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Verkehrsrecht

Unfallersatzwagen: Geringer Fahrbedarf im ländlichen Raum ohne Nahverkehr

| Wohnt der Geschädigte im ländlichen Raum ohne leistungsfähigen öffentlichen Nahverkehr, kommt es für die Erforderlichkeit des Mietwagens nicht auf die Anzahl der täglich gefahrenen Kilometer an. |

So entschied es das Amtsgericht Donaueschingen. Zur Alternative des Taxis sagt das Gericht: „Es ist bei Kenntnis der hier gegebenen örtlichen Verhältnisse illusorisch, für den täglichen Fahrbedarf der Klägerin jeweils ein Taxi anzufordern.“ Das Urteil deckt sich mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: Die 20 km pro Tag-Faustregel für eine erste gedankliche Annäherung gibt es. Liegt die Anzahl der gefahrenen Kilometer darunter, ist jeweils auf den Einzelfall abzustellen.

Quelle | Amtsgericht Donaueschingen, Urteil vom 7.3.2017, 1 C 251/16, Abruf-Nr. 192572 unter www.iww.de.

Verbringungskosten: „Selbstverbringung“ ist zur Schadenminderung nicht erforderlich

| Der Schädiger kann vom Geschädigten nicht verlangen, dass dieser das Fahrzeug nach der Karosseriereparatur selbst zur Lackiererei fährt, um die Verbringungskosten zu ersparen. Eine solche Mithilfe bei der Reparatur ist dem Geschädigten nicht zumutbar. |

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf. Es verurteilte daher den Haftpflichtversicherer des Schädigers, die für die Verbringung angefallenen Kosten zu erstatten.

Zu dem Ergebnis wird ein vernunftbegabter Schadensachbearbeiter auch ohne Gericht kommen, aber dieses Schmankerl wollten wir Ihnen nicht vorenthalten.

Quelle | Amtsgericht Hamburg-Bergedorf, Urteil vom 21.4.2017, 409 C 195/16, Abruf-Nr. 193937 unter www.iww.de.

Geschwindigkeitsüberschreitung: Beharrlich ein wenig zu schnell kann zum Fahrverbot führen

| Das Amtsgericht München hat einen 53-jährigen Geschäftsführer wegen einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit zu einer Geldbuße von 160 EUR verurteilt. Er hatte die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h überschritten. Der Mann erhielt außerdem ein Fahrverbot von einem Monat. |

Der Betroffene fuhr im Petueltunnel in München auf Höhe der Ausfahrt Schwabing West mit seinem BMW auf der linken Spur. Er überschritt die dabei zulässige Geschwindigkeit um 22 km/h. Vor Gericht machte er keine Angaben. Er wurde jedoch durch ein bei der Messung gefertigtes Lichtbild überführt.

Zur Höhe der Strafe führt das Gericht aus: Der Bußgeldkatalog sieht für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 22 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften eine Regelgeldbuße von 80 EUR vor. Da die Bußgeldkatalogverordnung Vorahndungen nicht berücksichtigt, war der Regelsatz in Anbetracht der festgestellten mannigfachen Vorahndungen des Betroffenen angemessen zu erhöhen. Dabei erschien dem Gericht eine Verdoppelung des Regelsatzes gerechtfertigt. Neben der Geldbuße hat es zudem ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat als Denkzettel und Besinnungsmaßnahme angeordnet, um auf den Betroffenen einzuwirken.

Der Betroffene wurde in den letzten vier Jahren in insgesamt acht Fällen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen zwischen 21 und 46 km/h verurteilt. Außerdem wurde er wegen Fahrens trotz Fahrverbots zu einer Geldstrafe verurteilt. Bereits fünfmal wurde gegen ihn ein Monat Fahrverbot ausgesprochen.

Das Gericht folgert daraus, dass es dem Betroffenen an der für die Teilnahme am Straßenverkehr erforderlichen rechtstreuen Gesinnung und an der notwendigen Einsicht in zuvor begangenes Unrecht fehlt. Allein durch die Erhöhung des Bußgelds könne der mit dem Fahrverbot angestrebte erzieherische Effekt und die notwendige Warnwirkung für die Zukunft bei dem Betroffenen nicht erreicht werden. Nach der Bußgeldverordnung liegt eine beharrliche Pflichtverletzung in der Regel zwar erst vor, wenn gegen den Fahrer im letzten Jahr bereits wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h eine Geldbuße verhängt worden ist und die neue Geschwindigkeitsüberschreitung wieder mindestens 26 km/h beträgt. Daneben kann ein Fahrverbot aber auch angeordnet werden, wenn eine beharrliche Pflichtverletzung von ähnlich starkem Gewicht vorliegt.

Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 14.6.2016, 911 OWi 437 Js 150260/16, Abruf-Nr. 194502 unter www.iww.de.

Haftungsrecht: Fachwerkstatt muss Rückrufaktion kennen

| Eine Kfz-Fachwerkstatt muss Rückrufaktionen eines Herstellers der von ihr betreuten Kfz-Modelle kennen und den Kunden bei beauftragten Inspektionsarbeiten auf eine für die Verkehrssicherheit seines Fahrzeugs bedeutsame Rückrufaktion und die insoweit gebotenen Reparaturen hinweisen. |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Unternehmens entschieden, dem ein Kfz Dodge Ram Truck 1500 gehörte. Für das in den USA hergestellte und im Wege eines sog. „Grauimports“ eingeführte Fahrzeug existiert in Deutschland kein autorisiertes Händlernetz. Auch gibt es keine Niederlassungen der Herstellerin. Die Beklagte betreibt eine Kfz-Fachwerkstatt. Sie wirbt für sich als autorisierte Service-Fachwerkstatt für Fahrzeuge der Marke Dodge.

Die Eigentümerin ließ die Reparatur- und Wartungsarbeiten an ihrem Fahrzeug bei der Beklagten vornehmen. Ab Februar 2013 fand eine Rückrufaktion des Herstellers Chrysler Dodge statt. Hiervon war auch die Baureihe des klägerischen Fahrzeugs betroffen. Es war eine nicht ausreichend gesicherte Mutter im Getrieberad der Hinterachse zu befestigen. Die Eigentümerin des Wagens selbst erhielt hierüber keine Mitteilung des Herstellers. Im Oktober 2013 führte die Beklagten an dem Fahrzeug Inspektionsarbeiten durch. Dabei setzte sie die von der Herstellerin mit der Rückrufaktion angewiesenen Instandsetzungsarbeiten nicht um. Im April 2014 erlitt das Fahrzeug erhebliche Beschädigungen, weil die Hinterachse während der Fahrt blockierte. Der Schaden wäre nicht entstanden, wenn die empfohlenen Instandsetzungsarbeiten durchgeführt worden wären.

Die Eigentümerin verlangt den erlittenen Fahrzeugschaden in Höhe von ca. 6.800 EUR von der Beklagten ersetzt. Sie meint, die Beklagte habe sich über die Rückrufaktion der Herstellerin informieren und sie hierüber unterrichten müssen. Die Beklagte sieht das anders. Nach ihrer Ansicht hätte die Eigentümerin sich selbst informieren müssen. Als Kfz-Werkstatt träfen sie insoweit keine Überprüfungspflichten.

Die Schadenersatzklage der Eigentümerin war vor dem OLG erfolgreich. Die Beklagte sei mit der Inspektion des Fahrzeugs beauftragt gewesen. Sie habe es deswegen für die nächste Zeit gebrauchs- und fahrbereit machen müssen. Aufgrund dieses Auftrags habe sich die Beklagte über die Rückrufaktion und insoweit gebotenen Reparaturen informieren müssen. Als Fachwerkstatt habe sie sich unter Ausnutzen zumutbarer Informationsquellen, wie etwa der Internetseite des Herstellers, über verkehrssicherheitsrelevante Rückrufaktionen informieren müssen. Ihre Kunden dürften in berechtigter Weise annehmen, dass die Beklagte über alle notwendigen Kenntnisse für die Verkehrs- und Betriebssicherheit der Dodge-Fahrzeuge verfüge bzw. sich diese vor dem Durchführen von Inspektionsarbeiten verschaffe.

Dass das Fahrzeug hier ein „Grauimport“ gewesen sei, ändere nichts an den Informationspflichten. Die Beklagte bewerbe ihr Unternehmen als autorisierte Service-Fachwerkstatt für Fahrzeuge der Marke Dodge. Dies beschränke sie nicht auf in Deutschland vertriebene oder offiziell importierte Fahrzeuge. „Grau“ importierte Fahrzeuge benötigten auch keine weniger effektive Fehlerkontrolle als reguläre Fahrzeuge. Bei „Grauimporten“ informiere der Hersteller den Halter zudem nicht über Rückrufaktionen. Auch deswegen habe sich im vorliegenden Fall die Beklagte als Fachwerkstatt informieren müssen. Aufgrund des unterlassenen Hinweises auf die Rückrufaktion und die gebotenen Reparaturen sei der Klägerin der geltend gemachte Schaden entstanden, den die Beklagte zu ersetzen habe.

Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 8.2.2017, 12 U 101/16, Abruf-Nr. 193146, nicht rechtskräftig (BGH VII ZR 51/17).

Gefährdung des Straßenverkehrs: Keine Bewährung für Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang

| Ein nicht vorbestrafter Fahrer eines Kraftfahrzeugs, der bei einem vorsätzlich verkehrswidrigen Überholmanöver einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem ein Verkehrsteilnehmer tödlich und drei weitere z.T. schwer verletzt werden, kann mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten zu bestrafen sein, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung auszusetzen ist. |

Diese Entscheidung der Vorinstanzen hat auch das Oberlandesgericht (OLG) Hamm bestätigt. Der Angeklagte war mit einem Paket-Auslieferungswagen auf einer Landstraße unterwegs. Er hatte bereits bei einem Überholvorgang eine Linksabbiegerspur und eine durchgezogene Linie mit überhöhter Geschwindigkeit überfahren, als er sich einer Kreuzung näherte. Aus der Einmündung bog ein Pkw auf die Fahrspur das Angeklagten ein. Um hinter diesem Fahrzeug zu bleiben, hätte der Angeklagte seine Geschwindigkeit deutlich reduzieren müssen. Dies wollte er vermeiden. Er setzte zum Überholen des Fahrzeugs an und überfuhr hierbei eine Sperrfläche vor dem Einmündungsbereich sowie die für den Gegenverkehr vorgesehene Linksabbiegerspur. Dort kam ihm ein Pkw Skoda entgegen, der nach links abbiegen wollte. Dem Skoda folgte ein Pkw Dacia Duster. Der Angeklagte behielt seine Geschwindigkeit von ca. 75 bis 90 km/h bei und fuhr frontal auf den Skoda zu. Dessen Fahrerin konnte den Zusammenstoß mit dem Lieferwagen trotz eines Ausweichmanövers nicht vermeiden. Der hierdurch abgelenkte Lieferwagen kollidierte sodann mit dem Dacia. Dessen Fahrer erlitt bei dem Unfall tödliche Verletzungen. Die weiteren Insassen des Dacia und des Skoda erlitten zum Teil schwere Verletzungen.

Der Strafrichter am Amtsgericht verurteilte den zwar verkehrsordnungswidrigkeitenrechtlich, aber nicht strafrechtlich vorbelasteten Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung in drei Fällen und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Die Vollstreckung wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt. Zudem verlor der Angeklagte seine Fahrerlaubnis. Das Landgericht bestätigte im Berufungsverfahren die Verurteilung. Es setzte die Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis auf die gesetzlich zulässige Höchstfrist von fünf Jahren fest.

Die Richter am Landgericht haben die versagte Strafaussetzung zur Bewährung damit begründet, dass dem nicht vorbestraften Angeklagten zwar eine günstige Sozialprognose zu stellen sei. Nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Angeklagten lägen aber keine besonderen Umstände vor, die es ermöglichten, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Vor dem Hintergrund des erheblichen Unrechts- und Schuldgehalts der Tat, der sich maßgeblich aus der rücksichtslosen und risikobereiten Fahrweise des Angeklagten mit den darauf zurückzuführenden schweren Tatfolgen ergebe, rechtfertigten die zu seinen Gunsten sprechenden Umstände, insbesondere seine bisherige Unbestraftheit, keine Bewährung. Zudem sei die Vollstreckung zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten. Der Verkehrsverstoß weise neben den schweren Folgen einen erheblichen Unrechtsgehalt auf. Er sei Ausdruck einer verbreiteten Einstellung, die die Geltung des Rechts nicht ernst nehme. Das Verhalten des Angeklagten vor und nach der Tat zeige, dass er sich ohne Bedenken über Verkehrsregeln und die Sicherheitsinteressen anderer Verkehrsteilnehmer hinweggesetzt habe.

Gegen das Berufungsurteil hat der Angeklagte Revision eingelegt. Diese hat das Oberlandesgericht Hamm als unbegründet verworfen. Die Überprüfung des Urteils ergab keinen Rechtsfehler zulasten des Angeklagten, so die Entscheidung des Senats.

Quelle | OLG Hamm, Beschluss vom 23.3.2017, 4 RVs 33/17, Abruf-Nr. 193879 unter www.iww.de.

Ausfallschaden: Neufahrzeug schon vor Unfall bestellt – 148 Tage Nutzungsausfall

| Wenn der Geschädigte eines Haftpflichtschadens bereits vor dem Unfall einen Neuwagen bestellt hat, dessen Lieferung in absehbarer Zeit in Aussicht gestellt ist, muss er nicht auf eigenes Risiko ein Interimsfahrzeug anschaffen. |

So entschied es das Landgericht (LG) Augsburg im Fall eines Verkehrsunfalls, der sich am 16. September ereignet hatte. Das bereits bestellte Neufahrzeug des Geschädigten sollte im vierten Quartal geliefert werden. Der Anwalt des Geschädigten bat den Versicherer angesichts der Ungewissheit des Liefertermins um Kostenzusage für ein Interimsfahrzeug. Letztlich geht es dabei um den Wertverlust, den ein zur Überbrückung gekauftes Gebrauchtfahrzeug in der Zeit zwischen Anschaffung und Veräußerung erleidet. Der eintrittspflichtige Versicherer lehnte das rundweg ab. Das hielt ihn aber nicht davon ab, später die Auffassung zu vertreten, der Geschädigte hätte ein Interimsfahrzeug anschaffen müssen. Denn am Ende kam das neue Fahrzeug erst Mitte Februar. So musste der Versicherer Nutzungsausfallentschädigung für 148 Tage zu je 59 EUR zahlen. Das Gericht hielt die Anschaffung des Interimsfahrzeugs durch den Geschädigten für unzumutbar, wenn der Versicherer die Kostenübernahme auf Nachfrage ablehnt.

Quelle | LG Augsburg, Urteil vom 10.11.2016, 101 O 1089/16, Abruf-Nr. 193130 unter www.iww.de.

Unfallschadensrecht: Reparatur eines werkstatteigenen Fahrzeugs: Kein Abzug!

| War die Werkstatt ausgelastet, als sie ein werkstatteigenes Fahrzeug nach einem unverschuldeten Unfallschaden reparierte, muss der Versicherer die Kosten so erstatten, als sei es ein Kundenfahrzeug. |

Diese Ansicht vertritt das Amtsgericht Remscheid. Im Urteilsfall hat die geschädigte Werkstatt die Auslastung nachgewiesen, indem sie für den maßgeblichen Zeitraum die verfügbaren Arbeitsstunden den verkauften gegenüberstellte. Daraus resultierte eine Überstundensituation.

Quelle | Amtsgericht Remscheid, Urteil vom 7.4.2017, 27 C 61/16, Abruf-Nr. 193303 unter www.iww.de.

Haftungsrecht: Bei einem Unfall im Parkhaus kann auch der Vorfahrtsberechtigte mithaften

| Ein Nutzer muss beim Befahren eines Parkplatzes stets mit ein- und ausparkenden bzw. -fahrenden Fahrzeugen rechnen und hat eine besondere Rücksichtnahmepflicht. Dies kann dazu führen, dass auch der Vorfahrtsberechtigte mit 50 Prozent haftet.

Das folgt aus einer Entscheidung des Amtsgerichts München. In dem Verfahren ging es um einem Verkehrsunfall in einem Parkhaus. Beide Fahrzeugführer wollten das Parkhaus verlassen. Der beklagte Fahrer fuhr mit seinem Pkw Passat geradeaus. Er befand sich auf der Straße, die einmal durch das ganze Parkhaus führt. Links und rechts zweigen Querstraßen ab, in denen sich die einzelnen Parkplätze befinden. Die Klägerin kam mit ihrem Pkw Skoda aus Sicht des Beklagten von rechts aus einer dieser Querstraßen. Die Durchgangsstraße ist fünf Meter breit, die Querstraßen sind 6 Meter breit. Im Kreuzungsbereich kam es zum Unfall der beiden Fahrzeuge. Die Klägerin macht einen Schaden von insgesamt 5.138,75 EUR an ihrem Pkw geltend. Sie behauptet, der Passat sei mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit gefahren und habe die Vorfahrt missachtet. Die Versicherung des Beklagten hat vor dem Prozess bereits die Hälfte des Schadens beglichen. Mit der Klage verlangt nun die Klägerin den Restbetrag.

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München wies die Klage ab. Nach dem Urteil haften die beiden Unfallbeteiligten jeweils mit 50 Prozent. Da die Versicherung des Beklagten vorgerichtlich bereits 50 Prozent des Schadens der Klägerin beglichen hat, schulden der Beklagte und seine Versicherung nach dem Urteil der Klägerin keinen weiteren Schadenersatz.

Inwieweit die Vorfahrtsregel der Straßenverkehrsordnung (StVO) auf einem Parkplatz Anwendung findet, hängt davon ab, ob die Fahrspuren lediglich dem ruhenden Verkehr d. h. dem Suchverkehr dienen, oder ob sie darüber hinaus Straßencharakter besitzen. Entscheidend für diese Beurteilung sind die sich den Kraftfahrern bietenden baulichen Verhältnisse, insbesondere die Breite der Fahrspuren sowie ihre Abgrenzung von den Parkboxen, so das Urteil. Im vorliegenden Fall sei wegen der breit ausgebauten Straßen ein gewisser Straßencharakter anzunehmen. Daher gelte an den Schnittpunkten der Straßen die rechts vor links Regel.

Daneben gelte aber eine besondere und spezifische Rücksichtnahmepflicht aller Verkehrsteilnehmer. Das bedeutet, dass jeder Verkehrsteilnehmer auf einem solchen Parkplatz, auch ein von rechts Kommender, mit erhöhter Vorsicht fahren muss. Ein Nutzer muss also beim Befahren des Parkplatzes stets mit ein- und ausparkenden bzw. -fahrenden Fahrzeugen rechnen, so das Urteil. Das Gericht hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und sich den Feststellungen des Sachverständigen angeschlossen. Danach hätte der Unfall vermieden werden können, wenn beide Beteiligte vorliegend ihre sich aus dem Parkplatzverhältnis ergebende besondere Rücksichtnahmepflicht erfüllt hätten. Die Gegebenheiten auf dem Parkplatz lassen es vorliegend nicht zu, dass die Führerin des klägerischen Fahrzeugs sich blind auf ihr Vorfahrtsrecht nach der rechts vor links Regel verlässt. Dies insbesondere, als die Straße, auf der sich der Beklagte befand, geradeaus durch das Parkhaus durchführt und von allen Verkehrsteilnehmern genutzt werden muss, um zur Ausfahrt zu gelangen. Auf dieser Straße ist ständig mit Begegnungsverkehr zu rechnen, so das Gericht weiter. Das Gericht kommt zu einer Haftungsverteilung von 50 Prozent für beide Parteien.

Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 23.6.2016, 333 C 16463/13, Abruf-Nr. unter www.iww.de.

Reparaturkosten: Beilackierung im Gutachten, Reparatur laut Gutachten

| Erteilt der Geschädigte der Werkstatt den Auftrag zur Reparatur entsprechend der gutachterlichen Vorgaben, und ist im Schadengutachten eine farbangleichende Beilackierung vorgesehen, muss der Schädiger die Beilackierungskosten erstatten. |

So sieht es das Amtsgericht Geilenkirchen. Es stützt sich auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH). So dürfe der Geschädigte als Laie darauf vertrauen, dass das von ihm eingeholte Sachverständigengutachten die ersatzfähigen Kosten korrekt angibt. Werden im Sachverständigengutachten die Kosten falsch ermittelt, müsse dieses Risiko der Schädiger tragen.

Quelle | Amtsgericht Geilenkirchen, Urteil vom 25.1.2017, 10 C 80/16, Abruf-Nr. 191959 unter www.iww.de.

Reparaturkosten: Kosten für die Probefahrt sind erstattungspflichtig

| Berechnet die Werkstatt in Übereinstimmung mit dem Schadengutachten eine Probefahrt nach der Reparatur, so sind diese Kosten vom Schädiger zu erstatten. |

So entschieden es die Amtsgerichte Überlingen und Tettnang. Während es das Amtsgericht Überlingen bei der bloßen Feststellung beließ, holte das Amtsgericht Tettnang etwas weiter aus: „Nachdem der Sachverständige eine Probefahrt mit den hierfür geltend gemachten Kosten zur Schadenbeseitigung für erforderlich hielt, bestanden für die Klägerin als Laien jedenfalls in dem hier zu entscheidenden Einzelfall keinerlei zwingende Anhaltspunkte dafür, dass die mit dem Gutachten korrespondierende Position der Kosten einer Probefahrt nicht zur ordnungsgemäßen Schadenbeseitigung erforderlich gewesen wäre. Der im Gutachten und in der Reparaturrechnung abgerechnete Zeitaufwand für die Probefahrt von 0,3 AW = 20 Minuten erscheint auch durchaus angemessen und dem vorgesehenen Reparaturumfang adäquat.

Quelle | Amtsgericht Überlingen, Urteil vom 3.2.2017, 1 C 215/16, Abruf-Nr. 191899 unter www.iww.de; Amtsgericht Tettnang, Urteil vom 14.2.2017, 1 C 396/16, Abruf-Nr. 191900 unter www.iww.de.