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Monats-Archive: Juli 2020

Direktionsrecht: Direktionsrecht hat seine Grenzen

| Der Arbeitgeber kann über sein Direktionsrecht starken Einfluss auf die Arbeitstätigkeit des Arbeitnehmers nehmen. Dies hat aber seine Grenzen, wenn seine Entscheidung nicht billigem Ermessen entspricht oder die Weisung nicht im Rahmen der gesetzlichen, arbeitsvertraglichen und kollektiv-rechtlichen Grenzen erfolgt. |

In einem Fall vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Köln war eine angestellte Immobilienkauffrau bislang für Vermietung und Verkauf von Immobilien zuständig. Hierdurch erwarb sie Provisionsansprüche. Diese betrugen rund das Doppelte der Grundvergütung. Der Arbeitgeber übertrug ihr eine Tätigkeit im Bereich von Hausverwaltungen. Dort konnte sie unstreitig keine Provisionsansprüche erwerben. Die Richter am LAG entschieden, dass hier die Grenzen des Direktionsrechts überschritten seien. Die Tätigkeiten seien nicht gleichwertig.

Quelle | LAG Köln, Urteil vom 28.2.2020, 4 Sa 326/19, Abruf-Nr. 215726 unter www.iww.de.

Aktuelle Gesetzgebung: Elektromobilität soll auch im Baurecht gefördert werden

 Die Bundesregierung will den Ausbau von Ladeinfrastruktur für Elektromobilität in Gebäuden beschleunigen. Dazu hat sie den Entwurf eines Gesetzes zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität (19/19366) vorgelegt. Er ist gleichlautend mit einem von den Fraktionen CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf (19/18962). |

Das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) setze eine entsprechende EU-Gebäuderichtlinie in nationales Recht um. In dem Entwurf erklärt die Regierung, Wohn- und Nichtwohngebäude mit größeren Parkplätzen zu adressieren. „Dadurch werden die Voraussetzungen geschaffen, die Möglichkeiten für das Laden von Elektrofahrzeugen zu Hause, am Arbeitsplatz und bei der Erledigung alltäglicher Besorgungen zu verbessern.“ Möglich werde dies durch eine bessere Infrastruktur und durch mehr Ladepunkte.

Konkret sollen in zu errichtenden Wohngebäuden oder bei der größeren Renovierung eines Wohngebäudes mit mehr als zehn Stellplätzen künftig alle Stellplätze mit der Leitungsinfrastruktur für Elektromobilität ausgestattet werden. Bei Nichtwohngebäuden erhält den Angaben zufolge jeder fünfte Stellplatz eine solche Infrastruktur. Zusätzlich sei mindestens ein Ladepunkt zu errichten. Das Gesetz gelte nicht für Nichtwohngebäude kleiner und mittlerer Unternehmen, die weitgehend selbst genutzt werden. Auch gebe es Ausnahmen, wenn die Kosten für die Lade- und Leitungsinfrastruktur in bestehenden Gebäuden sieben Prozent der Gesamtkosten einer größeren Renovierung des Gebäudes überschreiten. Öffentliche Gebäude, die bereits vergleichbaren Anforderungen unterliegen, seien von den Regelungen ausgenommen.

Wer gegen das Gesetz verstößt, soll mit Bußgeldern rechnen müssen. Das Gesetz betreffe außerdem nur die Ladeinfrastruktur für Personenkraftfahrzeuge und Lieferfahrzeuge.

Der Bundesrat weist in einer Stellungnahme darauf hin, dass dringender Handlungsbedarf beim Ausbau von Stromnetzen bestehe. Strom müsse auch dann ausreichend zur Verfügung stehen, wenn mehrere Verbraucher gleichzeitig auf Ladeeinrichtungen zugreifen. Die Installation und Bereitstellung von Leitungen und entsprechender elektrischer Leistung zumindest bis zur Grundstücksgrenze sei eine Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge, so der Bundesrat.

Die Bundesregierung hält dem entgegen, dass der Gesetzentwurf die allgemeine Verpflichtung der Betreiber von Energieversorgungsnetzen unberührt lasse, ein sicheres, zuverlässiges und leistungsfähiges Energieversorgungsnetz zu betreiben, zu warten und bedarfsgerecht zu optimieren, zu verstärken und auszubauen. Der erforderliche Netzausbau müsse jedoch volkswirtschaftlich effizient erfolgen. Gefragt seien flexible Verbrauchseinrichtungen, die intelligent eingesetzt werden sollten.

Quelle | Deutscher Bundestag

Schadenersatz: Arbeitgeber haftet bei verspäteter Lohnzahlung für geringeres Elterngeld

| Zahlt ein Arbeitgeber den Arbeitslohn verspätet aus, haftet er für finanzielle Nachteile, den der Arbeitnehmer dadurch erleidet, z.B. bei der Berechnung von Elterngeld. |

Das musste sich ein Zahnarzt vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf sagen lassen. Er hatte seiner schwangeren Arbeitnehmerin den monatlichen Bruttolohn für die Monate Oktober, November und Dezember 2017, der ihr aufgrund eines allgemeinen mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots zustand, erst im März des Jahres 2018 gezahlt. Dies führte dazu, dass diese drei Monate für die Berechnung des Elterngelds der Arbeitnehmerin mit 0 EUR angesetzt wurden.

Nach dem Gesetz werden Einkünfte nicht für die Berechnung des Elterngelds zugrunde gelegt, die lohnsteuerrechtlich sog. „sonstige Bezüge“ sind. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch für eine monatliche Lohnzahlung, wenn diese dem Arbeitnehmer später als drei Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres zufließt. Weil der zu spät gezahlte Lohn nicht berücksichtigt wurde, betrug das monatliche Elterngeld der Arbeitnehmerin nur 348,80 EUR anstatt monatlich 420,25 EUR.

Die Klage der Arbeitnehmerin gegen den Zahnarzt auf Erstattung der so entstandenen monatlichen Elterngelddifferenz hatte im Wesentlichen Erfolg. Der Zahnarzt schuldet die Differenz als Schadenersatz. Er befand sich mit dem Lohn in Verzug und handelte schuldhaft. Denn die Arbeitnehmerin hatte ihm eine Kopie des Mutterpasses gegeben. Zudem hatte der beauftragte Betriebsarzt das Beschäftigungsverbot bereits im September 2017 festgestellt. Der Umstand, dass der Zahnarzt das zum 6.9.2017 begründete Arbeitsverhältnis angefochten hatte, weil die Klägerin ihn bei Abschluss des Arbeitsvertrags nicht über die Schwangerschaft unterrichtet hatte, entlastete ihn nicht. Diese Anfechtung war unwirksam.

Allerdings hatte auch die Arbeitnehmerin eine Ursache für die Lohnnachzahlung nach Ablauf der dritten Kalenderwoche des Folgejahres gesetzt. Sie hatte sich nämlich am 11.1.2018, d.h. noch vor Ablauf dieser Frist, auf einen Vergleich mit einer Widerrufsfrist bis zum 9.3.2018 eingelassen, nach dem die Zahlung nur gegen Vorlage einer weiteren Bescheinigung erfolgen sollte. Die Richter sahen den deutlich größeren Verschuldensanteil beim Arbeitgeber. Sie verurteilten ihn, der Arbeitnehmerin 70 Prozent des entgangenen Elterngelds zu zahlen. Außerdem muss der Zahnarzt 341,32 EUR an Steuerberatungskosten tragen. Diese musste die Arbeitnehmerin aufwenden, um zu ermitteln, welcher auf den Ersatzanspruch anrechenbare Steuervorteil sich aus der verspäteten Elterngeldzahlung in 2018 ergab.

Quelle | LAG Düsseldorf, Urteil vom 27.5.2020, 12 Sa 716/19, Abruf-Nr. 216242 unter www.iww.de.