F 43/15, Abruf-Nr. 145154 unter www.iww.de.
| Die Bundesregierung hat den vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts sowie des Unterhaltsverfahrensrechts beschlossen. |
Durch eine Änderung des Unterhaltsrechts soll die Anbindung des Mindestunterhalts für minderjährige Kinder an den steuerlichen Freibetrag beendet werden. Die Anknüpfung an den Kinderfreibetrag hat in der Vergangenheit zu Abweichungen zwischen der Höhe des Mindestunterhalts und dem Existenzminimum minderjähriger Kinder geführt. Deswegen soll künftig die Höhe des Mindestunterhalts direkt an das Existenzminimum gekoppelt werden.
Darüber hinaus soll das vereinfachte Unterhaltsverfahren anwenderfreundlicher geregelt und deutlicher als bisher auf die typischen F&aumauml;lle seiner Anwendung ausgerichtet werden. Dazu werden die Verfahrensrechte der Beteiligten neu bestimmt und das Verfahren effizienter gestaltet. Es sollen daher insbesondere die Regelungen im FamFG zum Anwendungsbereich des vereinfachten Verfahrens, zu den Einwendungen des Antragsgegners, zum Übergang in das streitige Verfahren und zum Formularzwang geändert werden.
Schließlich sind im Auslandsunterhaltsgesetz vorwiegend technische Anpassungen vorgesehen. Hiermit wird insbesondere auf eine Entscheidung des EuGH zur örtlichen Zuständigkeit der deutschen Familiengerichte in Auslandsunterhaltssachen reagiert.
Quelle | Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
| Die Mutterrolle und Verantwortung für ein Kind ist keine Garantie dafür, dass eine notorische Einbrecherin zukünftig keine Straftaten mehr begeht. |
Das musste sich eine 20-jährige vor dem Amtsgericht München sagen lassen. Das Gericht verurteilte sie wegen eines Wohnungseinbruchsdiebstahls zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten ohne Bewährung.
Die junge Frau war mit ihrem Ehemann kurz vor der Tat von Kroatien nach München gereist. Um sich Geld zu verschaffen, war sie in ein Haus eingebrochen. Dabei hatte sie geringe Beute gemacht, aber hohen Sachschaden verursacht. Kurz nach der Tat wurde sie verhaftet und in Untersuchungshaft genommen. In der Justizvollzugsanstalt brachte sie eine Tochter zur Welt. Das Kind wurde vom Kindsvater und dessen Eltern im Einverständnis mit der Angeklagten abgeholt. Sie lebt nun bei der Familie des Vaters in Kroatien. Die Angeklagte vermisst ihr Kind sehr.
Obwohl sie Mutter eines Neugeborenen ist und die Tat gestanden hat, wurde sie zu einer hohen Haftstrafe verurteilt. Das Gericht hat auf die 20-jährige Angeklagte Jugendstrafrecht angewendet. Es hat festgestellt, dass bei ihr schädliche Neigungen vorliegen. Die Angeklagte wurde bereits im Jahr 2010 vom Amtsgericht Freiburg wegen zwei Einbruchsdiebstählen und vier versuchten Einbrüchen zu acht Monaten Jugendstrafe und im März 2013 in Frankreich zu zwei Monaten Freiheitsstrafe wegen Einbruchsdiebstahls verurteilt. Wegen dieser Vorverurteilungen saß die Angeklagte in Frankreich bereits nein Monate in Haft. In Deutschland saß sie im Jahr 2010 zwei Monate in Haft. Das Gericht stellt fest: Zwar ist sie mittlerweile Mutter geworden und hat in der Hauptverhandlung nachvollziehbar geäußert, ihr Kind sehr zu vermissen. Angesichts der tief verwurzelten kriminellen Energie der Angeklagten hat das Gericht jedoch nicht die Hoffnung, dass allein die Mutterrolle und die damit verbundene Verantwortung für ihr Baby die Angeklagte künftig längerfristig auf einem rechtstreuen Lebensweg halten kann.
Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 11.06.2015, 1034 Ls 468 Js 199228/14, Abruf-Nr. 145153 unter www.iww.de
| Liegen die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe vor, hat dies weitreichende Folgen für das Erbrecht. |
Das erfuhr eine Frau vor dem Oberlandesgericht (OLG) Naumburg. Sie hatte bei Gericht die Scheidung eingereicht. Ihr Mann hatte der Scheidung zunächst zugestimmt. Dann hatten sich die beiden wieder versöhnt. Kurz bevor die Frau die Scheidung bei Gericht zurücknahm, verstarb der Mann. Das Nachlassgericht weigerte sich, der Frau einen Erbschein auszustellen.
Zu Recht, entschied das OLG. Die Frau sei vom Erbrecht ausgeschlossen. Das folge aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Danach sei das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und – als eine der beiden genannten Alternativen – der Erblasser der Ehescheidung zugestimmt hatte. Der gesetzliche Erbrechtausschlussgrund erfordere also zweierlei.Zum einen muss bei Gericht ein Antrag auf Ehescheidung rechtshängig sein. Zum anderen muss dieser Antrag zur Zeit des Erbfalls begründet gewesen sein. Wird die Rücknahme des Scheidungsantrags erst nach dem Eintritt des Erbfalls erklärt, ist das zu spät. Das ändert dann nichts mehr am zuvor bereits kraft Gesetzes eingetretenen Ausschluss des Erbrechts.
Quelle | OLG Naumburg, Beschluss vom 30.3.2015, 2 Wx 55/14, Abruf-Nr. 145155 unter www.iww.de.
| Ein Erbvertrag, mit dem die Geschäftsführerin eines Pflegedienstes zur Alleinerbin einer von ihrem Pflegedienst Betreuten eingesetzt wird, ist unwirksam. |
Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. im Fall einer ledigen und kinderlosen Erblasserin. Diese wurde seit Jahren bis zu ihrem Tod von dem ambulanten Pflegedienst der Geschäftsführerin betreut. Die Geschäftsführerin selbst hatte die Erblasserin anlässlich eines Krankenhausaufenthalts kennengelernt. Sie hatte sie ab dann regelmäßig besucht. Man hatte gemeinsame Ausflüge unternommen und zweimal in der Woche zusammen Mittag gegessen. Knapp ein Jahr vor ihrem Tod schloss die Erblasserin mit der Geschäftsführerin einen notariellen Erbvertrag. Darin wurde die Geschäftsführerin als alleinige Erbin eingesetzt. Nach dem Tod der Erblasserin beantragte die Geschäftsführerin auf der Grundlage des Erbvertrags einen Erbschein, der ihr vom Nachlassgericht erteilt wurde. Der Wert des Nachlasses betrug rund 100.000 EUR.
Nachdem das Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde ein Bußgeldverfahren gegen die Geschäftsführerin wegen Verstoßes gegen das Verbot in § 7 Hessisches Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen (HGBP) eingeleitet hatte, zog das Nachlassgericht den Erbschein als unrichtig wieder ein. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Geschäftsführerin, die das OLG nunmehr nach Vernehmung mehrerer Zeugen zurückwies.
Zur Begründung führt das OLG aus: Die Geschäftsführerin sei nicht Alleinerbin geworden, da der Erbvertrag wegen Verstoßes gegen § 7 HGBP unwirksam sei. Die Vorschrift untersage es der Leitung und den Mitarbeitern einer Betreuungs- oder Pflegeeinrichtung, sich von Betreuungs- und Pflegebedürftigen neben der vereinbarten Vergütung Geld oder geldwerte Leistungen für die Pflegeleistungen versprechen oder gewähren zu lassen. Anders als die Vorgängernorm (§ 14 Heimgesetz) erstrecke sich § 7 HGPB nunmehr ausdrücklich auch auf ambulante Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen und deren Leitung. Die Regelung solle verhindern, dass die Hilf- oder Arglosigkeit alter und pflegebedürftiger Menschen in finanzieller Hinsicht ausgenutzt werde. Sie diene auch dazu, ihre Testierfreiheit zu sichern. Bei einer Erbeinsetzung – wie hier – liege ein Verstoß allerdings nur vor, wenn die Erbeinsetzung im Zusammenhang mit der Erfüllung der Pflichten aus dem Pflegevertrag erfolge. Hierfür bestehe eine gesetzliche Vermutung, die nur durch den Beweis des Gegenteils widerlegt werden könne. Diesen Beweis habe die Geschäftsführerin jedoch nicht erbringen können. Zwar sei nach der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass zwischen ihr und der Erblasserin eine freundschaftliche und eine über eine Geschäftsbeziehung hinausgehende Bindung vorgelegen habe. Es könne aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass kein Zusammenhang zwischen dem Erbvertrag und den Pflegeleistungen bestanden habe. Eine eindeutige Trennung zwischen dienstlicher und freundschaftlicher Beziehung sei nicht erkennbar. Sie dürfte in der vorliegenden Konstellation praktisch auch nicht möglich sein. Gerade in Fällen unklarer Beweislage, in denen die Motive und Gründe sowie die Zusammenhänge der Zuwendung offen blieben, müsse das Verbot im Interesse des Schutzes der Testierfreiheit eingreifen.
Quelle | OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 12.5.2015, 21 W 67/14, Abruf-Nr. unter www.iww.de.
| Wurde ein ursprünglicher Familienname zwangsweise geändert, ist dies ein wichtiger Grund für den Betroffenen, der zu einer erneuten Namensänderung berechtigt. |
So entschied es das Verwaltungsgericht (VG) Würzburg. Dabei wiesen die Richter darauf hin, dass nach dem Namensänderungsgesetz ein Familienname nur geändert werden dürfe, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Ob ein wichtiger Grund vorliege, könne allerdings nicht pauschal bestimmt werden. Es müssten vielmehr in jedem Einzelfall die vorgebrachten Gründe abgewogen werden. Nach allgemeiner Rechtsauffassung müssen die Gründe des Betroffenen so wesentlich sein, dass die Belange der Allgemeinheit dahinter zurücktreten müssten. Betroffen sei vor allem die soziale Ordnungsfunktion des Namens, d.h. die Identifizierung und Individualisierung des Namensträgers. Im vorliegenden Fall waren eingebürgerte syrisch-orthodoxe Christen mit aramäischer Volkszugehörigkeit aus der Türkei betroffen. Deren ursprünglicher Familienname wurde in der Türkei zwangsweise in einen türkischen Namen abgeändert. Eine solche zwangsweise Namensänderung ließ das LG als wichtigen Grund ausreichen. Die Betroffenen konnten daher wieder ihren alten Namen annehmen.
Quelle | VG Würzburg, Urteil vom 25.2.2015, 6 K 2/14, Abruf-Nr. unter www.iww.de.