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Monats-Archive: Februar 2021

Beamtenrecht: Klage einer Rektorin auf Entlastung und Freizeitausgleich erfolglos

| Der pauschale Antrag einer Rektorin, ihr eine Entlastung von ihren dienstlichen Aufgaben entsprechend der Teilzeit (86 Prozent) zu gewähren, ist unzulässig. Zu diesem Ergebnis kam das Verwaltungsgericht (VG) Osnabrück. |

Das Gericht begründete seine Entscheidung mit formalen Argumenten: Der Antrag sei inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. Es sei nicht Aufgabe der Gerichte, durch eine etwaige Beweisaufnahme zu ermitteln, von welchen dienstlichen Aufgaben die Rektorin in welchem Umfang entlastet werden müsse, um eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit im Umfang ihrer Teilzeitbeschäftigung zu gewährleisten. Insofern folge die Kammer einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) aus dem Jahr 2015 nicht.

Zudem fehle es an der Klagebefugnis. Ein Grundsatz des Beamtenrechts sei, dass ein Beamter keinen Anspruch auf einen individuellen Ämterzuschnitt habe, sondern „nur“ einen Anspruch auf eine seinem statusrechtlichen Amt (hier Grundschulrektorin) entsprechende Verwendung. Beim konkreten Amt habe der Dienstherr ein Vorrecht (sog. Einschätzungsprärogative). Auch handele es sich bei der Frage über die konkrete Art der Entlastung der Schulen um eine Entscheidung des Organisationsermessens des Dienstherrn, die der Beamte nicht einklagen könne. Der Freizeitausgleich, der im Umfang auf ein ganzes Jahr hinausliefe, stehe ihr weder aus nationalem noch aus Unionsrecht zu. Dieser Anspruch setze eine vom Dienstherrn angeordnete Mehrarbeit voraus. Unionsrechtlich scheitere der Anspruch daran, dass die entsprechende EU-Richtlinie auf sie als Schulleiterin nicht anwendbar sei.

Das Gericht zeigte aber auch eine Lösung: Beamte hätten die Möglichkeit, Anträge zu stellen und Beschwerden zu erheben und so eine Überlastung zu dokumentieren. Eine so dokumentierte Überlastung könne nicht unmittelbar gerichtlich überprüft werden, sondern nur, wenn sie Beamten zu ihren Lasten vorgehalten werde, etwa im Rahmen einer dienstlichen Beurteilung.

Quelle | VG Osnabrück, Urteil vom 24.11.2020, 3 A 45/18, Abruf-Nr. 219439 unter www.iww.de

Corona-Pandemie: Maskenpflicht: Anordnungen seitens der Arbeitgeber ist Folge zu leisten

| Wenn der Arbeitgeber Anordnungen trifft, in denen es um das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes geht, kann es zu unterschiedlichen Streitigkeiten kommen. Mit zwei Fällen haben sich jetzt die Arbeitsgerichte (ArbG) in Berlin und Siegburg beschäftigt. Die Urteile zeigen: Es sind hohe Anforderungen an die Argumentierung zu stellen, dass gesundheitliche Gründe gegen das Tragen von Schutzmasken oder Gesichtsvisieren sprechen. |

Gesichtsschutzschirm statt Mund-Nasen-Schutz?

Darf ein Arbeitnehmer darauf bestehen, bei seiner Arbeit statt eines Mund-Nasen-Schutzes einen Gesichtsschutzschirm zu tragen? „Nein“, sagt das ArbG Berlin.

Die Arbeitnehmerin war Flugsicherheitsassistentin an einem Flughafen. Sie hatte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geklagt. Das ArbG argumentierte, dass der Arbeitgeber seine Beschäftigten und die Besucher des Flughafens vor Infektionen schützen müsse. Ein Gesichtsvisier schütze Dritte weniger als der vorgeschriebene Mund-Nasen-Schutz.

Dass ihr das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar sei, habe die Arbeitnehmerin nicht ausreichend glaubhaft gemacht.

Weder Schutzmaske noch Gesichtsvisier?

„Ohne Schutzmaske oder Gesichtsvisier geht es nicht.“ Der Arbeitgeber darf das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung während der Arbeitszeit anordnen. Dies musste sich jetzt ein Verwaltungsmitarbeiter in einem Rathaus vom ArbG Siegburg sagen lassen.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Verwaltungsmitarbeiter im Rathaus beschäftigt. Die Beklagte ordnete im Frühjahr 2020 in den Räumlichkeiten des Rathauses das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung für Besucher und Beschäftigte an. Der Kläger legte ein Attest vor, das ihn ohne Angabe von Gründen von der Maskenpflicht befreite. Sein Arbeitgeber wies ihn daraufhin an, ein Gesichtsvisier beim Betreten des Rathauses und bei Gängen über die Flure und in Gemeinschaftsräumen zu tragen. Der Kläger legte ein neues Attest vor, das ihn wiederum ohne Angabe von Gründen von der Pflicht zum Tragen von Gesichtsvisieren jeglicher Art befreite. Ohne Gesichtsbedeckung wollte die Beklagte den Kläger nicht im Rathaus beschäftigen. Der Kläger begehrte nun im Eilverfahren seine Beschäftigung im Rathaus ohne Gesichtsbedeckung; alternativ wollte er im Homeoffice beschäftigt werden. Das ArbG wies seine Anträge ab.

Nach Auffassung des Gerichts überwiegt der Gesundheits- und Infektionsschutz aller Mitarbeiter und Besucher des Rathauses das Interesse des Klägers an einer Beschäftigung ohne Gesichtsvisier oder Mund-Nase-Abdeckung.

Zudem hatte die Kammer Zweifel an der Richtigkeit der ärztlichen Atteste. Die Kammer ging wie auch das OVG Münster bei der Maskentragepflicht an Schulen davon aus, dass ein solches Attest konkrete und nachvollziehbare Angaben enthalten muss, warum eine Maske nicht getragen werden könne, da der Kläger mithilfe der ärztlichen Bescheinigungen einen rechtlichen Vorteil für sich erwirken will, nämlich die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Betreten des Rathauses ohne Maske. Einen Anspruch auf Einrichtung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes verneinte die Kammer in diesem Fall.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.

Quelle | ArbG Berlin, Urteil vom 15.10.2020, 42 Ga 13034/20; ArbG Berlin, PM Nr. 34/2020 vom 18.12.2020; ArbG Siegburg, Urteil vom 16.12.2020, 4 Ga 18/20; PM vom 4.1.2021