Fachanwalt für Arbeitsrecht & Fachanwalt für Familienrecht
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Urteilsarchiv

Holger Tempel

Hausratsverteilung: Kriterien für die Zuweisung von Hunden im Rahmen der Haushaltsauseinandersetzung

| Waren Hunde als Haustiere für das Zusammenleben von Ehegatten bestimmt, sind sie im Rahmen der Hausratsverteilung nach Billigkeitsgesichtspunkten einem Ehegatten zuzuweisen. Dabei ist die Wertung des Gesetzes zu berücksichtigen, nach der Tiere keine Sachen sind. |

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg im Fall getrennt lebender Eheleute hin. Diese hatten in ihrem gemeinsamen Hausstand zuletzt sechs Hunde gehalten. Diese Hunde holte die Ehefrau kurz nach ihrem Auszug aus dem ehelichen Anwesen zu sich und kümmerte sich in der Folgezeit um sie. Zwei der Hunde verstarben zeitnah nach dem Auszug. Der Ehemann beantragte beim Amtsgericht im Rahmen des dort wegen der Hausratsteilung geführten Verfahrens die Herausgabe von zwei Hunden und deren Zuweisung als Haushaltsgegenstand an ihn. Das Amtsgericht lehnte diesen Antrag ab. Es entschied, dass alle Hunde bei der Ehefrau verbleiben sollten. Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt.

Das OLG hat die Beschwerde des Ehemanns zurückgewiesen. Die Richter machten deutlich, dass Hunde Haushaltsgegenstände im Sinne des Gesetzes sind. Daran ändere nichts, dass sie Lebewesen seien. Da die Tiere nicht im Alleineigentum eines Ehegatten standen, müssten sie nach Billigkeitsgesichtspunkten zugewiesen werden.

Bei dieser Entscheidung seien mehrere Kriterien zu berücksichtigen. Insbesondere könne auch das Affektionsinteresse eine Rolle spielen. Das OLG konnte jedoch nicht feststellen, dass einer der Eheleute ein größeres Interesse an den Tieren gehabt hätte. Nachdem vorrangige Entscheidungskriterien nicht zu einem eindeutigen Ergebnis geführt hatten, waren Gesichtspunkte des Tierschutzes maßgeblich. Dabei ließen die Richter die gesetzliche Wertung miteinfließen, wonach Tiere keine Sachen sind. Der Gesetzgeber hat sich hier zum ethisch fundierten Tierschutz bekannt.

  • Das OLG stellte zunächst fest, dass das körperliche Wohl der Hunde weder bei der Zuweisung an den Ehemann noch bei der Zuweisung an die Ehefrau gefährdet wäre. Beide könnten sich gleichermaßen um die Hunde kümmern. Die Ehefrau erfahre hierbei Unterstützung durch ihren neuen Lebensgefährten und dessen Mutter.
  • Maßgeblich für die Entscheidung war letztlich, dass bei einer Zuweisung von zwei Hunden an den Ehemann das Rudel erneut auseinandergerissen würde. Die Hunde hatten sich in den vergangenen Monaten durch den Auszug aus dem ehelichen Anwesen, den Tod eines Teils der Tiere, den Verlust des Ehemanns als „Rudelmitglied“ und das Kennenlernen des Lebensgefährten der Ehefrau an zahlreiche neue Umstände gewöhnen müssen. Ein erneuter Umgebungswechsel und die Trennung von der seit einem Dreivierteljahr maßgeblichen Bezugsperson ist den Hunden nach Auffassung des Familiensenats nicht zumutbar.

Quelle | OLG Nürnberg, Beschluss vom 7.12.2016, 10 UF 1429/16, Abruf-Nr. unter www.iww.de.

Verletzung des Persönlichkeitsrechts: Bei Persönlichkeitsrechtsverletzung ist Anspruch grundsätzlich nicht vererblich

| Verletzt die gesetzliche Krankenkasse das allgemeine Persönlichkeitsrecht einer Patientin, indem sie ein schriftliches, die Patientin betreffendes, unzureichend anonymisiertes sozialmedizinisches Gutachten mit personenbezogenen Daten in anderen sozialgerichtlichen Verfahren benutzt, kann die Erbin der Patientin keine immaterielle Entschädigung verlangen. |

So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH). Die Richter stellten dabei heraus, dass der Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung grundsätzlich nicht vererblich ist. Ein Anspruch auf immateriellen Schadensersatz folgt auch nicht aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Auch wenn man die dortigen Vorschriften richtlinienkonform auslegt, ergibt sich für diesen Fall nicht-automatisierter Datenverarbeitung kein Anspruch auf eine immaterielle Entschädigung.

Quelle | BGH, Urteil vom 29.11.2016, VI ZR 530/15, Abruf-Nr. 191158 unter www.iww.de.

Aktuelle Gesetzgebung: Auskunft über die eigene Abstammung für Kinder aus künstlicher Befruchtung

| Kinder aus künstlicher Befruchtung sollen künftig jederzeit Auskunft über ihre Abstammung erhalten können. Dazu soll ein zentrales Register für Samenspender eingerichtet werden. Das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der dem Bundestag zur Beratung vorliegt. |

Mit dem Gesetzentwurf wird nach Angaben der Regierung ein Auskunftsanspruch für jene Personen festgelegt, die durch eine Samenspende und künstliche Befruchtung gezeugt worden sind. Das bundesweite Samenspenderregister wird beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) eingerichtet. Dort sollen für eine Zeitspanne von 110 Jahren Angaben über die Samenspender und Empfängerinnen einer Samenspende gespeichert werden.

Geregelt werden die nötigen Aufklärungs-, Dokumentations- und Meldepflichten. So können künftig Personen, die meinen, durch eine Samenspende gezeugt zu sein, bei der Registerstelle eine Auskunft beantragen.

Zugleich wird dem Entwurf zufolge durch eine Ergänzung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) die gerichtliche Feststellung der rechtlichen Vaterschaft des Samenspenders ausgeschlossen. So soll verhindert werden, dass an Samenspender im Sorge-, Unterhalts- und Erbrecht Ansprüche gestellt werden.

Das Gesetz soll 2018 in Kraft treten und bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrats.

Quelle | Deutscher Bundestag, BT-Drucksache 18/11291

Europarecht: Unterscheide: Diffamierung versus „whistle-blowing“

| Die Kündigung eines Angestellten, der schriftlich und mündlich einem Vorgesetzten Rechtsbeugung vorgeworfen hat, verstößt nicht gegen Europarecht. |

Zu diesem Ergebnis kam der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Gegenstand der Individualbeschwerde war die Frage, ob die Kündigung eines städtischen Angestellten rechtmäßig war, nachdem er dem Wirtschaftsbürgermeister mündlich in einer Personalversammlung und anschließend auch schriftlich Rechtsbeugung vorgeworfen hat. Der Beschwerdeführer sah sich durch die Kündigung in seinem Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt.

Der EGMR kam in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass die deutschen Gerichte (Sächsisches LAG, BAG) die Verhältnismäßigkeit der Kündigung des Beschwerdeführers eingehend und unter Berücksichtigung von dessen Meinungsfreiheit geprüft haben. Das Urteil setzt sich eingehend mit der Qualität der Äußerung des Beschwerdeführers auseinander, die zur Kündigung führte. Der Gerichtshof stellte fest, dass der vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf der „Rechtsbeugung“ unter den konkreten Umständen des Falls keinen Schutz genießt. Er war auf Diffamierung gerichtet und sei nicht als sachliche Kritik im Sinne eines „whistle-blowing“ zu werten. Der EGMR entschied einstimmig, dass keine Konventionsverletzung vorliege.

Quelle | EGMR, Urteil vom 17.9.2015, Nr. 14464/11, L. gegen Deutschland, Abruf-Nr. 191976  ).

Kündigungsrecht: Bei beharrlichem Überschreiten der zulässigen Minusstundenzahl kann fristlos gekündigt werden

| Das beharrliche Überschreiten der zulässigen Zahl von Minusstunden kann ein wichtiger Grund an sich für eine fristlose Kündigung eines ordentlich nicht mehr kündbaren Angestellten sein. |

Hierauf wies das Landearbeitsgericht (LAG) Hamburg hin. Die Richter machten dabei deutlich, dass sich auch bei einer Interessenabwägung das Ende des Arbeitsverhältnisses nicht mehr verhindern lasse, wenn sich dieser Vertragsverstoß als Glied in einer Reihe weiterer Vertragsverstöße darstellt und Abmahnungen vorliegen, die Verstöße gegen Arbeitszeitbestimmungen rügen.

Quelle | LAG Hamburg, Urteil vom 2.11.2016, 5 Sa 19/16, Abruf-Nr. 191166 unter www.iww.de.30

Urlaubsrecht: In Gehaltsabrechnung enthaltene Urlaubstage sind nicht verfallen

| Erfasst der Arbeitgeber fortlaufend die offenen Urlaubstage in den Gehaltsabrechnungen, lässt das auf den Vertragswillen schließen, dass der im laufenden Arbeitsverhältnis erworbene, aufgezeichnete Urlaub nicht verfallen soll. |

Es verstößt dann gegen Treu und Glauben, wenn sich der Arbeitgeber trotz dieser fortlaufenden Erfassung der offenen Urlaubstage darauf beruft, diese seien verfallen. So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen.

Quelle | LAG Hessen, Urteil vom 17.8.2016, 6 Sa 12/16, Abruf-Nr. 192119 unter www.iww.de.

Hinterbliebenenversorgung: Beschränkung einer Versorgung auf „jetzige“ Ehefrau ist unwirksam

| Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klausel, mit der nur der „jetzigen“ Ehefrau des Arbeitnehmers eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt ist, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen. Diese Einschränkung der Zusage ist daher unwirksam. Aber trotz dieser Unwirksamkeit hat die „neue“ Frau nicht in jedem Fall einen Anspruch beim Tod des Arbeitnehmers. |

Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Arbeitnehmers hin. Dieser war von Februar 1974 bis Oktober 1986 bei einem Werftunternehmen bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens über dessen Vermögen beschäftigt. Mit Wirkung ab dem 1.7.1983 erteilte die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer eine Versorgungszusage. Deren Allgemeine Geschäftsbedingungen sehen vor, dass die „jetzige“ Ehefrau eine lebenslängliche Witwenrente erhalten soll, wenn die Ehe zwischenzeitlich nicht geschieden wird. Seit April 2006 ist der Arbeitnehmer in zweiter Ehe verheiratet. Er nimmt den Pensions-Sicherungs-Verein als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung auf Feststellung in Anspruch, dass der Ehefrau, mit der er zum Zeitpunkt seines Ablebens verheiratet ist, eine Witwenrente zusteht.

Das BAG hat die Klage – ebenso wie die Vorinstanzen – abgewiesen. Die Versorgungszusage bezog sich nur auf die Ehefrau, mit der der Arbeitnehmer am 1.7.1983 verheiratet war. Diese Einschränkung ist zwar nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unangemessen und daher unwirksam, weil dafür keine berechtigten Gründe bestehen. Als die Versorgungszusage im Jahr 1983 erteilt wurde, war aber eine AGB-Kontrolle gesetzlich noch nicht vorgesehen. Darum ist nach Ansicht der Richter eine ergänzende Vertragsauslegung geboten, um die entstehende Lücke zu schließen. Die Witwenrente ist danach nur zu gewähren, wenn – anders als im vorliegenden Fall – die Ehe bereits während des Arbeitsverhältnisses bestanden hat.

Quelle | BAG, Urteil vom 21.2.2017, 3 AZR 297/15, Abruf-Nr. unter www.iww.de.

Kündigungsrecht: Offenkundige Schwerbehinderteneigenschaft muss nicht nachgewiesen werden

| Eine Schwerbehinderteneigenschaft muss dem Arbeitgeber gegenüber nicht nachgewiesen werden, wenn die Schwerbehinderung offenkundig ist. |

Das ist die Hauptaussage einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz. In dem Fall wollte ein Unternehmer seinen Betrieb aus wirtschaftlichen Gründen stilllegen. Er erstattete eine Massenkündigungsanzeige und kündigte allen Arbeitnehmern.

Am gleichen Tag beantragte einer der Arbeitnehmer beim Versorgungsamt, seinen bisherigen Grad der Behinderung (GdB) von 40 auf 50 festzulegen. Das Versorgungsamt entsprach später diesem Antrag. Der Arbeitnehmer klagte daraufhin gegen die Kündigung. Er hielt sie für unwirksam, weil das Integrationsamt der Kündigung hätte zustimmen müssen. Es sei aber vom Arbeitgeber nicht eingeschaltet worden. Der Arbeitgeber trug vor, dass ihm eine Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht bekannt gewesen sei. Dieser habe auch den früheren Bescheid nicht vorgelegt, in dem ein GdB von 40 festgestellt worden sei.

Das LAG wies wie die Vorinstanz die Klage ab. Zwar müsse der Arbeitnehmer seine Schwerbehinderteneigenschaft beim Arbeitgeber nicht nachweisen, wenn diese offenkundig sei. Allerdings müsse dabei nicht nur das Vorliegen einer oder mehrerer Beeinträchtigungen offenkundig sein. Vielmehr müsse auch offenkundig sichtbar sein, dass der Grad der Behinderung auf wenigstens 50 in einem Feststellungsverfahren festgesetzt würde.

Das sei vorliegend aber nicht der Fall. Das Versorgungsamt habe folgende Funktionsstörungen berücksichtigt: Herzerkrankung, Nierenfunktionseinschränkung, Funktionsstörung der Wirbelsäule, Ohrgeräusche, Schlafstörungen, Erschöpfungsdepression, Funktionsstörung der Zehen und Oberbauchbeschwerden. Dabei sei nicht ersichtlich, dass diese Funktionsbeeinträchtigungen so erheblich waren oder sind, dass sie auch vom Arbeitgeber ohne sozialmedizinische Vorbildung als offensichtliche Schwerbehinderung wahrzunehmen und einzustufen waren. Die in den vorgelegten Bescheiden angeführten gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien nicht so auffallend, dass sie ohne Weiteres „ins Auge springen“. Daher habe der Arbeitgeber vorliegend das Integrationsamt nicht einbinden müssen. Die Kündigung sei daher wirksam.

Quelle | LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.1.2017, 5 Sa 361/16, Abruf-Nr. 192120 unter www.iww.de.

Sorge- und Umgangsrecht: Strenge Maßstäbe bei der Namensänderung eines Kindes

| Beantragt ein Elternteil, dass ihm die Entscheidungsbefugnis über eine Namensänderung des Kindes übertragen wird, muss das Familiengericht neben allgemeinen Kindeswohlbelangen auch die Erfolgsaussicht eines entsprechenden Antrags nach dem Namensänderungsgesetz (NamÄndG) prüfen. Denn es liegt nicht im wohlverstandenen Interesse des Kindes, wenn es in seine Person betreffende aussichtslose Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren hineingezogen wird. |

So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Fall. Die Richter verwiesen dabei auf das NamÄndG. Danach setzt eine Namensänderung gegen den Willen des anderen Elternteils einen wichtigen Grund voraus. Ein solcher liegt nur vor, wenn die Namensänderung für das Wohl des Kindes erforderlich ist. Der anzuwendende Maßstab entspricht nach der Rechtsprechung des BVerwG dem der Einbenennung – also dem Fall, dass das Kind den neuen Familiennamen eines wiederverheirateten Elternteils annehmen soll.

Ausreichend ist nicht, dass die Namensänderung dem Kindeswohl dient. Die Namensänderung ist vielmehr erst erforderlich, wenn das Wohl des Kindes es auch bei angemessener Berücksichtigung der für die Beibehaltung des bisherigen Namens sprechenden Gründe gebietet, den Familiennamen zu ändern. Das Namensband zwischen dem Kind und dem anderen, nicht sorgeberechtigten Elternteil darf nur unter erschwerten Voraussetzungen gegen dessen Willen durchgetrennt werden. Der Namenskontinuität des Kindes zu dem anderen Elternteil kommt ein hohes Gewicht zu.

Quelle | BGH, Urteil vom 9.11.2016, XII ZB 298/15, Abruf-Nr. 190300 unter www.iww.de.

Sozialrecht: Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe wegen Weiterbildung zum Meister ist rechtswidrig

| Kündigt jemand sein Arbeitsverhältnis ordentlich, um an einer Bildungsmaßnahme teilzunehmen, damit er eine bessere berufliche Stellung erreichen kann, darf er nicht mit einer Sperrzeit belegt werden. |

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Sozialgericht (SG) Karlsruhe. Dort hatte der Kläger beantragt, dass die Sperrzeit wegen seiner Arbeitsaufgabe aufgehoben wird. Er habe sein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis als Zimmerer gekündigt, um einen einjährigen Vorbereitungskurs zum Zimmerermeister besuchen zu können. Die Beklagte lehnte dies ab. Es sei zwar grundsätzlich zu begrüßen, wenn sich ein Facharbeiter weiterqualifiziert. Jedoch könne dies nicht soweit führen, dass ohne konkret drohende Kündigung ein Beschäftigungsverhältnis aufgegeben werde und für die Sicherung des Lebensunterhalts Leistungen der Versichertengemeinschaft gefordert würden. Die persönliche Entwicklung – Weiterbildung und dadurch höhere berufliche Qualifikation dürfte nicht zulasten der Versichertengemeinschaft gehen.

Das sah das SG anders. Es sei keine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe nach dem SGB III eingetreten. Dem Kläger habe für sein Verhalten ein wichtiger Grund zur Seite gestanden. Er habe sein Beschäftigungsverhältnis gekündigt, um an dem Vorbereitungskurs zur Weiterbildung zum Zimmerermeister teilnehmen zu können.

Hier müsse abgewogen werden. Auf der einen Seite stehe das Interesse des Klägers sich beruflich weiterzubilden, um eine bessere berufliche Stellung zu erreichen. Auf der anderen Seite sei das Interesse der Solidargemeinschaft zu berücksichtigen, den Nachranggrundsatz der Leistungen des SGB III zu wahren. Ergebnis dieser Abwägung sei, dass das Verhalten des Klägers nicht als sozialwidrig gewertet werden könne. Hierfür spreche, dass der nachvollziehbare Beweggrund für das Handeln des Klägers auch durch Art. 12 Abs. 1 GG gedeckt sei. Außerdem könne die Bildungsmaßnahme nicht berufsbegleitend durchgeführt werden. Des Weiteren entspreche das Verhalten des Klägers den Interessen der Versichertengemeinschaft. Durch die Weiterbildung sinke nicht nur das Risiko zukünftiger Arbeitslosigkeit. Es bestehe auch die Chance künftiger höherer Beitragsleistungen.

Quelle | SG Karlsruhe, Urteil vom 8.11.2016, S 17 AL 1291/16, Abruf-Nr. 191758 unter www.iww.de.