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Monats-Archive: August 2015

Ausbildungsvergütung: Auch Gemeinnützige müssen Azubi angemessen vergüten

| Ausbildungsbetriebe müssen Auszubildenden eine angemessene Vergütung zahlen. Das gilt auch für gemeinnützige Ausbildungsträger. |

Das entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG). Im konkreten Fall hatte ein gemeinnütziger Verein mit dem Zweck, die qualifizierte Berufsausbildung zu fördern, Berufsausbildungsverträge geschlossen. Die Azubi wurden in den Mitgliedsbetrieben des Vereins ausgebildet. Ein

Azubi wehrte sich vor Gericht gegen die Vergütung von rund 55 Prozent der tariflichen Ausbildungsvergütung. Er verlangte, nach Tarifvertrag entlohnt zu werden. Das BAG gab ihm recht. Eine Ausbildungsvergütung ist in der Regel nicht mehr angemessen, wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag geregelte Vergütung um mehr als 20 Prozent unterschreitet. Allein der Status der Gemeinnützigkeit rechtfertigt es nicht, von den Vorgaben der einschlägigen Tarifverträge so stark abzuweichen.

Quelle | BAG, Urteil vom 29.4.2015, 9 ZR 108/14, Abruf-Nr. 144452 unter www.iww.de.

Schwerbehinderung: Keine Einladung des Schwerbehinderten zumBewerbungsgespräch bei Fehlen der Voraussetzung

| Ein öffentlicher Arbeitgeber darf eine wegen Altersteilzeit frei gewordene Stelle begrenzt für Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit Bedrohte ausschreiben. Er muss schwerbehinderte Bewerber nicht zum Bewerbungsgespräch einladen, wenn diese nicht arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind. |

Diese Entscheidung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein im Fall einer Universität. Diese hatte eine durch Altersteilzeit frei gewordene Stelle nur für arbeitslos Gemeldete oder von Arbeitslosigkeit Bedrohte ausgeschrieben. Nur dadurch hatte sie Anspruch auf Fördermittel nach dem Altersteilzeitgesetz. Der fachlich für die Stelle zweifelsfrei geeignete Bewerber bewarb sich unter Hinweis auf seine Schwerbehinderung. Auf Nachfrage stellte er klar, dass er nicht arbeitslos und auch nicht von Arbeitslosigkeit bedroht sei. Daraufhin berücksichtigte ihn die Universität im Auswahlverfahren nicht weiter. Der Bewerber hielt dies für eine Diskriminierung wegen seiner Behinderung. Er verlangte deshalb mit seiner Klage eine Entschädigung in Höhe von mindestens 30.000 EUR.

Das LAG hat die Entschädigungsklage abgewiesen. Die Universität habe den Bewerber nicht benachteiligt. Der gesetzliche Schwerbehindertenschutz zwinge einen öffentlichen Arbeitgeber nicht dazu, fachlich geeignete Menschen mit Behinderung zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, wenn diese andere formale Bewerbervoraussetzungen nicht erfüllen. Auch ein öffentlicher Arbeitgeber dürfe bei Stellenausschreibungen den Bewerberkreis auf Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit Bedrohte und damit nach dem Altersteilzeitgesetz Förderbare beschränken. Dies folgt aus dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes (GG) und verstößt nicht gegen das in Art. 33 Abs. 2 GG verankerte Prinzip der Bestenauslese.

Quelle | LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18.3.2015, 3 Sa 371/14, Abruf-Nr. 176876 unter  www.iww.de.