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Monats-Archive: März 2017

Erbverzicht gegen Sportwagen: Ein solcher Vertrag kann sittenwidrig sein

| Vereinbart ein Vater mit seinem gerade 18 Jahre alt gewordenen Sohn einen umfassenden Erbverzicht, bei dem der Sohn allein mit einem Sportwagen Nissan GTR X abgefunden werden soll und das Fahrzeug nur erhält, wenn er im Alter von 25 Jahren eine Berufsausbildung erfolgreich absolviert hat, können die Vereinbarungen sittenwidrig und deswegen unwirksam sein. |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Zahnarztes entschieden, der mit seinem Sohn aus erster Ehe zwei Tage nachdem dieser volljährig geworden war einen Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag geschlossen hatte. Der Verzicht des Sohnes sollte sofort wirksam werden, während die Abfindung erst mit seinem 25. Geburtstag nur unter der Bedingung geschuldet war, dass der Sohn die Gesellen- und Meisterprüfung zum Zahntechniker mit der Note 1 bestanden hat. Als Abfindung ausgelobt war ein Nissan GTR X mit einem Anschaffungspreis von 100.000 EUR, der eine Höchstgeschwindigkeit von 320 km/h erreichen und in 2,8 Sek. von 0 auf 100 km/h beschleunigen kann. |

Die Richter am OLG hielten den Vertrag für sittenwidrig und nichtig. Maßgebliches Argument war die Tatsache, dass der Erbverzicht mit sofortiger Wirkung und ohne jede Bedingung vereinbart war. Demgegenüber war die Abfindung davon abhängig, dass strikte Vorgaben erfüllt sein sollten. Weiter entfalten die Bedingungen eine so knebelnde Wirkung, die einen unzulässigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des noch jugendlichen Sohnes darstellt, der seine Ausbildung gerade erst begonnen hatte.

Auch die Wahl des Gegenstands der in Aussicht gestellten Abfindung sei sittenwidrig. Hier hat sich der Vater ersichtlich zielgerichtet die alters- und persönlichkeitsbedingte nahezu fanatische Begeisterung des Sohnes für den Sportwagen zunutze gemacht. Die hätte zu einem Rationalitätsdefizit bei dem Sohn geführt.

Sorgerecht: Das sind die Anforderungen an die gemeinsame Sorge nicht verheirateter Eltern

| Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat die Anforderungen an die Sorgerechtsentscheidungen für Kinder nicht miteinander verheirateter Eltern präzisiert. |

Anlass war ein Sorgerechtsstreit nicht verheirateter Eltern. Sie lebten zunächst in Gelsenkirchen zusammen. Als sie sich trennten, verzog die Kindesmutter mit dem Kind ins Oldenburger Land. Dabei hatten sich die Eltern auf ein Umgangsrecht des Vaters verständigt. Später beantragte der Kindesvater, beiden Elternteilen das gemeinsame Sorgerecht und ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind einzuräumen. Der Antrag blieb in erster Instanz erfolglos.

Seine Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Die Richter wiesen auf die gesetzliche Lage (§ 1626a BGB) hin. Danach steht die elterliche Sorge für das Kind zunächst allein der Kindesmutter zu. Auf Antrag eines Elternteils überträgt das Familiengericht die elterliche Sorge beiden Eltern gemeinsam, sofern dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Dies wird vom Gesetz vermutet, soweit der andere Elternteil keine entgegenstehenden Gründe vorträgt.

Diese „negative Kindeswohlprüfung“ setze voraus, dass auch eine erstmalige Einrichtung der gemeinsamen Sorge dem Kindeswohl nicht widerspreche. Das erfordere eine hinreichend tragfähige soziale Beziehung zwischen den Kindeseltern, ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen sowie ihre grundsätzliche Fähigkeit zum Konsens. Demgegenüber müsse die Alleinsorge der Kindesmutter bestehen bleiben, wenn

  • zum einen die Kommunikation der Eltern schwerwiegend und nachhaltig gestört ist,
  • zum anderen die Kindeseltern keine das Kind betreffenden, gemeinsamen Entscheidungen finden können und
  • das Kind durch eine gemeinsame elterliche Sorge erheblich belastet würde.

Die Entscheidung für eine gemeinsame elterliche Sorge sei eine Prognoseentscheidung. Weil sie so ja noch nicht ausgeübt worden sei, stünden keine entsprechenden Erfahrungswerte zur Verfügung. Deswegen dürften die Zugangsvoraussetzungen zu einer gemeinsamen Sorge nicht zu hoch angesetzt werden. Es lasse sich möglicherweise nicht immer sicher vorhersagen, dass zwischen Eltern jegliche tragfähige soziale Beziehung fehle und ein Mindestmaß an Übereinstimmung nicht erzielbar sei.

Allerdings sei die Grenze da zu ziehen und die alleinige Sorge der Kindesmutter vorzuziehen, wo es gänzlich an einer Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit und/oder der entsprechenden Bereitschaft der Kindeseltern fehle. Dann sei davon auszugehen, dass bereits eine Phase des Erprobens der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl schade.

Gemessen an diesen Kriterien komme vorliegend eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht. Aus dem familienpsychologischen Sachverständigengutachten und den Aussagen der Eltern ergebe sich, dass sie nach wie vor hoch zerstritten seien. Beide seien nicht in der Lage, so aufeinander zuzugehen, dass ihre Entscheidungen dem Kindeswohl nicht widersprechen. Darum könne auch keine gemeinsame Aufenthaltsregelung bestimmt werden. Beiden Kindeseltern fehle bereits ein verbindliches Einvernehmen in Bezug auf den Alltagsaufenthalt des Kindes. Einem Modell mit häufiger wechselnden Aufenthaltsorten des Kindes stehe zudem die Entfernung der Wohnorte der Kindeseltern entgegen.

Quelle | OLG Hamm, Beschluss vom 24.5.2016, 3 UF 139/15, Abruf-Nr. 191759 unter www.iww.de.

Kindesunterhalt: Kosten für Kinderfrau sind kein Mehrbedarf des Kindes

| Kosten für eine private Kinderfrau begründen regelmäßig keinen Mehrbedarf des Kindes. Sie sind berufsbedingte Aufwendungen des betreuenden Elternteils. Denn das Kind wird typischerweise primär nicht zu pädagogischen Zwecken in die Obhut einer Kinderfrau gegeben, sondern um dem betreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. |

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in einem Streit um Kindesunterhalt. Dabei machten die Richter auch deutlich, dass die Kosten der Hortunterbringung eines Kindes ebenfalls kein Mehrbedarf des Kindes sind. Sie sind Aufwendungen, die in erster Linie die Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils ermöglichen oder erleichtern. Darum sind diese Kosten beim Ehegattenunterhalt zu berücksichtigen.

Unser Hinweis | Kindergartenkosten sind aber Mehrbedarf des Kindes, die mit den Tabellensätzen nicht abgegolten sind. Die in einer Kindereinrichtung anfallenden Verpflegungskosten sind dagegen mit dem Tabellenunterhalt abgegolten (BGH FamRZ 09, 962).

Quelle | OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.6.2016, 1 UF 12/16, Abruf-Nr. 190992 unter www.iww.de.

Sorge- und Umgangsrecht: Strenge Maßstäbe bei der Namensänderung eines Kindes

| Beantragt ein Elternteil, dass ihm die Entscheidungsbefugnis über eine Namensänderung des Kindes übertragen wird, muss das Familiengericht neben allgemeinen Kindeswohlbelangen auch die Erfolgsaussicht eines entsprechenden Antrags nach dem Namensänderungsgesetz (NamÄndG) prüfen. Denn es liegt nicht im wohlverstandenen Interesse des Kindes, wenn es in seine Person betreffende aussichtslose Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren hineingezogen wird. |

So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Fall. Die Richter verwiesen dabei auf das NamÄndG. Danach setzt eine Namensänderung gegen den Willen des anderen Elternteils einen wichtigen Grund voraus. Ein solcher liegt nur vor, wenn die Namensänderung für das Wohl des Kindes erforderlich ist. Der anzuwendende Maßstab entspricht nach der Rechtsprechung des BVerwG dem der Einbenennung – also dem Fall, dass das Kind den neuen Familiennamen eines wiederverheirateten Elternteils annehmen soll.

Ausreichend ist nicht, dass die Namensänderung dem Kindeswohl dient. Die Namensänderung ist vielmehr erst erforderlich, wenn das Wohl des Kindes es auch bei angemessener Berücksichtigung der für die Beibehaltung des bisherigen Namens sprechenden Gründe gebietet, den Familiennamen zu ändern. Das Namensband zwischen dem Kind und dem anderen, nicht sorgeberechtigten Elternteil darf nur unter erschwerten Voraussetzungen gegen dessen Willen durchgetrennt werden. Der Namenskontinuität des Kindes zu dem anderen Elternteil kommt ein hohes Gewicht zu.

Quelle | BGH, Urteil vom 9.11.2016, XII ZB 298/15, Abruf-Nr. 190300 unter www.iww.de.

Aktuelle Gesetzgebung: Neue Regelungen über den Lärmschutz an Sportanlagen

| Die geplante Änderung der Sportanlagenlärmschutzverordnung (SALVO) ist bei einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit auf grundsätzliche Zustimmung gestoßen. |

Mehrere Sachverständige forderten über den Entwurf der Bundesregierung (18/10483) hinaus eine sogenannte Privilegierung von Kinderlärm auch bei Nutzung von Sportanlagen. Auf Kritik stießen die höheren Grenzwerte im „Urbanen Gebiet“.

Die Novelle der SALVO sieht vor, die Richtwerte für die abendlichen Ruhezeiten sowie für die Ruhezeiten an Sonn- und Feiertagen von 13 bis 15 Uhr um fünf Dezibel zu erhöhen. Damit gelten für diese Zeiten die gleichen Richtwerte wie tagsüber außerhalb der Ruhezeiten. Unberührt bleiben die morgendlichen Ruhezeiten.

Der Verordnungsentwurf sieht zudem Richtwerte für die geplante neue Baugebietskategorie „Urbanes Gebiet“ vor. Weiterhin soll die Regelung für Sportanlagen, die vor 1991 genehmigt wurden oder die ohne Genehmigung errichtet werden konnten, konkretisiert werden. Geregelt werden soll, welche Umbauten oder Änderungen zulässig sind, damit die entsprechende Anlage weiterhin den „Altanlagenbonus“ nutzen kann, der eine Grenzwertüberschreitung ermöglicht.

Quelle | Deutscher Bundestag

Aktuelle Gesetzgebung: Gesetz soll die urbane Innenentwicklung stärken

| Mit der Einführung der neuen Baugebietskategorie „Urbanes Gebiet“ will die Bundesregierung Kommunen das Planen und Bauen in innerstädtischen Gebieten erleichtern. Dazu soll die neue Baugebietskategorie „Urbanes Gebiet“ eingeführt werden. Diese soll planerisch eine „nutzungsgemischte Stadt der kurzen Wege“ ermöglichen. |

Die entsprechende Änderung der Baunutzungsverordnung (BauNVO) ist Teil eines Gesetzentwurfs der Bundesregierung (18/10942), der zudem Anpassungen an europarechtliche Regelungen vorsieht. So besteht auch im Baugesetzbuch (BauGB) laut Bundesregierung Änderungsbedarf, um die Richtlinie 2014/52/EU (UVP-Änderungsrichtlinie) in nationales Recht umzusetzen. Weitere Regelungen des Entwurfs zielen auf die Erleichterung des Wohnungsbaus sowie auf Probleme mit Nebenwohnungen insbesondere auf ost- und nordfriesischen Inseln.

Neue Baugebietskategorie „Urbanes Gebiet“

Die Bundesregierung möchte die neue Baugebietskategorie „Urbanes Gebiet“ einführen, weil sie Probleme bei der Innenentwicklung in den Städten sieht. Diese ergeben sich aus Konflikten bei der Nutzungskonkurrenz, insbesondere zwischen Nutzungsansprüchen und Lärmschutz. Mit dem neuen Planungsinstrument soll der „städtebauliche Handlungsspielraum der Kommunen“ erweitert werden, „ohne dabei das grundsätzlich hohe Lärmschutzniveau zu verlassen“. Die Bundesregierung kündigt in dem Entwurf an, die „Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm“ (TA Lärm) entsprechend anzupassen. „Urbane Gebiete“ sollen laut der geplanten Vorschrift „dem Wohnen sowie der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen, die die Wohnnutzung nicht wesentlich stören“, dienen. Kommunen können demnach zudem unter anderem vorgeben, dass in Erdgeschossen auf Straßenseite eine Wohnnutzung nicht zulässig ist.

Durch eine Änderung im BauGB will die Bundesregierung es zudem ermöglichen, bei Nutzungsänderungen sämtlicher baulicher Anlagen zu Wohnzwecken im nicht beplanten Innenbereich vom sogenannten Erfordernis des Einfügens abzusehen. Eine bis zum 31.12.2019 befristete Regelung soll zudem ein beschleunigtes Verfahren erlauben, wenn es sich um einen Bebauungsplan mit einer Grundfläche von bis zu 10.000 Quadratmetern zur Begründung von Wohnnutzung handelt, der an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließt.

Ferienwohnungen sollen erschwert werden

Im BauGB soll zudem die Regelung in Paragraph 22 („Sicherung von Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktionen“) novelliert werden. Künftig sollen Gemeinden, insbesondere auf den ost- und nordfriesischen Inseln, die Möglichkeit haben, per Satzung auch die Begründung von Bruchteilseigentum (Paragraph 1008 BGB) zur „Bildung von Nebenwohnungen“ unter einen Genehmigungsvorbehalt zu stellen. Dies war bisher nur bei der Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum möglich. Darüber hinaus soll es per Satzung auch möglich sein, „generell die Nutzung von Räumen in Wohngebäuden oder Beherbergungsbetrieben als Nebenwohnung unter einen bußgeldbewehrten Genehmigungsvorbehalt zu stellen“. Als Begründung führt die Bundesregierung an, dass durch die Nutzung von Wohnraum als Nebenwohnung dem Wohnungs- beziehungsweise Ferienwohnungsmarkt „in erheblichem Umfang“ Wohnraum entzogen werde.

Quelle | Deutscher Bundestag

Bauordnungsrecht: Lasertag-Anlage ist eine im Gewerbegebiet unzulässige Vergnügungsstätte

| Eine Lasertag-Anlage stellt eine Vergnügungsstätte und keine Anlage für sportliche Zwecke dar. Sie ist deshalb in einem Gewerbegebiet nicht zulässig. |

Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall einer Klägerin entschieden, die in einem Gewerbegebiet eine ehemalige Lagerhalle als „Sportanlage für Lasertag und Fitness“ betreiben möchte. Bei Lasertag oder Lasergame handelt es sich um ein Spiel, bei dem mehrere Spieler einen Infrarotsignalgeber („Phaser“) erhalten sowie mit Sensoren ausgestattete Westen tragen. Die Spieler versuchen, den jeweiligen Gegner mit dem Phaser zu treffen, um so Punkte für sich oder ihre Mannschaft zu sammeln. Die Klägerin beantragte die baurechtliche Genehmigung der Nutzungsänderung. Sie vertrat die Auffassung, bei Lasertaganlagen handle es sich um Anlagen für sportliche Zwecke, die in einem Gewerbegebiet allgemein zulässig seien.

Die Bauordnungsbehörde lehnte den Antrag ab. Auch vor dem Verwaltungsgericht Neustadt hatte die Klägerin in erster Instanz keinen Erfolg. Ihre Klage wurde dort abgewiesen. Das OVG hat dieses Urteil nun bestätigt und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Bei der geplanten Anlage handle es sich um eine Vergnügungsstätte, nicht um eine Anlage für sportliche Zwecke. Selbst wenn je nach Ausgestaltung des Spiels und individuellem Engagement das Lasertag-Spiel mit schnellen Bewegungen und körperlicher Anstrengung verbunden sein könne, stehe typischerweise die Unterhaltung im Vordergrund. Bei der vorliegend allein interessierenden Indoor-Variante finde das Spiel in einer Phantasiekulisse statt, zu der die Abdunklung des Raumes und der Einsatz von Lichteffekten beitrügen. Hinzu kämen eine akustische Untermalung und synthetisch erzeugte Schussgeräusche. Hierdurch werde eine virtuelle Atmosphäre geschaffen, die maßgeblich für den Spieleindruck sei. Die Ausgestaltung der Spiele erinnere an ein Computerspiel mit der Besonderheit, dass sich der Spieler selbst auf der Spielfläche bewege.

Bei der von der Klägerin geplanten Anlage handle es sich außerdem um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte, die für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar sein solle. Das ergebe sich etwa aus der Lage der Halle unmittelbar an der Ausfahrt von einer überörtlichen Verbindungsstraße und der Tatsache, dass sich in der Nähe des geplanten Standortes nur in geringem Umfang Wohnbebauung befinde. Die Anlage sei zudem vor allem auf die Nutzung durch Besuchergruppen angelegt. Alles in allem handle es sich daher um eine Anlage, deren Nutzung nur in einem Kerngebiet allgemein zulässig sei, sodass auch die im Bebauungsplan vorgesehene Ausnahme für nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätten keine Anwendung finde.

Quelle | OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.9.2016, 8 A 10338/16.OVG, Abruf-Nr. 191990 unter www.iww.de.

Sozialrecht: Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe wegen Weiterbildung zum Meister ist rechtswidrig

| Kündigt jemand sein Arbeitsverhältnis ordentlich, um an einer Bildungsmaßnahme teilzunehmen, damit er eine bessere berufliche Stellung erreichen kann, darf er nicht mit einer Sperrzeit belegt werden. |

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Sozialgericht (SG) Karlsruhe. Dort hatte der Kläger beantragt, dass die Sperrzeit wegen seiner Arbeitsaufgabe aufgehoben wird. Er habe sein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis als Zimmerer gekündigt, um einen einjährigen Vorbereitungskurs zum Zimmerermeister besuchen zu können. Die Beklagte lehnte dies ab. Es sei zwar grundsätzlich zu begrüßen, wenn sich ein Facharbeiter weiterqualifiziert. Jedoch könne dies nicht soweit führen, dass ohne konkret drohende Kündigung ein Beschäftigungsverhältnis aufgegeben werde und für die Sicherung des Lebensunterhalts Leistungen der Versichertengemeinschaft gefordert würden. Die persönliche Entwicklung – Weiterbildung und dadurch höhere berufliche Qualifikation dürfte nicht zulasten der Versichertengemeinschaft gehen.

Das sah das SG anders. Es sei keine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe nach dem SGB III eingetreten. Dem Kläger habe für sein Verhalten ein wichtiger Grund zur Seite gestanden. Er habe sein Beschäftigungsverhältnis gekündigt, um an dem Vorbereitungskurs zur Weiterbildung zum Zimmerermeister teilnehmen zu können.

Hier müsse abgewogen werden. Auf der einen Seite stehe das Interesse des Klägers sich beruflich weiterzubilden, um eine bessere berufliche Stellung zu erreichen. Auf der anderen Seite sei das Interesse der Solidargemeinschaft zu berücksichtigen, den Nachranggrundsatz der Leistungen des SGB III zu wahren. Ergebnis dieser Abwägung sei, dass das Verhalten des Klägers nicht als sozialwidrig gewertet werden könne. Hierfür spreche, dass der nachvollziehbare Beweggrund für das Handeln des Klägers auch durch Art. 12 Abs. 1 GG gedeckt sei. Außerdem könne die Bildungsmaßnahme nicht berufsbegleitend durchgeführt werden. Des Weiteren entspreche das Verhalten des Klägers den Interessen der Versichertengemeinschaft. Durch die Weiterbildung sinke nicht nur das Risiko zukünftiger Arbeitslosigkeit. Es bestehe auch die Chance künftiger höherer Beitragsleistungen.

Quelle | SG Karlsruhe, Urteil vom 8.11.2016, S 17 AL 1291/16, Abruf-Nr. 191758 unter www.iww.de.

Nebentätigkeit: Ungenehmigte Nebentätigkeit kann zur Gehaltskürzung führen

| Es ist ein schweres Dienstvergehen, eine Nebentätigkeit ohne Genehmigung auszuüben. Um dem Beamten den Unrechtsgehalt seiner Verfehlung nachhaltig vor Augen zu führen, ist es angemessen und ausreichend, sein Gehalt für ein Jahr um zehn Prozent zu kürzen. |

Zu diesem Ergebnis kam das Verwaltungsgericht (VG) Trier. Dagegen kam es dem Wunsch des Arbeitgebers aber nicht nach, den Beamten aus dem Dienst zu entfernen. Hierbei berücksichtigten die Richter unter anderem die lange unbeanstandete Dienstzeit des Beamten, die strafrechtliche Unbescholtenheit und seine Mitwirkung im Disziplinarverfahren.

Quelle | VG Trier, Urteil vom 22.11.2016, 3 K 3700/16.TR, Abruf-Nr. 190510 unter www.iww.de.

Verkehrssicherungspflicht: Bei Schäden durch Baum muss Geschädigter eine Pflichtverletzung des Eigentümers beweisen

| Der Geschädigte muss grundsätzlich beweisen, dass der Grundstückseigentümer seine Sorgfaltspflicht verletzt hat und dies ursächlich für den entstandenen Schaden war. |

Auf diese prozessuale Regel wies das Amtsgericht München im Fall einer Grundstückseigentümerin hin. Auf deren Grundstück befindet sich ein großer Baum. Von diesem Baum fielen Äste herab und beschädigten das Fahrzeug der Klägerin. Der Baum war durch einen Sturm beschädigt worden. An dem Fahrzeug entstand ein Schaden in Höhe von 2.850 EUR. Diesen Betrag verlangt die Klägerin ersetzt. Sie ist der Meinung, dass eine Beschädigung des Pkw hätte vermieden werden können, wenn die Bäume ordnungsgemäß beschnitten worden wären. Der Baum hätte nach dem Sturm zwei Tage zuvor schief gestanden. Es sei Aufgabe der beklagten Grundstückseigentümerin gewesen zu überprüfen, ob von dem Baum eine Gefahr ausgehen kann. Die Eigentümerin weigert sich zu zahlen. Deshalb erhob die Klägerin Klage zum Amtsgericht München. Die zuständige Richterin wies die Klage ab. Die Klägerin bekommt ihren Schaden nicht ersetzt.

Nach dem Urteil habe die Klägerin nicht beweisen können, dass die Grundstückseigentümerin eine Verkehrssicherungspflichtverletzung begangen hat und dadurch der Schaden entstanden ist.

In der Sitzung sagte eine Zeugin aus, dass der Baum immer schiefer geworden sei, und dass die Baumwurzeln die Fußwegplatten angehoben hätten. Das Gericht argumentierte jedoch, dass ein schiefstehender Baum nicht zwangsläufig umstürze. Hierbei komme es maßgeblich darauf an, ob lediglich ein schiefes Wachstum vorliege und wie stark die Neigung sei. Durch Baumwurzeln angehobene Fußwegplatten würden keinen Schluss auf eine Schädigung eines Baumes zulassen. Auch gesunde Bäume seien infolge des Wurzelwachstums hierzu in der Lage, so das Gericht. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Einsatzbericht der Feuerwehr ergebe sich, dass die Feuerwehr vermutet, dass der Baum bei dem Sturm am Vortag einen Bruch im Wurzelwerk erlitten habe und umgefallen sei. Das könne im vorliegenden Fall jedoch nicht aufgeklärt werden, da der streitgegenständliche Baum bereits entfernt wurde und für eine Begutachtung nicht mehr zur Verfügung stand. Aber selbst wenn dies zutreffe, könnten verschiedene Ursachen den Wurzelbruch herbeigeführt haben, so das Gericht weiter. Wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Sturm und dem Umfallen des Baumes sei gerade nicht von einem ausreichenden Zeitraum auszugehen, in dem die Grundstückseigentümerin Maßnahmen hätte ergreifen müssen.

Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 16.6.2016, 233 C 16357/14, Abruf-Nr. 191137 unter www.iww.de.