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Monats-Archive: Juni 2017

Geschwindigkeitsüberschreitung: Beharrlich ein wenig zu schnell kann zum Fahrverbot führen

| Das Amtsgericht München hat einen 53-jährigen Geschäftsführer wegen einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit zu einer Geldbuße von 160 EUR verurteilt. Er hatte die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h überschritten. Der Mann erhielt außerdem ein Fahrverbot von einem Monat. |

Der Betroffene fuhr im Petueltunnel in München auf Höhe der Ausfahrt Schwabing West mit seinem BMW auf der linken Spur. Er überschritt die dabei zulässige Geschwindigkeit um 22 km/h. Vor Gericht machte er keine Angaben. Er wurde jedoch durch ein bei der Messung gefertigtes Lichtbild überführt.

Zur Höhe der Strafe führt das Gericht aus: Der Bußgeldkatalog sieht für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 22 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften eine Regelgeldbuße von 80 EUR vor. Da die Bußgeldkatalogverordnung Vorahndungen nicht berücksichtigt, war der Regelsatz in Anbetracht der festgestellten mannigfachen Vorahndungen des Betroffenen angemessen zu erhöhen. Dabei erschien dem Gericht eine Verdoppelung des Regelsatzes gerechtfertigt. Neben der Geldbuße hat es zudem ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat als Denkzettel und Besinnungsmaßnahme angeordnet, um auf den Betroffenen einzuwirken.

Der Betroffene wurde in den letzten vier Jahren in insgesamt acht Fällen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen zwischen 21 und 46 km/h verurteilt. Außerdem wurde er wegen Fahrens trotz Fahrverbots zu einer Geldstrafe verurteilt. Bereits fünfmal wurde gegen ihn ein Monat Fahrverbot ausgesprochen.

Das Gericht folgert daraus, dass es dem Betroffenen an der für die Teilnahme am Straßenverkehr erforderlichen rechtstreuen Gesinnung und an der notwendigen Einsicht in zuvor begangenes Unrecht fehlt. Allein durch die Erhöhung des Bußgelds könne der mit dem Fahrverbot angestrebte erzieherische Effekt und die notwendige Warnwirkung für die Zukunft bei dem Betroffenen nicht erreicht werden. Nach der Bußgeldverordnung liegt eine beharrliche Pflichtverletzung in der Regel zwar erst vor, wenn gegen den Fahrer im letzten Jahr bereits wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h eine Geldbuße verhängt worden ist und die neue Geschwindigkeitsüberschreitung wieder mindestens 26 km/h beträgt. Daneben kann ein Fahrverbot aber auch angeordnet werden, wenn eine beharrliche Pflichtverletzung von ähnlich starkem Gewicht vorliegt.

Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 14.6.2016, 911 OWi 437 Js 150260/16, Abruf-Nr. 194502 unter www.iww.de.

Adoptionsrecht: Für eine Stiefkindadoption gelten hohe Anforderungen

| Wenn ein Ehepartner ein Kind aus einer früheren Beziehung mit in die Ehe bringt, stellt sich zuweilen die Frage, ob der neue Ehepartner das Kind adoptieren kann, sodass es dann rechtlich gesehen ein gemeinsames Kind der neuen Ehegatten ist. Darüber hatte das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg zu entscheiden. |

Anders als bei der normalen Adoption bleiben die rechtlichen Bindungen des Kindes zu dem neu verheirateten Elternteil bestehen. Zu dem anderen Elternteil werden dagegen alle Abstammungsbande durchschnitten. Wenn der leibliche Elternteil keine Zustimmung erteilt, kann es nur in Ausnahmefällen zur Adoption kommen. Bei Eltern, die nicht miteinander verheiratet waren und bei denen nur einer das Sorgerecht für das Kind hat, kann das Gericht die Zustimmung des anderen Elternteils zur Adoption ersetzen, wenn sonst unverhältnismäßige Nachteile für das Kind zur erwarten wären. Der Bundesgerichtshof hat für eine solche „Stiefkindadoption“ hohe Anforderungen gestellt.

Im Fall des OLG Oldenburg hatte die Mutter argumentiert, ihr neuer Ehemann müsse auch rechtlich Vater ihrer Kinder werden, damit er zum Beispiel bei Krankenhausaufenthalten oder Arztbesuchen der Kinder Entscheidungs- und Informationsrechte habe. Das Amtsgericht Vechta hatte den Antrag der Frau zurückgewiesen. Das OLG hat diese Entscheidung bestätigt. Mit der beabsichtigten Adoption seien für die Kinder keine so erheblichen Vorteile verbunden, die eine Durchtrennung der rechtlichen Bande zu ihrem leiblichen Vater rechtfertigen würden. Der sorgeberechtigten Mutter stehe es frei, ihren neuen Ehemann zu bevollmächtigen, für die Kinder bei Arztbesuchen oder ähnlichem Entscheidungen zu treffen und Informationen zu erhalten. Dies sei ausreichend.

Quelle | OLG Oldenburg, Beschluss vom 26.3.2017, 4 UF 33/17 , Abruf-Nr. 194499 unter www.iww.de.

Aktuelle Gesetzgebung: Gleiches Geld für gleiche Arbeit: Das Entgelttransparenzgesetz

| Mitte Mai 2017 gab der Bundesrat grünes Licht für das neue „Gesetz zur Förderung von Transparenz von Entgeltstrukturen“. Das Gesetz soll zukünftig für Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern sorgen. |

Was bedeutet das für Arbeitnehmer?

Arbeitnehmer können zukünftig Auskunft über die Entgeltstrukturen in ihrem Betrieb verlangen. Das wesentliche Steuerungswerkzeug ist hierbei der Auskunftsanspruch, mit dem sie zukünftig ein individuelles Auskunftsrecht erhalten. So können Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten ihre eigene Entlohnung mit der Entlohnung von Kollegen beziehungsweise Kolleginnen mit gleicher Tätigkeit vergleichen. Besonders wichtig: Der Auskunftsanspruch bezieht sich aber nicht auf das konkrete Entgelt einzelner Mitarbeiter, sondern auf ein durchschnittliches monatliches Bruttoentgelt von Mitarbeitern des anderen Geschlechts mit gleichen oder vergleichbaren Tätigkeiten.

In tarifgebundenen Unternehmen soll der Auskunftsanspruch in der Regel über die Betriebsräte wahrgenommen werden. In Betrieben ohne Betriebsrat und ohne Tarifvertrag wenden sich die Arbeitnehmer direkt an den Arbeitgeber.

Was bedeutet das für Arbeitgeber?

Auf die Arbeitgeber kommen Prüfverfahren und Berichtspflichten zu.

Prüfverfahren: Das Entgelttransparenzgesetz sieht die Einführung betrieblicher Verfahren zur Überprüfung der Lohngleichheit vor. Private Arbeitgeber sollen ihre Vergütungsstrukturen überprüfen und das Gebot der Entgeltgleichheit entsprechend gestalten.

Berichtspflichten: Lageberichtspflichtige Unternehmen (Kapitalgesellschaften) ab 500 Arbeitnehmer müssen künftig regelmäßig über Maßnahmen zur Gleichstellung und zur Entgeltgleichheit im Unternehmen berichten.