| Es kann für einen Elternteil unzumutbar sein, Ausbildungsunterhalt für ein Studium des Kindes zu leisten. Das ist der Fall, wenn das Kind bei Studienbeginn bereits das 25. Lebensjahr vollendet und den Elternteil nach dem Abitur nicht über seine Ausbildungspläne informiert hat. Dann musste der Elternteil nicht mehr damit rechnen, noch auf Ausbildungsunterhalt in Anspruch genommen zu werden. |
So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer nichtehelich geborenen Tochter. Sie hatte 2004 das Abitur mit einem Notendurchschnitt von 2,3 bestanden. Bereits zu diesem Zeitpunkt wollte sie ein Medizinstudium aufnehmen. Sie erhielt jedoch keinen Studienplatz. Darum begann sie im Februar 2005 eine Lehre als anästhesietechnische Assistentin, die sie im Januar 2008 mit der Gesamtnote 1,0 abschloss. Ab Februar 2008 arbeitete sie in diesem erlernten Beruf. Für das Wintersemester 2010/2011 erhielt sie schließlich einen Studienplatz und studiert seitdem Medizin. Ihre Klage auf Ausbildungsunterhalt gegen den Vater hatte keinen Erfolg.
Der BGH wies darauf hin, dass es bei einem mehrstufigen Ausbildungsweg den Eltern auch zumutbar sein müsse, das Studium zu finanzieren. Diese Voraussetzung liege hier nicht vor. Die Tochter habe den Vater in keiner Weise über den von ihr verfolgten Ausbildungsweg in Kenntnis gesetzt. Es müsse bei der Zumutbarkeit berücksichtigt werden, wenn der Unterhaltspflichtige erst nachträglich davon erfahre, dass nach Abschluss einer Lehre die Berufsausbildung fortgesetzt werde. Dies gelte umso mehr, wenn in dem erlernten Beruf eine nicht unerhebliche Zeit gearbeitet werde.
Zwar spreche gegen eine Unzumutbarkeit, dass der Vater während der Lehre seiner Tochter keinen Unterhalt habe leisten müssen. Ob allerdings ein entsprechender ungedeckter Unterhaltsbedarf bestanden habe, sei nicht dargelegt. Gegen die Zumutbarkeit der Finanzierung des Studiums spreche vor allem der Umstand, dass der Antragsteller angesichts des Alters seiner Tochter im Jahre 2010 nicht mehr damit habe rechnen müssen, dass sie noch ein Studium aufnehmen werde. Dies zeigten auch die finanziellen Dispositionen, die er gemeinsam mit seiner Ehefrau getroffen habe, wie etwa der Erwerb eines Eigenheims oder die Aufnahme verschiedener Konsumentenkredite, die auf ein entsprechendes Vertrauen schließen ließen.
Auch sei es bei einer Abiturnote von 2,3 nicht von vorneherein naheliegend, ein Medizinstudium anzustreben. Die Tochter habe wegen des insoweit bestehenden Numerus Clausus damit rechnen müssen, auch dauerhaft keinen Studienplatz zu erhalten. Dass die Tochter dem Vater gegenüber zu keinem Zeitpunkt habe erkennen lassen, welches Ausbildungsziel sie verfolge, erlange bei der Zumutbarkeitsprüfung entscheidende Bedeutung.
Quelle | BGH, Beschluss vom 3.5.2017, XII ZB 415/16, Abruf-Nr. 194226 unter www.iww.de.
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