| Die bloße Zurverfügungstellung der Lohnabrechnung in elektronischer Form zum Abruf durch den Arbeitnehmer ist keine Erfüllung der Pflicht, eine Lohnabrechnung zu erteilen. Das hat jetzt das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm klargestellt. |
Sachverhalt
Der Arbeitgeber informierte den Arbeitnehmer darüber, dass seine Verdienstabrechnungen künftig verschlüsselt in einem Online-Portal bereitstünden, und nicht, wie bis dahin, ausgedruckt zur Verfügung gestellt werden würden. Dieser Form der Lohnabrechnungen widersprach der Arbeitnehmer ausdrücklich schriftlich.
In der Folge wurden dem Arbeitnehmer die seinem Lohn entsprechenden Abrechnungen nicht mehr ausgedruckt zur Verfügung gestellt, sondern wie angekündigt in digitaler, elektronischer Form im Online-Portal des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer druckte sich seine Lohnabrechnungen nicht selbst aus. Er ist der Ansicht, dass ein Bereitstellen der Lohnabrechnung in elektronischer Form seiner Zustimmung bedürfe und es nicht ausreicht, die Lohnabrechnungen in digitaler bzw. elektronischer Form in einem Online-Portal hochzuladen. Vielmehr müsse eine Abrechnung in Textform erteilt werden. Der Textform genüge das Bereitstellen in einem Online-Portal gerade nicht. Die Möglichkeit des Abrufs der Lohnabrechnungen durch ihn selbst werde diesem Erfordernis nicht gerecht und erfülle nicht die gesetzlichen Voraussetzungen.
So entschieden die Instanzen
Das Arbeitsgericht (ArbG) wies die Klage insoweit ab, als der Arbeitnehmer die Erteilung der Abrechnungen in Papierform beantragt hat. Es verurteilte den Arbeitgeber aber dazu, die streitgegenständlichen Lohnabrechnungen zu erteilen. Zu Recht, sagt das LAG Hamm in der Berufung des Arbeitgebers.
Der Arbeitgeber habe die erforderliche Textform gewahrt, weil er eine insofern lesbare Erklärung, in denen die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben habe. Sein Online-Portal sei dabei ein Medium, das es dem Empfänger ermögliche, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich sei. Sie sei auch geeignet, die Erklärung unverändert wiederzugeben. Die Tatsache, dass man auf die Abrechnungen nur mit dem bestimmten Passwort zugreifen könne, ändere nichts daran, dass der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer bestimmte Lohnabrechnungen in Textform erstellt habe. Der Arbeitgeber müsse jedoch nicht nur eine Lohnabrechnung erstellen und dem Arbeitnehmer den Zugang zu der erstellten Abrechnung ermöglichen. Er müsse auch dem Arbeitnehmer die Lohnabrechnungen erteilen. Die Abrechnung bezwecke dabei die Information über die erfolgte Zahlung, sodass die Erfüllung des Lohnabrechnungsanspruchs nicht nur die Erstellung, sondern auch den Zugang voraussetze.
Arbeitgeber schuldet nicht nur Bereitstellung zur Abholung
Dieser Zugang liege vor, wenn die Willenserklärung so in den Machtbereich des Empfängers gerate, dass dieser nach allgemeinen Umständen von ihr Kenntnis erlangen könne. Die Erfüllung des Anspruchs auf Erteilung der Lohnabrechnung in Textform setze demnach voraus, dass die Lohnabrechnung den Machtbereich des Empfängers erreicht habe. Eine Übermittlung der Lohnabrechnungen an eine dienstliche E-Mail-Adresse des Arbeitnehmers erfolgte hier jedoch nicht. Der Arbeitgeber habe zwar dem Arbeitnehmer ermöglicht, sich die Lohnabrechnungen auf seinem Online-Portal abzuholen. Dies reiche jedoch für die Erfüllung der obliegenden Verpflichtung zur Erteilung der Lohnabrechnung nicht aus. Es werde nicht die Bereitstellung zur Abholung durch den Arbeitnehmer, sondern die Erteilung durch den Arbeitgeber geschuldet. Daher sei der Arbeitgeber verpflichtet, die in elektronischer Form erstellte Lohnabrechnung in den Machtbereich des Arbeitnehmers zu verbringen.
Einverständnis des Arbeitnehmers lag nicht vor
Besitze der Arbeitnehmer keine dienstliche E-Mail-Adresse, könne ein Zugang einer elektronischen Erklärung, die dem Textformerfordernis genüge, nach nahezu einhelliger Ansicht im Schrifttum nur angenommen werden, wenn der Arbeitnehmer sich mit dem Empfang elektronischer Erklärungen ausdrücklich oder konkludent einverstanden erklärt habe. Das sei hier nicht der Fall gewesen.
Quelle | LAG Hamm, Urteil vom 23.9.2021, 2 Sa 179/21, Abruf-Nr. 226192 unter www.iww.de
| Ein Polizeibeamter, der über mehr als ein Jahr krankheitsbedingt keinen Dienst verrichtet, zugleich aber in diesem Zeitraum einer nicht genehmigten Nebentätigkeit nachgeht, ist aus dem Dienst zu entfernen. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz. |Disziplinarklage in erster Instanz erfolgreich
Dem Beamten, der als Polizeioberkommissar zuletzt bei einer Polizeiinspektion des Landes eingesetzt war, wurde im Jahr 2015 eine auf ein Jahr befristete Nebentätigkeitsgenehmigung als Ausschankhilfe in dem von seiner Familie betriebenen Restaurant erteilt. In der Folgezeit beantragte der Beamte keine weiteren Nebentätigkeitsgenehmigungen. Seit dem Frühjahr 2017 verrichtete er krankheitsbedingt keinen Dienst mehr auf seiner Polizeiinspektion. Nachdem der Verdacht aufgekommen war, dass der Beamte weiterhin und trotz Erkrankung einer Nebentätigkeit nachgehe, ermittelte das Land als Dienstherr im Umfeld des Lokals und erhob auf der Grundlage der erlangten Erkenntnisse Disziplinarklage.
Auf diese Klage hat die landesweit zuständige Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts (VG) Trier den Beamten aus dem Dienst entfernt, weil er gegen das als Kernpflicht von Beamten ausgestaltete Gebot zum vollen persönlichen Einsatz im Beruf verstoßen habe. Zudem habe er durch die offen für jedermann wahrnehmbare Tätigkeit im Lokal die ihm obliegende Verpflichtung verletzt, sich außerhalb des Dienstes in einer Weise zu verhalten, die der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die sein Beruf und das Ansehen der Polizei erfordern.
Das sagt die Berufungsinstanz
Mit seiner gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil eingelegten Berufung machte der Beamte geltend, er habe lediglich sporadisch und zudem unentgeltlich im Restaurantbetrieb seiner Familie mitgeholfen; dies stelle keine Nebentätigkeit im Sinne des Beamtenrechts dar. Außerdem sei ihm geraten worden, wegen einer Depression „unter die Leute zu gehen“. Das OVG wies nach einer Beweisaufnahme, bei der u. a. mehrere Gäste des Lokals und die mit den Ermittlungsmaßnahmen betrauten Polizeibeamten vernommen und der Beamte angehört wurden, die Berufung zurück.
Es stand danach zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich der Beamte nicht lediglich bei seiner Familie im Lokal aufgehalten habe, sondern dort vielmehr auch einer Nebentätigkeit nachgegangen sei, obwohl er über Monate hinweg krankgeschrieben gewesen sei.
Schweres Dienstvergehen
Hiervon ausgehend teile das Gericht die Rechtsauffassung der Vorinstanz, dass der Beamte ein schweres Dienstvergehen begangen habe, das seine Entfernung aus dem Dienst erfordere. Für einen Beamten, der sich über einen erheblichen Zeitraum hinweg kontinuierlich und bewusst über das Nebentätigkeitsrecht hinwegsetze, könne die Allgemeinheit berechtigterweise kein Verständnis aufbringen.
Quelle | OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.11.2021, 3 A 10118/21.OVG, PM 27/21